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Marianne Brentzel beleuchtet das Schicksal der Nesthäkchen- Autorin Else Ury, die von den Nationalsozialisten in Auschwitz ermordet wurde, im Spannungsfeld zwischen jüdischer Tradition und deutscher Kultur. Sie gewährt kenntnisreiche Einblicke in die Lebenswelten des jüdischen Bürgertums und entfaltet anschaulich das Panorama einer ganzen Epoche - von der Kaiserzeit bis zum Dritten Reich.

Produktbeschreibung
Marianne Brentzel beleuchtet das Schicksal der Nesthäkchen-
Autorin Else Ury, die von den Nationalsozialisten
in Auschwitz ermordet wurde, im Spannungsfeld zwischen
jüdischer Tradition und deutscher Kultur. Sie gewährt
kenntnisreiche Einblicke in die Lebenswelten
des jüdischen Bürgertums und entfaltet anschaulich
das Panorama einer ganzen Epoche -
von der Kaiserzeit bis zum Dritten Reich.
Autorenporträt
Marianne Brentzel, geb. 1943, wuchs in Bielefeld auf. Sie studierte Politische Wissenschaft am Otto-Suhr-Institut in Berlin, machte ihr Diplom und erwarb im anschließenden Pädagogikstudium das erste Lehrerexamen. Aktiv nahm sie an der Studentenbewegung teil, arbeitete in Berliner Großbetrieben und engagierte sich in der maoistischen Gruppe KPD/AO. 1973 zog sie nach Dortmund, heiratete den Rechtsanwalt Hugo Brentzel und bekam zwei Kinder. Nach verschiedenen Jobs als Dozentin in der Jugend- und Erwachsenenbildung und im Verlagsbereich ist sie als freiberufliche Autorin tätig und organisiert und moderiert den Dortmunder Bücherstreit. Schwerpunkt ihrer literarischen Arbeit sind Biografien eigenwilliger Frauen: Else Ury (die "Nesthäkchen"-Autorin), Bertha Pappenheim, Hilde Benjamin und Margherita Sarfatti. Zuletzt erschien ihr Roman über ihre Erfahrungen mit der Studentenbewegung und in einer maoistischen Organisation: »Rote Fahnen Rote Lippen«.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.10.2015

LITERARISCHER MARKTPLATZ
Dies ist die ganz normale Geschichte einer ganz normalen Frau, 1877 in Berlin-Mitte in eine liebevolle, wohlsituierte Familie hineingeboren, gute Schuljahre, die üblichen Freundschaften, gutbürgerliche Vergnügungen, Reisen und andere Bildungsgenüsse, Vaterlandsliebe und die fast allgemeine Begeisterung für Kaiser und Heer, frühe literarische Versuche und dann Erfolge. Sie machten unsere Heldin als Autorin vor allem von Mädchen-Romanen berühmt und so reich, dass sie für sich und ihre große Familie ein Sommerhaus im Riesengebirge erstehen konnte, das nach ihrer vielbändigen Romanserie „Haus Nesthäkchen“ genannt wurde. (Sie ist heute noch als Kindle-Edition erhältlich). Dieser Lebenslauf wäre in seiner typischen Durchschnittlichkeit fast unerheblich, wenn die Autorin nicht Jüdin gewesen wäre.
  Sie hieß Else Ury, später nach dem Gesetz der Nationalsozialisten Else Sara Ury, aber sie war auch in dieser Situation noch privilegiert. Sie besaß Geld und konnte ihren Neffen und Nichten helfen, rechtzeitig Deutschland zu verlassen. Sie dachte jedoch im Vertrauen auf die allgemeine Rechtschaffenheit und Humanität, die ihr bisheriges Leben bestimmt und beschützt hatten, wie viele andere: Was werden die Nazis sich schon um eine alte Frau kümmern? „Mir wird nichts geschehen. . .“ Das war ein Irrtum. Else Ury wurde wie alle anderen, die die Nazis als Juden bezeichneten, enteignet, entrechtet, gedemütigt, beraubt, ins berüchtigte Sammellager in der Großen Elbstraße geschafft und nach einer Woche im Viehwagen nach Auschwitz transportiert, dort sofort ermordet. Von diesem Ende aus betrachtet, ist Else Urys Leben alles andere als unerheblich. Es ist in all seinen Stationen entsetzlich exemplarisch für seit zwei bis drei Generationen assimilierte Juden im deutschen Kaiserreich, die sich für Bürger wie alle anderen hielten und sich nicht vorstellen konnten, dass ihr heiß geliebtes Vaterland sie ausstoßen und verraten könnte.
  Else Ury hat ihre Serie vom kessen, selbstbewussten, liebenswerten Nesthäkchen, von seinen Spielen und Streichen, seinen Schulabenteuern, Weihnachten und Geburtstagsfesten, seinen Puppen und Tanten, von erster Liebe, Hochzeit und Kindstaufe, Kummer, Krankheit und Alter in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts so zu schreiben begonnen, dass sich Tausende Leserinnen damit identifizieren konnten. Glaubten doch dieses Kind Nesthäkchen und seine Familie anfangs unerschütterlich an eine stolze Zukunft der Nation.Sie schrieb auf glühenden Wunsch ihrer Leserinnen von Nesthäkchen als Mutter und Großmutter, als wackere deutsche Frau, und man kann nachlesen, wie Ahnungslosigkeit in Angst überging. Man kann in den letzten Bänden der Serie verfolgen, wie Else Ury in ihren Romanen die Parolen der Nationalsozialisten anfangs übernahm, verlockt von der Begeisterung für eine tüchtige sportliche, starke Jugend, ohne zu merken, dass sich in kürzester Zeit jedes Wort, jeder Satz mit tödlicher Perfidie gegen sie selbst richten wird.
  Marianne Brentzel berichtet ruhig und sachlich, historisch sehr faktenreich über dieses Schriftstellerleben, in dem sich alles spiegelt, was diese Jahre zwischen Kaiserzeit, Weimarer Republik und beginnendem Nationalsozialismus so außergewöhnlich machte. Anfangs die Zuversicht, dass alles immer nur besser werden könnte und die Kinder in eine leichtere Zukunft hineinwachsen könnten; die Freiheit, die sich Frauen erobern konnten; schließlich der Schrecken, vor dem wieder alle gleich wurden und den sich niemand aus dieser Generation vorgestellt hatte.
  Wo immer sich Kinder- und Jugendbücher auch nur zu einer kleinen Bibliothek zusammengefunden haben, dürfte diese Biografie nicht fehlen.
SYBIL GRÄFIN SCHÖNFELDT
Marianne Brentzel: Mir kann doch nichts geschehen. Das Leben der Nesthäkchen-Autorin Else Ury. Ebersbach & Simon 2015. 160 Seiten, 16,80 Euro.
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