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Als Yehudi Menuhin im März 1999 während einer Konzertreise durch Deutschland überraschend starb, trauerte nicht nur die musikalische Welt. Denn Menuhin war viel mehr als ein Jahrhundertgeiger und Dirigent, er war auch ein Visionär und Humanist, der sich bis zuletzt politisch engagierte und für seine humanitären Projekte einsetzte. Geboren 1916 in New York als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer, trat er im Alter von acht Jahren erstmals als Solist auf und erlangte innerhalb von fünf Jahren Weltruhm. Er wurde zum bestbezahlten Künstler der Vorkriegszeit. Er setzte sich nach Kriegende für…mehr

Produktbeschreibung
Als Yehudi Menuhin im März 1999 während einer Konzertreise durch Deutschland überraschend starb, trauerte nicht nur die musikalische Welt. Denn Menuhin war viel mehr als ein Jahrhundertgeiger und Dirigent, er war auch ein Visionär und Humanist, der sich bis zuletzt politisch engagierte und für seine humanitären Projekte einsetzte. Geboren 1916 in New York als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer, trat er im Alter von acht Jahren erstmals als Solist auf und erlangte innerhalb von fünf Jahren Weltruhm. Er wurde zum bestbezahlten Künstler der Vorkriegszeit. Er setzte sich nach Kriegende für Wilhelm Furtwängler ein und trat im besiegten Deutschland auf, er protestierte gegen die Apartheid und gegen die Unterdrückung von Künstlern in der Sowjetunion.
Humphrey Burton hat für seine Biographie zeitgenössische Quellen, unveröffentlichte Familiendokumente und viele Interviews ausgewertet. Sein umfassendes Buch, das auch künstlerische Krisen und das Privatleben Yehudi Menuhins nicht ausspart, ist die endgültige Biographie des beliebtesten klassischen Musikers des 20. Jahrhunderts.
Autorenporträt
Humphrey Burton, geboren 1931 in Trowbridge/England, studierte Musik und Geschichte, arbeitete für Rundfunk und Fernsehen der BBC und beim Privatfernsehen. Zahlreiche Musikfilme, u. a. über Leonard Bernstein, Glenn Gould und Yehudi Menuhin, Autor einer Bernstein-Biographie. Lebt als Publizist in London.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.04.2002

Das Jahrhundertwunderkind
Untergehen im Meer der Erinnerungsstücke: Humphrey Burtons Biografieversuch über Yehudi Menuhin
Selbst das aufregendste Leben fügt sich nicht selbstverständlich den Anforderungen literarischer Aufarbeitung, bloß weil es viel zu erzählen gibt. Doch gibt es kaum ein beliebteres Genre als die Biografik, weil das Leben der Schönen und Reichen, der Bedeutenden und Mächtigen, der Wohltäter und Monster interessiert – nach den Mustern Aufstieg und Fall oder per aspera ad astra.
Die Karriere des Geigers Yehudi Menuhin gehört zu den spektakulären Lebensläufen im 20. Jahrhundert. Er begann als Wunderkind, dessen Auftritte etwa von Albert Einstein als fast göttliche Offenbarungen wahrgenommen wurden. In den Nachkriegsjahrzehnten verkörperte er mit charismatischer Liebenswürdigkeit den humanen Geist der gern als Weltsprache propagierten Musik. Menuhin reiste zu Beginn des Kalten Krieges als erster in die Sowjetunion als Zeichen gegen die Erstarrung von Ost und West. Er war es, der trotz scharfer Kritik von jüdischer Seite in Deutschland unmittelbar nach 1945 konzertierte und mit dem verfemten Wilhelm Furtwängler auftrat.
Rastlos jagte Menuhin Tournee für Tournee um die Welt als musikalischer Botschafter für Frieden und Völkerverständigung. Er setzte sich dafür ein, dass außereuropäische Musik wie etwa die indische ins westliche Bewusstsein drang. Und er unterstützte Schulen, an denen begabte Kinder musikalisch ausgebildet werden ganz gleich, ob dabei eine „Karriere” herausspringt. So wurde er zu einer weltweit gefeierten Institution. Als seine violinistischen Fähigkeiten unüberhörbar abnahmen, musizierte er weiter als Dirigent. Dabei bestrickte vor allem der Zauber seiner Persönlichkeit, so dass die Qualität der jeweiligen Aufführung kaum noch eine Rolle spielte.
Humphrey Burton, der schon über Leonard Bernstein eine umfangreiche Biografie vorgelegt und viele Filme über große Musiker produziert hat, kannte den Geiger gut und hat mit ihm eine Radioreihe über sein Leben produziert. Eigentlich beste Voraussetzungen für ein Unternehmen zum Thema Menuhins Leben und Streben. Auch gibt es die Autobiografie „Unvollendete Reise” und zahl reiche andere Schriften des Meisters, die Erinnerungen des Vaters Moshe Menuhin, die Memoiren von Yehudis zweiter Frau Diana und die zu Lebzeiten entstandene, autorisierte Biografie von Robert Magidoff – sozusagen doppelter Boden genug für alle faktischen Eventualitäten.
Doch Burton gelingt es kaum, aus dem Konvolut einen geordneten Lebensroman zu machen. Vielmehr entsteht der Eindruck eines verwirrenden Knäuels aus Konzertreisen, Zeitungsartikeln, Briefzitaten und Büchern zu den Umständen von Menuhins Karriere und seinen komplizierten Familien- und Eheverhältnissen. Es fehlt nicht nur an Strukturierung der Materialmengen, sondern auch an erzählerischem Fluss, der über Sperriges und Unebenes hinwegführen könnte.
Im Epilog erklärt Burton, dass er trotz jahrelanger Verbundenheit mit dem Künstler, Menuhin nie wirklich habe greifen können. Vielleicht resultiert daraus, dass Burton für dieses Heldenleben keinen tragenden, gar poetischen Ton findet, sondern im Meer der Menuhiniana hierhin und dorthin treibt, wobei allerdings die äußere Faktizität der Lebensdaten korrekt wiedergegeben ist. So erscheint am Ende der Lektüre die Existenz und die Bedeutung dieses grandiosen, zugleich gefährdeten und hochnervösen Musikers seltsam zerspellt und unscharf. Solchen Eindruck gewann aber nie, wer das Glück hatte, Yehudi Menuhin in seinen besten Augenblicken zu hören.
HARALD EGGEBRECHT
HUMPHREY BURTON: Menuhin. Die Biografie. Aus dem Englischen von Harald Stadler. Piper Verlag, München 2001. 528 Seiten, 25,90 Euro.
Menuhin, mit dem Zauber seiner Persönlichkeit geigend. Foto: Regina Schmeken
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Es gibt unzähliges Material über und von Menuhin selbst, weiß Harald Eggebrecht: eine Autobiografie, eine noch zu Lebzeiten autorisierte Biografie, Erinnerungen der zweiten Ehefrau, des Vaters. Zudem hat der Verfasser Menuhin persönlich gekannt, mit ihm eine Rundfunkreihe realisiert. Alles beste Voraussetzungen für eine kenntnisreiche neue definitive Biografie dieses charismatischen Musikers und Friedensbotschafters. Hat aber alles nichts geholfen, stellt Eggebrecht enttäuscht fest: Burton ist für ihn mit der Materialmasse nicht klar gekommen und hat auch nicht zu einem eigenen persönlichen Ton und Erzählfluss in der Lebensbeschreibung des musikalischen Wunderkindes gefunden. Menuhins musikalische Talente als Geiger und später als Dirigent wurden schon zu Lebzeiten mäßig, erzählt Eggebrecht, doch die Persönlichkeit des Musikers sei so beeindruckend gewesen, dass jeder Konzertbesuch trotzdem ein Ereignis gewesen sei. Von diesem Zauber, von dieser Kraft habe sich leider nichts in die neue Biografie hinübergerettet, bedauert er, gesteht jedoch zu, dass zumindest die Eckdaten und damit das biografische Gerüst des Buches stimmen.

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