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Nicht nur, dass Johann Friedrich Meckel und sein Bruder Albrecht August - der Erzähler dieses Romans - in der Zeit der napoleonischen Kriege ihre Hauptwerke verfassen, sie nehmen auch - jeder auf seine Art - am Befreiungskrieg 1813 teil, sie lieben und achten, sie misstrauen und hassen. Beide werden gleich nach dem Krieg in einen vermeintlichen Mord an einem auf seltsame Weise unsterblichen Mädchen verwickelt und müssen aus Preußen nach Neapel fliehen. Es treten auf: Napoleon, Cuvier (der berühmteste Wissenschaftler seiner Zeit), E. T . A. Hoffmann, Fouqué und seine Ur-Undine, Turnvater Jahn,…mehr

Produktbeschreibung
Nicht nur, dass Johann Friedrich Meckel und sein Bruder Albrecht August - der Erzähler dieses Romans - in der Zeit der napoleonischen Kriege ihre Hauptwerke verfassen, sie nehmen auch - jeder auf seine Art - am Befreiungskrieg 1813 teil, sie lieben und achten, sie misstrauen und hassen. Beide werden gleich nach dem Krieg in einen vermeintlichen Mord an einem auf seltsame Weise unsterblichen Mädchen verwickelt und müssen aus Preußen nach Neapel fliehen. Es treten auf: Napoleon, Cuvier (der berühmteste Wissenschaftler seiner Zeit), E. T . A. Hoffmann, Fouqué und seine Ur-Undine, Turnvater Jahn, Theodor Körner, Blücher, Lützow, die "deutsche Jean d'Arc" Eleonore Prochaska, der Maler Ingres und viele mehr.
Autorenporträt
Wilhelm Bartsch, geboren 1950 in Eberswalde, debütierte 1986 mit dem Lyrikband Übungen im Joch, der ihn schlagartig in beiden Teilen Deutschlands als Dichter bekannt machte und ihm 1987 den Brüder-Grimm-Preis der Stadt Hanau eintrug. Weitere Gedicht- und Prosabände folgten. 2000 erhielt er den Walter-Bauer-Preis, zuletzt 2007 den Wilhelm-Müller-Preis des Landes Sachsen-Anhalt für sein Lebenswerk.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.08.2011

Unter Wilden
Wilhelm Bartsch feiert die deutsche Romantik

Was der Vater dem Sohn zu sagen hat, braucht kein einziges Wort. Auferstehung sei Quatsch, liest Albert Meckel vom lippenlosen Lächeln seines Erzeugers ab, der seziert und präpariert als Skelett in der Ecke des Arbeitszimmers steht. Man solle sich einfach gar nicht erst hinlegen. Mit Gott und dem Glauben hält es die Familie Meckel fast wie mit Kaiser Napoleon und seinem Krieg. Man braucht beide nicht, ergebensten Dank - die Anatomie ruft. Johann Friedrich Meckel der Jüngere, nach der Familientradition Professor für Anatomie, verfolgt die Wissenschaft des Körperbaus und seiner Deformationen mit kalter Leidenschaft, doch Bruder Albert kann sich trotz eigener akademischer Ambitionen der von Bayern bis Hamburg aufflammenden Liebe für die deutsche Nation nicht entziehen. Er meldet sich beim Lützowschen Freikorps, trägt neben Theodor Körner die schwarzrotgoldene Uniform, jagt Franzosen, fordert Friedrich Ludwig Jahn, den "Rübezahl im Turnhemd", heraus und verliebt sich in Korpsbruder August Renz, der sich erst sterbend auf dem Schlachtfeld als Leonore entpuppt, die als "Potsdamer Jeanne d'Arc" in die Geschichtsbücher eingeht.

Autor Wilhelm Bartsch lässt Albert in romantischer Inbrunst, die eines jungen Werthers würdig ist, nicht nur durch den Krieg gegen das napoleonische Frankreich stürmen und drängen, sondern in einer Doppelfunktion auch als einzigen Erzähler von den Geschehnissen berichten. Im Alter lässt Albert die Jugendjahre Revue passieren und durchlebt noch einmal Krieg, Liebe sowie brüderliche Rivalität und Verbundenheit. In Kombination mit einer Orthographie, die der des frühen neunzehnten Jahrhunderts nachempfunden ist, lässt Bartsch dadurch einen - im besten Sinne des Wortes - pseudohistorischen Roman entstehen, der den Charme der Romantik lesenswert restauriert. Die Geburtsstunde des deutschen Nationalbewusstseins kontrastiert er mit der morbiden Leidenschaft der Meckels für Totes und Abnormes, so wie die militärischen Siege der alliierten Feldherren mit den persönlichen Verlusten der studentischen Vaterlandsverteidiger. Dieses Geflecht aus Emotionen tariert er im Verlauf der Handlung geschickt aus, so dass die schwärmerische Leidenschaft der Zeit stets vorhanden, aber nie übermächtig ist.

Beim historischen Personal schöpft Bartsch aus dem Vollen, lässt unter anderen E.T.A. Hoffmann, den König von Neapel und einen Humboldt auftreten. Doch sie bleiben lediglich Statisten. Die Hauptbühne von "Meckels Messerzüge" gehört Albert Meckel, der sie nur zeitweise mit seinem Bruder Fritz teilen muss. Immerhin sind nach Letzterem das Meckel-Syndrom, das Meckel-Divertikel und der Meckel-Knorpel benannt. Auch war er es, der die anatomische Meckelsche Sammlung, die noch heute an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zu sehen ist, ausbaute. Doch Johann Friedrich Meckel ist im Roman nur der Kontrapunkt zum jüngeren Bruder Albert, in dessen Lebensgeschichte sich Empfindsamkeit, Pathos, Krieg und Wissenschaft zur Essenz einer deutschen Romantik vermengen, die in dieser Form auch noch den postmodernen Leser des einundzwanzigsten Jahrhunderts begeistern kann.

THOMAS SCHOLZ

Wilhelm Bartsch: "Meckels Messerzüge". Roman.

Osburg Verlag, Berlin. 336 S., geb. , 19,95 [Euro].

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