Dominique Manotti
Broschiertes Buch
Marseille.73
Versandkostenfrei!
Sofort lieferbar
Weitere Ausgaben:
PAYBACK Punkte
0 °P sammeln!
Pogromstimmung an der Côte d'Azur: Als ein traumatisierter Algerier einem Busfahrer die Kehle durchschneidet, rufen Scharfmacher zur Vergeltung auf. Auf offener Straße wird ein Jugendlicher niedergeschossen. Die Mordermittlung verläuft schlampig, bis Commissaire Daquin sich einmischt.
Dominique Manotti ist Historikerin mit Schwerpunkt Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit. Die emeritierte Dozentin war viele Jahre als Gewerkschafterin in der CFDT aktiv und leitete ihre Pariser Sektion. Frustriert von der politischen Perspektivlosigkeit der Mitterrand-Ära begann sie mit fünfzig, Noir-Romane zu schreiben. Inspiriert durch jahrelanges Engagement in sozialen Kämpfen, durch politische Leidenschaft und präzise Kenntnis der Wirtschaftsgeschichte fand Manotti unmittelbar zu ihrem eigenen auffälligen Stil: scharf recherchierte Fakten, schlaglichtartig verknappt, erzählt mit der coolen Eleganz des Noir. Sie erhielt zahlreiche Literaturpreise (u.a. den Duncan Lawrie International Dagger, den Deutschen Krimipreis, den Prix Mystère de la Critique, die Trophée 813 und den Grand Prix du Roman Noir) und lebt in Paris.
Produktdetails
- Ariadne 1263
- Verlag: Argument Verlag
- Originaltitel: Marseille 73
- Erstauflage
- Seitenzahl: 400
- Erscheinungstermin: 14. Februar 2022
- Deutsch
- Abmessung: 181mm x 115mm x 33mm
- Gewicht: 340g
- ISBN-13: 9783867542630
- ISBN-10: 3867542635
- Artikelnr.: 63078634
Herstellerkennzeichnung
Argument- Verlag GmbH
Glashüttenstraße 28
20357 Hamburg
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Rezensentin Katharina Granzin hat dieses Buch über den Mord an einem jungen Algerier im Marseille von 1973 so gespannt wie interessiert gelesen, denn die Umstände - eine Serie von Morden an Algeriern, die zu Protesten gegen Rassismus führt, die in den Medien wiederum verurteilt werden - haben sie an die Ereignisse rund um die NSU-Morde erinnert. Außerdem gibt der Roman ihr zufolge mit seiner Aufarbeitung der Nachwirkungen des Algerienkrieges eine Ahnung davon, warum die "Antagonismen in der französischen Gesellschaft" so häufig mit Gewalt enden. Die gesellschaftskritische Perspektive, die Granzin an Manottis Werken so schätzt, kommt auch in diesem lakonischen Krimi wieder voll zur Geltung, lobt die Rezensentin.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Rassistische Hetze
Dominique Manotti rekapituliert ein explosives Jahr
Historische Politthriller haben Vorzüge, mit denen handelsübliche Detektivgeschichten nicht aufwarten können. Indem sie Wirklichkeit und Erfundenes miteinander verweben, erzeugen sie eine Textur, die, frei nach Aristoteles, das Besondere darstellt und das Allgemeine schildert. Der amerikanische Autor Ryan Gattis bezeichnet ein solches Erzählverfahren als "sourced fiction", auf Quellen basierende Fiktion. Auch Dominique Manotti, die 1942 in Paris geboren wurde und im Alter von fünfzig Jahren ihren erste Krimi schrieb, hängt in ihrem neuen Roman "Marseille.73" erdichtete Ereignisse an ein Gerüst aus geschichtlichen Fakten.
Wenn sie etwa
Dominique Manotti rekapituliert ein explosives Jahr
Historische Politthriller haben Vorzüge, mit denen handelsübliche Detektivgeschichten nicht aufwarten können. Indem sie Wirklichkeit und Erfundenes miteinander verweben, erzeugen sie eine Textur, die, frei nach Aristoteles, das Besondere darstellt und das Allgemeine schildert. Der amerikanische Autor Ryan Gattis bezeichnet ein solches Erzählverfahren als "sourced fiction", auf Quellen basierende Fiktion. Auch Dominique Manotti, die 1942 in Paris geboren wurde und im Alter von fünfzig Jahren ihren erste Krimi schrieb, hängt in ihrem neuen Roman "Marseille.73" erdichtete Ereignisse an ein Gerüst aus geschichtlichen Fakten.
Wenn sie etwa
Mehr anzeigen
mit Hilfe eines zitierten Zeitungsberichts darlegt, wie der Algerier Salah Bougrine einem Busfahrer der titelgebenden Hafenstadt im August 1973 die Kehle durchschneidet, muss sie dieses Verbrechen auf anschlussfähige Weise mit dem Plot verzahnen - zumal es im Süden des Landes danach zu einer Welle rassistischer Hetze kam. Kein Wunder, denn der Krieg zwischen Frankreich und Algerien endete zwar 1962, aber die Traumata des Konflikts waren auch zehn Jahre später noch nicht verarbeitet.
Der eigentliche Fall des Buchs ist der Mord an einem Algerier namens Malek, wobei das korrupte Justizsystem sich bestenfalls halbherzig dafür interessiert. Nur der aus Paris stammende Commissaire Daquin und seine Kollegen Grimbert und Delmas widmen sich der Sache mit dem nötigen Eifer. Ihre Recherchen sind gründlich, aber bei weitem nicht so gewissenhaft wie die der Autorin. In der Nachbemerkung heißt es, die Krise vom Sommer und Herbst 1973 habe in der "algerischen Bevölkerung von Marseille circa 15 Tote gefordert, rund 50 in ganz Frankreich". Der Stoff ist explosiv, wobei Manotti seine vielen Facetten in einem lakonischen, zuweilen geradezu telegrammartigen Stil aneinanderreiht. Damit wären wir bei einem Aspekt, der etlichen historischen Politthrillern ästhetisch den Garaus macht: Sie geraten zur Materialschlacht, weil zu viele Informationen aufeinander bezogen und gegeneinander abgewogen werden wollen.
Vom daraus resultierenden didaktischen Sound bleibt auch "Marseille.73" nicht verschont: "Dann, 1969, ist de Gaulle weg, und jetzt wissen alle, dass an der Regierung in Paris Politiker beteiligt sind, die mit Französisch-Algerien und der OAS sympathisieren. Daraufhin leben in Marseille die Spannungen zwischen den korsischen Altmeistern und den Pied-Noir-Herausforderern, die ihre Stunde für gekommen halten, auf allen Ebenen des Polizeiapparats wieder auf."
Die dokumentarische, von Abkürzungen und behördlichen Formalitäten gespickte Diktion könnte unkundige Leser an Belastungsgrenzen führen. Allerdings tragen ein Glossar und Erläuterungen zur Struktur der Polizei zum Verständnis bei. Dabei hätte dem Roman vor allem eine gröbere Schraffur gutgetan - weniger historische Einzelheiten, mehr Imagination. Der Teufel steckt nicht immer im Detail.
KAI SPANKE
Dominique Manotti:
"Marseille.73".
Aus dem Französischen von Iris Konopik.
Ariadne im Argument Verlag, Hamburg 2020.
400 S., geb., 23,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der eigentliche Fall des Buchs ist der Mord an einem Algerier namens Malek, wobei das korrupte Justizsystem sich bestenfalls halbherzig dafür interessiert. Nur der aus Paris stammende Commissaire Daquin und seine Kollegen Grimbert und Delmas widmen sich der Sache mit dem nötigen Eifer. Ihre Recherchen sind gründlich, aber bei weitem nicht so gewissenhaft wie die der Autorin. In der Nachbemerkung heißt es, die Krise vom Sommer und Herbst 1973 habe in der "algerischen Bevölkerung von Marseille circa 15 Tote gefordert, rund 50 in ganz Frankreich". Der Stoff ist explosiv, wobei Manotti seine vielen Facetten in einem lakonischen, zuweilen geradezu telegrammartigen Stil aneinanderreiht. Damit wären wir bei einem Aspekt, der etlichen historischen Politthrillern ästhetisch den Garaus macht: Sie geraten zur Materialschlacht, weil zu viele Informationen aufeinander bezogen und gegeneinander abgewogen werden wollen.
Vom daraus resultierenden didaktischen Sound bleibt auch "Marseille.73" nicht verschont: "Dann, 1969, ist de Gaulle weg, und jetzt wissen alle, dass an der Regierung in Paris Politiker beteiligt sind, die mit Französisch-Algerien und der OAS sympathisieren. Daraufhin leben in Marseille die Spannungen zwischen den korsischen Altmeistern und den Pied-Noir-Herausforderern, die ihre Stunde für gekommen halten, auf allen Ebenen des Polizeiapparats wieder auf."
Die dokumentarische, von Abkürzungen und behördlichen Formalitäten gespickte Diktion könnte unkundige Leser an Belastungsgrenzen führen. Allerdings tragen ein Glossar und Erläuterungen zur Struktur der Polizei zum Verständnis bei. Dabei hätte dem Roman vor allem eine gröbere Schraffur gutgetan - weniger historische Einzelheiten, mehr Imagination. Der Teufel steckt nicht immer im Detail.
KAI SPANKE
Dominique Manotti:
"Marseille.73".
Aus dem Französischen von Iris Konopik.
Ariadne im Argument Verlag, Hamburg 2020.
400 S., geb., 23,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schließen
Gebundenes Buch
Frankreich und die Immigranten, ein Thema, das bis heute nichts an Brisanz verloren hat, steht einmal mehr im Mittelpunkt ihres neuen Romans und nimmt uns mit in das Marseille Anfang der siebziger Jahre, für viele Menschen aus dem Maghreb auch heute noch erste Station auf ihrem Weg in ein …
Mehr
Frankreich und die Immigranten, ein Thema, das bis heute nichts an Brisanz verloren hat, steht einmal mehr im Mittelpunkt ihres neuen Romans und nimmt uns mit in das Marseille Anfang der siebziger Jahre, für viele Menschen aus dem Maghreb auch heute noch erste Station auf ihrem Weg in ein vermeintlich besseres Leben. Die Stadt ist ein Pulverfass, auf der einen Seite die algerischen Einwanderer, auf der anderen Seite die repatriierten Franzosen, die Pied-noir, die gegen Ende des Algerienkrieges zurück in ihre Heimat drängen.
Mittendrin Daquin, der Commissaire aus Paris, der Außenseiter aus dem Norden, der nicht weiß, wie der südfranzösische Hase läuft, von seinen Vorgesetzten misstrauisch beäugt und deshalb mit Aufträgen betraut, bei denen er sich eine blutige Nase holen soll. Wie beispielsweise bei der Überwachung der Marseiller UFRA, einer rechtsextremen Gruppe von Algerienheimkehrern, denen es nach ihren feucht-fröhlichen Zusammenkünften besonderes Vergnügen bereitet, im Immigrantenviertel die "Indianer“ aufzumischen.
Im Sommer/Herbst 1973 brennt nicht nur in der Hafenstadt die Luft. Die Situation eskaliert, rassistische Gewalttaten häufen sich. Innerhalb von sechs Monaten werden mehr als fünfzig Algerier ermordet. Erschossen, erschlagen, davon ca. 20 allein in Marseille. Und es sind nicht nur die Pied-noir, die dafür verantwortlich sind. Polizei, Justiz und Presse sind mitschuldig, aktiv und passiv daran beteiligt, verschließen die Augen, lassen Ermittlungen ins Leere laufen.
Die Historikerin Dominique Manotti ist eine schonungslose Chronistin, legt die Finger auf die Wunden der französischen Gesellschaft. Entstanden vor langer Zeit, nie vollständig verheilt und immer wieder aufbrechend. Sie schreibt wider das Vergessen und schafft so eine Verbindung zu den rassistischen Exzessen unserer Gegenwart, nicht nur in Frankreich. Unbedingt lesen!
Weniger
Antworten 1 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 1 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Andere Kunden interessierten sich für