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"Was für ein Schicksal! Eine Frau als Mittlerin zwischen zwei Kulturen, mitgeschleppt und gedemütigt als eine Art Mutter Courage ..." (NDR). Malinche war die indianische Gefährtin des Mexiko-Eroberers Hernan Cortes, sie war die Mutter seines Sohnes, Dolmetscherin, Geliebte und Leibeigene. Eine Frau, die im Zentrum des Untergangs der aztekischen Kultur ums nackte Überleben kämpfte und dabei ihr Sprachtalent zu Hilfe nahm. In den vier Jahrhunderten danach wurde diese ungewöhnliche Frau als Verräterin verunglimpft und ist doch in den Legenden ihres Volkes lebendig. In ihrer "anderen Geschichte…mehr

Produktbeschreibung
"Was für ein Schicksal! Eine Frau als Mittlerin zwischen zwei Kulturen, mitgeschleppt und gedemütigt als eine Art Mutter Courage ..." (NDR). Malinche war die indianische Gefährtin des Mexiko-Eroberers Hernan Cortes, sie war die Mutter seines Sohnes, Dolmetscherin, Geliebte und Leibeigene. Eine Frau, die im Zentrum des Untergangs der aztekischen Kultur ums nackte Überleben kämpfte und dabei ihr Sprachtalent zu Hilfe nahm. In den vier Jahrhunderten danach wurde diese ungewöhnliche Frau als Verräterin verunglimpft und ist doch in den Legenden ihres Volkes lebendig. In ihrer "anderen Geschichte Mexikos" erzählt Anna Lanyon aus dem Leben einer Frau, die die Entwicklung der neuen Welt mitgeprägt hat. Genau recherchiert, mit Engagement und Mitgefühl geschrieben, gelingt es ihr, hinter den Mythen die wirkliche Frau sichtbar zu machen.
Autorenporträt
Anna Lanyon studierte Geschichte, Hispanistik und Linguistik in Melbourne, danach bereiste sie die Welt, insbesondere Mexiko und Mittel- und Südamerika. Malinche. Die andere Geschichte Mexikos ist ihr erstes Buch und ein Ergebnis ihrer anhaltenden Leidenschaft für Geschichte und die spanische Sprache. Malinche wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.03.2001

Historischer Mutterschaftsurlaub
Anna Lanyon bereist einen mexikanischen Mythos

Die USS Malinche ist mit über vierhundert Metern Länge sozusagen die größere Schwester des Raumschiffs Enterprise. In der StarTrek-Welt sind Frauennamen für Raumschiffe eigentlich nicht üblich. Wie kommt also die mexikanische Sklavin Malinche zu der Ehre, daß über siebenhundert Jahre nach ihrer Geburt ein Schiff der Föderation mit ihrem Namenszug an futuristischem Bug und Heck durch den Weltraum rast?

Schuld ist vermutlich der mexikanische Philosoph und Politiker José Vasconcelos, der die mexikanischen Mestizen als raza cósmica (kosmische Rasse) bezeichnete, weil sie aus dem gigantischen Zusammenprall kosmischer Gewalten geboren seien. Die Mutter dieser neuen Rasse war die polyglotte Sklavin Malinche, die auf der Straße nach Tenochtitlán als Übersetzerin zwischen dem Eroberer Hernán Cortés und dem Gewaltherrscher Montezuma gestanden hatte. Mit Cortés zeugte sie einen der ersten - in der Mythologie überhaupt den ersten - Mestizen. Ihre Kindheit und die letzten Jahre ihres kurzen Lebens liegen im dunkeln. Nur für wenige Monate stand Malinche im blendenden Licht der Weltgeschichte, und nur ein einziger Augenzeuge, der Chronist Bernal Díaz del Castillo, überliefert Einzelheiten über Doña Marina, wie die Spanier sie nannten.

Die australische Philologin Anna Lanyon hatte auf ihrer ersten Mexiko-Reise in den siebziger Jahren vom Malinche-Mythos gehört und dabei aufgeschnappt, wie verhaßt der Name nationalistischen Mexikanern war, die ihn bis heute als Synonym für Landes- und Kulturverrat benutzen. Doch sogar die nationalistisch-propagandistische Wandmalerei von Diego Rivera und José Clemente Orozco, von der Lanyon beeindruckt war, zeigt ein komplexeres und tragisches Bild von Malinche.

Das Thema Malinche nahm die Touristin gefangen und beschäftigte sie über Jahre. Es veranlaßte sie auch zu einer zweiten Mexiko-Reise, deren Geschichte Lanyon in ihrem Buch erzählt. Wenn man über Malinche keinen blumig-exotischen historischen Roman schreiben will, aber auch keine dröge Diskursanalyse über ihre breitgefächerte Rezeption, wenn es einem schließlich an der Wortgewalt eines Octavio Paz fehlt, der Malinche mit seinem zackigen Essay vom "Labyrinth der Einsamkeit" in die Mitte des modernen Mexiko geholt hat, dann ist es keine schlechte Idee, das Wenige, was man sicher von Malinche wissen kann, in einen subjektiv-expressiven Reisebericht einzubetten. Anna Lanyon ist damit ein Stück leichte Lektüre über ein schweres Thema gelungen.

Der deutsche Titel "Malinche - Die andere Geschichte der Eroberung Mexikos" verspricht allerdings zuviel. In seiner schönen Doppeldeutigkeit ist der Originaltitel "Malinche's Conquest" zugleich bescheidener und ausdrucksvoller. Auf steinigen Wegen eroberte sich Lanyon auch ihre Malinche. Die australische Touristin fand die mexikanische Provinz unbequem und die Hauptstadt dreckig. Sie hat typische Touristenerfahrungen gemacht, von denen sie kurz und treffend zu schreiben weiß. Über Malinche schreibt sie informiert, einfühlsam und verhalten feministisch. Undeutlich und schemenhaft spiegeln sich die Konturen der Eroberung Australiens und des tödlichen Rassismus gegen die Aborigines in den kräftigen epischen Szenen, die Lanyon aus der mexikanischen Mythologie zitiert.

Wenn die Autorin dann, wie es sich für eine stimmungsvollen Reisebericht gehört, beim Abheben in Richtung Heimat noch einmal aus dem Fenster des Flugzeugs auf Mexiko hinabschaut, dann sieht sie ein Stück von sich selbst, ein Stück von dem Land, in dem die geheimnisvolle, starke Malinche lebte, und ein Stückchen von der unermeßlichen Weite des Kosmos.

GEORG EICKHOFF.

Anna Lanyon: "Malinche". Die andere Geschichte der Eroberung Mexikos. Aus dem Englischen übersetzt von Christa Krüger. Ammann Verlag, Zürich 2001. 239 S., geb., 37,- DM.

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