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Be lügt immer. Be ist ein Miststück, findet Augusta, die Erzählerin in Elke Naters' zweitem Roman "Lügen". Aber weil Be gleichzeitig ihre beste Freundin ist, und eine treue noch dazu, sieht sie ihr das nach. Be hat einen Mann, den besten, findet Augusta, die keinen hat, aber Be behandelt ihn schlecht und verläßt ihn, weil sie das einfache Glück nicht erträgt. Be hat schöne lange schwarze Haare, die sie abschneidet und blond färbt, um anschließend mit einer dunkelhaarigen Langhaarperücke herumzulaufen. Das sei subversiv, und jede Frau sollte einmal im Leben blond sein, sagt sie. Be nimmt nicht…mehr

Produktbeschreibung
Be lügt immer. Be ist ein Miststück, findet Augusta, die Erzählerin in Elke Naters' zweitem Roman "Lügen". Aber weil Be gleichzeitig ihre beste Freundin ist, und eine treue noch dazu, sieht sie ihr das nach. Be hat einen Mann, den besten, findet Augusta, die keinen hat, aber Be behandelt ihn schlecht und verläßt ihn, weil sie das einfache Glück nicht erträgt. Be hat schöne lange schwarze Haare, die sie abschneidet und blond färbt, um anschließend mit einer dunkelhaarigen Langhaarperücke herumzulaufen. Das sei subversiv, und jede Frau sollte einmal im Leben blond sein, sagt sie. Be nimmt nicht anderes wahr als sich selbst und natürlich Männer. Dann verliebt sich Be in eine Frau. Augusta stellt fest, "daß Be sich kein Stück verändert hat. Daß sie noch immer das gleiche Miststück ist, das sie schon immer war. Daß Be sich nie verändern wird, egal, was passiert. Ob sie es mit Männern oder Frauen, Hühnern oder Pferden treibt, völlig egal." Augusta wird in den Strudel der Ereignisse hineinge zogen, so wenig sie das will, und muß dabei feststellen, daß sie sich verliebt hat. Was der Spiegel über Elke Naters' Debütroman schrieb - "bösartig zart, wunderbar eigen und unprätentiös" - gilt auch für den neuen Roman, in dem sie den genau und sehr komisch beobachteten alltäglichen Freuden und Leiden des Lebens wieder ganz neue Seiten abgewonnen hat.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.01.2000

Wohnen, lügen, dämmern
Die Tyrannei der Freundschaft: Elke Naters liebt die kurzen Sätze

Natürlich ist es mit der besten Freundin so eine Sache. Egal, ob man es wahrhaben will oder nicht, man ist ihr Rechenschaft schuldig, weiß nicht nur, was die andere tut, sondern kennt auch ihre Gedanken. Und was so das Glück und die Dichte der Freundschaft ausmacht, ist immer auch ihre Tyrannei. Gloria und Marie nannte Elke Naters die Freundinnen in ihrem ersten Roman "Königinnen". Die eine hatte, was die andere entbehrte, und umgekehrt. Aber beide liebten sie Chanel-Lippenstifte und Schuhe von Patrick Cox, standen nächtelang in Berliner Clubs herum, bis ihnen "vor lauter Gutaussehen und Glücklichsein" das Gesicht wehtat und ihr Freund Martin pilserfrischt und zugekokst am Tresen einschlief.

Im neuen Buch "Lügen" heißen die Freundinnen Augusta und Be. "Hell wie eine Lampe" scheint Augusta der Mond ins Gesicht, als sie eines Nachts aufwacht und Be im gelben Mantel auf der Straße stehen und herumschreien sieht. Die Szene bleibt unwirklich wie ein Traum und eröffnet das Buch mit dem Phantasma der Doppelgängerin. Denn der Blick auf die Freundin ist immer auch der auf das eigene Leben und Augustas Erzählung ein redseliger Versuch, gleich beider habhaft zu werden: Beschreibung und Selbstbeschreibung fallen bei Elke Naters in eins.

Dabei erfährt man die erstaunlichsten Dinge. Zum Beispiel dass es ein Vorteil am Alleinleben sei, sich das Frühstück nicht vom Anblick billiger Sahnejoghurts oder dem Geruch von Salami verderben zu lassen. Niemandem muss man dabei zusehen, wie er eine Semmel mit Margarine und Erdbeermarmelade isst. Der Kühlschrank steht nicht voll von Fantaflaschen, Nutelladosen und Dany plus Sahne, durch die man sich erst durchwühlen muss, um den Serranoschinken oder die Hagebuttenmarmelade zu finden; schlimmer wäre nur, sie nicht zu finden, weil sie jemand anderem geschmeckt hat, am schlimmsten aber, lediglich eine einzige Scheibe noch anzutreffen, die vertrocknet auf der Folie klebt.

Anders als Augusta ist Be egal, was sie isst: "Wurst ist Wurst, Käse Käse und Marmelade Marmelade." Und das geht natürlich nicht. Wie schon "Königinnen" liest sich auch "Lügen" als nicht enden wollende Auflistung von Dingen, die das Leben lebenswert machen und im gleichen Atemzug zur Vorschrift werden: "Wie sehen Sie denn aus?", war die Leitfrage des ersten Romans. Nichts ging ohne Helmut Lang, ohne Gucci oder Miu Miu. Die neue Devise lautet nun "Wohnen, Dämmern, Lügen": "Hausschuhe stehen für alles, wogegen man sein Leben lang ankämpfen muss", genauso wie "eckige Teller" und "Kerzenlicht", Prosecco statt Bier und CDs statt Platten. Elke Naters' Heldinnen haben "Zeit mehr als genug". Sie liegen in Betten herum, starren aus dem Fenster, gehen einkaufen, telefonieren, lesen Zeitung oder essen Milchreis in rauen Mengen. Vor allem aber langweilen sie sich zu Tode.

"Heute Morgen", heißt es in "Königinnen", "habe ich eine schöne Geschichte gelesen von einer Frau, die sich umbringen wollte, weil in ihrem Leben nichts Großes passiert. Ein Tag war wie der andere, voll der kleinen täglichen Verrichtungen." Es mag das Schicksal der Freundinnen von Elke Naters sein, dass sie "in keiner deutschen Komödie" und "auch nicht in einem amerikanischen Film" sind. Nur Worte können über diese Ereignislosigkeit hinwegtäuschen. Das monotone Gerede aus stilisierten Belanglosigkeiten ist in "Lügen" der einzige Zeitvertreib, der Roman wie das stundenlange Telefonat mit einer Freundin, die einen nicht zu Wort kommen lässt, bis endlich die Formel da ist, die es erlaubt, aufzulegen.

An einer Stelle allerdings passiert etwas. Be verlässt ihren Mann (den besten, wie Augusta findet), um von jetzt an eine Frau zu lieben. Die Freundin ist schockiert, weil nichts mehr zu stimmen scheint. Allmählich aber begreift sie, dass Be sich vielleicht "kein Stück verändert hat. Dass sie immer noch das gleiche Miststück ist, das sie schon immer war. Dass sie sich nie verändern wird, egal was passiert, ob sie es mit Männern oder Frauen, Hühnern oder Pferden treibt." "Lügen" wird hier zum Bildungsroman und gipfelt in der Utopie. Denn Augusta hat es satt, allein zu sein, sie beschließt, sich mit den Freundinnen zu arrangieren und mit einem neuen Mann, um "eine Menge Spaß zu haben und viel zu lachen, bis ans Lebensende". Das ist schön für sie. Und wäre auch schön für andere, wäre es nur nicht so langweilig.

Elke Naters liebt die Vornamen ihrer Heldinnen und Helden, und sie liebt die Wiederholung: "Wenn Ala auf Marie und mich trifft, ist das so ähnlich, wie wenn ich auf Marie und Susan treffe", heißt es in "Königinnen". "Dass Hendrik und Susanne essen gehen, während Mika und Frank auf ihren Zimmern bleiben", hielt die Erzählung "Mau Mau" für ausgeschlossen. Und in "Lügen" ist "Be das Miststück". "Be lügt eigentlich fast immer", "Be hat eine andere Auffassung der Wahrheit", "Be dreht die Welt so lange im Kopf herum, bis sie ihr passt", und "Be glaubt an alles, was sie sagt". Monoton ist dieses Spiel der Namen und der viel zu kurzen Sätze. Und erschöpft beschließt man irgendwann, lieber gleich an Kate Moss in der Calvin-Klein-Werbung zu denken. "Be bold, be shy", heißt es da, "Be a beauty, be a biest". Just Be.

JULIA ENCKE

Elke Naters: "Lügen". Roman. Verlag Kiepenheuer & Witsch. Köln 1999. 190 S., geb., 29,90 DM.

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"Elke Naters ist eine wirklich wunderbare Erzählerin." Süddeutsche Zeitung "Wie schon in ihrem äußerst erfolgreichen Dbüt "Königinnen" erzählt die Autorin die Geschichte von zwei Freundinnen um die Dreißig in Berlin, diesmal aber nur aus einer Perspektive: der von Augusta. Augustas Gedanken kreisen, aus mangel an eigenem Leben, um das Leben ihrer bestgehaßten Freundin Be. Die hat scheinbar alles, was Augusta fehlt: Mann, Kinder, Spaß, Verve. Und die Definitionsmacht darüber, was man trägt, was man mag, wie man lebt ... Das Buch liest sich so weg, wie die "Bunte" beim Friseur. Der Unterschied ist das Gefühl danach: Der Kopf ist nicht hohl." Der Spiegel