Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 4,00 €
  • Broschiertes Buch

Aus Knochenmark wird Mozart vom Salzburger Musikverein genetisch wieder aufgebaut. Der neue Mozart hat keine Lust zum Komponieren. Auf der Flucht nach Wien wird er vom Schaffner aus dem Zug geworfen und kommt nur bis Linz, wo er eine Hausbesitzerin kennenlernt, von der er sich aushalten läßt. Dann ereignet sich eine Serie von Gewaltverbrechen an jungen Mädchen mit denen Mozart in Verbindung gebracht wird.

Produktbeschreibung
Aus Knochenmark wird Mozart vom Salzburger Musikverein genetisch wieder aufgebaut. Der neue Mozart hat keine Lust zum Komponieren. Auf der Flucht nach Wien wird er vom Schaffner aus dem Zug geworfen und kommt nur bis Linz, wo er eine Hausbesitzerin kennenlernt, von der er sich aushalten läßt. Dann ereignet sich eine Serie von Gewaltverbrechen an jungen Mädchen mit denen Mozart in Verbindung gebracht wird.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.03.1997

Ausgerechnet Linz
Macht Spaß: Franzobel befreit Mozart aus dem Köchelverzeichnis

Die Angelegenheit ist in der Tat höchst verwirrend. Um des Bändchens Inhalt zu umreißen, bedienen wir uns deshalb ausnahmsweise der ausnahmsweise präzisen Verlagsinformation: "Aus Knochenmark wird Mozart vom Salzburger Musikverein genetisch wieder aufgebaut. Der neue Mozart hat keine Lust zum Komponieren. Auf der Flucht nach Wien wird er vom Schaffner aus dem Zug geworfen und kommt nur bis Linz, wo er eine Hausbesitzerin kennenlernt, von der er sich aushalten läßt. Dann ereignet sich eine Serie von Gewaltverbrechen an jungen Mädchen, mit denen Mozart in Verbindung gebracht wird." So viel zur Fabel, die übrigens lange vor dem Weltruhm des geklonten Schafes Dolly ersonnen wurde.

Franzobel - der dreißigjährige Malerdichter aus Oberösterreich gewann 1995 den Bachmann-Preis - hat offenbar auch in puncto Form eine Schwäche für das große musikalische Wunderkind. Sein Hirtenspiel und Königsdrama "Bibapoh" heißt mit vollständigem Titel "Mozarts Il re pastore folgend". Und von Franzobels jüngster Erzählung "Linz" wird behauptet, sie zeige "erstaunliche Parallelen mit der Symphonie 36 / KV 425". Wer das Köchelverzeichnis nicht im Schlaf herunterbeten kann, sei aufgeklärt, daß dieses 1783 uraufgeführte Werk den Spitznamen "Linzer Symphonie" trägt.

Schon wieder Linz, ausgerechnet Linz. Dergleichen nennt man in der populärwissenschaftlichen Regel eine "Obsession", wie naturgemäß auch der Untertitel des Prosastückchens lautet. Was freilich die Strukturparallelen betrifft, fühlt sich der Rezensent leicht überfordert: Außer der Identität der Tempobezeichnungen - Adagio, Menuetto und Presto - vermag er keine auffallenden Gemeinsamkeiten zu entdecken.

Aber der Begriff "Obsession" ist im Falle Franzobels gut zu gebrauchen, denn hier handelt es sich ohne Zweifel um einen zwanghaften Wortkünstler, einen Sprachspieltriebtäter. Für den gemeinen Leser, also unsereins, erschließt sich die Qualität experimenteller Texte hauptsächlich durch die Frage: Macht die Lektüre Spaß oder nicht? Anders gesagt: Wirkt das Kunstprodukt mehr lebendig als tot?

Franzobels symphonische Etüden, angesiedelt zwischen postmasturbatorischer Traurigkeit und Flatulenz, bereiten in der Mischung aus Weltschmerz, Lustmord und Tollheit zumindest streckenweise beträchtliches Vergnügen. Der Buchstabenerotiker betreibt ebenso furchtbare wie fruchtbare Unzucht mit der Semantik, mit Sinn und Klang. Wortmaterial verwandelt sich zu wiederkehrenden, hübsch verballhornten Motiven, die im Zerrspiegel-Echo seltsamen Verfremdungsreiz gewinnen: "Hinten Tedeum, vorne Mausoleum." Dabei hält dieser Autor den Scherzando-Ton mühelos durch. Und manchmal stimmt der Witz seines taghellen Notturnos sogar nachdenklich: "Im nachhinein ist alles ein Zuguterletzt." ULRICH WEINZIERL

Franzobel: "Linz. Eine Obsession". Edition Pixis bei Janus Press, München und Berlin 1996. 64 S., Abb., br., 20,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr