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Zärtliche Briefe aus einer dunklen Zeit "Sie waren zu schön, um sie zu verbrennen" - aus diesem Grund hat ein holländisches Ehepaar die wunderbaren illustrierten Briefe eines jüdischen Vaters an seine 10-jährige Tochter aufbewahrt, obwohl es sich damit selbst in Lebensgefahr brachte. Nach mehr als 60 Jahren werden diese Briefe nun veröffentlicht - anrührende Dokumente des Widerstands. Lieneke ist sechs Jahre alt, als deutsche Truppen 1940 die Niederlande besetzen. Als die Judendeportationen beginnen, beschließt die Familie van der Hoeden unterzutauchen. Lieneke, die Jüngste von vier…mehr

Produktbeschreibung
Zärtliche Briefe aus einer dunklen Zeit "Sie waren zu schön, um sie zu verbrennen" - aus diesem Grund hat ein holländisches Ehepaar die wunderbaren illustrierten Briefe eines jüdischen Vaters an seine 10-jährige Tochter aufbewahrt, obwohl es sich damit selbst in Lebensgefahr brachte. Nach mehr als 60 Jahren werden diese Briefe nun veröffentlicht - anrührende Dokumente des Widerstands.
Lieneke ist sechs Jahre alt, als deutsche Truppen 1940 die Niederlande besetzen. Als die Judendeportationen beginnen, beschließt die Familie van der Hoeden unterzutauchen. Lieneke, die Jüngste von vier Geschwistern, kommt nacheinander bei verschiedenen Familien unter, die das Mädchen unter großer Gefahr für ihr eigenes Leben vor den Häschern der Nazis versteckt halten. Natürlich vermisst Lieneke ihre Familie, ist traurig und fühlt sich allein. Bis eines Tages ein Brief ihres Vaters eintrifft. Insgesamt neun Briefe in Form kleiner Heftchen hat der Vater seiner Tochter bis zur Befreiung der Niederlande heimlich zukommen lassen, um Lieneke das Gefühl des Verlassenseins zu nehmen. In diesen wunderschön illustrierten Briefen erzählt er fröhlich, leicht und hoffnungsfroh von den Dingen des Alltags, berichtet - verschlüsselt - über die Neuigkeiten der Familie und nimmt Anteil am Tun und Werden seiner Tochter. Die französische Schriftstellerin Agnès Desarthe hat die Heftchen in Israel entdeckt, wohin die Familie nach dem Krieg emigrierte, und erzählt in einem zehnten Heft die Geschichte, die sich dahinter verbirgt, aus dem Blickwinkel der kleinen Lieneke. Ein wunderbares, anrührendes Dokument des Widerstands, voller Poesie und väterlicher Zärtlichkeit.
Autorenporträt
Agnès Desarthe wurde 1966 in Paris geboren. Sie studierte Literatur- und Sprachwissenschaft. Mit 22 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Roman für Erwachsene. Darauf folgten mehrere Kinder- und Jugendromane. Sie lebt mit ihrer Familie in Paris und arbeitet als Englischlehrerin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.06.2009

Schatz im Kästchen
Die Briefe eines jüdischen Vaters an sein Töchterchen
Eine kleine Bücherkiste, die aussieht wie ein Schmuckschächtelchen. Sie passt sich nicht einmal den üblichen Gepflogenheiten der Präsentation im Regal der Buchhandlungen an, weder stehend noch liegend. 9 mal 14 Zenti-
meter groß ist der Schuber, in dem
,,Lienekes Hefte‘‘ verborgen sind. Wenn man ihn öffnet, folgt die nächste Über-
raschung: Zehn Heftchen finden sich
darin, neun davon mit handgemalten
Sätzen versehen und bunten Illustrationen geschmückt. Jedes Heftchen häufig nicht mehr als ein Dutzend Seiten
stark, gebunden mit einem dünnen roten Faden.
Woran erinnert uns das? An die Zeit, als wir noch Schriftsteller, Setzer, Drucker, Buchbinder, Verleger und Händler unserer Werke der reiferen Kindertage waren – für Papa, Mama, für die Freunde und – für die erste Geliebte. Aus ähnlichen Motiven, nur unter weit dramatischeren Umständen als die einer relativ geborgenen Nachkriegskindheit, entstanden ,,Lienekes Hefte‘‘. Es sind die Briefe eines jüdischen Vaters an sein während der deutschen Besatzungszeit in Holland bei einer Gastfamilie verstecktes Töchterchen. Zuerst wurden sie in Israel publiziert, dann in Frankreich, nun hier, zusammen mit einem Begleitheft der Herausgeberin, der französischen Schriftstellerin Agnès Desarthe, in dem der Hintergrund des Ganzen beleuchtet wird.
Lieneke, die Adressatin der Heftchen, wurde am 24. Mai 76 Jahre alt. Sie lebt seit Ende der 40er Jahre in Israel und heißt heute Nili Goren. Geboren und aufgewachsen ist sie als eines von vier Kindern einer jüdischen Familie in Utrecht. Der Vater – Jacob van der Hoeden – war ein allseits geschätzter Tierarzt und Mikrobiologe, die Mutter war Ende der 30er Jahre bereits schwer erkrankt. Als die Deutschen das Land besetzt hatten und die systematische Verfolgung der jüdischen Bevölkerung im Gange war, entschlossen sich die Eltern, ihre Kinder zu verstecken und nahmen auch selbst eine neue Identität an. Da war Lieneke acht Jahre alt. Sie und eine ihrer beiden Schwestern kamen zuerst bei Freunden unter. Später, 1944, fand Lieneke in einer protestantischen Familie auf dem Land Unterschlupf. Das war die Zeit, als sie – befördert durch den holländischen Widerstand – einmal im Monat vom Vater ein wunderschön handgeschriebenes und mit lustigen Zeichnungen versehenes Heftchen bekam: neun Heftchen, bis zur Befreiung des Landes.
„Lienekes Hefte” sind nicht nach literarischen Kriterien zu beurteilen. Sie sind zuallererst Zeugnisse der außergewöhnlichen Liebe eines Vaters zu seinem Kind. Natürlich sind die Heftchen auch Dokumente der fast ausgestorbenen Gebrauchskunst des Schreibens illustrierter Briefe: Jacob van der Hoeden, der 1968 in Israel starb, war ein phantastischer Zeichner und Geschichtenerzähler. Ein Auszug aus seinem ,,Festtagsbrief‘‘ an das Töchterchen: ,,Liebe Lieneke, am Vierundzwanzigsten Mai ist es Elf Jahre her, dass irgendwo in Utrecht ein winziges Mädchen von null Jahren, null Tagen und null Stunden in einer Wiege lag und sich über eine Welt wunderte, die es vorher noch nicht gesehen hatte. Und da war eine Mutter und ein Vater, und es kamen Kinder und andere Menschen, die staunten über das winzige Kind, das sie alle noch nicht kannten. Und nun ist der Winzling ein munteres Mädchen von Elf Jahren geworden. Ein Mädchen mit schönen langen Zöpfen und einem schönen Zeugnis und Holzschuhen. Heute hat es Geburtstag! Es ist jammerschade, dass ich nicht selbst kommen kann, um es zu beglückwünschen. Aber mein Sonntagsanzug hat einen Fleck, und meinen Festtagshut haben die Motten angefressen.‘‘
Wunderliche Erlebnisse
Die Heftchen waren der wichtigste Trost für die kleine Lieneke in der langen Zeit, in der sie, bis auf gelegentliches Briefeschreiben, keinen persönlichen Kontakt zu ihren Eltern halten durfte. Die Botschaften des Vaters – das waren liebevoll illustrierte, witzige kleine Alltagsgeschichten, durch die in Zwischentönen Informationen über das Wohlergehen der Familie anklangen und die Hoffnung auf die baldige Befreiung des Landes. Von neugeborenen Zicklein ist die Rede, von Nikolaus und Knecht Ruprecht, von Schneeglöckchen und Frühlingssonne und von wunderlichen Erlebnissen im Garten, von fast heiler Kinderwelt also. Lieneke durfte die Heftchen eine Stunde lang behalten und musste sie dann dem Ehepaar geben, bei dem sie, als vorgebliche Nichte aus der Stadt, Unterschlupf gefunden hatte. Eigentlich sollten die Briefe vernichtet werden, aber der ,,Onkel‘‘ brachte es nicht übers Herz, die kleinen Kunstwerke zu zerstören und gab sie Lieneke nach Kriegsende zurück.
Lienekes Vater und die Geschwister überlebten die Zeit im Untergrund. Die Mutter starb kurz vor Kriegsende. 60 Jahre später hat sich die Adressatin entschlossen, die Hefte der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Am Anfang war sie skeptisch. „Vater hätte nicht gewollt, dass diese Briefe veröffentlicht werden”, sagt Nili Goren heute. „Also behielt ich sie für mich und zeigte sie nur der Familie und sehr guten Freunden. Und alle sagten immer wieder: ‚Du musst die Briefe veröffentlichen – sie sind etwas ganz Besonderes!‘” Schließlich gab Lieneke nach. Sie stellte sie dem Yad LaYeled zur Verfügung, dem Museum für die jüdischen Kinder des Holocaust, unter der Bedingung, dass von den Briefen Kopien gemacht wurden, die die Besucher in die Hand nehmen und lesen konnten. Die Reaktionen war überwältigend. Lieneke beantwortete ungezählte Briefe, die ihr vor allem Kinder schrieben und malten. Vor wenigen Jahren vertraute Nili Goren ihre Lebensgeschichte der jungen israelischen Autorin Tami Shem-tov an. Der biographische Roman ,,Das Mädchen mit den drei Namen‘‘ wird im August bei S. Fischer in der Fischer-Schatzinsel-Reihe erscheinen. Ab 7 SIGGI SEUSS
JACOB VAN DER HOEDEN: Lienekes Hefte. Aus dem Niederländischen von Edmund Jacoby. Verlagshaus Jacoby & Stuart, Berlin 2009. 10 Hefte im Schmuckschuber. 140 Seiten, 19,95 Euro.
Ein großes Herz, viel Humor und ein zeichnerisches Talent bewies der niederländische Tierarzt und Mikrobiologe Jacob van der Hoeden mit den wunderbaren Briefchen an seine im Krieg auf dem Land versteckte Tochter Lieneke. Foto: Buschmann
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Keine Frage, Siggi Seuss ist gerührt angesichts dieses Zeugnisses einer besonderen Vaterliebe in Kriegszeiten. Schon die Aufmachung der Ausgabe lässt Seuss an ein Schmuckkästchen denken. Die zehn handbemalten Hefte erinnern Seuss an innerfamiliäre Kinderpost. Im Begleittext der Ausgabe erfährt Seuss die Umstände der Entstehung und die inzwischen 60 Jahre alte Geschichte der Hefte des jüdischen Vaters an die ferne Tochter. Nach literarischen Kriterien möchte Seuss sie nicht beurteilen, doch den Vater, Jacob van der Hoeden, lernt Seuss kennen als großen Geschichtenerzähler und Illustrator. Für die von der Familie getrennte Tochter, glaubt Seuss, müssen diese Hefte ein wichtiger Trost gewesen sein.

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