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Erzählt wird von einer deutsch-böhmischen Kleinstadt, mitten im Krieg, und vor allem vom 14-jährigen Josef, der einmal etwas Besseres werden soll. Deshalb wird er Schüler der Lehrerbildungsanstalt, in der man aus gewöhnlichen Jungen überzeugte Nazi-Lehrer machen möchte. Wäre da nicht noch Florian, wüsste Josef nicht, wie er es aushalten sollte. In unmenschlicher Zeit finden die Jungen immer wieder einen Grund, menschlich zu denken und zu handeln.

Produktbeschreibung
Erzählt wird von einer deutsch-böhmischen Kleinstadt, mitten im Krieg, und vor allem vom 14-jährigen Josef, der einmal etwas Besseres werden soll. Deshalb wird er Schüler der Lehrerbildungsanstalt, in der man aus gewöhnlichen Jungen überzeugte Nazi-Lehrer machen möchte. Wäre da nicht noch Florian, wüsste Josef nicht, wie er es aushalten sollte. In unmenschlicher Zeit finden die Jungen immer wieder einen Grund, menschlich zu denken und zu handeln.
Autorenporträt
Josef Holub, geb. 1926 in Neuern (Böhmerwald), machte eine Ausbildung als Lehrer und Verwaltungswirt. Als ausgeübte Berufe nennt er Schmuggler, Kunstgewerbler, Ziegeleiarbeiter, Briefträger, Amtsvorsteher, Oberamtsrat bei der Post. Er hat drei Kinder und lebt in Großerlach.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.03.1997

Unter deutschen Jungmannen
Josef Holub erzählt von lausigen Zeiten

Einen paradiesischen Sommer lang hatte Josef mit seinem tschechischen Freund Jirschi in den böhmischen Wiesen und am Fluß gespielt, bevor die Deutschen einmarschierten, die Freunde trennten und die Blechfigur des heiligen Nepomuk zum Alteisen warfen. Von Josef und dem "Roten Nepomuk" lasen wir in Holubs erstem Kinderbuch. Jetzt hat er den Faden der Erzählung wieder aufgenommen, und wir erfahren, wie es Josef zwei Jahre später erging - in "lausigen Zeiten". Die beginnen mit einem "Kotztag": Josef, inzwischen vierzehn Jahre alt, muß von zu Hause fort und in die Lehrerbildungsanstalt. Dort herrscht deutscher Nazi-Drill, die "Jungmannen" und "Maiden" werden schikaniert wie auf dem Kasernenhof, und das Erziehungsziel ist der harte, soldatische, dem Führer ergebene deutsche Lehrer. Wenn Josef nicht Florian als Bettnachbarn hätte, wäre das Heimweh schlimmer. Florian liebt die Blumen und versteht viel von Menschen. Er durchschaut schnell die perfiden Ausgrenzungsstrategien, zu denen die Jungen von ihren skrupellosen Erziehern angestachelt werden. Josef und Florian sind einander zärtlich zugetan. Holub hatte schon im "Roten Nepomuk" so diskret wie genau die erotische Klangfarbe einer Jungenfreundschaft getroffen. Eine sehr schöne Szene stellt Florian an einer Quelle als einen anderen Narziß dar, der nicht sich, sondern den Freund im Wasserspiegel erkennt, "obschon . . . es so was schon wegen Physik gar nicht geben kann".

In Holubs Buch finden sich Motive der Schulgeschichten aus der ersten Jahrhunderthälfte. Bis hin zum Tod im Wasser ist die Figur des stillen, klugen Florian verwandt mit dem jungen Törleß und Hanno Buddenbrook wie auch den Kindern aus autobiographischen Erzählungen von Hesse, Carossa und anderen. Doch es bleibt eine entfernte Verwandtschaft. Weder Selbstbildungsprozesse noch die Konflikte und Leiden des begabten Zöglings Florian stehen im Vordergrund, sondern die allmähliche Eingewöhnung des Ich-Erzählers Josef in das fremde Milieu.

Josef kommt - eher gegen seinen Willen - im Internat zurecht. Er gewinnt der Kameraderie der Zwangsgemeinschaft einen gewissen Reiz ab. Gewiß, vor allem vermißt er Florian, wenn er in den Ferien zu Haus nicht ganz so glücklich ist, wie er es sich erträumt hatte. Aber es treibt ihn auch aus der Nestwärme heraus: Kein Kuß mehr für Mutter. So trostlos die Schule ist, im Prozeß der Ablösung von der Familie ist sie dennoch der Ort neuer Selbstvergewisserung. Für das ungeklärte andere Lebensgefühl gibt es noch keine Sprache außer dem groben, wortarmen Jugendjargon. Josefs häufigste Vokabel ist "beschissen". Nun wird er nicht mehr krank vor Kummer, sondern schneuzt sich nur die Nase sauber. Sein unterdrücktes Weinen ist das fast unhörbare Hintergrundrauschen der Erzählung. Als Entwicklungssymptom wirkt Josefs mühsam gehaltene Abgeklärtheit überzeugend. Allerdings ist darüber der sinnliche Reichtum der Sprache des "Roten Nepomuk" verschwunden - zugunsten einer lockeren Selbstdarstellung, wie sie derzeit in der Jugendliteratur gerne inszeniert wird. Dabei geraten die Urteile des Jungen über die Nazis allzu sicher und lässig, spricht aus den pointierten Bemerkungen und aus Attributen wie dem "lieblosen" Geigenspiel oder dem "wunderbaren" Chorsatz eher der älter gewordene Autor von heute. Nicht alles ist stimmig in diesem Buch, aber als Geschichts-, Schul- und Pubertätserzählung gibt es Einblick in eine mehr als "lausige" Vergangenheit. GUNDEL MATTENKLOTT

Josef Holub:"Lausige Zeiten". Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim und Basel 1997. 248 S., geb. 26,- DM. Ab 12 J.

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"Holub schafft für den Jugendroman, was Edgar Hilsenrath mit seiner Groteske Der Nazi&der Frisör in der Erwachsenenliteratur gelang: Ein gleichermaßen böses, satirisches wie poetisches Portrait von Menschen, das mehr von der Banalität des Schreckens verständlich macht als jedes Handbuch der Zeitgeschichte." (Siggi Seuß in der ZEIT)