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Laura Vermeer verlässt nach einer kurzen Karriere als »Kunstterroristin« das Berlin der Wendezeit, um in Hamburg als Assistentin des mächtigen Galeristen Hyde ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Dank ihrer Freundschaft zur Agentin Ruth Netzer gerät sie damit in ein Zentrum des sich fundamental wandelnden Kunstmarktes, in dem die Macht der Galeristen, Agenten und Kuratoren wächst, während sie die Künstler zunehmend zu Spielbällen ihrer eigenen Interessen degradieren, und wird schließlich selbst zu einer einflussreichen Protagonistin dieses Prozesses. Mit »Laura oder die Tücken der Kunst«…mehr

Produktbeschreibung
Laura Vermeer verlässt nach einer kurzen Karriere als »Kunstterroristin« das Berlin der Wendezeit, um in Hamburg als Assistentin des mächtigen Galeristen Hyde ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Dank ihrer Freundschaft zur Agentin Ruth Netzer gerät sie damit in ein Zentrum des sich fundamental wandelnden Kunstmarktes, in dem die Macht der Galeristen, Agenten und Kuratoren wächst, während sie die Künstler zunehmend zu Spielbällen ihrer eigenen Interessen degradieren, und wird schließlich selbst zu einer einflussreichen Protagonistin dieses Prozesses.
Mit »Laura oder die Tücken der Kunst« knüpft Pierangelo Maset dort an, wo sein Roman »Klangwesen« endete. Er zeigt die Verflechtungen von privaten, geschäftlichen und künstlerischen Interessen unter den veränderten Produktions- und Vermarktungsbedingungen im Feld der Kunst, die alle persönlichen Beziehungen durchziehen. Zwischen Laura, Ruth, dem New Yorker Künstler Bob und dessen schwesterlicher Freundin Monica entspinnt er eine vielschichtige Vierecksgeschichte, in der sich Erotik, Liebe, Freundschaft, künstlerische Lebensweise und Geschäftliches unauflöslich ineinander verschränken und heftig aufeinander einwirken.
Autorenporträt
Pierangelo Maset, geboren 1954 in Kassel, studierte Kunst und Visuelle Kommunikation, Philosophie, Anglistik und Soziologie in Kassel, Göttingen, Berlin und Hamburg. Seit Ende der 70er Jahre Ausstellungen, Kurzgeschichten und Performances. In den 80er Jahren Tonträgerveröffentlichungen mit Dr. Misch - die erste deutsche Rap-Schallplatte -, Modern Entertainment, Kings of Crisis. Literarische Veröffentlichungen, Kurzfilme und Videos, Mitgründer des HYDE Kartells in Berlin, Mitherausgeber von artMediation, Webzine für Kunstvermittlung. Zahlreiche Fachpublikationen und Lehraufträge, seit 2001 an der Universität Lüneburg. Pierangelo Maset lebt in Lüneburg.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.03.2008

Liebeskunst und Kunstboom fallen gern zusammen
„Laura oder die Tücken der Kunst”: Pierangelo Masets Satire auf den Kulturbetrieb
Auf einer Vernissage Ende der achtziger Jahre pirscht sich eine junge Frau an eine Skulptur von Pablo Picasso an. Die junge Frau heißt Laura und führt nichts Gutes im Schilde: „La Vénus du Gaz wartete darauf, mit einem Sprühfilm, der aus meinem Morgenurin bestand, berieselt zu werden, um in ein anderes Stadium zu gelangen, vielleicht sogar ein Stück weit aus diesem Museum herauszukommen.” Nachdem Laura die Skulptur mit ihrem in einer Flasche eingeschmuggelten Urin benetzt hat, bleibt keine Zeit mehr für Kunstreflexionen. Durch die allgemeine Aufregung hindurch muss sie erst einmal selbst aus der Neuen Nationalgalerie fliehen, darf sich dort vorerst nicht mehr blicken lassen.
Diese und andere Ein- und Austrittsregeln der Kunst verhandelt Pierangelo Masets Roman „Laura oder die Tücken der Kunst” im großen Stil. Von den achtziger Jahren bis in die Gegenwart hinein wird der Wandel der Konventionen geschildert, nach denen der Kunstmarkt seine Zugänge reguliert. Für eine solche Feldbeobachtung ist die Ich-Erzählerin nicht nur mit ihrem prätentiös gewählten vollständigen Namen Laura Vermeer bestens ausgestattet. Statt sperriger Kunstbelecktheit oder gar Fundamentalmeinung nämlich ist sie vor allem charmant, wendig und attraktiv. Damit schlüpft Laura nicht nur wieder und wieder durch alle Barrieren des Kunstbetriebes und hat nach ihren Anfängen als Picasso-Schänderin nacheinander als Kunstagentin, Galeristin und Künstlerin Erfolg. Sondern sie ist auch das verkörperte Prinzip eines entgrenzten Marktes, der vom Pissoir im Museum bis hin zur aufmerksamkeitsträchtigen Attacke auf fremde Kunstwerke all das honoriert, was schiere Aufmerksamkeit schafft und sich in Trends übersetzen lässt.
Pierangelo Maset, bildender Künstler, Musiker, Schriftsteller und Professor für Kunstvermittlung an der Universität Lüneburg, hat bereits in seinem Debütroman „Klangwesen” von 2005 zwei Akteure in Sachen Kunst zu seinen Protagonisten gemacht. Die beiden Soundtüftler des Erstlings werkelten genau wie die junge Laura Vermeer im Windschatten der achtziger Jahre in Westberlin vor sich hin, dachten im Gegensatz zu ihr aber keinen Augenblick an die große Öffentlichkeit. Laura, in „Klangwesen” bloß eine mysteriöse Nebenfigur, stellt diesen Ansatz nun vom Kopf auf die Füße, der ihr gewidmete Roman öffnet sich zur Betriebssatire. Spätestens mit dem Fall der Mauer bricht in „Laura oder die Tücken der Kunst” der globalisierte Markt über alle Künstlerautonomie hinweg, spült ihre Überreste in die Arme findiger Kuratoren, Galeristen und Kunstwissenschaftler.
Daran geht etwa Lauras etwas döspaddeliger Freund Bob zugrunde, der sich nicht anbiedern will und am Betrieb vorbei unpopuläre Collagen produziert. Laura selbst dagegen nimmt reichlich derben Anteil an der endgültigen Zertrümmerung des Künstlerbegriffs. Bei einer mit vielen Gläsern Wein eröffneten Ausstellung in den neunziger Jahren muss sie sich plötzlich erbrechen, und zwar direkt auf die Holzskulptur einer polnischen Künstlerin. Lauras Galerist deklariert den Unfall umgehend um und gibt der Kunstöffentlichkeit eine Steilvorlage: Die „formale Strenge” ihrer Performance, kann Laura am nächsten Tag über sich in der Zeitung lesen, sei „ebenso überzeugend wie ihr inhaltliches Engagement und die sinnliche Präsenz”.
Kunst ist also, was zur Kunst ernannt wird, und Maset wird seine Freude daran gehabt haben, das Geschnatter und Gelaber innerbetrieblicher Definitionsbehauptungen aufzuschreiben: „Eine irre Arbeit. Da ist alles drin, die Sechziger, die Siebziger, die Achtziger, die Neunziger und das, was noch kommen wird. Das ist so sexy und aggressiv.”
Der Satire ins Gehege kommen dabei vor allem jene Sentenzen, in denen die Beschäftigung mit Kunst durch allseits drohende erotische Lockungen überlagert wird. Lauras Erfolgsweg durch die Galeristenszene lässt sich nämlich nicht nur anhand ihrer Kunst-Attacken nachvollziehen, er wird auch von beständigen Liebesabenteuern gesäumt, deren Schilderungen aus besseren Groschenromanen stammen könnten: „Monica umarmte mich. Schon spürte ich ihre Zunge an meinem Mund und konnte ihre unverfälschte Zärtlichkeit nur erwidern.” Oder, wimpernklappernd aus größerer Entfernung diagnostiziert: „Manchmal sind Männer gerade dann ungenießbar, wenn sie sich für eine Frau interessieren und nicht genau wissen, wie sie die Nähe zu ihr herstellen sollen.” Masets eigentlich kühn ausgreifende Zeitgeschichte des Kunstbörsentums ist damit beileibe nicht so schlackenlos entseelt, wie sie an anderen Stellen zu sein vorgibt. Das Feld der Kunst, das hier beackert wird, ist in letzter Instanz nur das der Liebeskunst, und das mutet auf Dauer doch etwas piefig an. FLORIAN KESSLER
PIERANGELO MASET: Laura oder die Tücken der Kunst. Roman. Kookbooks Verlag, Idstein 2007. 255 Seiten, 19,90 Euro.
Die Galerie als Weihe- und als Karnevalsort Foto: Regina Schmeken
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2007

Das hatte Beuys aber anders gemeint

Ach, der Kunstmarkt: überkandidelt und hohl. Oder nicht? Pierangelo Maset hat einen satirischen Roman über eine Szene geschrieben, die jeder zu kennen glaubt.

Kürzlich war von einer Frau aus Avignon zu lesen, die von einer zwei mal drei Meter großen, schneeweißen Leinwandfläche von Cy Twombly nach eigener Aussage so "überwältigt" worden sei, dass sie in einem "Liebesakt" einen roten Kussmund auf das Gemälde habe anbringen müssen. Der Eigentümer habe sich mit einer Entschädigungsforderung in Millionenhöhe nicht durchsetzen können, die Frau sei mit einer Geldbuße von 1500 Euro davongekommen.

In dem zweiten Roman des 1954 in Kassel geborenen Pierangelo Maset werden Anschläge auf Kunstwerke geschildert, bei denen diese keineswegs mit einer Spur von Lippenstift davonkommen. Eine Skulptur des weltberühmten "Pablo" wird von Laura Vermeer, der Ich-Erzählerin, "mit einem Sprühfilm, der aus meinem Morgenurin bestand, berieselt". Später kommt es, weniger planvoll, zum Einsatz auch schärferer Körpersäfte, wenn Laura, wegen zu viel Vernissagen-Alkohol und weil sie überhaupt an einem reizbaren Magen leidet, auf den Holzengel einer unbekannteren polnischen Künstlerin erbrechen muss. Die Urheberin dieser Attacken bleibt, anders als die Frau aus Avignon, ungeschoren.

Denn der Säureanschlag wird von Tricia und Ginger, zwei Londoner Performance-Artistinnen, sogleich zum Kunstwerk erklärt. "Diese Arbeit", steht dann im Ausstellungsbericht einer Berliner Tageszeitung über "Angel's Vomit" zu lesen, "vereinige alles, was für die Fortsetzung der Kunst wesentlich sei, ihre formale Strenge sei ebenso überzeugend wie ihr inhaltliches Engagement und die sinnliche Präsenz". Laura referiert es ihrem amerikanischen Künstlerfreund Bob; der hält das Ganze bloß für "Bullshit", aber er hat, wie sich bald zeigen wird, auch nicht verstanden, was für die Kunst von heute wesentlich ist, und nimmt überhaupt ein trauriges Ende.

Von solchen Tücken der Kunst handelt Masets Roman, der im Berlin der späten achtziger Jahre beginnt, indem die Erzählerin mit dem deutlich sprechenden Namen Laura - eine Philosophiestudentin aus Norddeutschland, die wie viele den "klar abgegrenzten urbanen Kosmos" der Mauerstadt als "Kulisse für unsere Versuche in alle Richtungen" schätzten - durch die zufällige Begegnung mit der charismatischen, vor allem instinktsicheren Kunstagentin Ruth in die ebenso rätselhafte wie banale Welt des Handels mit "junger Kunst" eingeführt wird.

Je gleichgültiger ihr deren Produkte sind, desto erfolgreicher agiert sie, und sie lernt schnell, dass man von "Arbeiten" spricht, und bald auch das Geschäft des Lancierens. Als Angestellte und Scout einer international tätigen Galerie pendelt sie in der großen weiten Welt zwischen Hamburg, Paris, New York, London hin und her: ein rasendes Leben hinter den Kulissen des Kunstmarkts, hin- und hergerissen auch von Liebesbegehren und erotischen Erfahrungen, bei denen ein Glastisch zum bedeutenden Requisit wird. Laura lernt, und der Leser mit ihr, wie komplex verzahnt und doch wieder simpel das Zusammenspiel von Galerien, Agenten, Museumskuratoren, Journalisten und Wissenschaftlern funktioniert, wenn es darum geht, einen Trend zu schaffen und einen Künstler zu "machen", wie man öffentliches Geld zur Vermarktung privater Interessen einsetzt und sich dabei der Hilfe "unabhängiger" Gutachter versichert. Schließlich weiß sie so gut, wie es geht, dass sie - wir befinden uns inzwischen in den neunziger Jahren, die Mauer ist weg und das Thema "East-West" schon "durch" - eine eigene Galerie aufmacht. Dem Eröffnungspublikum des "Büro Vermeer" wirft sie, nachdem sie sich übergeben hat, den neuesten Trend vor die Füße: die "Auslotung der Möglichkeiten ästhetischer Erfahrungen unter den gegenwärtigen Lebensbedingungen. Zu den Anliegen dieser Ausstellung zählt zudem die Einbindung von Publikumsgruppen in den Handlungsraum ,Ausstellung'."

Derart genau kopiert Maset den Jargon des Geredes über Kunst in seinen Text, dass man "Laura oder Die Tücken der Kunst" für eine der üblichen Satiren auf den Irrsinn dieses Betriebs halten könnte. Auch dass Laura nach manchen diskreten und gelegentlichen massiven Eingriffen in die "Arbeiten" anderer selbst als Künstlerin handelt, scheint auf das einverständige Kopfschütteln eines Lesers zu zielen, dem die ganze Richtung nicht passt. Zwar weiß der Autor mit seinen Nachrichten aus einer Welt, in der man unentwegt Prada und dunkle Hornbrillen trägt, durchaus zu amüsieren; doch funktioniert diese Milieu- und Gesellschaftskritik nur als Treibstoff für eine elegante Darstellung des Epochenwandels zwischen den achtziger Jahren und der Gegenwart. Es stürzt die Mauer, es stürzen die Türme in New York und begraben nicht nur einen dämonischen "Kleber" unter sich, einen zu eigenem Vorteil willfährigen Lieferanten wissenschaftlicher Beglaubigungen für konzeptuell Ungesichertes, sondern mit ihm, um den es nicht schade ist, auch ein Bild von Gerhard Richter, um das es allerdings schade ist.

Damit kommt, nach allerhand Installationsperformance und Konzeptkunst (und dem beginnenden Niedergang des "Büro Vermeer") die gute alte Malerei wieder in den Blick. Laura und Ruth, die unfehlbare Strippenzieherin, fühlen sich alt. Da rutscht Maset ein allzu schlichter Aphorismus heraus ("Die Tragik des Lebens besteht darin, dass das ältere Alter immer das gegenwärtige ist"), Laura aber bringt das Bild der trügerischen "Frau Welt" auf den Punkt: "Dein Kleid sieht grausam aus. Die Kunst unserer Tage wird erst dann keinen Schaden mehr anrichten, wenn es gelingen wird, die fragile Hülle dieser Welt wie den Stoff deines Kleides zu durchdringen."

Am Ende macht sich Laura sogar Altersversorgungsgedanken. Kunst langweilt sie, "ich hatte den Eindruck, alles erlebt zu haben, was in ihr möglich war". Aber die Kunst ("ach, die Kunst", hört man die Bachmann seufzen) bleibt selbst am Ende dieses intelligenten Desillusionierungsromans eine mögliche "Idee gegen das System, ein Versprechen für mögliche andere Welten". Lauras letzter Blick geht vom Flugzeugfenster auf die Wüste Gobi - eine "großartige ockerfarbene Leinwand".

HOLGER NOLTZE

Pierangelo Maset: "Laura oder Die Tücken der Kunst". Roman. Kookbooks Verlag, Idstein 2007. 255 Seiten, geb., 19,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ganz genau liest Holger Noltze den Roman von Pierangelo Maset und stellt fest, dass er mehr zu bieten hat, als die gängige satirische Perspektive auf den Kunstbetrieb. Bevor er das Buch allerdings als "elegante" Behandlung der Zeitenwende zwischen den achtziger Jahren und heute oder als gescheiten "Desillusionierungsroman" begreift, amüsiert er sich nicht schlecht mit Masets Einblicken in das Geschäft mit der Kunst und das gewinnbringende "Zusammenspiel" ihrer Akteure. Dadurch dass Maset den "Jargon" dieser Szene so exakt kopiert, wäre dem Rezensenten das 'Mehr' dieses Romans beinahe entgangen.

© Perlentaucher Medien GmbH