Produktdetails
  • Reclams Universal-Bibliothek 9616
  • Verlag: Reclam, Ditzingen
  • Aktualis. u. erw. Ausg.
  • Seitenzahl: 558
  • Deutsch
  • Abmessung: 24mm x 97mm x 149mm
  • Gewicht: 227g
  • ISBN-13: 9783150096161
  • ISBN-10: 3150096162
  • Artikelnr.: 06780753
Autorenporträt
Michael Maurer ist Professor für Kulturgeschichte an der Universität Jena.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.10.1997

Ende offen
Englands Weg ohne Sinnstiftung

Eine Gesamtdarstellung der englischen Geschichte ist heute ein Wagnis. Nach einem Vierteljahrhundert revisionistischer Dauerkritik ist von der lange gültigen, aus den Schulbüchern vertrauten Vorstellung von der englischen Nationalgeschichte als einer Erfolgs- und Fortschrittsgeschichte, die den Weg zu Freiheit, Wohlstand und politischer Teilhabe exemplarisch vorgezeichnet hat, nicht mehr viel übriggeblieben. Ein Alternativentwurf ist nicht in Sicht - zum einen, weil die Reinterpretationen der revisionistischen Historiker nicht ohne weiteres zueinander passen, zum anderen, weil diese sich auf eine neue Meistererzählung gar nicht erst einlassen wollen.

Schlimmer noch: In der englisch-amerikanischen Geschichtswissenschaft scheinen mehr und mehr die Regeln des Strafprozesses zu gelten, wie wir sie aus einschlägigen Gerichtsfilmen kennen. Die alte Frage, wie es eigentlich gewesen ist, die dem Historiker bei allem kritischen Methodenbewußtsein letztlich immer noch als regulative Idee im Kopf sitzt, ist vielfach nur noch eine rhetorische. Die Protagonisten verhalten sich wie Anwälte, die ihre Causa vertreten und Einwände, wenn sie nicht zu widerlegen sind, am liebsten ignorieren. Jedenfalls ist der dem deutschen Historiker so liebe Forschungsstand, auf den jede Gesamtdarstellung angewiesen bleibt, in der englischsprachigen Geschichtswissenschaft eine denkbar schwer zu bestimmende Größe.

Michael Maurers "Kleine Geschichte Englands" spiegelt diese Ausgangslage. Der Verzicht auf einen sinnstiftenden Erzählzusammenhang, der zu einer nur sekundär chronologisch verbundenen lexikalischen Präsentationsweise führt, läßt viele Fragen offen. Aber für eine Darstellung, welche die neuere Forschung berücksichtigen will, ergibt sich dies wohl aus der Sache. Maurer gibt einen in der Berücksichtigung der Epochen erfreulich ausgewogenen Überblick über die englische Geschichte bis in die Gegenwart, deren Perspektiven von der Telemonarchie der Windsors bis zur Frage nach dem Zusammenhalt des britischen Gesamtstaats scharfsinnig entwickelt werden. Allenfalls mag man sich fragen, ob nicht doch die eine oder andere Seite für eine etwas ausführlichere Behandlung der vornormannischen Zeit hätte gewonnen werden können.

Inhaltlich sind Maurers Epochendarstellungen ebenfalls um Breite und Ausgewogenheit bemüht. Die wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Zusammenhänge haben zwar nicht das Gewicht bekommen, das ihnen gerade im Fall Englands gebührt. Hier bleibt das Buch im übrigen auch am stärksten traditionellen Deutungsmustern etwa der industriellen Revolution verpflichtet. Andererseits gibt es nicht viele Darstellungen der englischen Geschichte, die sich so knapp und zugleich kompetent wie diese um die Integration der Kultur bemühen - freilich nicht im Sinne der neuen, sondern der traditionellen Kulturgeschichte. Denn über die Geschichte der Lebensweisen und Lebensstile in den verschiedenen gesellschaftlichen Milieus im Wandel der Zeiten erfährt der Leser wenig.

Insgesamt ist Maurers Buch ein mit seinen chronologischen Übersichten und Epochenüberblicken, Stammtafeln und Karten - man möchte sagen - benutzerfreundliches Buch, das allen, die sich über die Geschichte Englands knapp informieren wollen, Orientierung bietet. GÜNTHER LOTTES

Michael Maurer: "Kleine Geschichte Englands." Philipp Reclam Verlag, Stuttgart 1997. 526 S., br., 20,- DM.

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"Es gibt nicht viele Darstellungen der englischen Geschichte, die sich so knapp und zugleich kompetent wie diese um die Integration der Kultur bemühen (...).

"Insgesamt ist Maurers Buch ein mit seinen chronologischen Übersichten und Epochenüberblicken, Stammtafeln und Karten - man möchte sagen - benutzerfreundliches Buch, das allen, die sich über die Geschichte Englands knapp informieren wollen, Orientierung bietet." -- Frankfurter Allgemeine Zeitung

"Michael Maurers Buch stellt überzeugend die Entwicklungslinien der englischen Gesellschaft dar, die früher als die kontinentaleuropäischen Staaten von einem politischen Pluralismus und demokratischen Strukturen gekennzeichnet war. Nicht zuletzt durch das handliche Reclam-Format ist es eine hervorragende Lektüre für jeden Englandbesucher und für alle diejenigen, die sich mit der abwechslungsreichen Geschichte des Inselreiches eingehender beschäftigen wollen. Maurer besitzt die Fähigkeit, erzählerisch auch sehr komplexe historische Zusammenhänge zu beleben und zu vermitteln. Ein umfassendes Personenregister sowie eine ausführliche Bibliographie vervollständigen den Band." -- Das Parlament

"Mit seinem Programm der 'Kleinen Geschichten' der europäischen Nationen ist es dem Reclam-Verlag in den letzten Jahren gelungen, eine echte Lücke auf dem Büchermarkt zu schließen: Knappe handbuchartige Überblicksdarstellungen, von ausgewiesenen Fachvertretern verfasst und auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand, ohne gelehrten Apparat, aber leserfreundlich mit knappen Epochenüberblicken, Chronologien in Tabellenform, Namensregister und weiterführenden Literaturhinweisen versehen. Zu Recht erfreuen sich die dabei entstandenen modernen Nationalgeschichten gerade in (akademischen oder nicht akademischen) Lehrveranstaltungen großer Beliebtheit." -- Sehepunkte - Rezensionsjournal für die Geschichtswissenschaften…mehr