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Diese umfassende Klaus-Mann-Biografie beschreibt den schwierigen Lebensweg einer facettenreichen Künstlerpersönlichkeit. Nicole Schaenzlers fesselndes Buch stellt sowohl das literarische Schaffen als auch das politische Engagement und die zahlreichen, meist von starken Ambivalenzen geprägten persönlichen Beziehungen des Autors ausführlich dar.
Am 21. Mai 1999 jährte sich der 50. Todestag von Klaus Mann. Zu diesem Anlass hat Nicole Schaenzler die erste umfassende Klaus Mann-Biographie vorgelegt. Das Buch ist Lebensbericht, Werkanalyse und Epochenkritik zugleich - drei Aspekte, die sich zu
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Produktbeschreibung
Diese umfassende Klaus-Mann-Biografie beschreibt den schwierigen Lebensweg einer facettenreichen Künstlerpersönlichkeit. Nicole Schaenzlers fesselndes Buch stellt sowohl das literarische Schaffen als auch das politische Engagement und die zahlreichen, meist von starken Ambivalenzen geprägten persönlichen Beziehungen des Autors ausführlich dar.
Am 21. Mai 1999 jährte sich der 50. Todestag von Klaus Mann. Zu diesem Anlass hat Nicole Schaenzler die erste umfassende Klaus Mann-Biographie vorgelegt. Das Buch ist Lebensbericht, Werkanalyse und Epochenkritik zugleich - drei Aspekte, die sich zu einem erhellenden Zeit- und Lebensbild fügen. Als zweites Kind von Thomas und Katia Mann geboren, stand Klaus Mann (1906-1949) dank seines außerordentlichen schriftstellerischen Talents schon früh im Rampenlicht. Bis 1933 legte er in erstaunlich kurzer Abfolge mehrere Erzählbände, Romane, Theaterstücke, Reisebücher und eine Autobiographie vor. Nach 1933 im Exil avancierte er als Essayist und Herausgeber von Zeitschriften zum Repräsentanten des "Anderen Deutschland".
Autorenporträt
Nicole Schaenzler ist promovierte Germanistin und lebt als freie Autorin und Journalistin in München. Mit Klaus Mann beschäftigt sie sich seit 1987. Sie veröffentlichte Studien zu seinen Romanen Der fromme Tanz und Der Vulkan. 1995 erschien ihr Buch Klaus Mann als Erzähler.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.06.1999

Bindungsschrecken
Nicole Schaenzlers Biographie über Klaus Mann

Der junge Klaus Mann führte eine Dandy-Existenz in den Metropolen, verfaßte zügig Romane, Erzählungen und Dramen und wunderte sich, "wie merkwürdig leicht mir das Schreiben fällt". Die im Elternhaus gut verfügbare literarische Bildung hatte er gierig aufgesogen, um, noch keine zwanzig, unter ganzem Einsatz des Namens seine medienwirksame Karriere als Stimme der jungen Generation zu beginnen. Er sammelte prominente Bekanntschaften; aß zu Mittag mit Jean Cocteau oder André Gide, nahm den Tee bei Julien Green. Noch die späte Autobiographie "Der Wendepunkt", sein Epochenbuch, gerät mitunter zum ermüdenden Namedropping. Lebensgier und die Koketterie mit dem Tod führten ihn früh in die Heroinsucht, deren Genüsse und Qualen er im "Vulkan" eindrucksvoll beschrieben hat. Halt bot in den dreißiger Jahren noch der Wille zur Ethik, der Antifaschismus, der seine rastlosen, von depressiven Abstürzen begleiteten Aktivitäten bestimmte. 1941 schilderte ihn ein Mitarbeiter seiner Zeitschrift "Decision" als den "nervösesten Menschen, dem er je begegnet sei". In der Nachkriegszeit fand er seinen Platz nicht mehr. Der Selbstmord in Cannes und der postume "Mephisto"-Skandal sicherten seinem Werk die vom Biographischen überwucherte Beachtung, die dem unermüdlichen Drang dieses Autors zum Selbstbekenntnis gut entspricht.

Kaum erstaunlich, daß über dieses Leben viel geschrieben wurde. Wer das Gedrängte bevorzugt, mag Golo Manns "Erinnerungen an meinen Bruder Klaus" lesen, wer wahre Gründlichkeit kennenlernen will, greife zu Frederic Krolls sechsbändiger Klaus-Mann-Schriftenreihe. Die Frage also an die vorliegende Biographie ist, ob es gelungen ist, die Materialien und Vorleistungen - an erster Stelle die Autobiographien und Tagebücher Klaus Manns und die Fülle sonstiger Lebenszeugnisse aus der schreibenden Familie - zu kompilieren und einen eigenen Ton für die Lebenserzählung zu finden. Die erste Aufgabe wird besser als die zweite bewältigt. Die Furcht vor germanistischer Trockenheit treibt die Autorin bisweilen über ins Plauderhafte.

Klaus Mann wird weder zum Märtyrer der freien homosexuellen Liebe noch zum Opfer des kalten Krieges stilisiert, sein Lebensstil nicht als Muster dionysischer Authentizität von der apollinischen Fassadenbürgerlichkeit des Vaters abgehoben. Auch die Mängel der schriftstellerischen Werke werden nicht schöngeredet. Bei seinem kämpferischen Projekt einer Horst-Wessel-Biographie heißt es, habe Klaus Mann sich in "sprachlichen Frivolitäten, abgegriffenen Platitüden und banalen Argumentationen ergangen", an den frühen Werken wird der "unsäglich hochtrabende, schwülstig-mystische Erzählstil" beklagt. Wichtigstes Vorbild für diesen prätentiösen Duktus war die ironische Umständlichkeit des Vaters. Nur hatte Klaus Mann keinen Sinn für Ironie, dafür das in der Familie verbreitete parodistische Talent, das auch hier wirksam ist und seiner Prosa oft den Klang entkernter Nachahmung verleiht. Er besaß das Feingefühl für die neueste Literatur der Moderne, liebte die Lyrik Gottfried Benns und den Surrealismus, lebte extrem, aber schrieb altväterlich; seine Werke bieten ungewöhnliche Erfahrungen, aus zweiter Hand formuliert. Zwar hat er versucht, sich mit der Formel "Pathos contra Ironie" programmatisch von Thomas Mann abzusetzen, aber da wurde die Not zur Tugend gekürt.

Auch die Motive aus dem bewunderten Werk des Vaters kehren wieder: die Idee der Repräsentanz, der elegische Tonio-Kröger-Weltschmerz, die Todesfaszination, die Absage an die "dennoch geliebte" Romantik, die der "Zauberberg" vorgeführt hatte. Was bei Thomas Mann eine aufwendig balancierte Problematik ist, imitiert hier ein redseliger Wille zur Bedeutsamkeit. Die Echos hallen auch in den politischen Äußerungen, mit denen sich der junge Klaus Mann mahnend an die Zeitgenossen wendet. 1928 schreibt er: "Mir ist ein geistiger Mensch denkbar, welcher Marx liest und sich trotzdem als George-Anhänger weiß." Nicole Schaenzler sieht hier einen "verwegenen Gedanken"; solche Brückenschläge hatte jedoch wenige Monate zuvor schon Thomas Mann in "Kultur und Sozialismus" vorgeschlagen: Karl Marx müsse den Hölderlin lesen, so die berühmte Formel. Dennoch ist es die Politik, durch die sich Klaus Mann aus dem Schatten des Vaters löst: Der Emigrant der ersten Stunde beweist in der öffentlichen Kontroverse mit Gottfried Benn souveräne Hellsicht. Als Herausgeber der Emigrationszeitschrift "Die Sammlung" gewinnt er Eigenständigkeit. Thomas Mann hatte Gründe, 1933 zu zögern; für Klaus war das eine Chance. Später holt ihn der Riesenschatten wieder ein, dann ist Thomas Mann der weltberühmte Repräsentant des besseren Deutschland, der "siegt, wo er hinkommt", wie der Sohn nicht nur mit Freude feststellte.

Sympathisch ist, wie er einen klaren Kopf behält in den Flügelkämpfen der Emigration. Ein Moskau-Besuch war seinerzeit Pflicht, Brecht bewies dabei ideologische Scheuklappen, Heinrich Mann gutmütige Naivität, Feuchtwanger eine Portion Borniertheit. Klaus Mann dagegen sah die "Züge, die an den Faschismus erinnern". Im "Mephisto" ist er freilich den klischeehaften Vereinfachungen nicht entgangen; sie waren für eine kämpferische Haltung vielleicht unumgänglich. Im "Vulkan" dringen nur Schreckensmeldungen aus dem Deutschland von 1933/34; daß es nicht ganz so gewesen ist, zeigen die Tagebuch-Kommentare Thomas Manns. An Schaenzlers solider Darstellung stören in diesen Abschnitten die historischen Belehrungen. Daß der Zweite Weltkrieg 1939 an der polnischen Grenze begann, daß die SS von Himmler angeführt wurde - solches Wissen kann vorausgesetzt werden.

Klaus Mann reibt sich auf im Dienst an der Zeitgeschichte. Während der Vater das politische Engagement neben der fast unbehelligten Schreib-Existenz herlaufen läßt, entsteht beim Sohn hinter der antifaschistischen Rührigkeit eine gefährliche Leere. Schließlich will kaum noch etwas gelingen; vergeblich der Kampf um das Projekt "Decision", für das es im Amerika von 1941 keinen Markt gibt. Die Familie übt sich in Rücksicht auf den Selbstmordgefährdeten. Golo schreibt lange, aufmunternde Briefe - sie sind zum Teil in seinen "Erinnerungen" zitiert; der Vater hilft, wo er kann, wider besseres Wissen. Daß die Befürchtungen begründet sind, zeigt Klaus Manns Tagebuch: "Ich mußte die Zeitschrift aufgeben. Und ich will sterben, weil ich unfähig bin, die grenzenlose Anhäufung von Mittelmäßigkeit und bösem Willen, von ehrsüchtiger Ignoranz und egoistischer Faulheit zu akzeptieren und zu ertragen, von der die Welt und dieses Land regiert werden." Ganz ähnlich hat er seinen Tod 1949 ins Große, Kollektive, Politische zu steigern versucht.

Die Rationalisierung des Todesdrangs - im Tagebuch! - ist nicht frei von Larmoyanz. Klaus Mann beobachtete Welt und Menschen schärfer als sich selbst. "Meines Bruders Seele war krank", schrieb Golo Mann. So zuverlässig die Einschätzungen Nicole Schaenzlers meist sind, bei der Darstellung der psychischen Problematik überzeugt ihre Biographie nicht. Klaus Mann sei nicht in der Lage gewesen, eine "tiefere Berührung seiner Seele zuzulassen"; dahinter verberge sich "das Drama eines zutiefst bindungsängstlichen Menschen, der Zuneigung und Liebe vor allem ex negativo erlebt hat". Mit solchen Einsichten sackt das Buch gelegentlich ab auf das Niveau von Ratgeberliteratur.

WOLFGANG SCHNEIDER

Nicole Schaenzler: "Klaus Mann. Eine Biographie". Campus Verlag, Frankfurt am Main 1999. 464 S., 12 S. Bildteil, geb., 48,- DM.

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