Truman Capote
Broschiertes Buch
Kaltblütig
Kein & Aber Pocket
Herausgegeben: Roshani, Anuschka;Übersetzung: Mohr, Thomas
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Im November 1959 wird in Holcomb, Kansas, die vierköpfige Familie Clutter brutal ermordet. Wenige Wochen später werden die Täter Dick Hickock und Perry Smith auf der Flucht geschnappt. Truman Capote erfährt aus der New York Times von dem Verbrechen und beschließt, am Tatort zu recherchieren. Er spricht mit Bekannten und Freunden der Familie, mit der Polizei. Schließlich erhält er Gelegenheit, mit den beiden Mördern zu reden. Mit der Zeit gelingt es ihm, so viel Nähe zu ihnen herzustellen, dass sie ihm präzise Innenansichten ihrer Seele erlauben. Fast sechs Jahre nach ihrer Tat beglei...
Im November 1959 wird in Holcomb, Kansas, die vierköpfige Familie Clutter brutal ermordet. Wenige Wochen später werden die Täter Dick Hickock und Perry Smith auf der Flucht geschnappt. Truman Capote erfährt aus der New York Times von dem Verbrechen und beschließt, am Tatort zu recherchieren. Er spricht mit Bekannten und Freunden der Familie, mit der Polizei. Schließlich erhält er Gelegenheit, mit den beiden Mördern zu reden. Mit der Zeit gelingt es ihm, so viel Nähe zu ihnen herzustellen, dass sie ihm präzise Innenansichten ihrer Seele erlauben. Fast sechs Jahre nach ihrer Tat begleitet er sie bis an den Galgen.Capotes herausragende Rekonstruktion eines Mordes wurde eine Sensation und begründete ein neues literarisches Genre: die "non-fiction novel", den Tatsachenroman. In einer atemberaubenden Sprache erzählt er, wie aus Menschen Mörder werden. Mit Kaltblütig landete Capote einen internationalen Bestseller.
Truman Capote wurde 1924 in New Orleans geboren. 1948 erschien sein erster Roman Andere Stimmen, andere Räume, der als das sensationelle Debüt eines literarischen Wunderkindes gefeiert wurde. Das 1958 veröffentlichte Frühstück bei Tiffany erlangte auch dank der Verfilmung mit Audrey Hepburn große Berühmtheit. 1966 erschien der mehrmals verfilmte 'Tatsachenroman' Kaltblütig, 1973 Die Hunde bellen (Storys und Porträts), 1980 Musik für Chamäleons (Erzählungen und Reportagen). Posthum wurden 1987 der unvollendete Roman Erhörte Gebete und 2005 das neu entdeckte, eigentliche Debüt Sommerdiebe veröffentlicht. Truman Capote starb 1984 in Los Angeles. Das gesamte Werk von Truman Capote erscheint auf Deutsch in der Zürcher Ausgabe, herausgegeben von Anuschka Roshani, bei Kein & Aber. Anuschka Roshani studierte Verhaltensbiologie und besuchte die Henri-Nannen-Journalistenschule, bevor sie viele Jahre Redakteurin und Reporterin beim Spiegel und dem Tages-Anzeiger-Magazinwar. Seit 2002 lebt die gebürtige Berlinerin mit ihrer Familie in Zürich. Bei Kein & Aber hat sie Truman Capotes Gesamtwerk herausgegeben, darunter das bis dahin unbekannte Frühwerk The Early Stories, das sie 2014 entdeckt hat. 2018 erschien ihr Debüt Komplizen. 2022 folgte Gleißen. Sie schreibt ihre Dissertation über Truman Capote.

Produktbeschreibung
- Kein & Aber Pocket
- Verlag: Kein & Aber
- Originaltitel: In Cold Blood
- Artikelnr. des Verlages: 290/05903
- 8. Aufl.
- Seitenzahl: 544
- Erscheinungstermin: 26. Juni 2013
- Deutsch
- Abmessung: 187mm x 118mm x 38mm
- Gewicht: 474g
- ISBN-13: 9783036959030
- ISBN-10: 3036959033
- Artikelnr.: 36833493
Herstellerkennzeichnung
Kein + Aber
Gutenbergstraße 1
82205 Gilching
vertrieb@keinundaber.ch
»Unglaublich packend, ich habe es zum zweiten Mal gelesen und ich würde es gerne gleich zum dritten Mal lesen.« Milo Rau, SRF Literaturclub, 03.09.2024 SRF Literaturclub 20240903
Jungs mit wundem Herzen
Glanz und reichlich Elend der neuen Truman-Capote-Ausgabe
Irgendwann hat sich mal jemand um drei Jahre verrechnet. Seitdem steht in jedem Klappentext zu einem Buch von Truman Capote (1924 bis 1984), dass dieser mit neunzehn Jahren für "Miriam" den O. Henry Prize gewonnen hat. Gleich zwei Fehler stecken darin: Der Autor bekam für sein in "Mademoiselle" gedrucktes Erzähldebüt nicht den Hauptpreis, sondern einen Nebenpreis in der Kategorie Best First-Published Story. Und diesen bekam er 1946. Da war er also schon zweiundzwanzig. Eine Kleinigkeit, gewiss. Aber erstaunlich ist, wie hartnäckig sich dieser Fehler hält. Er fand sogar Eingang in die achtbändige Werkausgabe, die der Schweizer Verlag
Glanz und reichlich Elend der neuen Truman-Capote-Ausgabe
Irgendwann hat sich mal jemand um drei Jahre verrechnet. Seitdem steht in jedem Klappentext zu einem Buch von Truman Capote (1924 bis 1984), dass dieser mit neunzehn Jahren für "Miriam" den O. Henry Prize gewonnen hat. Gleich zwei Fehler stecken darin: Der Autor bekam für sein in "Mademoiselle" gedrucktes Erzähldebüt nicht den Hauptpreis, sondern einen Nebenpreis in der Kategorie Best First-Published Story. Und diesen bekam er 1946. Da war er also schon zweiundzwanzig. Eine Kleinigkeit, gewiss. Aber erstaunlich ist, wie hartnäckig sich dieser Fehler hält. Er fand sogar Eingang in die achtbändige Werkausgabe, die der Schweizer Verlag
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Kein & Aber mit dem Slogan "Truman Capote - sein Werk neu ediert, komplettiert und überarbeitet" anpreist. Kein gutes Zeichen.
Schon die im Frühjahr 2006 an den deutschen Filmstart von Bennett Millers "Truman Capote" gekoppelte Eröffnung des Projekts mit dem erst kürzlich aufgetauchten Roman "Sommerdiebe" ließ erkennen, dass Marketing bei dem Vorhaben eine wesentliche Schubkraft sein würde. Gleichwohl wurde der schmale, vom Verlag als "Capotes wahres Debüt" angepriesene Roman von der Kritik völlig zu Recht gut aufgenommen und dem Gesamtprojekt großzügig Vorschusslorbeeren gewährt - auch von dieser Zeitung (F.A.Z. vom 15. April 2006).
Doch nun, da mit dem Roman "Kaltblütig" und dem Erzählungsband "Baum der Nacht" der sprichwörtlichen Schweizer Gemächlichkeit zum Trotz der Editionsplan nach nur einem Jahr schon zu drei Vierteln realisiert ist, weicht die anfängliche Begeisterung einer Enttäuschung: Sieht man einmal von "Sommerdiebe" ab, hat die Werkausgabe nämlich einen schlichten Fehler: Wir brauchen sie nicht wirklich. Gewiss liegen die Einzelbände gut in der Hand und sind hübsch aufgemacht - eine Äußerlichkeit, welche die "Zeit" raunen ließ: "dieses edle Buch, hellgrünes Leinen". Offenbar ist man dort leicht zu beeindrucken, denn an gleicher Stelle wurde die "neue Biographie von Gerald Clarke" gelobt - ein immerhin fast zwanzig Jahre altes Buch über Capote, das 1990 bei Kindler und 1993 als Taschenbuch bei Knaur auf Deutsch erschienen war und nun von Kein & Aber, etwas aufpoliert, aber in der alten Übersetzung, der Werkausgabe zur Seite gestellt wurde.
Erfreulich ist sicher die Neuauflage der vergriffenen Romane "Andere Stimmen, andere Räume" und "Erhörte Gebete" (erscheint im Oktober) sowie jetzt der Erzählungen. Die andere Hälfte seines Werks aber gibt es anderswo günstiger: "Frühstück bei Tiffany", "Kaltblütig" und die Reportagen "Wenn die Hunde bellen" (erscheint ebenfalls im Oktober) als Rowohlt-Taschenbücher, "Die Grasharfe" bei Suhrkamp. Warum neue Hemden kaufen, wenn es die alten noch tun? Auch das Wort von der "Wiederentdeckung" ist bei diesem medialen Autor fehl am Platz. Wann war dieser geniale, süchtige Schwule denn je vergessen? John O'Hara, ja, den hatte man nicht mehr auf dem Zettel. Oder Richard Yates, den Stewart O'Nan und Richard Ford aus der Versenkung geholt haben. Das waren Entdeckungen!
Blieben als Argument für die Werkausgabe noch die neuen Übersetzungen. Doch die sind ja nicht per se besser, auch wenn schreiende Metallic-Banner uns dies weismachen wollen. Sie können notwendig sein wie bei Salingers Roman "The Catcher in the Rye", den Eike Schönfeld in seiner deutschen Neufassung erstmals auf der Basis des Originals (F.A.Z. vom 25. Februar 2003) von Kürzungen und Entstellungen befreit hat. Aber gegen die von Kurt Heinrich Hansen 1966 für den Limes Verlag angefertigte "Kaltblütig"-Fassung etwa war nie etwas einzuwenden. Möglicherweise ist Thomas Mohrs neue, wegen des kleineren Satzspiegels fast einhundertfünfzig Seiten längere Fassung eine Spur frischer, aber dies auch nur in Nuancen.
Wenn man aber als Verlag überzeugt ist, dass vierzig Jahre nach dem Erscheinen dieses Tatsachenromans, in dem Capote akribisch und bis heute erschütternd dem Vierfachmord an der Farmersfamilie Clutter in Holcomb, Kansas, nachforscht, eine Notwendigkeit zur Erneuerung besteht, warum erklärt man dann nicht, worin sie liegt? Kein Wort dazu, auch wieder kein Nachwort, in dem etwa an die außergewöhnliche Recherche erinnert würde - vor allem die Hilfe, die Harper Lee, Autorin von "To Kill a Mockingbird" (1960), ihrem Jugendfreund Capote bei der Recherche vor Ort gewährte, bevor "In Cold Blood" 1965 im Magazin "The New Yorker" in vier Ausgaben vorabgedruckt und ein Jahr später als Buch erscheinen konnte.
Nein, diese Capote-Werkausgabe ist ein Luxusprodukt, dem für wirkliche Klasse das nötige Extra fehlt. Abgesehen von der sechsseitigen "editorischen Notiz" der Herausgeberin Anuschka Roshani in Band eins, die sich ohnehin nur auf "Sommerdiebe" bezieht, hat kein Band eine Einführung oder ein Nachwort, es gibt keine Zeittafel und kein Register, und die Quellenhinweise sind arg knapp gehalten.
Besonders störend fällt dies bei dem Erzählungsband "Baum der Nacht" auf, der neben "Miriam" auch die Geschichte "Die Tür fällt zu" enthält, für die Capote 1948, also mit vierundzwanzig, seinen ersten richtigen O. Henry Prize gewann. Immerhin werden sechs der zwanzig Geschichten - die meisten entstanden zwischen 1943 und 1951 und sind in den Südstaaten angesiedelt, der Heimat des Autors - hier erstmals auf Deutsch präsentiert. Leider erfahren wir nicht, wo die Frühwerke so lange geschlummert haben.
Und warum hat Capote für die Geschichte "The Bargain", hier als "Das Schnäppchen" erstmals auf Deutsch vorgelegt, zeitlebens keinen Abnehmer gefunden? Warum deckt sie sich thematisch so auffallend mit "Ein eigener Nerz"? Irgendein schlauer Kopf dürfte das in den dreiundzwanzig Jahren nach dem Tod des Autors doch wohl rausgefunden haben. Nun gut. "Die Wände sind kalt" (1943), "Ein eigener Nerz" (1944) und "Der Stand der Dinge" (1944), die jeweils kaum acht Seiten umfassen, sind ohnehin eher Skizzen als ausgereifte Storys. Darin kommen etwa junge Männer, die als Soldaten in Europa waren, mit Verwundungen am Herzen zurück. Und die Frauen kommen mit diesen Matrosen oder höheren Dienstgraden nicht klar. Capotes so grundverschiedener Kollege J. D. Salinger, mit dem ihn aber die Verehrung für den legendären William Shawn vom "New Yorker" verband, wünschte sich später für ähnliche Jugendprodukte, die als Zeitschriftenbeitrag gutes Geld eingebracht hatten, dass sie "eines natürlichen Todes" sterben mögen, weshalb der inzwischen achtundachtzigjährige Einsiedler den Nachdruck in Büchern untersagte.
Chaplinesken Charme hat immerhin die Geschichte "Preachers Begegnung" (1945), in der ein alter, verwitweter schwarzer Landbesitzer bereit ist, "Mistah Jesus" zu folgen, sich aber in letzter Minute gegen einen endgültigen Abgang entscheidet. Hier zeigt der vielgerühmte Stilist Capote erstaunliche botanische Kenntnisse.
Wer in Zürich die Tram Nummer 9 nimmt, kann in kurzer Zeit von der Bäckerstraße, wo Kein & Aber sitzt, zur Sprecherstraße gelangen. Dort ist der Diogenes Verlag beheimatet, der vorbildliche Gesamtausgaben zu gestalten weiß. Daniel Keel und seine Leute haben schon aus Groschenromanen Literatur gemacht, wie die Neuausgaben zu Raymond Chandler und Dashiell Hammett gezeigt haben.
Ein Vorschlag zur Güte: Kein & Aber sollte als Ergänzung bald die Briefe übersetzen lassen, die Capote-Biograph Clarke unter dem Titel "Too Brief a Treat: The Letters of Truman Capote" vor drei Jahren bei Random House vorgelegt hat. Die enthalten feinsten Klatsch und Tratsch aus dem Treppenhaus der New Yorker Literatenszene - süchtig machend wie Kartoffelchips. Oder Deborah Davis' Buch "Party of the Century" über Capotes Inaugurationsfeier am 28. November 1966 mit fünfhundertvierzig Freunden im Plaza Hotel. Oder George Plimptons einhundert Interviews mit Leuten, die den kleinen Mann mit der großen Wirkung kannten, auf denen Douglas McGrath' Film "Infamous" basiert. Das wären echte Knaller, so neu und aufregend für deutsche Leser wie "Sommerdiebe".
REINHARD HELLING
Truman Capote: "Kaltblütig". Wahrheitsgemäßer Bericht über einen mehrfachen Mord und seine Folgen. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Thomas Mohr. Kein & Aber, Zürich 2007. 535 S., geb., 22,80 [Euro].
Truman Capote: "Baum der Nacht". Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ursula-Maria Mössner. Kein & Aber, Zürich 2007. 445 S., geb., 22,80 [Euro].
Gerald Clarke: "Truman Capote". Eine Biografie. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Brigitte Stein. Kein & Aber, Zürich 2007. 768 S., geb., 28,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schon die im Frühjahr 2006 an den deutschen Filmstart von Bennett Millers "Truman Capote" gekoppelte Eröffnung des Projekts mit dem erst kürzlich aufgetauchten Roman "Sommerdiebe" ließ erkennen, dass Marketing bei dem Vorhaben eine wesentliche Schubkraft sein würde. Gleichwohl wurde der schmale, vom Verlag als "Capotes wahres Debüt" angepriesene Roman von der Kritik völlig zu Recht gut aufgenommen und dem Gesamtprojekt großzügig Vorschusslorbeeren gewährt - auch von dieser Zeitung (F.A.Z. vom 15. April 2006).
Doch nun, da mit dem Roman "Kaltblütig" und dem Erzählungsband "Baum der Nacht" der sprichwörtlichen Schweizer Gemächlichkeit zum Trotz der Editionsplan nach nur einem Jahr schon zu drei Vierteln realisiert ist, weicht die anfängliche Begeisterung einer Enttäuschung: Sieht man einmal von "Sommerdiebe" ab, hat die Werkausgabe nämlich einen schlichten Fehler: Wir brauchen sie nicht wirklich. Gewiss liegen die Einzelbände gut in der Hand und sind hübsch aufgemacht - eine Äußerlichkeit, welche die "Zeit" raunen ließ: "dieses edle Buch, hellgrünes Leinen". Offenbar ist man dort leicht zu beeindrucken, denn an gleicher Stelle wurde die "neue Biographie von Gerald Clarke" gelobt - ein immerhin fast zwanzig Jahre altes Buch über Capote, das 1990 bei Kindler und 1993 als Taschenbuch bei Knaur auf Deutsch erschienen war und nun von Kein & Aber, etwas aufpoliert, aber in der alten Übersetzung, der Werkausgabe zur Seite gestellt wurde.
Erfreulich ist sicher die Neuauflage der vergriffenen Romane "Andere Stimmen, andere Räume" und "Erhörte Gebete" (erscheint im Oktober) sowie jetzt der Erzählungen. Die andere Hälfte seines Werks aber gibt es anderswo günstiger: "Frühstück bei Tiffany", "Kaltblütig" und die Reportagen "Wenn die Hunde bellen" (erscheint ebenfalls im Oktober) als Rowohlt-Taschenbücher, "Die Grasharfe" bei Suhrkamp. Warum neue Hemden kaufen, wenn es die alten noch tun? Auch das Wort von der "Wiederentdeckung" ist bei diesem medialen Autor fehl am Platz. Wann war dieser geniale, süchtige Schwule denn je vergessen? John O'Hara, ja, den hatte man nicht mehr auf dem Zettel. Oder Richard Yates, den Stewart O'Nan und Richard Ford aus der Versenkung geholt haben. Das waren Entdeckungen!
Blieben als Argument für die Werkausgabe noch die neuen Übersetzungen. Doch die sind ja nicht per se besser, auch wenn schreiende Metallic-Banner uns dies weismachen wollen. Sie können notwendig sein wie bei Salingers Roman "The Catcher in the Rye", den Eike Schönfeld in seiner deutschen Neufassung erstmals auf der Basis des Originals (F.A.Z. vom 25. Februar 2003) von Kürzungen und Entstellungen befreit hat. Aber gegen die von Kurt Heinrich Hansen 1966 für den Limes Verlag angefertigte "Kaltblütig"-Fassung etwa war nie etwas einzuwenden. Möglicherweise ist Thomas Mohrs neue, wegen des kleineren Satzspiegels fast einhundertfünfzig Seiten längere Fassung eine Spur frischer, aber dies auch nur in Nuancen.
Wenn man aber als Verlag überzeugt ist, dass vierzig Jahre nach dem Erscheinen dieses Tatsachenromans, in dem Capote akribisch und bis heute erschütternd dem Vierfachmord an der Farmersfamilie Clutter in Holcomb, Kansas, nachforscht, eine Notwendigkeit zur Erneuerung besteht, warum erklärt man dann nicht, worin sie liegt? Kein Wort dazu, auch wieder kein Nachwort, in dem etwa an die außergewöhnliche Recherche erinnert würde - vor allem die Hilfe, die Harper Lee, Autorin von "To Kill a Mockingbird" (1960), ihrem Jugendfreund Capote bei der Recherche vor Ort gewährte, bevor "In Cold Blood" 1965 im Magazin "The New Yorker" in vier Ausgaben vorabgedruckt und ein Jahr später als Buch erscheinen konnte.
Nein, diese Capote-Werkausgabe ist ein Luxusprodukt, dem für wirkliche Klasse das nötige Extra fehlt. Abgesehen von der sechsseitigen "editorischen Notiz" der Herausgeberin Anuschka Roshani in Band eins, die sich ohnehin nur auf "Sommerdiebe" bezieht, hat kein Band eine Einführung oder ein Nachwort, es gibt keine Zeittafel und kein Register, und die Quellenhinweise sind arg knapp gehalten.
Besonders störend fällt dies bei dem Erzählungsband "Baum der Nacht" auf, der neben "Miriam" auch die Geschichte "Die Tür fällt zu" enthält, für die Capote 1948, also mit vierundzwanzig, seinen ersten richtigen O. Henry Prize gewann. Immerhin werden sechs der zwanzig Geschichten - die meisten entstanden zwischen 1943 und 1951 und sind in den Südstaaten angesiedelt, der Heimat des Autors - hier erstmals auf Deutsch präsentiert. Leider erfahren wir nicht, wo die Frühwerke so lange geschlummert haben.
Und warum hat Capote für die Geschichte "The Bargain", hier als "Das Schnäppchen" erstmals auf Deutsch vorgelegt, zeitlebens keinen Abnehmer gefunden? Warum deckt sie sich thematisch so auffallend mit "Ein eigener Nerz"? Irgendein schlauer Kopf dürfte das in den dreiundzwanzig Jahren nach dem Tod des Autors doch wohl rausgefunden haben. Nun gut. "Die Wände sind kalt" (1943), "Ein eigener Nerz" (1944) und "Der Stand der Dinge" (1944), die jeweils kaum acht Seiten umfassen, sind ohnehin eher Skizzen als ausgereifte Storys. Darin kommen etwa junge Männer, die als Soldaten in Europa waren, mit Verwundungen am Herzen zurück. Und die Frauen kommen mit diesen Matrosen oder höheren Dienstgraden nicht klar. Capotes so grundverschiedener Kollege J. D. Salinger, mit dem ihn aber die Verehrung für den legendären William Shawn vom "New Yorker" verband, wünschte sich später für ähnliche Jugendprodukte, die als Zeitschriftenbeitrag gutes Geld eingebracht hatten, dass sie "eines natürlichen Todes" sterben mögen, weshalb der inzwischen achtundachtzigjährige Einsiedler den Nachdruck in Büchern untersagte.
Chaplinesken Charme hat immerhin die Geschichte "Preachers Begegnung" (1945), in der ein alter, verwitweter schwarzer Landbesitzer bereit ist, "Mistah Jesus" zu folgen, sich aber in letzter Minute gegen einen endgültigen Abgang entscheidet. Hier zeigt der vielgerühmte Stilist Capote erstaunliche botanische Kenntnisse.
Wer in Zürich die Tram Nummer 9 nimmt, kann in kurzer Zeit von der Bäckerstraße, wo Kein & Aber sitzt, zur Sprecherstraße gelangen. Dort ist der Diogenes Verlag beheimatet, der vorbildliche Gesamtausgaben zu gestalten weiß. Daniel Keel und seine Leute haben schon aus Groschenromanen Literatur gemacht, wie die Neuausgaben zu Raymond Chandler und Dashiell Hammett gezeigt haben.
Ein Vorschlag zur Güte: Kein & Aber sollte als Ergänzung bald die Briefe übersetzen lassen, die Capote-Biograph Clarke unter dem Titel "Too Brief a Treat: The Letters of Truman Capote" vor drei Jahren bei Random House vorgelegt hat. Die enthalten feinsten Klatsch und Tratsch aus dem Treppenhaus der New Yorker Literatenszene - süchtig machend wie Kartoffelchips. Oder Deborah Davis' Buch "Party of the Century" über Capotes Inaugurationsfeier am 28. November 1966 mit fünfhundertvierzig Freunden im Plaza Hotel. Oder George Plimptons einhundert Interviews mit Leuten, die den kleinen Mann mit der großen Wirkung kannten, auf denen Douglas McGrath' Film "Infamous" basiert. Das wären echte Knaller, so neu und aufregend für deutsche Leser wie "Sommerdiebe".
REINHARD HELLING
Truman Capote: "Kaltblütig". Wahrheitsgemäßer Bericht über einen mehrfachen Mord und seine Folgen. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Thomas Mohr. Kein & Aber, Zürich 2007. 535 S., geb., 22,80 [Euro].
Truman Capote: "Baum der Nacht". Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ursula-Maria Mössner. Kein & Aber, Zürich 2007. 445 S., geb., 22,80 [Euro].
Gerald Clarke: "Truman Capote". Eine Biografie. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Brigitte Stein. Kein & Aber, Zürich 2007. 768 S., geb., 28,- [Euro].
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1959 schockiert der Mord an der vierköpfigen Familie Clotter in Holocomb die USA. Truman Capote widmete sich in "Kaltblütig" den Hintergründen dieses Verbrechens und schuf mit seinem Tatsachenroman ein neues Literaturgenre.
Das Buch besteht aus vier Teilen. Im ersten …
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1959 schockiert der Mord an der vierköpfigen Familie Clotter in Holocomb die USA. Truman Capote widmete sich in "Kaltblütig" den Hintergründen dieses Verbrechens und schuf mit seinem Tatsachenroman ein neues Literaturgenre.
Das Buch besteht aus vier Teilen. Im ersten schildert Capote das Leben der Familie Clotter, im zweiten erfährt man Näheres über die beiden Täter, ihre Kindheit und Jugend, sowie über die Zeit zwischen dem Mord und ihrer Verhaftung. Der dritte Teil widmet sich dem Tathergang, der Polizeiarbeit und Täterermittlung sowie der Verhaftung der Täter. Der vierte Teil beinhaltet den Prozess und die spätere Hinrichtung und geht auf Besonderheiten des amerikanischen Justizsystems ein.
Capote hat akribisch recherchiert, Vernehmungsprotokolle und Akten studiert, und sich eingehend mit den Hintergründen auseinandergesetzt. Er hatte zudem die Gelegenheit, die Täter im Gefängnis zu besuchen und diese ausführlich zu interviewen.
Der Schreibstil von „Kaltblütig“ ist nüchtern, sachlich-neutral; Capote betrachtet alles aus der Distanz, er wertet nicht. Als Leserin war ich dennoch emotional sehr ergriffen. Ich habe mitgefühlt mit der Familie Clotter, die so sinnlos aus dem Leben gerissen wurde, mit ihren Verwandten und Freunden, den Bewohnern von Holocomb, die nach der Tat in großer Angst lebten, bis die Täter nach Monaten gefasst waren. Auch war ich hin- und hergerissen in meinen Gefühlen bezüglich der Täter. Die teils schwierigen Lebensumstände, in denen sie aufgewachsen waren, ließen mich in zweiten Teil immer wieder etwas Mitgefühl für sie empfinden. Dem gegenüber stehen die unfassbare Brutalität und emotionale Kälte, mit der sie eine unschuldige Familie auslöschten.
Im Vergleich zu vielen effekthascherischen True-Crime-Büchern der heutigen Zeit, die auch einen gewissen Voyeurismus bedienen, empfand ich Capotes ausgewogenen, sachlichen Stil als sehr angenehm. Man spürt, dass er Wert darauf legt, allen Beteiligten gerecht zu werden und eine Stimme zu geben. Er hat einen wegweisenden Tatsachenroman geschaffen, der auch nach über 50 Jahren nichts von seiner Faszination eingebüßt hat.
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„Kaltblütig“ ist das wohl bekannteste Werk des Autors Truman Capote und war als Tatsachenroman zum Zeitpunkt seines Erscheinens ein absolutes Novum, dass das Interesse der breiten Masse auf sich zog. Und auch Jahrzehnte nach Erscheinen dieses erfolgreichen Werkes schafft es noch …
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„Kaltblütig“ ist das wohl bekannteste Werk des Autors Truman Capote und war als Tatsachenroman zum Zeitpunkt seines Erscheinens ein absolutes Novum, dass das Interesse der breiten Masse auf sich zog. Und auch Jahrzehnte nach Erscheinen dieses erfolgreichen Werkes schafft es noch immer zu begeistern. Mir hats gut gefallen, mich schockiert, ernüchtert und ungläubig zurückgelassen.
Zum Inhalt: 1959 wird im beschaulichen Holcomb die vierköpfige Familie Clutter brutal ermordet- gute Menschen, beliebt im Ort- eine Tat die erschüttert. Truman Capote recherchiert den Tathergang und spricht mit den Mördern.
Capote weiß zu erzählen und den Leser dabei abzuholen und mitzureißen. Zu Beginn mutet das Buch wie ein minutiöser Bericht an, beschreibt anschaulich, fast schon detailverliebt was sich in den Stunden vor dem Verbrechen zutrug. Im Verlauf der Handlung entwickelt das Buch eher den Charakter einer Reportage und man merkt wie kleinteilig Capote für dieses Buch recherchiert haben muss.
Bei den beiden Tätern Perry und Dick schwankte ich ständig zwischen Mitgefühl und Verachtung. Capote hat es gut geschafft die beiden Männer einzufangen, ihre Lebenswege nahbar zu skizzieren und immer ein Mögliches „was wäre wenn“ aufzutun, das einen Scheideweg im Leben der beiden darstellte. Trotzdem wir im Kapitel „Antworten“ schnell klar, wieso der Autor den Titel für ein Werk gewählt hat. Beim Lesen hat es mich förmlich geschaudert.
Das Buch mutet heute vielleicht nicht mehr so spektakulär an wie zu seinem erstmaligen Erscheinen, ist aber immer noch ein Buch, das beschäftigt. Zumindest bei mir klang das Buch lange nach, weil es einige interessante Einblicke in das amerikanisch Rechtssystem liefert und ein paar spannende „Was wäre wenn“-Szenarien aufwirft.
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Ohne den genre-typischen Horror
Mit «Kaltblütig», seinem bekanntesten Werk, hat der amerikanische Schriftstellers Truman Capote das neue literarische Genre New Journalism geschaffen, den Tatsachenroman. Darin schildert er mit den narrativen Methoden einer literarischen …
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Ohne den genre-typischen Horror
Mit «Kaltblütig», seinem bekanntesten Werk, hat der amerikanische Schriftstellers Truman Capote das neue literarische Genre New Journalism geschaffen, den Tatsachenroman. Darin schildert er mit den narrativen Methoden einer literarischen Erzählung den im November 1959 tatsächlich passierten, vierfachen Mord an der Familie des Farmers Clutter im Westen des US-Staates Kansas. Darauf aufmerksam geworden ist er durch einen Artikel in der Zeitschrift «The New Yorker». Er begann schon bald mit umfangreichen Recherchen zu dem großes Aufsehen erregenden Fall. Sein Buch erschien dann sechs Jahre später. Er musste sogar warten, hat er erklärt, bis die Hinrichtung der beiden Täter nach verfahrens-technischen Verzögerungen dann auch tatsächlich stattgefunden hatte. Und wer nicht vorinformiert ist als Leser, dem winkt natürlich der größte Lesegewinn, was spätestens ab dieser Stelle hier wirklich wohlmeinend zur Nachahmung empfohlen wird!
Aus wechselnden Perspektiven erzählend berichtet der Autor zunächst sehr ausführlich von der Familie Clutter, deren Oberhaupt es als strebsamer, prinzipientreuer Farmer zu einigem Wohlstand gebracht hat. Er ist als fairer Arbeitgeber bei seinen Arbeitskräften sehr beliebt und zahlt gut. Im Haus wohnen außer den Eltern die halbwüchsige Tochter Nancy und der kleine Kenyon. Zwischen die Beschreibungen der Opferfamilie wird immer wieder mal ein kurzer Schwenk zu den Tätern eingefügt, dem 28jährigen Dick und seinem 31jährigen Kumpel Perry. Die Beiden kennen sich aus dem Gefängnis, wo sie für unterschiedliche Straftaten einige Jahre eingesessen haben. Dick hat ebenfalls dort von Floyd Wells, einem Mitgefangenen, von der Farm der Clutters gehört, wo Floyd ein Jahr lang gearbeitet hat. Dort im Büro befände sich ein Tresor, der tausende von Dollars enthalten müsse, so reich wie Clutter ist. Nach ihrer Entlassung beschließen Dick und Perry, diese Farm, die sie nur aus der Erzählung kennen, nachts zu überfallen. Um nicht erkannt zu werden, wollen sie sich schwarze Damenstrümpfe über den Kopf ziehen. Die sind aber nirgendwo zu bekommen in der dünn besiedelten, ländlichen Gegend. Der Überfall findet statt, ein Tresor aber ist nicht vorhanden, denn Mr. Clutter hat aus Prinzip nie Bargeld im Haus, er zahlt immer nur mit Scheck. Als Bargeld aus den verschiedenen privaten Geldbörsen der Familie kommt letztendlich nur ein Betrag von 40 Dollar zusammen, ein Fiasko für die Verbrecher. Denn ohne Maskierung müssen sie ja alle Anwesenden als Augenzeugen töten, um unerkannt zu bleiben. Und das tun sie denn auch, absolut kaltblütig!
Die Polizei steht vor einem Rätsel, es wurden kaum Spuren hinterlassen, und es fehlt vor allem auch ein Motiv für die schrecklichen Morde, mit dem sich ein Täterkreis eingrenzen ließe. In der kleinen Ortschaft kursieren die wildesten Gerüchte, aber die Clutters waren als brave Kirchgänger überall sehr beliebt, niemand hätte einen Grund gehabt, sie alle umzubringen. Die um drei Beamte des FBI verstärkte Mordkommission bekommt nach drei Monaten plötzlich einen Tipp von Floyd Wells, der als Informant für die Tat lange gezögert hat, sich zu melden, weil er nicht mit hineingezogen werden wollte. Nun geht alles ganz schnell, die Täter werden gefasst, vor Gericht gestellt und zum Tod durch den Strang verurteilt.
Minutiös berichtet Truman Capote von der spannenden Ermittlungsarbeit, dem komplizierten Prozessverfahren, und er legt zudem geradezu sezierend die psychologischen Defekte der Täter offen, denen bis zuletzt, bis zum Galgen, aber jedes Unrechts-Bewusstsein fehlt. Auch hier gilt «Der Weg ist das Ziel», dieser journalistisch präzise erzählte Bericht ist eine bereichernde Lektüre, die so ganz ohne die genretypischen Horror-Szenarien auskommt.
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