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Für Johnny und Jean geht es um alles, um Kunst und Leben
Mach gute Kunst! Nichts Geringeres haben Johnny und Jean im Sinn. Ein Sprung ins kalte Wasser steht am Beginn der Geschichte, und hundert Schritte sind noch zu tun für eine Weltkarriere in New York und Paris. Lustvoll und schlagfertig erzählt Präauer von den Abenteuern der zwei jungen Männer, die sich in der Kunst und im Leben üben.
Mach gute Kunst! Nichts Geringeres haben Johnny und Jean im Sinn. Ein Sprung ins kalte Wasser steht am Beginn der Geschichte, und hundert Schritte sind noch zu tun für eine Weltkarriere in New York und Paris. Lustvoll und schlagfertig erzählt Präauer von den Abenteuern der zwei jungen Männer, die sich in der Kunst und im Leben üben.
Präauer, TeresaTeresa Präauer, geboren 1979, ist Autorin und bildende Künstlerin in Wien. Sie schreibt regelmäßig für Zeitungen und Magazine zu Theater, Kunst, Literatur, Mode und Pop. Ihr Roman 'Für den Herrscher aus Übersee' wurde ausgezeichnet mit dem aspekte-Preis für das beste deutschsprachige Prosadebüt. Der Künstlerroman 'Johnny und Jean' wurde ausgezeichnet mit Droste-Literaturförderpreis und dem Förderpreis zum Hölderlinpreis 2015 und war nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2015. Zuletzt erschien 2016 der Roman 'Oh Schimmi'.
Produktdetails
- Fischer Taschenbücher 3321
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- Originaltitel: Johnny und Jean
- Artikelnr. des Verlages: 1019364
- 2. Aufl.
- Seitenzahl: 208
- Erscheinungstermin: 28. Juli 2016
- Deutsch
- Abmessung: 191mm x 139mm x 12mm
- Gewicht: 161g
- ISBN-13: 9783596033218
- ISBN-10: 3596033217
- Artikelnr.: 43997966
Herstellerkennzeichnung
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Sie zieht uns den Boden unter den Füßen weg
Teresa Präauer ist seit ihrem vor zwei Jahre erschienenen Debütroman eine große Hoffnung der deutschsprachigen Literatur. Nun ist ihr zweiter Roman da: "Johnny und Jean". Löst er die Erwartungen ein?
In einer Phantasiewelt, eng mit der Lüge verbandelt, spielt der neue Roman "Johnny und Jean" von Teresa Präauer. "Spielen" ist hier das richtige Wort, weil die österreichische Autorin, Künstlerin und Schriftstellerin, Jahrgang 1979, auf zweihundert Seiten ein literarisches Feuerwerk sprühen lässt, von dem man nie weiß, was daran wirklich ist, was erfunden und wie diese beiden Elemente einander in der Geschichte durchdringen. Eines ist in diesem Buch jedoch sicher: Alles ist
Teresa Präauer ist seit ihrem vor zwei Jahre erschienenen Debütroman eine große Hoffnung der deutschsprachigen Literatur. Nun ist ihr zweiter Roman da: "Johnny und Jean". Löst er die Erwartungen ein?
In einer Phantasiewelt, eng mit der Lüge verbandelt, spielt der neue Roman "Johnny und Jean" von Teresa Präauer. "Spielen" ist hier das richtige Wort, weil die österreichische Autorin, Künstlerin und Schriftstellerin, Jahrgang 1979, auf zweihundert Seiten ein literarisches Feuerwerk sprühen lässt, von dem man nie weiß, was daran wirklich ist, was erfunden und wie diese beiden Elemente einander in der Geschichte durchdringen. Eines ist in diesem Buch jedoch sicher: Alles ist
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Vorstellung, nichts Handlung.
Die Geschichte um "Johnny und Jean" beginnt mit dem Satz: "Ich stelle mir vor, wie ich als Bub auf dem Land lebe." Mit der Unsicherheit, die dieses "Ich stelle mir vor" vom üblichen Erzähltonfall unterscheidet, muss der Leser bis ans Ende gelangen. Und das gelingt tatsächlich spielend, weil die Geschichte aus vielen kleinen vertrauten Erinnerungen und Erfahrungen gewebt ist, die eben doch wahr sind, weil der Leser darin Eigenes wiedererkennt.
Schon der Titel weckt Assoziationen. Man denkt natürlich an "Jules und Jim" oder an "Thelma und Louise", an berühmte halsbrecherische Paare. Wir werden sofort in Johnnys Gedanken hineingezogen: Ein kleines Kaff, ein Schwimmbad, und alle Schüler sind beisammen. Wer kennt das nicht? Sie stehen kurz vor dem Schulabschluss, werden wegziehen oder auch nicht: "Dann ist der Sommer vorbei, und wir verlieren uns, wie man so sagt, in alle Richtungen."
Der Erzähler sieht sich selbst als Außenseiter, will übersehen werden - auch im Schwimmbad: "Ich köpfle und verliere vom Springen fast die Badehose, unter Wasser zieh ich sie schnell wieder hoch, tauche auf und schau, ob mich keiner gesehen hat." Es hat ihn niemand bemerkt, wie immer. In seinen Gedanken aber steht er mit allen in Kontakt, träumt sich zurecht, dass er ein guter Freund des coolsten Jungen ist: Jean, der auch nicht Jean heißt, aber sich so nennt. Oder nennt ihn nur Johnny so? Jean gelingt alles. Er ist ein Freistilkämpfer. Aber ist er auch ein Held? Oder ist er nur die bessere Hälfte? Oder die verkörperte Jugend selbst, die man verlieren wird?
Johnny sieht Jean erst wieder, als er mit seinen "Sachen unterm Arm in der Stadt" auftaucht. "Jean ist schon vor ihm da gewesen, er hat einfach einen früheren Zug genommen, und er kennt sich schon aus, er hat seine Sachen ausgebreitet und seine Schuhe unterm Tisch ausgezogen." Beide wollen Kunst studieren, stehen vor der Aufnahmeprüfung. Aber Jean ist immer schneller, immer beliebter, immer besser. Johnny kämpft sich hinter ihm her und lässt ihn nicht aus den Augen.
Teresa Präauer kleidet ihre Szenen in wundersam spärliche Sätze - hier bei der Aufnahmeprüfung: "Als ich aufgerufen werde, meine Mappe auf den Tisch lege und meine Studien vom kleinen Fisch im Wasserglas hervorziehe, merke ich, dass daran etwas nicht stimmt. Ich merke es exakt jetzt." Mit diesem Satz hätte Johnny seinen Traum unterbrechen können. Er hätte das Studium aufgeben und eine Banklehre beginnen können. Aber Johnny folgt Jean, träumt sich Begegnungen und durchzechte Nächte mit einer Flasche Pastis herbei.
Kein geläufiges Etikett der Sorte "Jugendbild", "Generationenroman", "Bekenntnis" passt zu diesem Buch. Es ist all dies, aber auch ein Zwiegespräch über die Kunstgeschichte aus Künstlersicht, ein Versuch in Kunst- und Kunstbetriebskritik, eine Meditation über Hoffnung und Enttäuschung - und darüber, dass man trotzdem immer weitermacht. Und dass die Imagination Notausgänge bietet, wo die Tatsachen zu eng sind. Nicht nur bei Jean. Johnny träumt von "Jennifer und Jessica": "Ich gehe nicht mehr zum Aktzeichnen, und deshalb schneide ich Jennifer und Jessica und all ihre verständnisvollen Freundinnen aus den Magazinen aus und klebe sie auf Zeichenblätter", und nun folgt in wenigen Präauer-Sätzen eine ganze Lustgeschichte (Johnny, ich will dich!, ruft Jessica) eines Übersehenen, die jäh unterbrochen wird, als die Mitbewohnerin eintritt und fragt: "Johnny? Was ist los mit dir?" Seifenblase geplatzt, doch gleich wird die nächste schillern.
Jean erträumt sich alles: Johnny, Jennifer und Jessica. Und doch kann man sich nie so ganz sicher sein. Gibt es Louise, mit der er schließlich seinen ersten Sex in einer Video-Blackbox bei Pipilotti Rist im Museum Humlebaek in Dänemark hat, vielleicht doch?
Teresa Präauers Romane weichen auch dem Spießigen nicht aus, bestehen nicht auf Coolness, wenn es um schlichte Erinnerungen geht: "Ich habe von allen Ritualen, fällt mir ein, das Einreiben der Hände mit Talkum beim Turnen am liebsten gemocht. Mitten in den weißen Haufen aus weißem Puder hab ich hineingegriffen, geklatscht und es stauben lassen." Schon im nächsten Satz öffnet sie den Blick auf Schicksalhaftes in der Beziehung der beiden Jungen zueinander: "Währenddessen hat sich Jean, da bin ich mir sicher, längst auf die Reckstange geschwungen gehabt und seinen Körper dort oben herumwirbeln lassen, die Pflicht erledigt, gefolgt von einer vierteiligen Kür."
Irgendwann stellt sich die Frage, ob es eigentlich Beweise für einen realen Kontakt zwischen den beiden jungen Männern gibt? Oder findet alles nur im Kopf von Johnny statt? Der Zweifel bleibt, auch nachdem Beweise vorgezeigt werden - "dann haben wir uns geprügelt wie Hunde".
Auch wenn in Teresa Präauers Debütroman "Für den Herrscher aus Übersee" die historischen Bezüge kunstvoller waren und dieses neue Buch manchmal wie ein Übergangsroman wirkt, weil man spürt, dass sich da zwischen den Zeilen etwas noch Größeres ausbreitet, schafft die fünfunddreißigjährige Österreicherin abermals etwas Wunderbares: keine Lektüre für Leute, die am Schnürchen durch ein Leben geführt werden wollen, sondern für Leute, die gern das Ruder abgeben, für die Lesen eine Seereise bei starkem Wellengang ist. Willkür herrscht hier dennoch nicht, Angst haben muss niemand - nicht vor Johnny oder Jean oder Jennifer oder Jessica. Furcht nicht, aber Lust wird wach - am Leben, der Liebe und der Lüge.
SWANTJE KARICH
Teresa Präauer: "Johnny und Jean". Roman. Wallstein Verlag, Göttingen 2014. 208 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Geschichte um "Johnny und Jean" beginnt mit dem Satz: "Ich stelle mir vor, wie ich als Bub auf dem Land lebe." Mit der Unsicherheit, die dieses "Ich stelle mir vor" vom üblichen Erzähltonfall unterscheidet, muss der Leser bis ans Ende gelangen. Und das gelingt tatsächlich spielend, weil die Geschichte aus vielen kleinen vertrauten Erinnerungen und Erfahrungen gewebt ist, die eben doch wahr sind, weil der Leser darin Eigenes wiedererkennt.
Schon der Titel weckt Assoziationen. Man denkt natürlich an "Jules und Jim" oder an "Thelma und Louise", an berühmte halsbrecherische Paare. Wir werden sofort in Johnnys Gedanken hineingezogen: Ein kleines Kaff, ein Schwimmbad, und alle Schüler sind beisammen. Wer kennt das nicht? Sie stehen kurz vor dem Schulabschluss, werden wegziehen oder auch nicht: "Dann ist der Sommer vorbei, und wir verlieren uns, wie man so sagt, in alle Richtungen."
Der Erzähler sieht sich selbst als Außenseiter, will übersehen werden - auch im Schwimmbad: "Ich köpfle und verliere vom Springen fast die Badehose, unter Wasser zieh ich sie schnell wieder hoch, tauche auf und schau, ob mich keiner gesehen hat." Es hat ihn niemand bemerkt, wie immer. In seinen Gedanken aber steht er mit allen in Kontakt, träumt sich zurecht, dass er ein guter Freund des coolsten Jungen ist: Jean, der auch nicht Jean heißt, aber sich so nennt. Oder nennt ihn nur Johnny so? Jean gelingt alles. Er ist ein Freistilkämpfer. Aber ist er auch ein Held? Oder ist er nur die bessere Hälfte? Oder die verkörperte Jugend selbst, die man verlieren wird?
Johnny sieht Jean erst wieder, als er mit seinen "Sachen unterm Arm in der Stadt" auftaucht. "Jean ist schon vor ihm da gewesen, er hat einfach einen früheren Zug genommen, und er kennt sich schon aus, er hat seine Sachen ausgebreitet und seine Schuhe unterm Tisch ausgezogen." Beide wollen Kunst studieren, stehen vor der Aufnahmeprüfung. Aber Jean ist immer schneller, immer beliebter, immer besser. Johnny kämpft sich hinter ihm her und lässt ihn nicht aus den Augen.
Teresa Präauer kleidet ihre Szenen in wundersam spärliche Sätze - hier bei der Aufnahmeprüfung: "Als ich aufgerufen werde, meine Mappe auf den Tisch lege und meine Studien vom kleinen Fisch im Wasserglas hervorziehe, merke ich, dass daran etwas nicht stimmt. Ich merke es exakt jetzt." Mit diesem Satz hätte Johnny seinen Traum unterbrechen können. Er hätte das Studium aufgeben und eine Banklehre beginnen können. Aber Johnny folgt Jean, träumt sich Begegnungen und durchzechte Nächte mit einer Flasche Pastis herbei.
Kein geläufiges Etikett der Sorte "Jugendbild", "Generationenroman", "Bekenntnis" passt zu diesem Buch. Es ist all dies, aber auch ein Zwiegespräch über die Kunstgeschichte aus Künstlersicht, ein Versuch in Kunst- und Kunstbetriebskritik, eine Meditation über Hoffnung und Enttäuschung - und darüber, dass man trotzdem immer weitermacht. Und dass die Imagination Notausgänge bietet, wo die Tatsachen zu eng sind. Nicht nur bei Jean. Johnny träumt von "Jennifer und Jessica": "Ich gehe nicht mehr zum Aktzeichnen, und deshalb schneide ich Jennifer und Jessica und all ihre verständnisvollen Freundinnen aus den Magazinen aus und klebe sie auf Zeichenblätter", und nun folgt in wenigen Präauer-Sätzen eine ganze Lustgeschichte (Johnny, ich will dich!, ruft Jessica) eines Übersehenen, die jäh unterbrochen wird, als die Mitbewohnerin eintritt und fragt: "Johnny? Was ist los mit dir?" Seifenblase geplatzt, doch gleich wird die nächste schillern.
Jean erträumt sich alles: Johnny, Jennifer und Jessica. Und doch kann man sich nie so ganz sicher sein. Gibt es Louise, mit der er schließlich seinen ersten Sex in einer Video-Blackbox bei Pipilotti Rist im Museum Humlebaek in Dänemark hat, vielleicht doch?
Teresa Präauers Romane weichen auch dem Spießigen nicht aus, bestehen nicht auf Coolness, wenn es um schlichte Erinnerungen geht: "Ich habe von allen Ritualen, fällt mir ein, das Einreiben der Hände mit Talkum beim Turnen am liebsten gemocht. Mitten in den weißen Haufen aus weißem Puder hab ich hineingegriffen, geklatscht und es stauben lassen." Schon im nächsten Satz öffnet sie den Blick auf Schicksalhaftes in der Beziehung der beiden Jungen zueinander: "Währenddessen hat sich Jean, da bin ich mir sicher, längst auf die Reckstange geschwungen gehabt und seinen Körper dort oben herumwirbeln lassen, die Pflicht erledigt, gefolgt von einer vierteiligen Kür."
Irgendwann stellt sich die Frage, ob es eigentlich Beweise für einen realen Kontakt zwischen den beiden jungen Männern gibt? Oder findet alles nur im Kopf von Johnny statt? Der Zweifel bleibt, auch nachdem Beweise vorgezeigt werden - "dann haben wir uns geprügelt wie Hunde".
Auch wenn in Teresa Präauers Debütroman "Für den Herrscher aus Übersee" die historischen Bezüge kunstvoller waren und dieses neue Buch manchmal wie ein Übergangsroman wirkt, weil man spürt, dass sich da zwischen den Zeilen etwas noch Größeres ausbreitet, schafft die fünfunddreißigjährige Österreicherin abermals etwas Wunderbares: keine Lektüre für Leute, die am Schnürchen durch ein Leben geführt werden wollen, sondern für Leute, die gern das Ruder abgeben, für die Lesen eine Seereise bei starkem Wellengang ist. Willkür herrscht hier dennoch nicht, Angst haben muss niemand - nicht vor Johnny oder Jean oder Jennifer oder Jessica. Furcht nicht, aber Lust wird wach - am Leben, der Liebe und der Lüge.
SWANTJE KARICH
Teresa Präauer: "Johnny und Jean". Roman. Wallstein Verlag, Göttingen 2014. 208 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Judith von Sternburg ist ein bisschen enttäuscht von Teresa Präauers Künstlerroman. Was für die Rezensentin so vielversprechend mit dem Entwurf einer Verbindung zwischen zwei jungen Männern aus dem Nichts, also aus der reinen Fantasie, beginnt, erhält im Verlauf des Romans keine Steigerung oder Wendung, klagt Sternburg. Dass die junge Autorin witzig und treffend im Künstlersprech über Kunst und das Akademiemilieu erzählen kann, steht für die Rezensentin außer Frage. Nur dass Präauer die Ebene des Amüsanten und nur Unterhaltsamen nicht verlässt, keine tragischen, existenziellen Verwicklungen sich ergeben, wie Sternburg immer erwartet, lässt die Rezensentin letztlich unbefriedigt zurück.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»ein hinreißender Roman« (Ina Hartwig, die tageszeitung, 31.01.2015) »ein bilderreiches und sprachspielerisches Meisterwerk« (Christa Gürtler, Der Standard, 20.09.2014) »auf zweihundert Seiten ein literarisches Feuerwerk« (Swantje Karich, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.08.2014) »ein rasanter Künstlerroman, der mit viel Humor und Esprit daherkommt« (Thomas Geldner, Berichte und Rezensionen aus den Büchereien Wien, Winter/Frühjahr 2016) »Spannend!« (Hagen Haas, General-Anzeiger Bonn, 07.06.2016) »eine mit Verve und Witz konstruierte und lustvoll servierte literarische Kost« (Heimo Mürzl, Bücherschau 3/2017)
Phantasiekompetenz gefragt
In ihrem zweiten Roman «Johnny und Jean» thematisiert die österreichische Schriftstellerin und bildende Künstlerin Teresa Präauer auf satirische Art die zeitgenössische Kunstszene. Der Buchtitel erinnert an berühmte chaotische Paare …
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Phantasiekompetenz gefragt
In ihrem zweiten Roman «Johnny und Jean» thematisiert die österreichische Schriftstellerin und bildende Künstlerin Teresa Präauer auf satirische Art die zeitgenössische Kunstszene. Der Buchtitel erinnert an berühmte chaotische Paare wie ‹Jules und Jim›, nur dass hier die Dramatik fehlt, Johnny und Jean sind harmlose Kunststudenten auf dem Weg zum Ruhm. «Mach gute Kunst» ist das Motto, aber genau das ist bekanntlich leichter gesagt als getan und wirft in der bildenden Kunst, wie der Klappentext aufzählt, nebenbei viele urkomische Fragen auf, mit denen niemand gerechnet hat.
Bei Studienbeginn an der Kunsthochschule trifft Ich-Erzähler Johnny seinen Schulkameraden Jean wieder, der ihm durch einen Salto vom Dreimeterbrett schon als Schüler imponiert hat. Auch im Studienbetrieb wird Jean schnell zu einer Führungsfigur, er wird von allen bewundert, ist den Kommilitonen immer voraus, ein selbstbewusster, kreativer Machertyp. Johnny hingegen ist Außenseiter, ein Zauderer und Tagträumer, der ideenlos stundenlang vor dem leeren Blatt sitzt. Er beschäftigt sich lieber mit Max Doerners Materialkunde, fertigt sechs Rahmen, zieht Leinwand auf, grundiert sie, - und dann kommt Jean und nimmt sie einfach alle mit. Während Jean am Kunstmarkt reüssiert, verrückte Kunstaktionen inszeniert, eigene Ausstellungen hat und seine Werke auch verkaufen kann, arbeitet Johnny immer mit dem gleichen Motiv. Schon an der Kunsthochschule hatte er sich mit seinen realistisch gemalten Fischen beworben und wurde auch erst im zweiten Anlauf angenommen, seither ist ihm nichts anderes mehr eingefallen. Sinniger Weise ist es dann ein Abfüller von Mineralwasser, der schließlich drei seiner sonst unverkäuflichen, «zart getuschten» Fischbilder erwirbt.
«Ich stelle mir vor, wie ich als junger Bub auf dem Land lebe» heißt es im ersten Satz, eine latent vorhandene Fantasie überdeckt das Wenige, was Realität sein könnte in diesem Künstler-Roman, der narrativ typische Stil des unzuverlässigen Erzählens. Die erforderliche Vorstellungskraft wird hier auf die Spitze getrieben, in vielen Szenen und Gesprächen bleibt der Wahrheitsgehalt fraglich, alles könnte auch irreal sein, und meist ist es für den Leser auch nicht möglich, eindeutig zu erkennen, was nur satirisch gemeint ist. Teresa Präauer dürfte als Autorin eigene Erfahrungen und Interna aus dem Kunstbetrieb in ihre Geschichte eingebaut haben, was den Text durchaus authentisch erscheinen lässt. Wenn der Held plötzlich mit Salvador Dalì spricht, wird allerdings klar, dass er fantasiert. Auch Marcel Duchamp mischt sich dann ein, und als Johnny ihn aufklärt, dass nach der Definition von Joseph Beuys jeder ein Künstler sei, fragt der zurück: «Beuys, wer ist der Kerl?» Alles was passiert in diesem surrealen Roman ohne erkennbare Handlung basiert allein, um ein wunderbar passendes Kompositum der Autorin zu benutzen, auf der «Phantasiekompetenz» seiner Leser. So findet die Initiation des Helden zum Beispiel in einen Museum von Kopenhagen statt, in einer Video-Blackbox mit Werken von Pipilotti Rist, wo Johnny von einer unbekannten Frau, die dort als einzige plötzlich neben ihm sitzt, völlig überraschend rittlings vernascht wird. Es lebe die Fantasie!
Erzählt werden die teils abstrusen Begebenheiten und wirren Dialoge der Kunstjünger, mit netten Anekdoten angereichert, in knappen Sätzen, oft im Jargon der Kunstwelt. Es gibt allerdings keinerlei Steigerung, keine überraschenden Wendungen, alles plätschert gleichförmig dahin und führt letztendlich auch zu nichts. Die farblosen Figuren sind eher emblematisch angelegt, sie bleiben unverbunden Solitäre der Kunstszene. Das permanente «Namedropping» in den Dialogen der Figuren kennzeichnet, durchaus selbstironisch, auch diesen verspielten Roman selbst, wirkt aber allmählich dann doch arg aufgesetzt. So winkt als Lesefrucht allenfalls eine Bereicherung des eigenen Kunstwissens, das im Plot angelegte psychische Konfliktpotential bleibt ungenutzt.
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