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Die Verklärer und die Verächter Österreichs - sie haben sich bequem eingerichtet in ihren Vorurteilen, jeder nach seiner Überzeugung. Aber kommt es wirklich nur darauf an, Österreich zu preisen oder es zu verdammen? Wäre es nicht höchste Zeit, Rückschau zu halten und Österreich aufs neue zu entdecken? Zu endecken in einer Geschichte, deren ketzerische Traditionen vergessen sind, und zu entdecken in einer Gegenwart, die auf Revolten, Widerspruchsgeist und ästhetische Radikaliät zu verzichten scheint. Gauß stellt sich in seinem neuen Buch dieser Aufgabe.

Produktbeschreibung
Die Verklärer und die Verächter Österreichs - sie haben sich bequem eingerichtet in ihren Vorurteilen, jeder nach seiner Überzeugung. Aber kommt es wirklich nur darauf an, Österreich zu preisen oder es zu verdammen? Wäre es nicht höchste Zeit, Rückschau zu halten und Österreich aufs neue zu entdecken? Zu endecken in einer Geschichte, deren ketzerische Traditionen vergessen sind, und zu entdecken in einer Gegenwart, die auf Revolten, Widerspruchsgeist und ästhetische Radikaliät zu verzichten scheint. Gauß stellt sich in seinem neuen Buch dieser Aufgabe.
Autorenporträt
Karl-Markus Gauß, geb. 1954, schreibt für große Zeitungen wie die 'ZEIT', die 'FAZ', die 'NZZ' und 'Die Presse'. Er ist Autor und Herausgeber der Zeitschrift 'Literatur und Kritik' und lebt heute in Salzburg. Der Essayist erhielt 2006 für sein Gesamtwerk den 'Georg-Dehio-Buchpreis' des Deutschen Kulturforums östliches Europa sowie den 'Manès-Sperber-Preis', 2007 den 'Mitteleuropa-Preis' und 2009 den 'Donauland-Sachbuchpreis'. Im Jahr 2010 wurde ihm der Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay verliehen, 2014 der Österreichische Kunstpreis in der Kategorie Literatur.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.04.1998

Kopfsprünge ins Unentdeckte
Einmal altes Österreich und zurück: Essays von Karl-Markus Gauß

Dieser Mann verkörpert etwas ungemein Seltenes: einen kritischen, im Wortsinn selbstbewußten Patrioten. Nie schwimmt der Publizist und Herausgeber der Zeitschrift "Literatur und Kritik" mit dem Strom, auch nicht mit dem intellektuellen. Eigensinnig beharrt er auf seiner Unbeugsamkeit. Den Hang zu pauschaler Österreich-Verachtung und schwarzem Kitsch findet Karl-Markus Gauß kaum weniger unerträglich als rotweißrote Verklärung in touristischen Werbeslogans und Feiertagsrhetorik. Doch sucht Gauß nicht den berühmten goldenen Mittelweg, um es allen recht zu machen. Er begreift das geistige Bild seiner Heimat als Ergebnis eines dialektischen Prozesses, will weder preisen noch verdammen, er will aufspüren. Das bedeutet: mit anderen Augen sehen zu lernen und Verschüttetes zu bergen.

Sein Essayband "Ins unentdeckte Österreich" bietet auch dem Austriaca-Kenner viel Neues. Und das Altbekannte in ungewohnter, anregender Perspektive. Zu den Leitmotiven des Buches gehört der Einsatz für die verdrängte Vergangenheit eines Landes, das kulturell immer von seinen Rändern lebte. Die Republik, meint Gauß mit zureichendem Grund, habe nach 1945 nicht nur den Nationalsozialismus verleugnet, sondern auch ihre Wurzeln im alten Vielvölkerreich, die "mitteleuropäische Dimension".

Historisches Argumentieren ist diesem Autor stets Anknüpfungspunkt für Gegenwartsbezug. Wenn er etwa über den schwindelhaften Verleger Wucherer aus dem achtzehnten Jahrhundert schreibt, springt er buchstäblich mit einem Satz wieder ins Hier und Heute. Ausgiebig widmet sich Gauß dem Verhältnis zwischen Deutschland und Österreich, der großzügigen, überheblichen Vereinnahmungspraxis einerseits und der giftigen Anbiederung andererseits. Nationalistische Attitüden sind ihm gleichwohl völlig fremd. Genüßlich zitiert er aus der "Fackel" von 1901, als Karl Kraus durch bloße Aufzählung die Absurdität chauvinistischer Ideologie entlarvte: "Indes die Vorkämpfer Germaniens an der Grenze zum Slawentum auf Namen wie Kokoschinegg, Rakusch, Jessenko, Ambrositsch, Mrvalag, Besgerschak oder Pollanetz hörten, waren umgekehrt die ,Slovenisch-Nationalen' mit urslawischen Recken wie Fischer, Mayer, Schürzer, Schuster und Kaisersberg angetreten, ihrerseits den Kampf um die Reinheit des Slowenentums zu führen."

Mehrere Kapitel gelten den Rebellen und Aufklärern und Pamphletisten der österreichischen Literatur: dem streitbaren Lyriker Michael Guttenbrunner ebenso wie dem universalgelehrten Kulturphilosophen Friedrich Heer, dem 1848 hingerichteten Schriftsteller und Offizier Messenhauser oder dem beamteten "Spracherotiker" Paul Weidmann. Die Behauptung freilich, letzterer sei "für keine Öffentlichkeit mehr wiederentdeckt worden", ist inzwischen erfreulicherweise überholt: im Jahre 1997 erschien in einem deutschen Universitätsverlag sein Hauptwerk "Der Eroberer".

Karl-Markus Gauß beeindruckt durch Kenntnisreichtum und als erfrischend pointierter Stilist, elegant auch und gerade in der Attacke. Am witzigsten wird er im Falle Heimito von Doderers, dessen Tagebuchnotizen über sadistische Entzückungen und katholischen Meßgang er zu einer glänzenden Fuge verarbeitet. Scharfsichtig erkennt Gauß das Beklemmende des pedantisch aufgezeichneten Doppellebens. Für das Grandiose von Doderers "Theater der Perversionen" hat er keinen Blick. Aber solches ist und bleibt nun einmal Geschmackssache. ULRICH WEINZIERL

Karl-Markus Gauß: "Ins unentdeckte Österreich. Nachrufe und Attacken". Paul Zsolnay Verlag, Wien 1998. 184 S., geb., 34,- DM.

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