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Die Schwestern Steffi und Nelli leben seit Beginn des Krieges bei Pflegefamilien in Schweden. Zwar haben sie ein neues Zuhause gefunden, doch noch immer hoffen sie auf ein Wiedersehen mit ihren Eltern, die inzwischen in ein Lager verschleppt worden sind. Der Kontakt zu ihnen ist schwierig: nur Postkarten mit dreißig Wörtern sind erlaubt. Dreißig Wörter, die alles verändern könne...

Produktbeschreibung
Die Schwestern Steffi und Nelli leben seit Beginn des Krieges bei Pflegefamilien in Schweden. Zwar haben sie ein neues Zuhause gefunden, doch noch immer hoffen sie auf ein Wiedersehen mit ihren Eltern, die inzwischen in ein Lager verschleppt worden sind. Der Kontakt zu ihnen ist schwierig: nur Postkarten mit dreißig Wörtern sind erlaubt. Dreißig Wörter, die alles verändern könne...
Autorenporträt
Annika Thor, geb. 1950 in Göteborg und dort aufgewachsen. In Schweden bekannt geworden als Film- und Fernsehkritikerin, darüber hinaus schreibt sie selbst Theaterstücke und Drehbücher, auch für Kinder und Jugendliche. Ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis sowie nominiert für den renommierten August-Preis.

Angelika Kutsch, geb. 1941 in Bremerhaven, ist Autorin mehrerer Kinder- und Jugendbücher und Übersetzerin aus dem Schwedischen. Für beides wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Angelika Kutsch lebt in Hamburg und Schweden.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.03.2001

Backfisch im Krieg
Annika Thors bewundernswert leichte "Steffi"-Serie

Es ist rätselhaft, wie die Verlage es finanziell verkraften, aber noch scheint es zu funktionieren: In jedem Halbjahr werden Unmengen neuer Titel auf den Kinderbuchmarkt geworfen, die kaum die erste Auflage überleben. Die meisten dieser Bücher haben es nicht anders verdient. Schade ist es nur um lesenswerte Werke, die in der Masse untergehen, weil sie weder ein Modethema bedienen noch aus einem anderen Grund besonders auffällig sind.

Zu ihnen gehört der Romanzyklus von Annika Thor, der mit "Eine Insel im Meer" begann und dessen vierter und letzter Band jetzt in der deutschen Fassung vorliegt. Daß es still geblieben ist um die vier Bücher, ist verständlich: Die Geschichte ist in einem ruhigen Ton erzählt, der keineswegs um große Beachtung heischt; ihr Thema - das Schicksal jüdischer Flüchtlingskinder - scheint in der Jugendliteratur zu Genüge abgehandelt; und vier Bände, das schreckt zunächst ab, auch vor einer Auswahl als Schullektüre. Fängt man aber an, das Leben der beiden Wiener Schwestern auf den schwedischen Schäreninseln zu verfolgen, dann hätte man nichts dagegen, wenn die Serie zehn Bände umfaßte.

Denn ohne oberflächlich zu werden und trotz der herben, schlichten Sprache erinnert Annika Thors Geschichte in ihrer Struktur an altmodische mehrbändige Mädchenromane. Ein jüdisches Kinderschicksal der vierziger Jahre in solch leichtem literarischen Gepäck zu transportieren ist ungewöhnlich und mutig. Annika Thor, selbst als Jüdin 1940 in Göteborg geboren, nahm die Diskussion über den Umgang der Schweden mit jüdischen Flüchtlingen während des Zweiten Weltkrieges zum Anlaß ihrer Recherche. Interviews mit ehemaligen Flüchtlingskindern gaben ihr das Material, aus dem sie die Geschichte von Stephanie Steiner und ihrer Schwester Nelli erfand, die mit einem der letzten Kindertransporte aus dem besetzten Österreich fliehen können.

In den ersten beiden Bänden stehen die Mädchen noch ganz unter dem Eindruck ihrer Ankunft in Schweden. Heimweh, Sorge um die in Wien gebliebenen Eltern und schwergängiges Eingewöhnen stehen im Vordergrund von Steffis Erleben. Sie versucht aus der Ferne zu verstehen, was es mit Hitler und dem Krieg auf sich hat. Auch muß sie sich zum erstenmal damit auseinandersetzen, daß sie Jüdin ist. Erst die Deutschen haben sie zur Jüdin gemacht, denkt sie. Daß sie sich nun in der strenggläubigen Inselgemeinde taufen lassen muß, verstärkt nur ihr Gefühl des Andersseins, das sie vorher nie kannte.

Inzwischen ist Steffi sechzehn beziehungsweise achtzehn Jahre alt, ein Backfisch mit Abiturientenmütze, beschäftigt mit Selbstfindung und der ersten großen Liebe. Der Krieg und die immer spärlicheren, trostloseren Nachrichten von den Eltern geben ihrem Leben eine dunkle Grundierung - Steffi ist stets ernster als ihre Altersgenossinnen. Durch ihre Augen sieht der Leser aber auch viel vom normalen Alltag schwedischer Jugendlicher dieser Zeit. Das liegt an Annika Thors genauer, vitaler Beschreibung bis hin zu den Randfiguren.

Nach einer Welle düsterer Betroffenheitsliteratur zum Holocaust kommen immer mehr Erzählungen heraus, die das Thema mit leichterer Hand anfassen, ohne es deswegen zu bagatellisieren. Das kommt der Distanz heutiger Jugendlicher entgegen, verstärkt sie aber nicht. Die Romane um Steffi und Nelli sind Bücher, die man gerne liest.

MONIKA OSBERGHAUS.

Annika Thor: "In der Tiefe des Meeres". 188 S.; "Offenes Meer". 222 S. Beide aus dem Schwedischen von Angelika Kutsch. Carlsen Verlag, Hamburg 2000. Jeweils geb., 24,90 DM. Ab 12 J.

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