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Woher sollen sie es wissen? Wenn Jugendliche mit Erwachsenen über Sexualität sprechen, hören sie: Du sollst nicht schwanger werden, nicht schwängern, hüte dich vor AIDS, lerne Nein zu sagen, lerne ein nein zu akzeptieren. Warum dann überhaupt noch Sex? In manchen populären Jugendzeitschriften ist Sex eine Mischung aus Sport und Unterhaltungselektronik: Welchen Sensor muß ich berühren, um welche Gefühle zu erzeugen? Deshalb kommen sie hier selber zu Wort: In diesem Buch schreiben Jugendliche von ihren Gefühlen, ihren Erfahrungen und Wünschen.

Produktbeschreibung
Woher sollen sie es wissen? Wenn Jugendliche mit Erwachsenen über Sexualität sprechen, hören sie: Du sollst nicht schwanger werden, nicht schwängern, hüte dich vor AIDS, lerne Nein zu sagen, lerne ein nein zu akzeptieren. Warum dann überhaupt noch Sex? In manchen populären Jugendzeitschriften ist Sex eine Mischung aus Sport und Unterhaltungselektronik: Welchen Sensor muß ich berühren, um welche Gefühle zu erzeugen? Deshalb kommen sie hier selber zu Wort: In diesem Buch schreiben Jugendliche von ihren Gefühlen, ihren Erfahrungen und Wünschen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.12.1996

Irgendwie erst heiß, dann kalt
Aber meistens eher lau: Lach- und Sachgeschichten für die verliebte Jugend

Eines der schönsten Anagramme von Unica Zürn besteht aus den Worten "Ich weiß nicht, wie man die Liebe macht". In sechs Zeilen bilden die Buchstaben dieses Satzes ein kraftvolles, trauriges Liebesgedicht, in versponnener und aberwitziger Manier. "Ich weiß nicht, wie man von der Liebe schreibt" scheint als unbewußtes Motto über vielen Geschichtensammlungen für Jugendliche zu stehen. Leider sind die Variationen dieses Satzes weder versponnen noch aberwitzig, nicht richtig traurig und schon gar nicht kraftvoll. Zum Ausgleich sind es deutlich mehr als sechs.

Wie mache ich mich an einen Jungen heran und bleibe dabei trotz weicher Knie selbstbewußt? So wie Susanne in "Einfach stark!" ("Con sordino" von Irma Krauss). Und wenn er nur ein Angeber ist? Ein paar Seiten weiter hilft "Victoria" von Christa Laas. Warum sind schicke Klamotten nicht alles? Susanne Fülscher antwortet mit "Superbabe", einer Erzählung, die ohne den bemühten Jargon und die 43 Ausrufezeichen fast schon hämische Qualitäten hätte. Solche Texte sind wenig mehr als mit Literatursurrogat angereicherte Ratgeber. Sie wirken wie Hustensaft, dem man trotz aller klebrigen Süße anmerkt, daß er doch nur Medizin ist. Ein wenig con sordino (mit Dämpfer) hätte nicht nur dem Stil der gleichnamigen Erzählung gutgetan: Heftig wird jugendlicher Sprachgebrauch geübt. Den Leser ergreift aber nur ein peinliches Gefühl, wenn er etwas liest wie "Hier hast du 80 Mäuse. Ich habe heute einen bombigen Auftrag eingesackt". Eine literarische Oase ist dann der (nachgedruckte) Beitrag von Doris Dörrie, die ganz altmodisch von 1968 erzählt. "Es war langweilig und gemütlich" ist einer der wenigen einfachen, starken Sätze in "Einfach stark!".

Auch die Sammlung "Herzflattern" hält nicht, was ihr Titel verspricht. Man fragt sich, warum das Buch nicht "Bauchkribbeln" heißt, denn kaum eine Geschichte kommt ohne diesen Klischee-Ausdruck aus. Kein Kribbeln bleibt für den Raum zwischen den Zeilen, geschweige denn für den Bauch des Lesers. Es wird gekribbelt, gejuckt, herzgepocht, -geflattert und -gerast, daß man vor lauter Gefühl in Ohnmacht fiele, wäre man nicht vom ersten Satz an so ungerührt wie bei der Lektüre von Kontaktanzeigen, die auch immer nur Sinnlich! schreien und es nicht sind. Vorherrschend sind Gesprächsthemen. Mehrere Geschichten handeln von Mädchen, die sich in jemanden verlieben, der unerreichbar ist. In einer Art Mustergespräch endet eine Geschichte von Mutter und Tochter, die sich in denselben Straßensänger verguckt haben: "Die nächste halbe Stunde hocken Mutter und Tochter einträchtig Mohrrüben knabbernd am Küchentisch und haben sich eine Menge zu erzählen" (Dagmar Scherf, "Tamara"). Wir lernen schließlich die Probleme homosexueller Jugendlicher kennen. Dies alles in einer penetrant putzmunteren Sprache oder mit wehleidigem Pathos. Die Geschichte zum Erholen kommt auch hier von einem Autor, der sonst für Erwachsene schreibt.

Ein Autor, der das exemplarische Liebesproblem erzählend zum multiplen Höhepunkt führt, ist Lutz van Dijk. "Anders als du denkst" ist als Titel für seine "Geschichten über das erste Mal" insofern stimmig, als es nur in einer von zwölf Erzählungen tatsächlich um das erste Mal geht. Daneben hat van Dijk viele Modethemen unter alliterierenden Überschriften vereinigt: "Hannahs Hände" - Mädchen ist blind; "Saschas Sehn-Sucht" - Junge onaniert; "Marys Mutter" - Mutter hat Aids.

Was tun? "Mit Vernunft kommt man gegen solche Geschichten ja sowieso nicht an", sagt eine der "Herzflattern"-Heldinnen. Ähnlich müssen Anne und Abraham Teuter gedacht haben, als sie die Jugendlichen selber um Liebesgeschichten für ihre Sammlung "Ich mit Dir" baten. Neben dem süßlichsten Kitsch finden sich hemmungslos leidenschaftliche Phantasien; die ganze Katastrophe der Liebe (und ihrer Sprache) offenbart sich in den sehnsuchtsvollen, teils trivialen, teils überraschend guten Texten, bei denen das Lektorat offenbar im Gegensatz zu den jungen Autoren etwas zuviel Hemmungen hatte. Empfehlen möchte man es vor allem Herausgebern von Liebesgeschichten. MONIKA OSBERGHAUS

Anne Bender (Hrsg.): "Einfach stark! Geschichten für Mädchen in den besten Jahren". Dtv, München 1996. 188 S., kt., 9,90 DM; Norgard Kohlhagen / Renate Boldt: "Herzflattern". Rowohlt Verlag, Reinbek 1996. 250 S., kt., 12,- DM; Lutz van Dijk: "Anders als du denkst". Patmos Verlag, Düsseldorf 1996. 151 S., geb., 24,80 DM; Anne & Abraham Teuter (Hrsg.): "Ich mit Dir". Alibaba Verlag, Frankfurt/M. 1996. 259 S., kt. 21,- DM.

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