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Produktdetails
  • Verlag: Taschen Verlag
  • ISBN-13: 9783822824511
  • ISBN-10: 3822824518
  • Artikelnr.: 12418032
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.03.2004

Ein Haus wie ich
Ein Bildband zeigt, was Architekten für sich selbst bauen

Es war der Schriftsteller, Dandy und Extremist Curzio Malaparte, der einmal über sein Haus auf Capri sagte, es sei eine "Casa come me", ein "Haus wie ich" - und tatsächlich hat man, wenn man Malapartes letzte Bücher liest, den Eindruck, solch dramatische Literatur kann nur in einem solchen Haus entstanden sein: unten an einem Felsvorsprung in die Wellen ragend, mit einem tempelartigen Sonnendach und einem langen Raum darunter, der kein modernes Wohnzimmer, eher eine archaische Grotte ist, welche die Mythen des Mittelmeeres in sich aufgesogen hat.

Seit jeher ist es das Bedürfnis von Bauherren, sich in ihrem Haus widergespiegelt zu sehen, und es ist die schwierige Aufgabe des Architekten, aus den diffusen Wünschen und Vorstellungen des Auftraggebers eine Form aus Holz, Glas und Beton zu destillieren, die in der Lage ist, den verschiedensten Gemütslagen und Bedürfnissen Raum zu geben. Noch schwieriger wird es allerdings, wenn man selbst gleichzeitig Kunde und Architekt ist. Es ist die Zumutung, sich einen Rahmen - und nur einen - für sein eigenes Leben in die Landschaft zu stellen, die viele Architekten davon abhält, für sich selbst zu bauen, was wiederum der tiefere Grund ist für den Vorwurf, moderne Architekten würden Betonkästen mit niedrigen Decken bauen, aber selbst in schönen Altbauten residieren.

Daß das nicht stimmt, beweist ein neuer Bildband, der einhundert Architektenhäuser des 20. Jahrhunderts versammelt: Man sieht das nierentischleichte Apartment des Architekten Gio Ponti, das er sich 1957 in seinem Mailänder Apartmentbau einrichtete; man entdeckt die Bauten der zahllosen Mies- und Richard-Neutra-Adepten, die das internationalistische Wohngefühl der leichten Bungalowmoderne allen Witterungsunbilden zum Trotz zwischen Ägäis und Polarkreis selbst ausprobierten (im Bild Nicos Valsamakis' 1960 errichteter Bungalow bei Athen), aber auch Werner Sobeks futuristisch kalte Wohnmaschine "R128" in Stuttgart - ein perfektes Glasgehäuse, das die bisher radikalste Form des Wohnens in einer zweckorientierten Ingenieursmaschine vorführt. Einige Häuser, die sich Architekten und Architektinnen entwarfen, sehen dagegen eher aus wie Negationen ihrer früheren Entwürfe: Charlotte Perriand, bekannt geworden als Stahlrohr-Avantgardistin an der Seite von Le Corbusier, baute sich 1961 eine gemütliche Alpengrotte aus rohem Berggestein und Holz in den Savoyen.

Die Architekten des 20. Jahrhunderts bauten nicht zwangsläufig unterkühlt - auch das zeigt dieses Buch. Jakob Halldor Gunnlögssons Wohnhaus in Dänemark ist eher ein Wikingeridyll, ein Traum vom einfachen und wilden Leben, den der Däne 1958 an den Strand von Rungsted gepflanzt hat: ein Haus wie ein abstrahiertes Holzschiff, davor eine Feuerstelle, dahinter das Meer und dazwischen eine breite Panoramascheibe, die das Wohnen zum Film macht - was typisch ist für fast alle diese Architektenhäuser, die nie weniger waren als die Kulisse eines neuen, unbekannten Lebens.

NIKLAS MAAK

Hundert Häuser für hundert europäische Architekten. Taschen Verlag, 477 Seiten, 29,90 Euro.

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