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Two mid-ranking North London detectives, tasked with connecting a series of scattered and gruesome events, come to suspect the only certainty is that we've all misunderstood everything

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Produktbeschreibung
Two mid-ranking North London detectives, tasked with connecting a series of scattered and gruesome events, come to suspect the only certainty is that we've all misunderstood everything
Autorenporträt
Keith Ridgway, 1965 in Dublin geboren, lebt in London. Übersetzungen seiner Bücher erschienen in Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Belgien, Holland und den USA.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.09.2015

Die Spur führt
zum Rührei
Keith Ridgways raffinierter
Meta-Krimi „Hawthorn und Child“
Hawthorn träumt, dass er im Auto schläft. Am Steuer sitzt Child, sein Ermittler-Kollege von der Londoner Polizei. Als Hawthorn aufwacht, ist es nicht anders als im Traum: Child lächelt und rast. „Ist er weggerannt?“, fragt Hawthorn benommen. „Kaum hatte er das ausgesprochen, traf ihn die Absurdität dieser Vorstellung mit voller Wucht: Mishazzo: rennend.“
  Es dauert eine Weile, bis die Anspielung verständlich wird, und man Mishazzo, diesen feinen Gauner mit unklarem Geschäftsbereich, der aussieht wie Fernando Pessoa, näher kennenlernt – schon bald danach spielt er keine Rolle mehr. Denn es gibt in diesem Buch keine ordentliche Exposition der Figuren; sie werden mitten in der unübersichtlichen Action eingeführt, und das Geschehen beruhigt sich nie. Sicher ist: Ein Schuss ist gefallen, ein Mann geflohen. Aber wer, und ob beides miteinander zu tun hat, ist nicht zu ermitteln.
  Dem 1965 in Dublin geborenen Keith Ridgway, der mit seinem Erstling „Normalzeit“ gleich mehrere europäische Preise abgeräumt hat, ist in „Hawthorn & Child“ ein bizarr-eigenwilliger Roman gelungen. Verbrechen spielen zwar eine Rolle, werden aber nicht aufgeklärt. Spannung herrscht gerade deswegen, weil die Konturen dessen, was passiert, beunruhigend vage bleiben. Zu ungemütlich eigentlich für einen Krimi.
  Warum beispielsweise bricht der schwule Polizist Hawthorn ständig in Tränen aus? Liegt es an seiner über ihn witzelnden Kleinbürger-Familie? Unerquickliche Bilder sind mit Szenen aus einem Darkroom gegengeschnitten, und dieser Darkroom wird zur Metapher für Ridgways raffiniertes Erzählen. In seinen sanfteren Phasen liest sich „Hawthorne & Child“, als lausche man einem Gespräch zwei Tische weiter: Wortfetzen wehen herüber, dann wechselt abrupt das Thema. Immer neue Spuren werden ausgelegt, um dann doch ins Leere zu führen – doch die Spannung bleibt.
  Ein guter Grund, dabeizubleiben, sind Ridgways Charaktere. Weil das Buch als Geflecht aus Erzählungen angelegt ist, in denen unterschiedliche Handlungsstränge wichtig sind, ergeben sich – neben Hawthorn und seinem weniger präsenten schwarzen Kollegen Child – immer neue Hauptfiguren. Eine der besten ist Mishazzos Fahrer, aus dem Kapitel „Das Schmierheft“, das zuerst im New Yorker abgedruckt war. Schon der Vater des Fahrers war ein Krimineller, er hat ihn mit dem skrupellosen Price bekannt gemacht, für den der Fahrer jetzt als Taschen- und Hoteldieb unterwegs ist. Er selbst ist ein unsicherer Mann, der sich über kleine Fischzüge freut. Er sinniert über Mishazzos Vorliebe für Weltmusik und lebt mit seiner Freundin zusammen. Nur reden kann das „ganz normale“ Paar nicht miteinander.
  Irgendwann liegt ein Heft auf dem Küchentisch, das beide verbindet. Zartfühlend notiert einer etwas, dann der andere. Ohne ein Wort zu sprechen. Die stille Überwindung des Schweigens durchs geschriebene Wort wirkt zunächst romantisch. Doch plötzlich beginnen die beiden, einander zu fesseln. Sind es SM-Praktiken, von denen im Heft die Rede ist? Dann wieder heißt es, „dafür“ sei im Büchlein kein Platz. So bewahrt das Heft sein Geheimnis. Mishazzo – von dem es einmal heißt: „Gegen was für Gesetze hat er verstoßen? Gegen alle“ – wird in dieser Erzählung zum ersten Mal näher vorgestellt, doch zugleich verschwindet er in der existenzielleren Geschichte seines Fahrers, der zu fliehen beschließt, als der brutale Price ihn mit seiner Freundin auf eine Party einlädt. Vielleicht ist es besser so: Mishazzo könnte damit zu tun haben.
  Brillante Charakterzeichnung gehört zu Ridgways großen Stärken; sie verhindert, dass „Hawthorn und Child“ wie eines jener literarischen Experimente wirkt, die sich in formalen Spielereien erschöpfen und nichts zu erzählen haben. Hier jedoch bringt jeder kleine Gag etwas Neues. Aber wie führt man eine solch absurde Geschichte zu einem Ende? Alle Erwartungen an einen klassischen Showdown gelassen ausbremsend, lässt Ridgway das diffuse Geschehen in einer Londoner Frühstücksküche enden, mit einem Disput über das richtige Rührei. Der historische Nathaniel Hawthorne, ein Schriftsteller, der ebenfalls nicht um Rätselhaftigkeiten verlegen war, hätte an Hawthorn, Child und Ridgway gewiss seine Freude gehabt.
HANS-PETER KUNISCH
        
Keith Ridgway: Hawthorn und Child. Roman. Aus dem Englischen von Jan Valk. Karl Rauch Verlag. Düsseldorf 2015. 220 Seiten, 20 Euro.
Der irische Autor ist ein
brillanter Fallensteller der
postmodernen Literatur
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