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Eine Orang-Utan-Forscherin im Dschungel Borneos - Madonna sprachlos in Paris - John le Carre und der KGB in Cornwall - Yassir Arafat und die Schokoladenprinten in Tunis - Margaret Thatcher und ihr alter Globus in London - John Malkovich auf der Burg des Marquis de Sade - Jean Seberg im Film und in Paris - Timothy Learys letzte Worte in Hollywood - Tina Turner auf der Plantage und in Monte Carlo - Vivienne Westwood untragbar in der Welt der Mode - der Dalai Lama beim Essen in Nordindien ... und Harald Schmidt, Mikis Theodorakis, Sinead O`Connor, Papa Wemba und Jane Birkin an guten Tagen.

Produktbeschreibung
Eine Orang-Utan-Forscherin im Dschungel Borneos - Madonna sprachlos in Paris - John le Carre und der KGB in Cornwall - Yassir Arafat und die Schokoladenprinten in Tunis - Margaret Thatcher und ihr alter Globus in London - John Malkovich auf der Burg des Marquis de Sade - Jean Seberg im Film und in Paris - Timothy Learys letzte Worte in Hollywood - Tina Turner auf der Plantage und in Monte Carlo - Vivienne Westwood untragbar in der Welt der Mode - der Dalai Lama beim Essen in Nordindien ... und Harald Schmidt, Mikis Theodorakis, Sinead O`Connor, Papa Wemba und Jane Birkin an guten Tagen.

Autorenporträt
Roger Willemsen, geboren 1955 in Bonn, gestorben 2016 in Wentorf bei Hamburg, arbeitete zunächst als Dozent, Übersetzer und Korrespondent aus London, ab 1991 auch als Moderator, Regisseur und Produzent fürs Fernsehen. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Bayerischen Fernsehpreis und den Adolf-Grimme-Preis in Gold, den Rinke- und den Julius-Campe-Preis, den Prix Pantheon-Sonderpreis, den Deutschen Hörbuchpreis und die Ehrengabe der Heinrich-Heine-Gesellschaft. Willemsen war Honorarprofessor für Literaturwissenschaft an der Humboldt-Universität in Berlin, Schirmherr des Afghanischen Frauenvereins und stand mit zahlreichen Soloprogrammen auf der Bühne. Zuletzt erschienen im S. Fischer Verlag seine Bestseller 'Der Knacks', 'Die Enden der Welt', 'Momentum' und 'Das Hohe Haus'. Über sein umfangreiches Werk gibt Auskunft der Band 'Der leidenschaftliche Zeitgenosse', herausgegeben von Insa Wilke.

Literaturpreise:

Rinke-Preis 2009
Julius-Campe-Preis 2011
Prix Pantheon-Sonderpreis 2012
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.02.2005

Madonnen im Portemonnaie
Melancholisch in einer ungerührten Welt: Roger Willemsens Reisen

Irgendwo im Dschungel Borneos lebt vielleicht heute noch ein Orang-Utan namens Roger. Den Namen verdankt er seinem Retter. Roger Willemsen erzählt davon in der ersten von dreizehn in einem Band versammelten Begegnungen mit "Extremisten" sehr verschiedener Provenienz und Profession. Den kleinen kranken Menschenaffen hatte er mitgenommen auf einer Reise durch den tropischen Regenwald, er verschafft ihm Zugang zu der zurückgezogen lebenden Primatenforscherin Biruté Galdikas. Monate später erhält er einen Zeitungsausschnitt, der den gesundeten "Little Roger" zeigt: "Auf dem Foto sah man in die Augen eines geretteten, aber offenbar unheilbaren Melancholikers", schließt Willemsen seinen Bericht, und man ist geneigt, hier einen Moment des Wiedererkennens zu vermuten.

Auch Big Roger begegnet uns, auf seinen Weltreisen zu den freien Radikalen unter den Zeitgenossen, zu Madonna und Margaret Thatcher, zu Dame Edna und dem Dalai Lama, als Melancholiker. Dabei spielt er noch einmal die Sprachmusik der großen Bildungsreisenden, draußen in der weiten Welt fällt ihm ein, was "Oken 1877" über den Pongo pygmaeus schreibt; in der Modeschöpferin Vivienne Westwood erkennt er "eine genaue Leserin der ,Dialektik der Aufklärung'"; und als er sich dem "Froschkopf" im "Pathologisch-Anatomischen Cabinet" der Berliner Charité nähert, zieht er Paracelsus und Joseph Vogl zu Rate. "Agent als Metapher", schießt es ihm in John le Carrés Landhaus durch den Kopf, und: "Hat nicht auch Robert Musil seinen ,Mann ohne Eigenschaften' eine Zeitlang ,Der Spion' nennen wollen?"

So begegnet der Leser in diesen Porträts dem Porträtierenden: ein souveräner Reisender zwischen Leben, Literatur und Glamour-Tratsch. Alles erscheint wie ein einziges großes Gespräch, mit den gedruckten Autoritäten der Wissenschaft wie mit den Stars des neuzeitlichen Medienbetriebs. Quincy Jones "verriet mir mal überraschend", daß Mick Jagger sein Leben lang Tina Turner sein wollte. "Als ich Eichinger auf Jean Seberg anspreche, wird er sofort weich." Eichinger wird weich, Peter Fonda aber bleibt cool, "als ich ihn später einmal nach der Szene frage" - wie Fonda nämlich der Seberg wegen Warren Beatty Prügel angedroht haben soll. Das alles ist eitel, aber nicht der Kern der Sache, sondern vielleicht bloß Ausdruck des Erstaunens, wie einer aus dem "Habitat" (ein Lieblingswort Willemsens) seiner Bücherstube so offenbar umstandslos in Gedankenaustausch mit echten Weltstars geraten kann, dem Fernsehen sei Dank. Es ist unbedingt amüsant, dem Interviewer dabei über die Schulter zu sehen, wie er Madonna in Verlegenheit bringt ("Haben Sie auch eine Botschaft an die Impotenten?"), man freut sich über funkelnde Vergleiche: "Da saß sie" - Margaret Thatcher - "streng und starr, wie einer Russenpuppe von Barbara Cartland entstiegen." Sehr komisch ist auch der Bericht von einer erotischen Bedrängnis, der sich der Tokio-Tourist in einer Hostess-Bar in Shinjuku nur entziehen kann, indem er ein Madonnenbildchen aus dem Portemonnaie zückt: "My girlfriend!".

Gern zeigt sich Willemsen den Zuschauern als Schiffbrüchiger, und bisweilen scheitert er nicht einmal grandios. Einem Melancholiker mag es nicht schwerfallen, davon zu erzählen. Denn letztlich geht es um anderes. "Dies ist die Geschichte einer Rührung", beginnt Willemsens Spurensuche im Fall der unglücklichen Jean Seberg. Harald Schmidts zeitweiliger Ausstieg aus dem Fernsehen sei von "nationaler Rührung begleitet" gewesen. Und im Gespräch mit dem bewunderten Michel Piccoli berührt er den Punkt, an dem vielleicht die Nervenbahnen dieses Buches zusammenlaufen: Der Schauspieler beklagt eine "Entwicklung von Kultur insgesamt, in der Rührung oder die Fähigkeit zu rühren immer schwächer wird". Manchmal, vor allem im Angesicht schöner Frauen, droht unseren Reisenden die Rührung auch zu übermannen: "Sie waren authentisch!" ruft er der Sängerin Sinead O'Connor zu, und in der Vergangenheitsform solch eines kühnen Satzes vibriert das begeisterte Bedauern des unrettbaren Melancholikers. Im Dschungel des Medienbetriebs ist er auf der Suche nach den letzten Rührungen der Kultur.

HOLGER NOLTZE

Roger Willemsen: "Gute Tage". Begegnungen mit Menschen und Orten. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2004. 416 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Voll des Lobs ist Rezensentin Franziska Speer für diesen Interview-Band von Roger Willemsen, der knapp ein Dutzend Gespräche mit so unterschiedlichen Prominenten wie Arafat, Thatcher, dem Dalai Lama, John Malkovich oder Madonna versammelt. Speer bescheinigt Willemsen nicht nur das Talent, die Leute zum Reden zu bringen, und eine Atmosphäre der Intimität aufzubauen. Er beherrsche auch die "Kunst des behutsamen Entblätterns", wobei er das, was er entdecke, geschickt mit biografisch Erzähltem mische. Aber das ist noch nicht alles: Speer schwärmt im weiteren von Willemsens "wacher Intellektualität", seiner "Stilsicherheit im Auftreten" und seiner Empathie für sein Gegenüber. Zudem lassen Willemsens Fragen nach Ansicht Speers über die bloße Neugier hinaus ein "echtes Interesse" für das äußere und das innere Leben der Befragten vermuten. Klar, dass er dabei nicht immer nur Neues zu Tage fördern konnte. "Manches", so die Rezensentin resümierend, "ahnten wir schon, vieles wussten wir, einiges ist neu, in kompakter Form, elegant geschrieben, handwerklich solide, mit gebildeten Kommentaren."

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