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Produktdetails
  • Beck'sche Reihe
  • Verlag: Beck
  • 2. Aufl.
  • Seitenzahl: 261
  • Abmessung: 180mm
  • Gewicht: 261g
  • ISBN-13: 9783406420306
  • ISBN-10: 3406420303
  • Artikelnr.: 07020996
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.03.1998

Spiele ohne Brot?
Ein Sammelband über Grundprobleme der Entwicklungsregionen

Peter J. Opitz (Herausgeber): Grundprobleme der Entwicklungsregionen. Der Süden an der Schwelle zum 21. Jahrhundert. Beck'sche Reihe 1230. Verlag C. H. Beck, München 1997. 262 Seiten, 24,- Mark.

Leser dieses Sammelbandes brauchen gute Nerven oder ein sonniges Gemüt; am besten beides. Denn die "Entwicklungsregionen", von deren Nöten die dreizehn Aufsätze handeln, strafen ihren Namen Lügen: Viel entwickelt sich dort nicht - wenigstens nicht zum Guten. Krieg, Krankheit und Tod scheinen die größten Wachstumsbranchen des Südens zu sein. Das düsterste Bild zeichnet der Herausgeber selbst. 40 bis 50 Millionen Menschen, schätzt Peter Opitz, befinden sich weltweit auf der Flucht. Zahllose andere suchen Glück und Arbeit in der Fremde. Der Münchener Politologe führt fünf Ursachen dieser Völkerwanderung an. Erstens gebe es seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges mehr Waffengänge und Aufstände als je zuvor, die meisten auf der Südhalbkugel der Erde. Zweitens hätten die Staaten dort besondere Schwierigkeiten beim Aufbau tragfähiger Volkswirtschaften. Schuld daran seien etwa das Fehlen einer dynamischen Unternehmerschicht und unfähige Eliten, allzu leichtfertig aufgenommene Kredite, aufgeblähte Staatsapparate, Korruption und exzessive Militärausgaben. Als weiteren Grund nennt Opitz die Bevölkerungsexplosion. Allein 1997 wuchs die Menschheit um 79 Millionen, jede Minute um 152 Personen.

Weil mehr Menschen mehr essen, wächst der Bedarf an Weide- und Ackerland. Umweltschäden sind die Folge. In ihnen erblickt Opitz ein viertes Motiv für die Massenemigrationen. Nach UN-Schätzungen haben sich allein in den achtziger Jahren eineinhalb Milliarden Hektar fruchtbaren Bodens in Wüste verwandelt. Darüber hinaus gelten die Siedlungsgebiete von 125 Millionen Menschen als unmittelbar gefährdet. Mit den Feldern verdorren die althergebrachten Sitten und Werte vieler Gesellschaften der Dritten Welt. Millionen junger Menschen fliehen nicht nur vor Armut und Arbeitslosigkeit, sondern auch vor traditionellen Lebensstilen, Sozialstrukturen und Hierarchien. Nirgendwo gibt es Aussicht auf Besserung.

Rainer Münz und Ralf Ulrich von der Berliner Humboldt-Universität geben die Hoffnung nicht auf. Sie verweisen in ihrem Beitrag auf das verlangsamte Wachstum der Weltbevölkerung. Die beiden Wissenschaftler bauen auf verbesserte Programme zur Familienplanung. Gleichzeitig erinnern sie aber daran, daß momentan nur rund ein Prozent der Entwicklungshilfe für Verhütungsmittel und Beratungen verwandt werde - zuwenig, um den Anstieg wirkungsvoll aufzuhalten. Einen Umschwung könne man frühestens in fünfzig Jahren erwarten.

Bis dahin wächst die Menschheit weiter, besonders in den Städten wie São Paulo, Mexiko oder Kalkutta. Im Jahr 2025 wird nur noch ein Drittel der dann auf über acht Milliarden angestiegenen Weltbevölkerung auf dem Land leben, schreibt Rüdiger Korff. Die Urbanisierung birgt jedoch auch Chancen, glaubt der Bielefelder Soziologe. Immerhin hätten sich die Armenviertel der Megametropolen noch nicht vollends zum Dschungel gewandelt. In den Slums und Ghettos wuchere nicht nur die Kriminalität, es gediehen auch Blüten der Kooperation. Nachbarschaftshilfe müsse oft staatlichen Beistand ersetzen, "sei es um Arbeit zu finden, eine Hütte zu bauen, Geld zu leihen oder Feste zu feiern". Davon freilich wird keiner satt. DOMINIK GEPPERT

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