32,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
  • Buch mit Leinen-Einband

Die »Gesammelte Schriften« spiegeln den Werdegang des Architekten Ludwig Mies van der Rohe in seinen poetischen und philosophischen Reflexionen zu Architektur und Formdenken wieder. Herausgegeben werden sämtliche zu Lebzeiten veröffentlichte Schriften, Interviews, Redemanuskripte und Manifeste. Ergänzt wird der Band durch ausgewählte bisher unveröffentlichtes Materialien aus dem Nachlass, sowie ein editorisches Nachwort und aussagekräftige Abbildungen.

Produktbeschreibung
Die »Gesammelte Schriften« spiegeln den Werdegang des Architekten Ludwig Mies van der Rohe in seinen poetischen und philosophischen Reflexionen zu Architektur und Formdenken wieder. Herausgegeben werden sämtliche zu Lebzeiten veröffentlichte Schriften, Interviews, Redemanuskripte und Manifeste. Ergänzt wird der Band durch ausgewählte bisher unveröffentlichtes Materialien aus dem Nachlass, sowie ein editorisches Nachwort und aussagekräftige Abbildungen.
Autorenporträt
Ludwig Mies van der Rohe wurde 1886 in Aachen geboren und lehrte unter anderem am Bauhaus. 1938 wurde er gezwungen, in die Vereinigten Staaten zu emigrieren, wo er 1969 starb. Er gilt als Architekt bedeutender kulturgeschichtlicher Bauten und als einer der wichtigsten Architekten der Moderne.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.11.2023

Architektur ist kein Cocktail
Symbol unserer Zeit: Ein Band versammelt Aufsätze Mies van der Rohes aus den Jahren 1922 bis 1969

Streng sind seine Bauten, karg seine Sprache, scharf geschnitten seine Theorie. Mies van der Rohe, der Architekt der Villa Tugendhat, des Barcelona Pavillons, der Neuen Nationalgalerie und vieler weiterer architektonischer Embleme der Moderne hat allerdings anders als etwa sein Zeitgenosse Le Corbusier keine programmatischen Bücher hinterlassen, sondern nur eine Fülle von kurzen und eher okkasionellen Texten: Dankesworte, Interviews, Vorträge und wenige Seiten lange Aufsätze. Der Merve Verlag hat die zu Lebzeiten verfügbaren mündlichen wie schriftlichen Stellungnahmen von Mies van der Rohe erstmals gesammelt und in einer kompakten Edition verfügbar gemacht.

Es ist dezidiert eine Sammlung von Texten und nicht etwa visuellen Entwürfen oder Skizzen. Obwohl sie von 1922 bis 1969 reichen, teilen sie ähnliche Überzeugungen wie auch den Hang zum deklaratorischen Ton des Manifests. Bereits 1924 formuliert Mies van der Rohe eine These, auf die er in verschiedenen Varianten immer wieder zurückkommen wird: "Baukunst ist immer raumgefasster Zeitwille, nichts anderes."

Aus dieser Formel leitet er dann ab, dass eine gelungene und wahrhaft zeitgemäße Architektur "Symbol unserer Zeit" oder "die innere Struktur unserer Epoche" ist. In einem gelungenen Gebäude durchschreitet man den Raum der Epoche, in der es entstanden ist. Das führt Mies van der Rohe in Vorträgen anhand einiger eigener Gebäude, aber auch von solchen der Geschichte schön vor Augen. Diese Setzung bedeutet aber zugleich, dass die Architektur, die er durchweg lieber Baukunst nennt, konsequent auf die Gegenwart bezogen ist und in Gestalt einer Art reaktiven Avantgarde immer am Rand einer Zeitenwende steht, die er dementsprechend 1928, aber auch noch 1960 beobachtet.

Jene der Totalitarismen, die von anderen Theorien programmatisch konstatiert wird, bleibt hingegen unerwähnt. Die Geschichte der letzten Tage des Bauhauses, bei der auch der NS-Propagandist Alfred Rosenberg nicht fehlen darf, wird so etwa in durchaus selbstheroisierender Form gleich mehrfach erzählt, ohne aus ihr einen politischen Imperativ abzuleiten. Mies ist es wichtiger zu berichten, dass er Rosenberg, der bei ihrer Begegnung auf sein Architektendiplom aus Riga hinwies, vorgeschlagen habe, seinen "schäbigen Schreibtisch" aus dem Fenster zu werfen und durch einen neuen funktionalen zu ersetzen.

Diese eher anekdotische Erinnerung ist zugleich eine der wenigen narrativen Passagen der Texte, die ansonsten abstraktere Gestaltungsprinzipien der Baukunst im Blick haben. Diese werden auf eigentümliche und zugleich programmatische Weise von den historischen Verwerfungen abgekoppelt. Auch Rosenberg gegenüber habe er betont, dass es dem Bauhaus "nicht um Politik oder dergleichen" gehe, sondern um die Technik. Diese sei gänzlich unabhängig und folge "eigenen Gesetzen".

Mies van der Rohe meint mit der Technik eine neutrale Zone inmitten der Ideologien, von denen in seinen Texten nicht die Rede ist, erreicht zu haben und nutzt sie dann auch zur Ableitung der ethischen und ästhetischen Prinzipien der Baukunst. Diese solle der Rationalität und Zweckmäßigkeit folgen, die durch die Technik gesetzt sind. Sein theoretischer Lehnsherr ist dabei durchaus überraschend: Auch wenn er die Tradition als mögliches Vorbild mit Verve über Bord wirft, beruft sich Mies mehrfach auf Thomas von Aquin, wenn es darum geht, eine Art Ästhetik und auch Ethik der Baukunst zu formulieren. "Durch nichts wird Ziel und Sinn unserer Arbeit mehr erschlossen", heißt es etwa 1938, "als durch das tiefe Wort des Thomas von Aquin: Das Schoene ist der Glanz des Wahren."

Architektur ist aber nur dann schön und wahr, wenn sie einfach, präzise und funktional ist. Dann ist sie zugleich, erneut mit dem Aquinaten gesprochen, eine "Adaequatio intellectus et rei", "Sinngehalt eines Sachgehalts". Architektur hat klar zu sein, sie ist, so die schöne Formulierung, "kein Cocktail". Das aber hat den Preis einer selbst verordneten Neutralität. Das besondere kulturhistorische und auch politische Interesse dieser Texte besteht nicht zuletzt darin, das jahrzehntelange Ringen der Architekturtheorie um ideologische, politische, aber auch ökonomische und höchst praktische Unabhängigkeit mitzuverfolgen. Die Vision der "neuen Schönheit" hat ihren Preis. BERND STIEGLER

Ludwig Mies van der Rohe: "Gesammelte Schriften".

Aus dem Englischen von Axel Walter.

Merve Verlag, Berlin 2022. 392 S., Abb., geb., 32,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Anders als Le Corbusier hat Mies van der Rohe nur kurze Texte hinterlassen, weiß Rezensent Bernd Stiegler, der die hier erstmals versammelten Dankesworte, Interviews und Aufsätze aus den Jahren 1922 bis 1969 mit Interesse liest. In den Texten schreitet der Kritiker mit dem Architekten anhand eigenen und historischen Gebäuden durch die Epochen, denn laut van der Rohe ist gelungene Architektur immer die "innere Struktur unserer Epoche". Van der Rohe geht es eher um Technik - die Ideologien, die Totalitarismen seiner Zeit spricht er indes nicht an, so Stiegler. Architektur sei dann schön und wahr, wenn sie "einfach, präzise und funktional" ist, liest der Rezensent, der in van der Rohe unschwer einen Aquinaten erkennt.

© Perlentaucher Medien GmbH