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Haarsträubende wahre Begebenheiten wechseln sich in diesem Band ab mit komisch-kühnen Gedankenspielen. So ist der David, der eben noch als Putzmann im Appartement des Sesamstraße-Texters die Emmy-Trophäen abgestaubt hat, im nächsten Moment Don, der Kleine-Mann-von-der-Straße, der Hollywood im Sturm nimmt. Es erwarten Sie sechzehn komische, schräge und melancholische Geschichten vom Autor des Bestsellers "Nackt".

Produktbeschreibung
Haarsträubende wahre Begebenheiten wechseln sich in diesem Band ab mit komisch-kühnen Gedankenspielen. So ist der David, der eben noch als Putzmann im Appartement des Sesamstraße-Texters die Emmy-Trophäen abgestaubt hat, im nächsten Moment Don, der Kleine-Mann-von-der-Straße, der Hollywood im Sturm nimmt. Es erwarten Sie sechzehn komische, schräge und melancholische Geschichten vom Autor des Bestsellers "Nackt".
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.11.2000

Literatur
Verrückte Welt
„Fuselfieber”: 16 Tröstliche
Geschichten von David Sedaris
Bekannt geworden ist David Sedaris mit Nackt, einem vorgeblichen Roman in Geschichten. Den Sprachwitz und den Sarkasmus, die Selbstironie, die er dort nach kurzer Zeit einem dünnen Entwicklungsfaden und der Treue zu seiner Hauptfigur opferte, sind eben jene Ingredienzen, die dem Leser im jetzt auf deutsch erschienenen Band „Fuselfieber” (Haffmans Verlag, Zürich 2000; 318 Seiten, 39 Mark ) von der ersten bis zur letzten Seite Vergnügen bereiten. Sedaris’ Stärke liegt in der kleinen Form, in satirischen Alltagsbeobachtungen, in Kurzgeschichten, deren Skala vom Klamauk bis zu Melancholie reicht; Harry Rowohlt hat auch das wieder mit vielen Zwischentönen ins Deutsche übersetzt.
Die Art etwa, wie Sedaris das Seelenleben einer Studentin minutiös beschreibt, ist weit mehr als boshaftes Sezieren der intellektuellen Arroganz einer spätpubertierenden Einzelgängerin. Deren Verehrung für einen der Hermetik frönenden Schriftsteller, den sie selbstredend als Einzige wirklich zu verstehen imstande ist, ihre hilflosen Versuche, nach einer Lesung Kontakt zu ihm aufzunehmen, allerdings ohne sich dabei mit seinen restlichen Jüngern konfrontiert finden zu müssen, sind ehrlich und traurig zugleich. Es rührt der unbewusste Versuch, sich in einer Massengesellschaft als Individuum zu behaupten und über die eigenen Fehlbarkeiten hinwegzutäuschen – ein aussichtsloses Unterfangen.
Was diese sechzehn Geschichten eint, ist Unverfrorenheit und Selbstbewusstsein. Sedaris’ als Ich-Erzähler auftretende Figuren schreiben heimlich schmutzige Geschichten („Mein Manuskript”), jobben verkleidet zur Weihnachtszeit in den Kaufhäusern New Yorks („Die Weihnachtsland-Tagebücher”) oder kämpfen im Zusammenleben mit der Mutter um mehr Autonomie („Wir kommen zurecht”). Und alle, die den Zweifel kennen, werden sie lieben – als Trost für den Alltag in einer immer verrückteren Welt.
maku
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.12.2000

Nackt nach nackt
David Sedaris' neue Geschichten · Von Volker Breidecker

Früher schrieben Autoren für Leser, heute schreiben sie für Lesungen vor einem gut aufgelegten Publikum. Bei einer literarischen Lesenacht in der rheinischen Provinz mit sechs Stars und Sternchen aus fünf literarischen Gattungen befragte Roger Willemsen kürzlich den schreibenden Kollegen Klaus Modick nach der Rezeptur seiner Lachfänger: Wie schaffe er es bloß, mit seinen vorfabrizierten Lesewerken die gleichen öffentlichen Lachwirkungen zu erzielen wie ein von Ein- und Ausschaltquoten geplagter Moderator Rogerischen Geblüts? Zur Freude seines Gegenübers antwortete Modick unter Hinweis auf das Leitmedium, das seine Generation von Jugend an begleitet hatte: Um das Publikum bei einer Lesung zum Lachen zu bewegen, genüge die Verwendung vertrauter Stoffe und Figuren aus der Welt des Fernsehens. Allein die Nennung des Namens Heinz Maegerlein verbürge Lacherfolge ohnegleichen. Da schmunzelte Roger Willemsen, war geschmeichelt sowie von der literarischen Strahlkraft und Anschlußfähigkeit seiner eigenen performativen Sprechakte überzeugt.

Bei so viel Tuchfühlung könnte man auch fragen: Warum läßt Modick nicht gleich einen schrillen Ich-Erzähler auftreten, der im intimen Verkehr mit seinem prominenten Gegenüber - warum nicht Roger Willemsen, warum nicht Verona Feldbusch? - vor lauter Leidenschaft beispielsweise dessen künstliches Gebiß verschluckt? Solche Scherze im literarischen Umgang auch mit lebenden V.I.P.s vom Schlage des Boxchampions Mike Tyson, dem es tatsächlich so ergeht, oder des Rocksängers Bruce Springsteen, der darüber vor Eifersucht vergeht, gehören zu den Spezialitäten des amerikanischen Erzählers David Sedaris. Der gebürtige New Yorker des Jahrgangs 1956 war aufgewachsen in einer mittelgroßen Provinzstadt im Staate North Carolina, wo jene mentale Mitte Amerikas zu Hause ist, um die er seine Figuren plaziert. Über verschiedene, als Jobs getarnte Feldforschungsoperationen - zuletzt als Weihnachtszwerg im New Yorker Kaufhaus Macy's - gelangte der ehemalige Kunststudent in die Morgensendungen des National Public Radio, von wo aus er seine Erzählungen und Berichte in den Äther schickte.

Nach der Devise: "Haarsträubend, aber wahr", schöpft Sedaris sein Material aus den äußersten Bezirken des Komischen, die man gemeinhin Leben nennt oder dem Leben zweifellos zutrauen würde. Als Berichterstatter ist er mimischer Virtuose, der das Geschnatter, Geplärre und Gekreische vorzugsweise dort belauscht, wo es zur verbindlichen und vorbildlichen medialen Form gefunden hat, der er im Gegenzug die eigene Stimme verleiht. Den alltäglichen Amateuren und Nachäffern des zoologischen Betriebs hält er ebenso das Mikrofon vor die Lippen wie den professionellen Matadoren des öffentlichen Austauschs von Intimitäten, oder er legt rasch den Scanner darüber. Wie aus einer Black Box zaubert Sedaris seine kleinen Verhaltensstudien und ohrenbetäubenden Wortprotokolle hervor.

"Der Witz", schrieb Jean Paul, "ist der verkleidete Priester, der jedes Paar traut." Manchmal verkleidet er sich als Verleger. Unter dem Dach des Zürcher Haffmans Verlags fanden Sedaris und sein deutscher Übersetzer Harry Rowohlt erst im vorvergangenen Frühjahr zusammen. Im Mai 1999 feierte das Paar seinen Honeymoon und tingelte durch die deutschen Lande. Hinter dem Vehikel, dem Bestseller "Nackt", aus dem das Duo im zweisprachigen Wechselspiel las, schepperten zwar keine Blechbüchsen, doch auf zwei CDs, die das Ereignis live aus der Spielstätte des Berliner "Tränenpalasts" festhalten, sind das Klirren der Gläser und die Wirkungen des Zerrens an den Lachmuskeln des Publikums zu hören.

Dann, zur stilleren Saison, betätigte sich der Verlag als Weihnachtsmann und legte unter dem Titel "Holidays on Ice" eine Handvoll verdrehter Geschichten nach. Und jetzt hat es schon wieder geklingelt, denn unter neuer Verpackung finden sich zwei der früheren Geschichten - nicht einmal die kürzesten und die besten - in dem Band "Fuselfieber" wieder. Demnächst wird der Weihnachtsmann wohl nackt vor der Tür stehen, um seine gute, neue Mär zu bringen. Wie in einem von Sedaris' Stücken - dem mit der Überschrift "Musik für Liebende" beispielsweise - müßten sich die Beschenkten mit einer zerkratzten Schallplatte begnügen und sich etwas betreten einander fragen: "Haben wir das nicht schon mal gehört?"

Das gilt auch für jenen Satz, den der Verlag auf den Einband von "Fuselfieber" druckte: "Sechzehn neue Geschichten vom Autor des Romans in autobiographischen Geschichten Nackt." Sämtliche Stücke gehen auf Sedaris' voreheliches Jungfernwerk "Barrel Fever" aus dem Jahr 1994 zurück. Was ist von einer Ehe zu halten, in deren Stammbuch das Vorleben des einen Partners unter dem Druck der neuen Familienverhältnisse retuschiert wird? Das Buch, dessen amerikanische Originalausgabe im Zweireiher von Stories and Essays daherkam, mußte sich vor der Einfahrt in den Ehehafen in die Umkleidekabine begeben und sich kurze Hosen anlegen lassen. Der hiesige Konfektionär hat die ursprüngliche Reihenfolge der Stücke geändert.

Dabei hätte alles mit einer wundervollen Paradenummer beginnen können, die "Parade" heißt und programmatisch für Sedaris' Erzählweise steht, für seine schräge Audio- und Videoperspektive auf die geschwätzige, hysterische und exhibitionistische Medienwelt, von der die meisten Geschichten und Berichte - bis hin zu einer Parodie auf den Kult der Autorenlesungen - handeln. Verzappte Abende vor der Glotze und feuchte Nasenabdrücke an den Schaufenstern der Buchhandlungen gehen in Erfüllung, wenn der Erzähler als ein plärrendes Ich einsetzt, das sich therapeutische Sorgen um die Liebesökonomie der übrigen Gattung macht: "I was on ,Oprah' a while ago, talking about how I used to love too much. Did you see it? The other guests were men who continue to love too much."

Dazu muß man sich eine Stimme vorstellen, die ein Minimum an Sendezeit mit einem Maximum an rhythmischer Beschleunigung und sprachlicher Verknappung verbindet. Im Deutschen hört sich das leider etwas spröde, weitschweifig und papieren an: "Vor einiger Zeit war ich bei Oprah in ihrer Talkshow und sprach darüber, wie ich zu sehr geliebt habe. Haben Sie's gesehen? Die anderen Gäste waren Männer, die immer noch zu sehr lieben. Diese Männer machten durch, was ich selbst durchgemacht hatte, und sie taten mir leid. Ich war der Gast, der es vom Zu-sehr-Lieben zum Zu-sehr-geliebt-Werden geschafft hatte. Jeder liebt mich." Und wenn gleich danach das freimütige Selbstlob auf die eigene Unbekümmertheit folgt: "I don't say this casually; I'm just pointing out my qualification", so wird daraus in der Übersetzung - als sei man bei Sabine Christiansen oder einer honorigen NDR3-Talkshow gelandet - eine beinahe beleidigt klingende Umständlichkeit: "Ich sage das nicht so lässig dahin; ich will nur andeuten, daß ich weiß, wovon ich spreche."

Die fiktiven Selbsterklärungen eines manisch parlierenden Ichs, das in fast allen Geschichten die aufdringliche Zwiesprache und umgehende Gefühlsverbindungen mit möglichst vielen seiner Artgenossen sucht, schwellen bei Sedaris zu einem Stakkato an, wogegen der Übersetzer die kauzigen Wirkungen sprachlicher Bremsklötze favorisiert, weshalb er "Santa Santa" zum "Weihnachtsmannweihnachtsmann" macht. Zwei völlig verschiedene Stimmlagen begegnen sich, ohne wirklich zusammenzufinden. Gegenüber dem fahrigen, zartbitteren Ton des Originals kommt die Übersetzung breitbeinig und gemächlich, wortverspielt und markig daher, und sie schmeckt ein wenig nach Erbsensuppe statt nach Cheetos, Sweet Potatoes und Marsh Mallows. Wo immer Sedaris sich von seinen schrägsten und komischsten Seiten zeigt, da muß der sonore Harry Rowohlt es wie ein charmanter Hans Joachim Kulenkampf, der etwa einen Woody Allen dolmetschen wollte, bei bodenständigem Humor, bei schrulligen Wortbildungen und ausgedehnten Wortzusammensetzungen belassen, worauf er sich zweifellos meisterhaft versteht. Aus "people" werden "Leutchen", "old queens" können gut als "alte Tucken" gehen, die Firma "U.S. Pipe & Boiler" wird in "U.S. Röhren-& Kesselbau", "Cut Throat's" in "Rudi's Resterampe" umbenannt und "a fun girl" kann als "eine echte Süßmaus" durchgehen. Von einer poetologischen Selbstanweisung des Erzählers wie "to make a long story short" bleibt nur ein schnoddriges "kurz und gut" übrig. Doch wer wollte es Harry Rowohlt verübeln, wenn er bei seiner mühevollen Tätigkeit gerne den Freihafen aufsucht? Ist doch der Übersetzer, der traduttore, wie die Italiener sagen, leicht mit dem traditore zu verwechseln, dem Verräter, dem Ehebrecher.

David Sedaris: "Fuselfieber". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Harry Rowohlt. Haffmans Verlag, Zürich 2000. 318 S., geb., 39 Mark.

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Die Behauptung des Verlages, dies seien neue Erzählungen des mit dem autobiografischen Werk "Nackt" bekannt gewordenen Autors, ist eine bewusste Täuschung, moniert der Rezensent Manfred Papst. Vielmehr sei dies Sedaris` Erstling - und zwar ein "fulminanter". Das Milieu ähnle stark dem aus "Nackt" bekannten, die Erzählperspektiven aber, so Papst, sind hier raffinierter, insbesondere im Einsatz von" Rollenprosa". Der Wildheit des Beobachteten stehe die Sensibilität des Beobachters gegenüber. Und dieser wiederum die absolute politische Inkorrektheit der Beobachtungen, die dazu führt, dass man, der Rezensent wenigstens, "dauernd lachen" muss, "obwohl man eigentlich nicht dürfte".

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