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Edgar N. Johnson, Professor für europäische Geschichte an der University of Nebraska, kam Anfang März 1946 in die Viermächtestadt Berlin, um wichtige Aufgaben für die amerikanische Militärregierung zu übernehmen. Von General Lucius D. Clay, dem stellvertretenden Militärgouverneur, zum Special Assistant ernannt, wurde er gleichzeitig als politischer Berater des amerikanischen Stadtkommandanten von Berlin eingesetzt. Über seine fünf Monate in der alten Reichshauptstadt, seine Begegnungen mit besatzungspolitischen Akteuren und deutschen Persönlichkeiten aus Politik und Kultur, seine…mehr

Produktbeschreibung
Edgar N. Johnson, Professor für europäische Geschichte an der University of Nebraska, kam Anfang März 1946 in die Viermächtestadt Berlin, um wichtige Aufgaben für die amerikanische Militärregierung zu übernehmen. Von General Lucius D. Clay, dem stellvertretenden Militärgouverneur, zum Special Assistant ernannt, wurde er gleichzeitig als politischer Berater des amerikanischen Stadtkommandanten von Berlin eingesetzt. Über seine fünf Monate in der alten Reichshauptstadt, seine Begegnungen mit besatzungspolitischen Akteuren und deutschen Persönlichkeiten aus Politik und Kultur, seine Beobachtungen, Gedanken und Einsichten geben die Briefe an Ehefrau Emily und ein von ihm nach seinem Deutschlandaufenthalt verfasster Bericht detailliert Auskunft. Diese Aufzeichnungen eröffnen uns ein vielschichtiges Panorama von Besatzungsalltag und politischem Wiederaufbau in Berlin 1946.
Autorenporträt
Werner Breunig, geb. 1956, Dr. phil., wissenschaftlicher Mitarbeiter des Landesarchivs Berlin, Mitherausgeber und Redakteur von „Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin“, Veröffentlichungen vor allem zur Geschichte Berlins.

Jürgen Wetzel, geb. 1938, Dr. phil., 1991–2003 Direktor des Landesarchivs Berlin, 1992–2003 Herausgeber des Jahrbuchs und der Schriftenreihe des Landesarchivs Berlin sowie Mitherausgeber des Jahrbuchs des Vereins für die Geschichte Berlins, Veröffentlichungen vor allem zur Geschichte Berlins.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.05.2015

Vom Brennpunkt der Welt
Briefe von Edgar N. Johnson über Berlin im Jahr 1946

Die "Potsdamer Konferenz" lag ein Jahr zurück, bis zur "Berliner Blockade" sollte es noch zwei Jahre dauern - und doch sah Edgar Johnson bereits eine globale "Auseinandersetzung zwischen Ost und West" heraufziehen. Wohlgemerkt: Noch war es bis zur offenen Konfrontation eine Weile hin - Johnson aber meinte längst, dass sich Berlin zu einem "Brennpunkte der Welt" entwickeln würde. Wer also war dieser Mann, der bereits im Herbst 1946 eine solch hellsichtige Prognose aufstellte?

Edgar Nathaniel Johnson wurde 1901 in Chicago geboren und 1931 promoviert mit einer Dissertation, die ihn in den Folgejahren schwerpunktmäßig beschäftigen sollte: Deutschland und die Deutschen. Bereits 1932 erfolgte die Berufung zum Professor für Europäische Geschichte. 1943 wurde der Deutschland-Kenner vom Nachrichtendienst des amerikanischen Kriegsministeriums verpflichtet und mit Studien zur Feindaufklärung und Besatzungsplanung in Mitteleuropa betraut. Zweieinhalb Jahre später, im Februar 1946, kam er beim OMGUS unter, dem Office of Military Government for Germany (US). Für knapp fünf Monate stand er nun in Diensten der amerikanischen Militärregierung in Deutschland, die ihn zum Berater des amerikanischen Stadtkommandanten von Berlin berief.

In dieser Zeit, von März bis August 1946, entstanden Aufzeichnungen, die seine Erlebnisse für eine spätere Auswertung konservieren sollten. Zumeist in Briefform verfasst und an seine Ehefrau adressiert, beschrieb Johnson seine Eindrücke und Empfindungen, in denen sich Persönliches und Politisches vermischen. Herausgekommen ist eine mehr oder minder selektive Schau auf "Fünf Monate in Berlin", die nunmehr in einem mit äußerster Sorgfalt editierten und mit größter Akribie kommentierten Band nachzulesen ist. Tatsächlich lassen die Herausgeber keinen Leserwunsch unerfüllt; sogar eine 50-seitige Zusammenstellung von Hintergrundinformationen, Überlieferungsgeschichte und Biographie findet sich in dem Buch, ergänzt von einem 60-seitigen Anhang mit Bildern.

Für den Dokumenten-Teil selbst müssen die Herausgeber gewissermaßen Abstriche machen: Wie sie einräumen, sei bereits "weitgehend bekannt", was in den 83 Dokumenten über die politische Entwicklung Berlins berichtet wird. Tatsächlich bezieht der Band seinen Erkenntnisgewinn vor allem aus Johnsons subjektiver Dokumentation von Stimmungen und Urteilen. So liest man etwa - mit einiger Überraschung - über Walter Ulbricht, dass der "Kommunistenführer", der "verzweifelt wie Lenin auszusehen versucht", nicht nur ein "skrupelloser", sondern gar ein "cleverer Demagoge" sei. Demgegenüber machte "ein Dr. Schumacher" offenbar weniger Eindruck auf Johnson - umso mehr wollte er dessen Sozialdemokraten unterstützen, weil diese Leute für das westliche Demokratiemodell einstünden.

An solchen Stellen wird Interessantes zu Relevantem, jedenfalls verdient Beachtung, was Johnson an politischen Binnenansichten überliefert, etwa zur Zwangsvereinigung von KPD und SPD, zur ersten Kommunalwahl im Nachkriegs-Berlin oder der Ausarbeitung einer Berliner Verfassung, an der er direkt beteiligt war. Auch und gerade jene Kritik ist von Bedeutung, in der er eine von allerlei Ignoranz geprägte Besatzungspolitik beklagt oder eine grundsätzliche Perspektivlosigkeit der amerikanischen Neutralitätsstrategie beanstandet. Die Vereinigten Staaten müssten jedenfalls "einen noch besseren Job in Deutschland" machen, um einen "positiven Beitrag zur Befriedung Europas und der Welt" zu leisten, urteilt Johnson - der allerdings einen umfassenden, systematischen Entwurf seines Konzeptes schuldig bleibt.

Gewiss, Tagebuchbriefe bieten sich kaum als Instrument für eine schärfere Analyse von Strukturen, Prozessen und Personen an. Doch solche Ausführungen hätte man gern gelesen von einem Historiker, Deutschland-Experten und Geheimdienstanalysten, der sich dem explizit benannten Ziel verbunden fühlte: "winning the peace".

LARS LÜDICKE

Werner Breunig/Jürgen Wetzel (Herausgeber): Fünf Monate in Berlin. Briefe von Edgar N. Johnson aus dem Jahre 1946. Verlag De Gruyter Oldenbourg, München 2014. 458 S., 39,95 [Euro].

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