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Als der Institutsleiter Professor Krautmann plötzlich verschwindet, muss Georg Grissmann seine Hoffnung auf eine Karriere als Heimatforscher begraben.Eines Nachts sucht ihn ein Privatdetektiv auf und teilt ihm mit, dass der Milliardär William Grissmann in Amerika im Sterben liegt. Da er ohne direkte Erben ist, hat er verfügt, derjenige Grissmann soll ihn beerben, der zuerst bei ihm eintrifft. Georg ist als Erster am Sterbebett und erbt das ungeheure Vermögen.Als er zufällig Krautmann wiedertrifft, versucht er, mithilfe seines Reichtums die Zeit zurückzudrehen.

Produktbeschreibung
Als der Institutsleiter Professor Krautmann plötzlich verschwindet, muss Georg Grissmann seine Hoffnung auf eine Karriere als Heimatforscher begraben.Eines Nachts sucht ihn ein Privatdetektiv auf und teilt ihm mit, dass der Milliardär William Grissmann in Amerika im Sterben liegt. Da er ohne direkte Erben ist, hat er verfügt, derjenige Grissmann soll ihn beerben, der zuerst bei ihm eintrifft. Georg ist als Erster am Sterbebett und erbt das ungeheure Vermögen.Als er zufällig Krautmann wiedertrifft, versucht er, mithilfe seines Reichtums die Zeit zurückzudrehen.
Autorenporträt
Wolf Christian Schröder wurde in Bremen geboren. Kindheit und Jugend verbrachte er in Kiel und Tübingen, später in England. Danach Studium der Slawistik an der Freien Universität Berlin. Dramenübersetzungen aus dem Russischen und Englischen. Erster Roman: Dronte, eine Geschichte aus der Freizeit. Schreiben eigener Bühnenstücke, Auftrag für das Hamburger Schauspielhaus. Weitere Stücke in Hamburg, Hannover, Münster, Aachen und Konstanz uraufgeführt. Libretto zum Musical Die Liebe im Ballhaus Ost, Berlin. Performance im Literaturhaus Berlin zur Romanvorstellung Harthaus. Zuletzt erschien 2020 bei PalmArtPress sein Roman Die Weissweintrinker. Alfred-Döblin-Stipendium; Arbeitsstipendium Künstlerhaus Villa Waldberta, Starnberger See.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.11.2022

Leichter Menschenaffengeruch
Nicht von schlechten Eltern: Wolf Christian Schröders Roman "Fünf Minuten vor Erschaffung der Welt" zitiert Kafka und Hölderlin und erinnert an Robert Walser

Der von Kafka bewunderte Robert Walser hat einen Nachfolger gefunden. Ob Wolf Christian Schröder auch ein würdiger Nachfolger des literarischen Geheimtipps und Schweizer Sonderlings ist, muss sich erst noch zeigen, aber dafür spricht, dass "Fünf Minuten vor Erschaffung der Welt", soeben erschienen in der Berliner PalmArtPress, dieselben Stärken und Schwächen hat wie Robert Walsers Romane, etwa "Geschwister Tanner" oder "Jakob von Gunten": eine an den Haaren herbeigezogene hanebüchene Handlung, die jedem Realismus Hohn spricht, ein sich selbst bemitleidender Held, der nicht weiß, was er will, und sich, wenn überhaupt, falsch entscheidet. Dazu ein redundanter Stil, der Gefühle und Gedanken plattwalzt bis zum Gehtnichtmehr, aber trotzdem oder gerade deshalb einen Sog erzeugt, dessen hypnotischer Wirkung das Publikum gern erliegt.

Worum geht es? "Fünf Minuten vor Erschaffung der Welt" ist ein modernes Märchen, nein: eine postmoderne Version der Parabel von "Hans im Glück", der einen Goldklumpen eintauscht gegen ein Pferd, eine Kuh, eine Gans und zuletzt nur noch einen Schleifstein besitzt, der in den Brunnen fällt.

Schröder hat außer Romanen auch Film- und Theatertexte publiziert und Stücke von Tschechow und Tom Stoppard übersetzt. Ähnlich wie Karl Rossmann in Kafkas "Der Verschollene" hat sein Romanheld einen Millionärsonkel in Amerika, der demjenigen Verwandten, der als Erster am Sterbebett eintreffen wird, sein schier unbegrenztes Vermögen vererben will. Georg Grissmann, Volkskundler, Heimatforscher und Sammler von Kinderversen, machte sich aus Tübingen auf den Weg und gewann den Wettlauf gegen seine Rivalin, eine junge Frau mit Sohn im Elvis-Kostüm. Fortan lässt Grissmann allerdings nichts unversucht, um den Reichtum wieder loszuwerden und zurückzufinden in sein von Armut bestimmtes früheres Leben. Was ihm nur unvollkommen gelingt.

Nach Tübingen zurückgekehrt, rettet er ein kleines Mädchen vor dem Ertrinken, wird ohne sein Zutun zum Bürgermeister gewählt und entzieht sich dem Rummel um seine Person durch abermalige Flucht in die Neue Welt. In Schröders Roman kommt alles zwei- oder dreimal vor: Es gibt zwei Grissmann'sche Häuser, eines in Tübingen, eines in Amerika, und der Protagonist hat drei Jugendfreunde und Studienkameraden, die ähnlich exzentrisch sind wie er. Seine wechselnden Geliebten, ob sie nun Helena heißen, Britta oder Lorna, sind Wiedergängerinnen seiner geschiedenen Frau und Nymphomaninnen, die Grissmann um jeden Preis ins Bett zerren wollen, was der nur widerstrebend mit sich geschehen lässt, obwohl Geld dabei keine Rolle spielt.

Der Text ist weder politisch noch feministisch korrekt, und es wird nicht einmal klar, ob er an der Wende zum 21. oder zum 20. Jahrhundert spielt: Der Name des Protagonisten erinnert an einen französischen Fußballstar, und es gibt Parallelen zu Boris Palmer beim Kampf um Tübingens Bürgermeisteramt, während der reiche Onkel in Amerika so anachronistisch wirkt wie das Waisenhaus, dem Grissmann einen neuen Spielplatz spendiert.

Trotz oder wegen seiner Ungereimtheiten aber ist dieses aus der Zeit gefallene Buch äußerst vergnüglich, ja spannend zu lesen. Es besteht nur aus Arabesken, mit denen der Ich-Erzähler die Leser umgarnt, umschlingt und auf das Niveau seiner Entschlusslosigkeit herabzieht, die als poetische Aura den Text grundiert: "Ich aber ging aus dem Haus, ging über das gefrorene Gras, das im Mondlicht leuchtete, . . . ging unter den alten Bäumen, die mir gehörten, spazieren, hörte nächtliche Tiere rufen und sah sie über das Gelände huschen, das mir gehörte. Von hier kam mir das Grissmannhaus, wie es im Mondlicht lag, klein und nichtig vor . . . Dort war ich unter dem Einfluss des Reichtums vom Rechts- zum Linkshänder geworden."

Unter der weichen Schale verbirgt sich ein harter Kern, ein trotz aller Verspieltheit ernstes Anliegen, und der Roman lässt sich lesen als Paraphrase auf Hölderlins Gedicht "Lebenslauf", endend mit dem im Buch mehrfach zitierten Vers "Und verstehe die Freiheit / Aufzubrechen, wohin er will". Ähnlich wie Hölderlin in seinem Tübinger Turm weigert sich Georg Grissmann, erwachsen und vernünftig zu werden, um Gutes zu tun, wie Edna, die schwarze Haushälterin, ihm rät. Stattdessen wählt er individuelle Selbstverwirklichung durch eine Glücksdroge, die ihm von zwei an Kafkas Gehilfen erinnernden Erzengeln verabreicht wird. "Der Gehülfe" heißt ein Roman von Robert Walser, über dessen echte oder nur gespielte Geisteskrankheit, wie im Falle Hölderlins, Psychiater und Literaturwissenschaftler bis heute streiten.

Auch die Kafka-Lektüre hat wie erwähnt im Romantext deutlich sichtbare Spuren hinterlassen: Die vielleicht subtilste Anspielung verweist auf "Bericht für eine Akademie", wo sich ein aus dem Urwald geraubter Affe als Professor geriert - nur der "schlechte Menschengeruch" stört ihn dabei. "Mir war, als ginge ein leichter Menschenaffengeruch von mir aus, süßlich und fad", schreibt Schröder und stellt damit das Zitat auf den Kopf. Dass die Schule, die sein Romanheld besuchte, im Volksmund Affenschule hieß, wird den Lesern erst nachträglich mitgeteilt. HANS CHRISTOPH BUCH

Wolf Christian Schröder: "Fünf Minuten vor Erschaffung der Welt". Roman.

PalmArtPress, Berlin 2022. 343 S., geb., 25,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der heir rezensierende Schriftsteller Hans Christoph Buch findet Gefallen an Wolf Christian Schröders etwas versponnenem Roman, einer Parabel im Stil von "Hans im Glück". Schröders merkwürdiger Held erbt und versucht im Verlauf der laut Buch recht "hanebüchenen" Handlung, das viele Geld wieder loszuwerden. Wie der Autor die Geschichte erzählt, ist weder politisch noch feministisch korrekt, warnt Buch, dem die Lektüre aber dennoch Vergnügen bereitet. Spannend findet er das verspielte Buch auch, das er lieber als Folge von Arabesken bezeichnet. Das Thema Selbstverwirklichung mal anders verpackt, findet er.

© Perlentaucher Medien GmbH