Janina Ramirez
Gebundenes Buch
Femina
Eine neue Geschichte des Mittelalters aus Sicht der Frauen
Übersetzung: Schuler, Karin
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Ein großes Buch, das viel mittelalterlichen Staub aufwirbelt!Sie kämpften gegen Wikinger, vergifteten ihre Feinde und waren Spioninnen - die vergessenen Frauen des europäischen Mittelalters kümmerten sich beileibe nicht nur um Haus und Hof. Dennoch ist es genau dieses Bild einer patriarchalen Gesellschaft, die Frauen unterdrückte, das unsere Vorstellung vom Mittelalter prägt. Es waren Männer, die diese Geschichte schrieben und die Frauen des Mittelalters aus unserem kollektiven Gedächtnis verbannten. Janina Ramirez gibt den Frauen ihren Platz in der Geschichtsschreibung zurück: Sie er...
Ein großes Buch, das viel mittelalterlichen Staub aufwirbelt!
Sie kämpften gegen Wikinger, vergifteten ihre Feinde und waren Spioninnen - die vergessenen Frauen des europäischen Mittelalters kümmerten sich beileibe nicht nur um Haus und Hof. Dennoch ist es genau dieses Bild einer patriarchalen Gesellschaft, die Frauen unterdrückte, das unsere Vorstellung vom Mittelalter prägt. Es waren Männer, die diese Geschichte schrieben und die Frauen des Mittelalters aus unserem kollektiven Gedächtnis verbannten. Janina Ramirez gibt den Frauen ihren Platz in der Geschichtsschreibung zurück: Sie erzählt von der mächtigen Königin Jadwiga von Polen, der wilden Kriegerin Æthelflæd und der außergewöhnlichen Heilerin Hildegard von Bingen und eröffnet uns so ein buntes Kaleidoskop an verschiedensten weiblichen Lebensrealitäten, die die ganze Vielfalt dieses »dunklen Zeitalters« abbilden.
»Wunderbar frei und herrlich originell lässt uns 'Femina' auf aufregende und provokative Weise in die Nebel der Geschichte blicken.« Peter Frankopan
»Leidenschaftlich, provokativ, brillant - dieses Buch ist ein Feuerwerk, das irgendwie zwischen zwei Buchdeckeln gefangen ist.« Lucy Worsley
Sie kämpften gegen Wikinger, vergifteten ihre Feinde und waren Spioninnen - die vergessenen Frauen des europäischen Mittelalters kümmerten sich beileibe nicht nur um Haus und Hof. Dennoch ist es genau dieses Bild einer patriarchalen Gesellschaft, die Frauen unterdrückte, das unsere Vorstellung vom Mittelalter prägt. Es waren Männer, die diese Geschichte schrieben und die Frauen des Mittelalters aus unserem kollektiven Gedächtnis verbannten. Janina Ramirez gibt den Frauen ihren Platz in der Geschichtsschreibung zurück: Sie erzählt von der mächtigen Königin Jadwiga von Polen, der wilden Kriegerin Æthelflæd und der außergewöhnlichen Heilerin Hildegard von Bingen und eröffnet uns so ein buntes Kaleidoskop an verschiedensten weiblichen Lebensrealitäten, die die ganze Vielfalt dieses »dunklen Zeitalters« abbilden.
»Wunderbar frei und herrlich originell lässt uns 'Femina' auf aufregende und provokative Weise in die Nebel der Geschichte blicken.« Peter Frankopan
»Leidenschaftlich, provokativ, brillant - dieses Buch ist ein Feuerwerk, das irgendwie zwischen zwei Buchdeckeln gefangen ist.« Lucy Worsley
Dr. Janina Ramirez, geboren 1980, ist Kulturhistorikerin, Literatur- und Sprachwissenschaftlerin und Dozentin und Forscherin in Oxford, Winchester und Warwick. Als BBC-Sprecherin und Autorin von zahlreichen Fachartikeln und Sachbüchern vermittelt sie ihre umfangreiche Expertise und begeistert regelmäßig ein großes Publikum. Sie lebt mit ihrer Familie in Woodstock.
Produktdetails
- Verlag: Aufbau-Verlag
- Originaltitel: Femina. A New History of the Middle Ages, Through the Women Written Out of It
- Artikelnr. des Verlages: 641/14181
- 3. Aufl.
- Seitenzahl: 522
- Erscheinungstermin: 14. Februar 2023
- Deutsch
- Abmessung: 217mm x 144mm x 45mm
- Gewicht: 688g
- ISBN-13: 9783351041816
- ISBN-10: 3351041810
- Artikelnr.: 66410649
Herstellerkennzeichnung
Aufbau Verlage GmbH
Prinzenstraße 85
10969 Berlin
info@aufbau-verlag.de
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Bisher hatte Rezensentin Kia Vahland das Mittelalter als eine Epoche großer Männer vor Augen - "brutal, dreckig, unvernünftig". Deswegen freut sie über dieses Buch der britischen Kulturwissenschaftlerin Janina Ramirez, das ihr von imposanten Herrscherinnen erzählt. Vor allem die Wikingerinnen brachten fantastische Königinnen hervor, lernt Vahland, aber auch das angelsächsische Reich Mercia konnte mit Aethelflaed und Aelfwynn große Heerführerinnen aufbieten. Dass sich Ramirez auf nordische Frauenfiguren konzentriert und etwa die byzantinische Kaiserin Irene unerwähnt lässt, bedauert die Kritikerin zwar. Aber da das Buch gut erzählt sei und auch keinen Versuch unternehme, eine moralische Überlegenheit weiblicher Herrscherinnen zu konstatieren, sieht sie darüber hinweg.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Wer stickte den Teppich von Bayeux?
Statt großer Männer: Janina Ramirez tritt mit dem Anspruch an, Frauen des Mittelalters endlich zu ihrem gebührenden Auftritt zu verhelfen.
Das Buch von Janina Ramirez verspricht im Untertitel nicht weniger als "Eine neue Geschichte des Mittelalters aus Sicht der Frauen". In der Einleitung formuliert die Autorin, die bereits einige historische Sachbücher vorgelegt, auch Dokumentationen für das britische Radio und Fernsehen produziert hat, in stolzem Wissen um die Größe der Aufgabe ihr Ziel: Sie will jetzt "den Scheinwerfer wieder auf mittelalterliche Frauen" richten. Denn jetzt erlaubten es neueste Forschungsmethoden, jene vielen Frauen des Mittelalters wieder sichtbar zu machen,
Statt großer Männer: Janina Ramirez tritt mit dem Anspruch an, Frauen des Mittelalters endlich zu ihrem gebührenden Auftritt zu verhelfen.
Das Buch von Janina Ramirez verspricht im Untertitel nicht weniger als "Eine neue Geschichte des Mittelalters aus Sicht der Frauen". In der Einleitung formuliert die Autorin, die bereits einige historische Sachbücher vorgelegt, auch Dokumentationen für das britische Radio und Fernsehen produziert hat, in stolzem Wissen um die Größe der Aufgabe ihr Ziel: Sie will jetzt "den Scheinwerfer wieder auf mittelalterliche Frauen" richten. Denn jetzt erlaubten es neueste Forschungsmethoden, jene vielen Frauen des Mittelalters wieder sichtbar zu machen,
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die von der Geschichtsschreibung mit ihrem notorischen Interesse an großen Männern jahrhundertelang aus dem kollektiven Gedächtnis verdrängt worden seien. Eine "Entdeckungsreise zu den verloren gegangenen, übersehenen oder aus der Geschichte entfernten Frauen" soll das Buch bieten, in einem großen geographischen Rahmen und "bewusst interdisziplinär".
Diese Entdeckungsreise führt dann durch neun Jahrhunderte: von einem reichen Frauengrab in Loftus in North Yorkshire aus dem siebten Jahrhundert zu zwei frühmittelalterlichen Königinnen von Mercia mit Namen Cynethryth und Æthelflæd und zur sogenannten "Kriegerin von Birka" im Schweden des zehnten Jahrhunderts. Weiter geht es zu jenen anonym gebliebenen Frauen, die im elften Jahrhundert den berühmten "Teppich von Bayeux" gestickt haben. Hildegard von Bingen steht für das zwölfte, Katharerinnen in Südfrankreich für das dreizehnte, Jadwiga von Polen für das vierzehnte Jahrhundert. Den Reigen beendet die englische Mystikerin Margery Kempe, die 1438 starb.
In jedem Kapitel führt Ramirez zunächst knapp, aber anschaulich in die Lebenswelt ihrer Heldinnen ein. Und sie weiß zu erzählen, was historisches Forschen konkret bedeutet: Grabbeigaben, naturwissenschaftliche Daten aus DNA- und Isotopen-Analysen, aber auch Texte, Bilder, Kunstwerke werden als historische Quellen vorgestellt. Wir schauen Archäologinnen beim Graben zu, beobachten Archäogenetiker bei der Analyse alter DNA, blicken einer Historikerin über die Schulter, während sie eine Pergamentrolle des vierzehnten Jahrhunderts öffnet.
All das ist gut konzipiert, informativ, einprägsam: Es ist vergnüglich, dieses Buch zu lesen. (Der Rezensent sollte an dieser Stelle allerdings erwähnen, dass er an einer Universität arbeitet und deshalb über Gender-Doppelpunkte hinwegzulesen gelernt hat. Nur die schöne Wortfolge "der:diejenige, der:die diese" hat ihn noch einen Wimpernschlag lang verwirrt.) Man erfährt erfreulich viel über die Protagonistinnen des Buches. Ramirez vermag ihnen ein Gesicht und eine Stimme zu geben, und sie schildert die Welt dieser Frauen bunt und lebensprall. Zahlreiche Illustrationen helfen, sich die vergangene Kultur auch in ihrer Materialität vor Augen zu führen. Und was für eine schöne Idee, das Buch mit Emily Wilding Davison zu eröffnen! Davison, eine Suffragette, hatte Englische Literatur studiert und gerade in starken Frauen des Mittelalters die Vorbilder für ihren eigenen politischen Kampf für Frauenrechte gesucht.
Aber warum nur muss die Autorin ihr Buch, ihr Ziel, ihr ganzes Tun so großspurig anpreisen? So grundstürzend neu, wie Ramirez behauptet, ist ihr Werk beileibe nicht. Eigene Forschung bietet sie gar nicht; sie fasst zusammen, was über ihre Heldinnen aus der Literatur bekannt ist. Man wird auch nicht sagen können, dass es hier tatsächlich um Frauen ginge, die bisher aus der Geschichte verdrängt und hinausgeschrieben worden wären. Cynethryth und Æthelflæd mögen zwar nicht felsenfest im deutschen Allgemeinwissen über das Mittelalter verankert sein. Aber die eine war die Gemahlin König Offas von Mercia, die andere eine Tochter König Alfreds des Großen, die selbst von 911 bis 918 über Mercia herrschte. Wer möchte, kann über Æthelflæd gleich mehrere neuere Bücher erwerben. Und ob sich ausgerechnet Hildegard von Bingen eignet als Beispiel für eine Frau, die aus der Geschichte verdrängt worden ist? Wer sie googelt, der findet im Nu über drei Millionen Ergebnisse, Jadwiga wurde 1997 heiliggesprochen. Die "Kriegerin von Birka" ging 2017 weltweit durch die Medien. Der Teppich von Bayeux dürfte eines der am häufigsten abgebildeten Werke des Mittelalters sein.
Auch bleibt der Ansatz des Buches altbacken: Frauen als Teil der Geschichte sichtbar zu machen, das war das Ziel der frühen "Frauengeschichte", als sie sich vor gut einem halben Jahrhundert auf den Weg machte. Janina Ramirez argumentiert wieder und wieder, dass Frauen im Mittelalter dasselbe leisteten wie Männer - in Politik und Krieg, Diplomatie, Kunst und Gelehrsamkeit. Aber ist wissenschaftlich wirklich viel gewonnen, wenn man große Männer einfach durch große Frauen ersetzt? Die Geschlechtergeschichte stellt längst andere, interessantere, komplexere Fragen.
Merkwürdig eng bleibt auch der geographische Rahmen: "Femina" ist ein britisches Buch. Ramirez' Mittelalter besteht im Wesentlichen aus der angelsächsischen und normannischen Welt Britanniens samt ihren engen Verflechtungen mit Skandinavien und Frankreich. Zwar setzen Hildegard, Jadwiga und Häretikerinnen aus Südfrankreich Farbtupfer. Aber alles bleibt lateinisch, römisch-christlich, nordeuropäisch. Eine Muslima aus Ägypten, al-Andalus oder Sizilien darf hier ebenso wenig mitmischen wie eine Jüdin aus Damaskus, Konstantinopel oder Venedig.
Dieses Problem behebt auch das letzte schmale Kapitel nicht, das unter dem Titel "Ausnahmegestalten und Außenseiterinnen" daran erinnert, dass im London des vierzehnten Jahrhunderts auch einige Afrikanerinnen lebten, die wahrscheinlich als Sklavinnen dorthin verschleppt worden waren. Und es stellt den Fall der Eleanor Rykener vor, die damals in London - mal als Mann, mal als Frau - gegen Entgelt mit Frauen und Männern Sex hatte.
Dieses Kapitel ist zwar bemüht politisch korrekt, aber wissenschaftlich zum Scheitern verurteilt. Die offenkundig für das Buch zentralen Fragen nach der Identität und Konstruktion von Geschlechtern und nach dem geographischen Rahmen, den der Epochenbegriff "Mittelalter" implizieren soll, lassen sich nicht dadurch lösen, dass irgendwie "Diverses" in ein kurzes Schlusskapitel ausgelagert wird. Eine wahrhaft "neue Geschichte des Mittelalters aus Sicht der Frauen" bleibt deshalb erst noch zu schreiben. STEFFEN PATZOLD
Janina Ramirez:
"Femina". Eine neue Geschichte des Mittelalters aus Sicht der Frauen.
Aus dem Englischen von Karin Schuler. Aufbau Verlag, Berlin 2023. 448 S., Abb., geb., 28,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Diese Entdeckungsreise führt dann durch neun Jahrhunderte: von einem reichen Frauengrab in Loftus in North Yorkshire aus dem siebten Jahrhundert zu zwei frühmittelalterlichen Königinnen von Mercia mit Namen Cynethryth und Æthelflæd und zur sogenannten "Kriegerin von Birka" im Schweden des zehnten Jahrhunderts. Weiter geht es zu jenen anonym gebliebenen Frauen, die im elften Jahrhundert den berühmten "Teppich von Bayeux" gestickt haben. Hildegard von Bingen steht für das zwölfte, Katharerinnen in Südfrankreich für das dreizehnte, Jadwiga von Polen für das vierzehnte Jahrhundert. Den Reigen beendet die englische Mystikerin Margery Kempe, die 1438 starb.
In jedem Kapitel führt Ramirez zunächst knapp, aber anschaulich in die Lebenswelt ihrer Heldinnen ein. Und sie weiß zu erzählen, was historisches Forschen konkret bedeutet: Grabbeigaben, naturwissenschaftliche Daten aus DNA- und Isotopen-Analysen, aber auch Texte, Bilder, Kunstwerke werden als historische Quellen vorgestellt. Wir schauen Archäologinnen beim Graben zu, beobachten Archäogenetiker bei der Analyse alter DNA, blicken einer Historikerin über die Schulter, während sie eine Pergamentrolle des vierzehnten Jahrhunderts öffnet.
All das ist gut konzipiert, informativ, einprägsam: Es ist vergnüglich, dieses Buch zu lesen. (Der Rezensent sollte an dieser Stelle allerdings erwähnen, dass er an einer Universität arbeitet und deshalb über Gender-Doppelpunkte hinwegzulesen gelernt hat. Nur die schöne Wortfolge "der:diejenige, der:die diese" hat ihn noch einen Wimpernschlag lang verwirrt.) Man erfährt erfreulich viel über die Protagonistinnen des Buches. Ramirez vermag ihnen ein Gesicht und eine Stimme zu geben, und sie schildert die Welt dieser Frauen bunt und lebensprall. Zahlreiche Illustrationen helfen, sich die vergangene Kultur auch in ihrer Materialität vor Augen zu führen. Und was für eine schöne Idee, das Buch mit Emily Wilding Davison zu eröffnen! Davison, eine Suffragette, hatte Englische Literatur studiert und gerade in starken Frauen des Mittelalters die Vorbilder für ihren eigenen politischen Kampf für Frauenrechte gesucht.
Aber warum nur muss die Autorin ihr Buch, ihr Ziel, ihr ganzes Tun so großspurig anpreisen? So grundstürzend neu, wie Ramirez behauptet, ist ihr Werk beileibe nicht. Eigene Forschung bietet sie gar nicht; sie fasst zusammen, was über ihre Heldinnen aus der Literatur bekannt ist. Man wird auch nicht sagen können, dass es hier tatsächlich um Frauen ginge, die bisher aus der Geschichte verdrängt und hinausgeschrieben worden wären. Cynethryth und Æthelflæd mögen zwar nicht felsenfest im deutschen Allgemeinwissen über das Mittelalter verankert sein. Aber die eine war die Gemahlin König Offas von Mercia, die andere eine Tochter König Alfreds des Großen, die selbst von 911 bis 918 über Mercia herrschte. Wer möchte, kann über Æthelflæd gleich mehrere neuere Bücher erwerben. Und ob sich ausgerechnet Hildegard von Bingen eignet als Beispiel für eine Frau, die aus der Geschichte verdrängt worden ist? Wer sie googelt, der findet im Nu über drei Millionen Ergebnisse, Jadwiga wurde 1997 heiliggesprochen. Die "Kriegerin von Birka" ging 2017 weltweit durch die Medien. Der Teppich von Bayeux dürfte eines der am häufigsten abgebildeten Werke des Mittelalters sein.
Auch bleibt der Ansatz des Buches altbacken: Frauen als Teil der Geschichte sichtbar zu machen, das war das Ziel der frühen "Frauengeschichte", als sie sich vor gut einem halben Jahrhundert auf den Weg machte. Janina Ramirez argumentiert wieder und wieder, dass Frauen im Mittelalter dasselbe leisteten wie Männer - in Politik und Krieg, Diplomatie, Kunst und Gelehrsamkeit. Aber ist wissenschaftlich wirklich viel gewonnen, wenn man große Männer einfach durch große Frauen ersetzt? Die Geschlechtergeschichte stellt längst andere, interessantere, komplexere Fragen.
Merkwürdig eng bleibt auch der geographische Rahmen: "Femina" ist ein britisches Buch. Ramirez' Mittelalter besteht im Wesentlichen aus der angelsächsischen und normannischen Welt Britanniens samt ihren engen Verflechtungen mit Skandinavien und Frankreich. Zwar setzen Hildegard, Jadwiga und Häretikerinnen aus Südfrankreich Farbtupfer. Aber alles bleibt lateinisch, römisch-christlich, nordeuropäisch. Eine Muslima aus Ägypten, al-Andalus oder Sizilien darf hier ebenso wenig mitmischen wie eine Jüdin aus Damaskus, Konstantinopel oder Venedig.
Dieses Problem behebt auch das letzte schmale Kapitel nicht, das unter dem Titel "Ausnahmegestalten und Außenseiterinnen" daran erinnert, dass im London des vierzehnten Jahrhunderts auch einige Afrikanerinnen lebten, die wahrscheinlich als Sklavinnen dorthin verschleppt worden waren. Und es stellt den Fall der Eleanor Rykener vor, die damals in London - mal als Mann, mal als Frau - gegen Entgelt mit Frauen und Männern Sex hatte.
Dieses Kapitel ist zwar bemüht politisch korrekt, aber wissenschaftlich zum Scheitern verurteilt. Die offenkundig für das Buch zentralen Fragen nach der Identität und Konstruktion von Geschlechtern und nach dem geographischen Rahmen, den der Epochenbegriff "Mittelalter" implizieren soll, lassen sich nicht dadurch lösen, dass irgendwie "Diverses" in ein kurzes Schlusskapitel ausgelagert wird. Eine wahrhaft "neue Geschichte des Mittelalters aus Sicht der Frauen" bleibt deshalb erst noch zu schreiben. STEFFEN PATZOLD
Janina Ramirez:
"Femina". Eine neue Geschichte des Mittelalters aus Sicht der Frauen.
Aus dem Englischen von Karin Schuler. Aufbau Verlag, Berlin 2023. 448 S., Abb., geb., 28,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Eine abwechslungs- und aufschlussreiche Historie des Mittelalters, einmal aus weiblicher Sicht.« Magazin Bücherschau 20240301
eBook, ePUB
„Frauen fallen durch ihre Seltenheit auf - die Präsenz des Nichtvorhandenseins“
Wann immer vom Mittelalter die Rede ist, fällt Einem höfisches Gepränge, scheppernde Ritter, zugige Burgen, da oder dort ein Burgfräulein, das gerettet werden muss und geknechtete …
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„Frauen fallen durch ihre Seltenheit auf - die Präsenz des Nichtvorhandenseins“
Wann immer vom Mittelalter die Rede ist, fällt Einem höfisches Gepränge, scheppernde Ritter, zugige Burgen, da oder dort ein Burgfräulein, das gerettet werden muss und geknechtete Bauern, die Frondienste für ihre Herrscher leisten mussten sowie gotische Kathedralen ein. Frauen kommen wenig vor, denn die Geschichte wird fast ausschließlich von Mönchen geschrieben, und das sind ja bekanntlich Männer.
Janina Ramirez geht in diesem Buch der Frage nach, wo denn die Frauen des Mittelalters ihren Platz gefunden haben und warum sie kaum bekannt sind. Dabei fördert sie erstaunliches zutage.
Nach einer doch etwas längeren Einleitung macht sie uns mit zahlreichen Frauen, wie der wohl bekanntesten, nämlich Hildegard von Bingen, der polnischen Herrscherin Jadwiga (die eigentlich „König“ von Polen war) oder den Kriegerinnen, die Seite an Seite mit den Nordmännern kämpften. Mit Æthelflæd stellt uns die Autorin eine mächtige Frau vor, die mehrere Jahre umsichtig das Königreich Mercia beherrschte.
Janina Ramirez, Kunsthistorikerin, Litertaur- und Sprachwissenschaftlerin, zeichnet ein etwas anderes Bild des Mittelalters, das rund 1.000 Jahre mit dem Ende des Römischen Reiches (476 n.Chr.) bzw. mit dem Ende der Völkerwanderung beginnt und sich bis zur Entdeckung Amerikas erstreckt. Tausend Jahre, in denen zahlreiche Kriege und Krankheiten Europa überziehen, tausend Jahre, in denen großartige Kirchen erbaut werden, um dem Christentum zu seiner Herrschaft und Glanz zu verleihen.
Die Autorin nimmt uns zu Ausgrabungen mit, in deren Aufarbeitung so manche Überraschung wartet. So entpuppt sich das Grab eines Kriegers als Grab einer Kriegerin, wie die forensischen Archäologen mithilfe von DNA-Analysen feststellen.
Janina Ramirez teilt ihre Frauengestalten in neun Kategorien:
1. Die Macherinnen
2. Entscheidungsträgerinnen
3. Kriegerinnen und Anführerinnen
4. Künstlerinnen und Mäzeninnen
5. Universalgelehrte und Wissenschaftlerinnen
6. Spioninnen und Gesetzlose
7. Könige und Diplomatinnen
8. Unternehmerinnen und Influencerinnen
9. Ausnahmegestalten und Außenseiterinnen
Häufig ist es der Zufall, der schriftliche Aufzeichnungen über die Frauen des Mittelalters zutage fördern. Sei es, dass eine Abschrift eines Prozesses, in dem eine Frau angeklagt worden ist, oder sei es, dass Vorschriften über Verhaltensweisen für Frauen entdeckt werden.
Gemeinsam haben diese schriftlichen Beweise, dass sie von Männern geschrieben wurden und das, häufig Jahre nach dem Ereignis. Und, man weiß ja, dass „Geschichte von Siegern geschrieben wird“, in diesen Fällen von Männern, die Verdienst von Frauen gerne negieren und unter den sprichwörtlichen Teppich kehren.
Dieses Buch ist eine Hommage an die Frauen des Mittelalters, die vergessen und manchmal sogar bewusst aus der Geschichte entfernt wurden.
Das Cover hat mich ein wenig an die weibliche Vulva erinnert. Allerdings wird im Kapitel zu Hildegard von Bingen erklärt, dass dies eine Illustration einer ihrer Schriften ist, die sie „kosmische Weltenei“ genannt hat. Passt aber trotzdem zur geballten Weiblichkeit.
Fazit:
Dieses penibel recherchierte und fesselnd erzählte Sachbuch Buch ist eine Hommage an die Frauen des Mittelalters, die vergessen und manchmal sogar bewusst aus der Geschichte entfernt wurden. Diesem anderen Blick auf die Frauen des Mittelalters gebe ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung.
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