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Johann Georg Gmelin nahm 1733-1743 an der Großen Nordischen Expedition unter der Leitung des Dänen Vitus Bering teil. 1751/52 veröffentlichte er die Geschichte seiner zehnjährigen Forschungsreise und hinterließ uns einen farbenprächtigen und spannenden Bericht seiner Entdeckungsabenteuer in der Endlosigkeit zwischen dem Polarmeer und den Steppen Innerasiens.

Produktbeschreibung
Johann Georg Gmelin nahm 1733-1743 an der Großen Nordischen Expedition unter der Leitung des Dänen Vitus Bering teil. 1751/52 veröffentlichte er die Geschichte seiner zehnjährigen Forschungsreise und hinterließ uns einen farbenprächtigen und spannenden Bericht seiner Entdeckungsabenteuer in der Endlosigkeit zwischen dem Polarmeer und den Steppen Innerasiens.
Autorenporträt
Dittmar Dahlmann, geb. 1949, lehrte in Freiburg i. Br., seit 1996 Professor für slawische Geschichte an der Universität Bonn.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.03.2000

Lesetipp zum Wochenende
Gemach, Gemach, Helden des Fortschritts
Europa endet nicht am Ural: Mit dem Universalgelehrten Johan Georg Gmelin ins unbekannte Sibirien des 18.  Jahrhunderts
Die Gmelins sind eine im deutschen Südwesten wurzelnde, weit verzweigte Sippe; sozusagen das naturwissenschaftliche Pendant zu den politiklastigeren Weizsäckers. Vor allem Chemiker, Botaniker und Pharmazeuten gingen aus ihr hervor, bildeten einflussreiche Professorendynastien. Einer von ihnen, Leopold Gmelin, entdeckte das Cholesterin. Der Name, auf der ersten Silbe betont, soll von „gemächlich” kommen, was zu den Gmelins überhaupt nicht passt. Auch Herta Däubler-Gmelin entstammt dieser Familie, die Bundesjustizministerin.
Als eines der bedeutendsten Familienmitglieder gilt der „Sibirien-Gmelin”. Sein Vorname war Johann Georg und er bereiste von 1733 bis 1743 den noch unerschlossenen Osten des russischen Zarenreichs. Sein Bericht wurde jetzt nachgedruckt, in einer Art, die dem Buchhandwerk alle Ehre macht. Gmelin, ein Tübinger Apothekersohn, war unter anderem Mediziner und Naturhistoriker. Aber er brachte auch die Literatenliebe zu allem Fremden mit, eine wichtige Voraussetzung, um „diese barbarischen Länder”, so sein Briefpartner Carl von Linné, mit Gewinn zu befahren. 33 500 Kilometer legte Gmelin in zehn Jahren zurück. Seine Reise war ein Erfolg, obwohl er das Ziel, Kamtschatka, nicht erreichte. Die Strapazen ruinierten seine Gesundheit. 1755 starb er, im Alter von 46.
Die „Flora Sibirica” ist seine größte Leistung, seine originellste aber sicher die Feststellung, Europa ende nicht am Ural, sondern viel weiter östlich am Jenissej. War dort hinten das Paradies? Gmelin schwelgt in nie gesehenen Farben, er preist das klare Wasser und das „feine Fleisch” von Fischen und Vögeln.
Die Expedition wurde im Staatsauftrag unternommen. Ein Trupp Soldaten sorgte für die Sicherheit der Reisenden. Gmelins Auftrag betraf mehrere Forschungsgebiete, von der Geografie bis zur Zoologie. Er sollte aber auch Wissen über Bodenschätze beschaffen und die sibirischen Völker beschreiben. Weil er so vielseitig war, rühmt man ihn als glückliche Verkörperung des Universalgelehrten. Doch außerdem gehörte er, bewusst oder nicht, zur wissenschaftlichen Vorhut des russischen Kolonialismus. Den Akademikern folgten die Armeen und die Administratoren, erst in Sibirien, später im Kaukasus.
Worauf Gmelin sich eingelassen hatte, ging ihm nach seiner Rückkehr auf. Er war Mitglied der Petersburger Akademie, jener mit westlichen Spitzenforschern gespickten Institution, die Russland das wissenschaftliche Know-how zur Expansion und Exploration bereit stellen sollte. Wenn einer von ihnen die Abschaffung der Leibeigenschaft empfahl, wurde am Hof nur nachsichtig gelächelt. Wenn ein Russe wie Lomonossow dasselbe forderte, wurde er mit Verbannung bedroht. Seit Peter dem Großen konnte die Krone sich dank einer wohldotierten und im Lande basislosen Elite ihrer Lieblingsidee widmen: der Modernisierung des Staats unter Ausschluss der Gesellschaft; eine Idee, die in der Landesgeschichte Karriere machen sollte.
Nach der Rückkehr entspann sich um Gmelin ein wahrer Wissenschaftskrimi. Ohne zu viel zu verraten: Die Akademie ließ ihn hart fühlen, dass er nun ein Träger von Herrschaftswissen war. Ausreisen durfte er nur mit dem Versprechen, zurück zu kehren. Doch er dachte gar nicht daran, sich dem Petersburger Alptraum ein zweites Mal auszusetzen. Von 1751 an erschien sein Reisebericht – ohne Erlaubnis der Akademie. Tübinger Chronisten wollen wissen, dass zaristische Agenten Gmelin noch in seiner Heimatstadt das Leben sauer machten – im 19. Jahrhundert zirkulierte sogar die Legende, er sei von ihnen umgebracht worden.
Bis heute fällt auf die großen Forschungsreisenden der Glanz, unschuldigere Helden des Fortschritts zu sein als etwa Politiker. Doch nicht jeder überließ sein Kartenmaterial antikolonialen Kämpfern so wie Humboldt dem aufständischen Simon Bolivar. Die meisten waren besessen von der Wissenschaft und blind für die Politik.
KURT OESTERLE
JOHANN GEORG GMELIN: Expedition ins unbekannte Sibirien. Mit einer Einleitung von Dittmar Dahlmann. Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1999. 454 Seiten, Abbildungen, 49,80 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.03.2000

Frühe Reisen

"Expedition ins unbekannte Sibirien" von Johann Georg Gmelin; herausgegeben, eingeleitet und erläutert von Dittmar Dahlmann. Jan Thorbecke Verlag, Stuttgart 1999. 454 Seiten, einige Abbildungen. Gebunden, 49,80 Mark. ISBN 3-7995-0606-3.

Man kann sich alles vorstellen: Den etwas sonderbaren Herrn Professor, wie er in seiner Tübinger Gelehrtenstube sitzt, die Federspitze in das Tintenfass taucht und seine Erinnerungen auf das Papier kratzt. Die Gefahren und Wagnisse, die Ängste und Entbehrungen, die er schildert. Seine Freude, nachdem alles glücklich ausgestanden war. Als Teilnehmer einer großen russischen Expedition unter dem Oberkommando von Vitus Bering hatte der deutsche Gelehrte Johann Georg Gmelin im Sommer 1733 St. Petersburg verlassen. Der Auftrag der Expedition war es, den Riesenraum Sibiriens so umfassend wie möglich zu erforschen. Die Aufgabe nahm zehn Jahre in Anspruch. Nach seiner Rückkehr siedelte Gmelin nach Tübingen über und verarbeitete seine Erlebnisse zu einem vierbändigen Buch. Mit informativen Erläuterungen versehen und sorgfältig betreut sind wesentliche Auszüge dieses Buches jetzt neu erschienen. Er habe sich "keiner Schminke der Worte" bedient, schreibt Gmelin zu Beginn seiner Aufzeichnungen, denn Sibirien habe ihn bescheiden gemacht. In der Tat beschreibt der Naturforscher Gmelin seine Abenteuer prosaisch und allzeit nüchtern. Doch besitzt er jene Fähigkeit, die einen guten Reiseautor nicht zuletzt ausmacht: Er kann staunen. Und so staunt sich Gmelin durch Sibirien, staunt über das, was dieser Teil der Welt an Wundern und Merkwürdigkeiten bereithält. Über die Schamanen der Nomadenvölker und deren Glauben an eine Welt voller Teufel und böser Geister. Über unersättliche Branntweinsäufer und gutmütige Bauern. Über bei lebendigem Leib vergrabene Menschen und den Gesang tatrischer Mullahs. Wo er nicht staunt, staunt der heutige Leser, der sich als Reisender kaum je Gedanken darüber macht, wie beschwerlich und gefährlich es einst war, nur einen Fluss zu überqueren. Oder wie dem Russland-Reisenden vor zweihundertfünfzig Jahren angst und bange wurde, wenn es zu dämmern begann und kein Dorf in Sicht war. Vor allem solche Details sind für den Leser von heute besonders eindringlich: Man kann sich alles vorstellen. (tens)

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