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Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.11.2008

Die Einigung verstehen
Werner Weidenfelds Einführung f r junge Europäer
Ein Tag wird kommen, an dem es für alle Nationen dieses Kontinents keine anderen Schlachtfelder mehr geben wird als die Märkte, die sich dem Handel öffnen, und den Geist, der sich den Ideen öffnet. Ein Tag wird kommen, an dem die Kugeln und Bomben durch Stimmzettel ersetzt werden.” Dass diese Vision Victor Hugos Realität werden würde, konnten sich die Menschen auf dem europäischen Kontinent, Mitte des 19. Jahrhunderts, noch nicht vorstellen. Dass aber diese Einigung, die die Kriege beendete, trotzdem nicht automatisch den europäischen Geist beflügelt, erleben die Bürger Europas täglich.
Besonders bei der Arbeit des Europäischen Parlaments dominieren die nationalen Interessen. Die Bevölkerung der einzelnen Staaten steht den Institutionen eher kritisch gegenüber, was der Zukunft der Gemeinschaft schadet. Hier kann nur Aufklärung und Information helfen wie sie der Titel Europa leicht gemacht. Antworten für junge Europäer anbietet. Sein Verfasser Werner Weidenfeld, Politikforscher mit Schwerpunkt Europa, wendet sich in Zusammenarbeit mit seinen Mitarbeitern an jugendliche und erwachsene Leser, um sie aus der Europa-Lethargie herausführen. Sein Credo: „Jede politische Ordnung, auch die des europäischen Kontinents, zerfällt, wenn sie nicht über die Generation der Gründer hinaus vom Selbstverständnis der Menschen getragen wird.” Um Lust zu machen auf das Thema, gliedert er die verwirrende Stofffülle in fünf übersichtlichen Kapiteln, in denen nicht doziert und belehrt, sondern die realen Fragen des politischen Alltags beantwortet werden.
Am Anfang steht der Appell sich zu engagieren. Und der Autor beantwortet gleich die Fragen, warum sich „Mitreden, Mitmachen und Mitgestalten” lohnt, und gibt dazu wichtige Tipps. Ein weiteres Kapitel zeigt, wie die politische Arbeit in Brüssel organisiert ist, um dann die Geschichte der EU zu skizzieren, unter dem Stichpunkt „Warum es so schwer fällt, die Einigung zu verstehen”.
Der abschließende Teil des Buches liest sich wie das Credo des überzeugten Europäers. Unter der Überschrift „Neues Selbstbewusstsein? Fünf Szenarien für die EU der Zukunft” entwickelt Weidenfeld ein politisches Gedankenspiel mit fünf unterschiedlichen Möglichkeiten, in das der Leser einsteigen soll. 1. Titanic – das Ende der Integration; 2. Geschlossenes Kerneuropa – ein Kern von Mitgliedstaaten macht sich auf den Weg zu „mehr” Europa, die anderen bleiben zurück; 3. Methode Monnet – kleine, aber beständige Schritte zu „mehr” Europa, die alle Mitgliedstaaten mitgehen; 4. Europa der offenen Kerne – einzelne Mitgliedstaaten schreiten voran, alle anderen können aber jederzeit folgen. Immer wird das Für und Wider dargestellt, ohne die Meinung zu manipulieren, obwohl schon im 5.Punkt klar wird, welches Europa dem Autor am Herzen liegt: nämlich die „Supermacht Europa”, in der nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die politische Union realisiert wird. Um dann dem Leser die Frage zu stellen, welches Europa er sich wünscht?
Angereichert ist dieser schmale Band mit zahlreichen Hinweisen auf weiterführende Literatur und Internetadressen, die Angebote der europäischen Institutionen speziell für Jugendliche ausweisen. (ab 13 und Erwachsene)
ROSWITHA BUDEUS–BUDDE
WERNER
WEIDENFELD: Europa leicht gemacht. Ant-
worten für junge
Europäer. Hanser 2008. 155 Seiten,
14,90 Euro.
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