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Produktdetails
  • Verlag: Pomp
  • Seitenzahl: 592
  • Erscheinungstermin: September 2002
  • Deutsch, Unbestimmt
  • Abmessung: 254mm x 179mm x 55mm
  • Gewicht: 1873g
  • ISBN-13: 9783893552368
  • ISBN-10: 3893552367
  • Artikelnr.: 10891762
Autorenporträt
Hermann Burghard ist Historiker und hat an verschiedenen Stadtgeschichten des Rheinlandes mitgearbeitet. Cordula Kapser ist Historikerin und Mitarbeiterin im Archiv des Deutschen Liberalismus.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.03.2003

Eine Stadt, die immer erst anfängt, eine zu sein
Vielleicht ist das Faszinierende an Städten der Umstand, dass sie ein Zentrum besitzen, das nie sichtbar wird – im Gegensatz zur Kirche im Dorf. Ein Zentrum, das überallhin ausstrahlt und daher selbst in den Vorstädten Glanz erzeugt. Dies könnte erklären, warum ein solches Zentrum nicht zu planen und nicht zu bauen ist. Was bedeutet, dass man Bauten, die so etwas wie die sichtbaren Teile dieses unsichtbaren Zentrums ausmachen – also Bauten von symbolischem Gehalt –, nicht abreißen darf.
Genau dies aber hat die Stadt Essen 1964 mit ihrem Rathaus getan, einem Entwurf des Architekten Paul Zindel aus dem Jahre 1887; „Schilda an der Ruhr”, höhnte damals Die Zeit über den Abriss. Freilich sah der neogotische Bau zu diesem Zeitpunkt nicht mehr so repräsentativ aus wie auf unserer Aufnahme eines unbekannten Fotografen aus den 20er Jahren, entnommen aus dem im Peter Pomp Verlag erschienen Band „Ansichten. Bilder von Essen”: Helm und Staffelgiebel waren nach dem Krieg nicht wieder aufgeführt worden, die Maßwerkfenster beseitigt. Doch Essen war immer eine Stadt auf der Suche nach sich selbst, eine im Wandel, im Griff nach dem Neuen. Insofern war es konsequent, in einem Stadtbild, das aus der Asche des Weltkriegs als ein Phönix des Funktionalen erstanden sein wollte, das Relikt versunkener bürgerlicher Zeiten zu beseitigen und ein Kaufhaus an seine Stelle zu setzen.
Denn seit Dezember 1950 war Essen „Die Einkaufsstadt”, ab da prangte auf dem Dach eines Hotels gegenüber dem Hauptbahnhof die entsprechende Behauptung. Was man darunter verstehen darf oder muss, ist zeitbedingt: Vor dem Krieg stand auf der „Limbecker”, einer der Essener Einkaufsstraßen, das Kaufhaus Freudenberg; folgt man einer Fotografie aus jener Zeit, so war es von metropolitaner Schönheit. Am Punkt dieses jüdischen Kaufpalastes verbinden sich zugleich die Verbrechen der Nazis mit den architektonischen „Verbrechen” des Wiederaufbaus. Nirgendwo sind die unglaublichen Friktionen der Essener Stadtgeschichte zurzeit anschaulicher dokumentiert als in dem Fotoband „Ansichten”, dem Begleitkatalog zur gleichnamigen Ausstellung im Essener Ruhrlandmuseum. Fast 600 Fotos stellen Dörfliches (Steele um 1900) neben Zerstörtes (die Altstadt nach dem ersten Fliegerangriff), architektonische Kühnheiten (Deutschlandhaus 1929) neben lebensweltliche Stolz und Qual (Kokereifrauen 1914-18).
„Ansichten” zeigt vorrangig Selbst- und Wunschbilder der Stadt. Die lange und schwere Geschichte dazu steht in einem anderen Buch, das bis weit vor die Ära der Fotografie zurückgeht: „Essen. Geschichte einer Stadt”. Beide Bände sind im Umfeld der 1150-Jahr-Feier der Ruhrstadt herausgekommen; das eine erfordert viele Lesestunden, das andere verlangt nur ein Blättern, um sichtbar zu machen: Essen ist eine Stadt, die immer noch erst anfängt, eine zu sein. deut
Ansichten. Bilder von Essen. 560 Abbildungen, 25 Euro. Sowie: Essen. Geschichte einer Stadt. 592 Seiten, 35 Euro. Beide erschienen im Peter Pomp Verlag, Bottrop. Die Ausstellung im Ruhrlandmuseum dauert bis 22. Juni.
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