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"Natürlich kann ich Englisch. Kann doch jeder!" - Diese Illusion nistet vor allem in Werbeagenturen und Marketing-Abteilungen, deren Insassen nicht in der Lage sind, einen klaren deutschen Satz hervorzubringen. Ein bißchen mehr Problembewußtsein könnte nicht schaden. Wenn wir schon alle Englisch sprechen sollen, warum dann nicht gut? Leider tragen die Unterrichtssitten an manchen unserer Schulen wenig dazu bei. Da werden wie eh und je Intelligenz und Sprachgefühl der Lernenden kleingeschrieben. Von den Erleuchtungen der Linguistik wird kaum Gebrauch gemacht, und die segensreichen Tricks der…mehr

Produktbeschreibung
"Natürlich kann ich Englisch. Kann doch jeder!" - Diese Illusion nistet vor allem in Werbeagenturen und Marketing-Abteilungen, deren Insassen nicht in der Lage sind, einen klaren deutschen Satz hervorzubringen.
Ein bißchen mehr Problembewußtsein könnte nicht schaden. Wenn wir schon alle Englisch sprechen sollen, warum dann nicht gut? Leider tragen die Unterrichtssitten an manchen unserer Schulen wenig dazu bei. Da werden wie eh und je Intelligenz und Sprachgefühl der Lernenden kleingeschrieben. Von den Erleuchtungen der Linguistik wird kaum Gebrauch gemacht, und die segensreichen Tricks der kontrastiven Grammatik werden meist verschmäht. Es ist leicht, Englisch zu lernen, wenn man sich Judith Macheiner anvertraut. Sie appelliert an Fähigkeiten, über die wir bereits verfügen: die Kenntnis unserer eigenen Sprache, und sie wuchert mit diesem Kapital. Wieviel Witz schleicht sich in unsere englischen Sätze ein, wenn wir ihr folgen, und mit welchen Nuancen macht sie uns bekannt!
Wer nach dieser Lektüre nicht besser als zuvor Englisch versteht, spricht, schreibt und lehrt, dem wird auch kein Oxford und kein Harvard helfen können. Also Schluß mit dem plumpen Airport English und mit dem hilflosen Mediengestammel!
Übrigens hat die Autorin noch einen weiteren Bonus zu bieten: Eher schmerzlos bringt sie uns auf den Stand ihrer Wissenschaft. Was eine Sprache (auch die eigene) im Innersten zusammenhält, auch darüber erfahren wir allerhand aus diesem Buch. Ein Repertorium und ein ausführliches Glossar beschließen dieses unterhaltsame und gescheite Vademecum.
Autorenporträt
Judith Macheiner lebt als Wissenschaftlerin und Autorin in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.12.2001

Unsprechlich
Judith Macheiner mag Englisch
Wenn die Erinnerung nicht trügt, fand sich in unserem ersten Englischlehrbuch der Satz Sheffield is famous for its knives and scissors, und damals sagte sich mancher von uns, still und mit der ganzen Torheit seiner jungen Jahre: Schön für Sheffield, aber bleibt uns vom Hals mit einer Sprache, die solches auszudrücken vermag. Die Fortschritte im Englischen waren entsprechend. Erst jetzt lernen wir aus einem neuen Buch, dass es mit anderen Mustersätzen möglicherweise anders, nämlich um einiges besser, gelaufen wäre.
Dieses Buch ist von der in Berlin lehrenden Sprachwissenschaftlerin Judith Macheiner, die in Enzensbergers Anderer Bibliothek schon zwei schöne Bücher herausgebracht hat. Deren erstes, „Das grammatische Varieté” von 1991, haftet bis heute auf zwiefache Weise im Gedächtnis: zum einen, weil es das Vergnügen am kunstfertig gebauten deutschen Satz wo nicht begründete, so jedenfalls geistvoll rehabilitierte, und zum anderen, weil es mit seinen Deckeln dem Tastsinn schmeichelte. Darin war der erste Satz von Kafkas Erzählung „Vor dem Gesetz” eingeprägt, im Original und in allen denk baren, vor Kafkas Formulierung jedoch nichtigen Konstellationen. Dass Macheiner den Satz en passant auch im neuen Buch unterbringt, zeigt, wie wenig sie den Faden verloren hat.
Diesmal nun, in den „Englischen Grüßen”, geht es um die Leichtigkeit des Englischen, die graphisch dadurch angedeutet wird, dass die englischsprachigen Beispiele und Mustersätze kursiv, halbfett und zudem grün gedruckt sind. Was besagte Leichtigkeit angeht, so wird sie von den Kundigen stets beschworen und von den Pfeifen stets bestritten, und beide Fraktionen untermauern ihren Standpunkt durch den sprachlichen Augenschein, die einen zumeist beeindruckend, die anderen oft peinlich beschämend.
Hier wie dort wird man Judith Macheiner indessen zugestehen, dass die von ihr ausgewählten Beispiele oft richtiggehend schweben. Zum Beispiel dieser Satz aus „The House at Pooh Corner” von Alan Alexander Milne: You can’t help respecting anybody who can spell TUESDAY, even if he doesn’t spell it right. Das heißt, dass man jemanden, der Dienstag schreiben kann, einfach achten müsse, selbst wenn er es falsch schreibt, und bezieht sich auf Eules Fähigkeit, Dienstag so zu schreiben, dass man wusste, es war nicht Mittwoch:...so that you knew it wasn’t Wednesday. Muss man betonen, dass die Messer und Scheren von Sheffield dagegen deutlich abfallen, so apart es sein mag, dass die Einzahl von scissors a pair of scissors lautet. Leichter Sprach? Nun, sagen wir mal: kurios.
Sheffields Scheren
Wer jetzt glaubt, die „Englischen Grüße” würden im Wesentlichen von Pooh & Friends bestritten, der irrt (wobei Milnes Sprachkunst ja wirklich umwerfend ist und ein Land, wo Kinderbücher von solchen Leuten geschrieben werden, nicht hoch genug gepriesen werden kann). Als Bürgen für die Leichtigkeit des Englischen stehen etliche andere Autoren bereit, Autoren, die das, was sie schreiben, nicht nur richtig schreiben, sondern auch gut und in aller Regel ungleich witziger, als man’s vermuten möchte.
Dafür ein Exempel aus „How to do Things with Words” von John Langshaw Austin, dem Altmeister der Sprechakt-Theorie: Yet we, that is, even philosophers, set some limits to the amount of nonsense that we are prepared to admit we talk. Judith Macheiner nennt dieses Gebilde eine „raffinierte Steckfigur” und führt vor, wie schwer dergleichen im Deutschen darzustellen ist, schwer zumindest dann, wenn der Übersetzer den Ehrgeiz hat, außer dem Sinn des Satzes auch dessen verdichtete Form wiederzugeben. Das liest sich dann so: „Doch wir, das heißt selbst die Philosophen, setzen der Menge des Unsinns Grenzen, den zu äußern wir zuzugeben bereit sind.”
Natürlich ist Judith Macheiners Buch keine Sprachlehre im landläufigen Sinn. Wohl aber ist es eine Sprachlehre in dem Sinn, dass Sprachlehren just so sein sollten, wenn sie denn Ambitionen auf diesen Titel haben: gescheit, tiefgründig, gut zu lesen. Das zeigt sich, wo die Autorin die Fülle der grammatischen Gegenstände abhandelt – die Verlaufsform, Partizipien, „falsche Freunde” und was nicht noch alles – , ohne dabei das Wesen hinter den Erscheinungen aus den Augen zu verlieren. Behutsam, ohne Zimperlichkeit geleitet sie uns ins Innere der Sprache, und zwar nicht nur der englischen, sondern auch der deutschen, welch beide schließlich eine alte, bis heute deutlich sichtbare Verwandtschaft verbindet.
Dass das Büchlein gut zu lesen ist, mag daran liegen, dass Judith Macheiner sich als Schreiberin zu Herzen nimmt, was sie zu vermitteln verspricht: dass wir mit Hilfe der englischen Vorbilder „die Schwerkraft unserer eigenen Sprache überwinden” lernen. Des weiteren hält sie sich ersichtlich an Ludwig Wittgenstein Merksatz vom klaren Denken und Schreiben: Everything that can be thought at all can be thought clearly. Everything that can be put into words can be put clearly.
Dem wäre hinzuzufügen, dass man das klar Gedachte und Geschriebene gern auch klar fände. Das „Grammatische Varieté” hatte zu diesem Zweck ein Inhaltsverzeichnis und ein Register der Fachausdrücke. Die „Englischen Grüße” führen ein Inhaltsverzeichnis, das freilich ohne Seitenzahlen. Seltsam, ist es das nicht?
HERMANN UNTERSTÖGER
JUDITH MACHEINER: Englische Grüße oder Über die Leichtigkeit, mit der man eine fremde Sprache erlernen kann. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2001. 300 Seiten, 49,50 Mark.
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