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Im deutschen Recht ist die Zahl der Steuergesetze fast unübersehbar geworden. Seine Sprache und Regelungstechnik orientiert das EStGB an den Zielen, die auch für den Karlsruher Entwurf maßgebend waren: Die Belastungsgründe der Einkommensteuer sollen in einfacher und klarer Sprache definiert, aber nicht zu formal und wenig rechtstechnisch abgegrenzt werden, um die Anwendungspraxis immer wieder auf die rechtfertigenden Gründe der Besteuerung und Bemessung zurückzuführen.

Produktbeschreibung
Im deutschen Recht ist die Zahl der Steuergesetze fast unübersehbar geworden. Seine Sprache und Regelungstechnik orientiert das EStGB an den Zielen, die auch für den Karlsruher Entwurf maßgebend waren: Die Belastungsgründe der Einkommensteuer sollen in einfacher und klarer Sprache definiert, aber nicht zu formal und wenig rechtstechnisch abgegrenzt werden, um die Anwendungspraxis immer wieder auf die rechtfertigenden Gründe der Besteuerung und Bemessung zurückzuführen.
Autorenporträt
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Paul Kirchhof, geboren 1943, war von 1987 - 1999 Bundesverfassungsrichter und Professor für Öffentliches Recht an der Universität Heidelberg. Bekannt geworden durch seinen Entwurf für ein einfaches, luzides Steuerrecht. 2005 erhält Paul Kirchhof den Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache für seine Verdienste um die Sprache des Rechts und das deutsche Sprachenrecht.
Professor Paul Kirchhof ist Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und Leiter der Forschungsstelle Bundesgesetzbuch. Im Jahr 2011 wurde er mit dem Schader-Preis ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.09.2005

Kirchhofs Einstein-Formel
Vorschläge eines Wissenschaftlers, die sich im Regierungsalltag bewähren müssen

Einkommensteuergesetzbuch. Ein Vorschlag zur Reform der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Vorgelegt von Paul Kirchhof. C. F. Müller Verlag, Heidelberg 2003, XVI und 367 Seiten, 28 Euro.

Albert Einstein vermochte seine weltumfassende Relativitätstheorie auf die einfache Formel E = mc² zu bringen. Paul Kirchhof tut es ihm gleich mit der Formel: "Die Einkommensteuerschuld beträgt ein Viertel des Einkommens." Mit beiden können die Laien gleich viel anfangen. Da Kirchhof dies ahnte, hat er den zitierten Satz nicht an den Anfang seiner Vorstellung eines künftigen Einkommensteuergesetzes gestellt, sondern nur an die vierte Stelle im zweiten Paragraphen. Davor hat er verständnisfördernde Begriffsbestimmungen geschoben: "Einkommen sind Einkünfte des Steuerpflichtigen aus Erwerbshandeln abzüglich der existenzsichernden Aufwendungen und des Sozialausgleichs. Einkünfte sind die Erwerbserlöse abzüglich Erwerbskosten. Erwerbshandeln ist die Nutzung von Arbeitskraft und von Erwerbsgrundlagen zur Erzielung von Einkünften am Markt. Eine Erwerbsgrundlage ist eine zur Vermögensmehrung bestimmte und geeignete Einkunftsquelle." Dies zu Ende gedacht, wissen nun die einkommensteuerpflichtigen "natürlichen und steuerjuristischen Personen", daß weder der Lottogewinn noch das Nobelpreisgeld oder die Millionenerbschaft der Einkommensteuer unterliegen und somit zumindest bei letzterer die 25-Prozent-Beschränkung nicht unbesehen gilt.

Der CDU-Steuerrechtsvisionär Merz hatte die Steuererklärung des Normalbürgers auf einem Bierdeckel Platz finden sehen. Frau Merkels Steuerrechtsvisionär Kirchhof sieht voraus, daß eines Tages der Durchschnittsbürger nur noch zehn Minuten zum Ausfüllen seiner Steuererklärung brauchen werde. Dies ist eine gar nicht wirklichkeitsferne Sicht. Denn jeder, der seine Steuererklärung selbst ausfüllt, weiß, daß das Eintragen der Zahlen in die Rubriken reine Freude ist.

Die eigentliche Arbeit hingegen beginnt am 1. Januar des Vorjahres, umfaßt das Sammeln aller Belege, das ständige Überprüfen aller Tätigkeiten, Aufwendungen und Erwerbungen einschließlich derer für vermietete Objekte, ob sie steuerrelevant und dann ob sie steuergünstig oder steuerschädlich sind, das Zuordnen der Werbungskosten zu den einzelnen Einkommensarten, das Zusammen- und Gegenrechnen der eigenen Einnahmen und Ausgaben mit den Einnahmen und Ausgaben des Ehepartners und gegebenenfalls der schulpflichtigen, der minderjährigen und der volljährigen Kinder, soweit sie sich in der Ausbildung befinden und eigene Einkommen mit dazugehörigen Werbungskosten haben. Wer damit im Frühjahr des folgenden Jahres fertig ist, dem ist es dann schon egal, ob das Ausfüllen der Erklärung noch zehn, zwanzig oder hundertzwanzig Minuten dauert.

Freilich hat Kirchhofs Einkommensteuergesetzbuch nur 23 Paragraphen. Aber der letzte beginnt immerhin auf Seite 333 des mit Erklärungen und "Alt/neu"-Vergleichen gefüllten Buches und läßt schon von der Überschrift her nichts Gutes ahnen: "Verordnungsermächtigung". Nummer 1 "ermächtigt die Exekutive, Erwerbserlöse zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung näher zu bestimmen". Da gehe es etwa "um die Abgrenzung von nicht steuerbaren privaten Veräußerungsgeschäften" wie der Veräußerung des privat genutzten Eigenheims. Doch auch Kirchhof ahnt, daß kein Staat solche Veräußerungsgewinne unversteuert läßt, wenn sich im Laufe der Jahre herausstellt, daß ein Eigenheimbesitzer jedes Objekt nur bewohnt, um es nach Jahresfrist günstig zu veräußern. Das wird auch Kirchhof umtreiben. Der ehemalige Verfassungsrichter will mit seinem Steuermodell nämlich nicht Steuerbeliebigkeit fördern, sondern Steuerklarheit, die sich nach Kirchhofs Credo mit Steuergerechtigkeit gegenseitig bedingt.

Doch Gerechtigkeit ist für den im katholischen Geist Verwurzelten nicht eine Art juristischer Arithmetik, sondern eine soziale Kategorie. Daher schränkt er selbst sein 25-Prozent-Prinzip ein und gesteht allen natürlichen Personen einen "Grundfreibetrag" von 8000 Euro zu. Dieses Zugeständnis könnte jedoch, falls Kirchhofs Entwurf je in das Gesetzgebungsverfahren gelangen sollte, als Vorwand für die unterschiedlichsten Kräfte dienen, weitere Zugeständnisse zu fordern. Das Buch ist im Wahlkampf aktuell. Ihm Aktualität im Regierungsalltag zu verleihen wird die Bewährungsprobe für die Einzelperson Kirchhof werden. Für einen Bundesfinanzminister ist so viel Originalität allerdings eher hinderlich.

GEORG PAUL HEFTY

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