Margaret Laurence
Gebundenes Buch
Eine Laune Gottes
Roman. Mit einem Nachwort von Margaret Atwood Nach "Der steinerne Engel" der zweite der fünf Manawaka-Romane
Mitarbeit: Atwood, Margaret;Übersetzung: Baark, Monika
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Ausgezeichnet mit dem Governor General's Award 1966, dem wichtigsten Literaturpreis KanadasMit einem Nachwort von Margaret AtwoodRachel Camerons Leben ist bestimmt von ihrer Arbeit als Lehrerin und den Erwartungen ihrer Mutter. Außer ihr gibt es niemand, der sich um die kränkliche Witwe kümmern könnte. So scheint Rachels Schicksal besiegelt - als Mauerblümchen wird sie in der kanadischen Provinzstadt Manawaka ein gesellschaftlich kontrolliertes und ereignisloses Leben führen.Doch dann begegnet Rachel ihrem ehemaligen Schulfreund Nick wieder, der für die Sommermonate zu Besuch bei seinen...
Ausgezeichnet mit dem Governor General's Award 1966, dem wichtigsten Literaturpreis Kanadas
Mit einem Nachwort von Margaret Atwood
Rachel Camerons Leben ist bestimmt von ihrer Arbeit als Lehrerin und den Erwartungen ihrer Mutter. Außer ihr gibt es niemand, der sich um die kränkliche Witwe kümmern könnte. So scheint Rachels Schicksal besiegelt - als Mauerblümchen wird sie in der kanadischen Provinzstadt Manawaka ein gesellschaftlich kontrolliertes und ereignisloses Leben führen.
Doch dann begegnet Rachel ihrem ehemaligen Schulfreund Nick wieder, der für die Sommermonate zu Besuch bei seinen Eltern ist. Er geht mit ihr aus und beginnt eine Affäre mit ihr. Und obwohl Rachel ahnt, dass diese Beziehung nicht von Dauer sein kann, stürzt sie sich in dieses Verhältnis, erfährt zum ersten Mal in ihrem Leben körperliche Liebe und beginnt langsam zu begreifen, dass sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen muss, wenn sie sich nicht von den äußeren Umständen erdrücken lassen will ...
"Perfekter geht's eigentlich gar nicht, diese Mischung zwischen bösartig, komisch, lustig und Erkenntnis - ein ganz wunderbares Buch!" Elke Heidenreich
Mit einem Nachwort von Margaret Atwood
Rachel Camerons Leben ist bestimmt von ihrer Arbeit als Lehrerin und den Erwartungen ihrer Mutter. Außer ihr gibt es niemand, der sich um die kränkliche Witwe kümmern könnte. So scheint Rachels Schicksal besiegelt - als Mauerblümchen wird sie in der kanadischen Provinzstadt Manawaka ein gesellschaftlich kontrolliertes und ereignisloses Leben führen.
Doch dann begegnet Rachel ihrem ehemaligen Schulfreund Nick wieder, der für die Sommermonate zu Besuch bei seinen Eltern ist. Er geht mit ihr aus und beginnt eine Affäre mit ihr. Und obwohl Rachel ahnt, dass diese Beziehung nicht von Dauer sein kann, stürzt sie sich in dieses Verhältnis, erfährt zum ersten Mal in ihrem Leben körperliche Liebe und beginnt langsam zu begreifen, dass sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen muss, wenn sie sich nicht von den äußeren Umständen erdrücken lassen will ...
"Perfekter geht's eigentlich gar nicht, diese Mischung zwischen bösartig, komisch, lustig und Erkenntnis - ein ganz wunderbares Buch!" Elke Heidenreich
MARGARET LAURENCE, die neben Margaret Atwood und Alice Munro als bedeutendste Autorin Kanadas gilt, wurde in der Präriestadt Neepawa geboren und hätte am 18. Juli 2026 ihren hundertsten Geburtstag gefeiert. Von frühester Jugend an wollte sie Schriftstellerin sein. 1947 heiratete sie einen Bauingenieur und ging mit ihm erst nach England und dann nach Afrika. Über Afrika schrieb sie ihre ersten Texte, ihre bedeutendsten fünf Prosawerke sind jedoch in Kanada in der fiktiven Stadt Manawaka angesiedelt, der ihre Heimatstadt Neepawa Pate stand. Für Glücklichere Tage, mit dem Eisele die Veröffentlichung ihres grandiosen Romanzyklus abschließt, erhielt sie den bedeutendsten Literaturpreis Kanadas, den Governor General's Award. Margaret Laurence starb 1987.
Produktdetails
- Verlag: Eisele Verlag
- Originaltitel: A Jest of God
- Artikelnr. des Verlages: 95289713
- 2. Aufl.
- Seitenzahl: 288
- Erscheinungstermin: 28. April 2022
- Deutsch
- Abmessung: 206mm x 132mm x 32mm
- Gewicht: 380g
- ISBN-13: 9783961611300
- ISBN-10: 3961611300
- Artikelnr.: 62908955
Herstellerkennzeichnung
Julia Eisele Verlag GmbH
Lilienstraße 73
81669 München
kontakt@eisele-verlag.de
Die größte Margaret der kanadischen Literatur
Dieser Meinung ist auch deren berühmte Kollegin Atwood: Margaret Laurence' Roman "Eine Laune Gottes"
Ein fremdes Land betrete ich immer durch seine Buchläden. Mit der neuen Luft in der Nase, dem alten Jetlag in den Knochen suche ich zuallererst die schönsten Antiquariate auf und frage: "Was ist das eine Buch Ihres Landes, das ich unbedingt lesen muss?" Während eines ersten Toronto-Besuchs stellte ich diese Frage in drei Läden. Zweimal antworteten Menschen mit Lächeln: "Eine Laune Gottes" von Margaret Laurence. Die Verkäuferin im dritten Buchladen nannte einen anderen Roman - allerdings von derselben Autorin.
In ihrem Heimatland Kanada ist die 1926 geborene und
Dieser Meinung ist auch deren berühmte Kollegin Atwood: Margaret Laurence' Roman "Eine Laune Gottes"
Ein fremdes Land betrete ich immer durch seine Buchläden. Mit der neuen Luft in der Nase, dem alten Jetlag in den Knochen suche ich zuallererst die schönsten Antiquariate auf und frage: "Was ist das eine Buch Ihres Landes, das ich unbedingt lesen muss?" Während eines ersten Toronto-Besuchs stellte ich diese Frage in drei Läden. Zweimal antworteten Menschen mit Lächeln: "Eine Laune Gottes" von Margaret Laurence. Die Verkäuferin im dritten Buchladen nannte einen anderen Roman - allerdings von derselben Autorin.
In ihrem Heimatland Kanada ist die 1926 geborene und
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1987 gestorbene Margaret Laurence längst eine schreibende Säulenheilige, auch wenn sie zu ihren Lebzeiten heftigem Gegenwind ausgesetzt war: harscher und persönlicher Kritik und - viel schlimmer - der Androhung von Zensur und Verkaufsverbot ihres letzten Romans, dem noch unübersetzten Meisterwerk "The Diviners". Außerhalb Kanadas ist Laurence selbst in belesenen Kreisen größtenteils unbekannt und somit - viel schlimmer - ungelesen.
Ginge es nach ihrer um eine Generation jüngeren kanadischen Kollegin Margaret Atwood, wäre die ältere Margaret die bekannteste Autorin der Welt. In ihrem Nachwort zu "Eine Laune Gottes" nennt Atwood den Roman "ein beinahe vollkommenes Buch", und sie schwärmt: "Es ist schlicht, selbstgenügsam und von eleganter Form und enthält die Essenz eines Lebens."
Das Leben, dessen Essenz Laurence' dritter Roman von 1966 enthält, ist das der Rachel Cameron. Die vierunddreißigjährige Lehrerin wartet sich in der Kleinstadt Manawaka in Manitoba durch eine monotone Existenz. Seit dem frühen Tod ihres Vaters vor vielen Jahren lebt sie mit ihrer gebrechlichen, angstvollen und bestimmenden Mutter über dem Bestattungsinstitut, das der Vater bis zu seinem Tod geleitet hat. Symbolisch ist der Tod des Vaters gleich doppelt im Hause Cameron anwesend, und auch sonst schweben über Rachels Leben die Abwesenden. Ob tot oder lebendig, sie sind es, die es aus Manawaka rausgeschafft haben.
Rachel ist eine Gefangene ihres Lebens, gekettet an ihre Mutter, für die sie aufgrund deren harmlosen Herzleidens und fortschreitender Hypochondrie selbst die Rolle einer Mutter übernehmen muss, und gekettet an ihren Lehrberuf, der sie ebenfalls zur symbolischen Mutter fremder Kinder macht. Doch Rachel will keine Mutter sein, weder symbolisch noch sonst wie. In jedem Moment ihres Lebens will Rachel nur eines: flüchten. Wenn sie mit einer Freundin ausgeht, will sie nach Hause, wenn sie bei den Bridge-Freundinnen ihrer Mutter ist, wäre sie überall lieber als zu Hause.
Was der körperlich Feststeckenden, dieser gesellschaftlich stillgestellten Frau die Möglichkeit des Ausbruchs bietet, ist ihr Innenleben. Rachels Gedankenstrom ist bisweilen so glühend, dass sich die junge Frau selbst beruhigen muss, um nicht aus ihrer Haut zu fahren. Doch gerade durch ihre Gedankenschrauben und durch Laurence' dosiert gesetzte Bewusstseinsströme spielt der Fluchtwunsch in Rachels Geist, "in diesem tiefen Theater", die Hauptrolle und wird zum Hauptantrieb des Romans.
Obwohl Laurence keine vorrangig handlungsgetriebene Schriftstellerin ist, sind ihre Bücher stilistisch derart geschliffen, ihre Beschreibungen so klar und doch häufig leicht verfremdend, dass selbst Alltäglichkeiten in dieser Prosa zu spannungsgeladenen Erzählmomenten werden. So wird etwa die Beschreibung einer Nacht, in der die stets gedankengeplagte Rachel nicht in den Schlaf findet, zu einem unheilvollen epischen Bild: "Die Nacht fühlt sich an wie ein gigantisches Riesenrad, das in der Dunkelheit seine Runden dreht, sehr langsam, eine Umdrehung pro Stunde, unendlich langsam. Und ich bin daran festgeklebt oder festgebunden wie Papier, wie ein Foto, substanzlos, unfähig, mich zu erden, unfähig, dieses langsame nächtliche Kreisen zu stoppen."
Es steckt eine große Würde in Rachels verzweifelnden Versuchen, sich von ihrer Mutter abzunabeln, die eingespurten Familienmuster aus Schuld und Verantwortung zu verlassen und ein eigenes Leben zu beginnen. Es steckt eine enorme Schönheit in ihren Versuchen wie in ihrem Scheitern. Und letztlich in ihrem verdienten Erfolg.
Eine Sommerliebe zu dem früheren Schulfreund Nick, der zurück in der Kleinstadt ist, um seinen alternden Eltern zur Hand zu gehen, bietet Rachel das lang ersehnte Schlupfloch aus Manawaka. Nur durch ihr Vertrauen zu Nick und durch seine Bewunderung für sie wagt Rachel es, ihren tiefsten Gedanken Ausdruck zu verleihen: "Ich find's schrecklich, hier zu wohnen."
Wenn Nick die Kleinstadt verlässt und Rachel eine Zeit lang einsam und gebrochen scheint, erkennt sie, dass er einer der Abwesenden ist, die sie in Gedanken zu sich ziehen. "Hör zu, Nick . . . Ich rede mit ihm, wenn er nicht da ist, und erzähle ihm alles, was mir einfällt, alles, was jemals passiert ist und wie ich mich fühle."
Alle fünf großen Romane der Autorin spielen in der fiktiven Provinzstadt Manawaka, die sie so genau entwirft wie William Faulkner sein Yoknapatawpha. Laurence' Genauigkeit des Settings führt zu wunderschönen Beschreibungen, wie jene der einzigen Straße, auf der Rachel je gewohnt hat: "Japonica Street. Unser Haus steht immer noch inmitten von Fichten, so wie ich es schon ewig in Erinnerung habe. Keine anderen Bäume sind so schützend dunkel, halten neugierige Blicke oder die Sonne im Sommer fern, die Wipfel sind höher als Häuser, die niedrigen Äste hängen schwer auf den Boden wie die grobknochigen grünschwarz gefiederten Flügel ausgestorbener Vögel."
Ein Nebeneffekt von Laurence' hyperrealistischen Schilderung des Settings und seiner Eigenheiten ist, dass man Manawaka so gestochen scharf vor sich sieht, als wäre es der eigene Ort der Kindheit, den man nicht schnell genug verlassen kann, auch wenn es der schönste Ort des Lebens bleiben wird. Die Prosa von Laurence, tiefsinnig, bildreich, humorvoll, wird von Monika Baark, die schon "Der steinerne Engel" übertrug, in ein biegsam schönes Deutsch gebracht, das dem Original nicht nachsteht.
Will oder kann man aus der reichhaltigen und vielseitigen kanadischen Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts nur eine Autorin lesen, so muss es Margaret Laurence sein. Wer es nicht tut, verpasst die Essenz des Lebens. JAN WILM
Margaret Laurence: "Eine Laune Gottes". Roman.
Aus dem kanadischen Englisch von Monika Baark. Nachwort von Margaret Atwood. Edition Eisele, München 2022. 287 S., geb., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ginge es nach ihrer um eine Generation jüngeren kanadischen Kollegin Margaret Atwood, wäre die ältere Margaret die bekannteste Autorin der Welt. In ihrem Nachwort zu "Eine Laune Gottes" nennt Atwood den Roman "ein beinahe vollkommenes Buch", und sie schwärmt: "Es ist schlicht, selbstgenügsam und von eleganter Form und enthält die Essenz eines Lebens."
Das Leben, dessen Essenz Laurence' dritter Roman von 1966 enthält, ist das der Rachel Cameron. Die vierunddreißigjährige Lehrerin wartet sich in der Kleinstadt Manawaka in Manitoba durch eine monotone Existenz. Seit dem frühen Tod ihres Vaters vor vielen Jahren lebt sie mit ihrer gebrechlichen, angstvollen und bestimmenden Mutter über dem Bestattungsinstitut, das der Vater bis zu seinem Tod geleitet hat. Symbolisch ist der Tod des Vaters gleich doppelt im Hause Cameron anwesend, und auch sonst schweben über Rachels Leben die Abwesenden. Ob tot oder lebendig, sie sind es, die es aus Manawaka rausgeschafft haben.
Rachel ist eine Gefangene ihres Lebens, gekettet an ihre Mutter, für die sie aufgrund deren harmlosen Herzleidens und fortschreitender Hypochondrie selbst die Rolle einer Mutter übernehmen muss, und gekettet an ihren Lehrberuf, der sie ebenfalls zur symbolischen Mutter fremder Kinder macht. Doch Rachel will keine Mutter sein, weder symbolisch noch sonst wie. In jedem Moment ihres Lebens will Rachel nur eines: flüchten. Wenn sie mit einer Freundin ausgeht, will sie nach Hause, wenn sie bei den Bridge-Freundinnen ihrer Mutter ist, wäre sie überall lieber als zu Hause.
Was der körperlich Feststeckenden, dieser gesellschaftlich stillgestellten Frau die Möglichkeit des Ausbruchs bietet, ist ihr Innenleben. Rachels Gedankenstrom ist bisweilen so glühend, dass sich die junge Frau selbst beruhigen muss, um nicht aus ihrer Haut zu fahren. Doch gerade durch ihre Gedankenschrauben und durch Laurence' dosiert gesetzte Bewusstseinsströme spielt der Fluchtwunsch in Rachels Geist, "in diesem tiefen Theater", die Hauptrolle und wird zum Hauptantrieb des Romans.
Obwohl Laurence keine vorrangig handlungsgetriebene Schriftstellerin ist, sind ihre Bücher stilistisch derart geschliffen, ihre Beschreibungen so klar und doch häufig leicht verfremdend, dass selbst Alltäglichkeiten in dieser Prosa zu spannungsgeladenen Erzählmomenten werden. So wird etwa die Beschreibung einer Nacht, in der die stets gedankengeplagte Rachel nicht in den Schlaf findet, zu einem unheilvollen epischen Bild: "Die Nacht fühlt sich an wie ein gigantisches Riesenrad, das in der Dunkelheit seine Runden dreht, sehr langsam, eine Umdrehung pro Stunde, unendlich langsam. Und ich bin daran festgeklebt oder festgebunden wie Papier, wie ein Foto, substanzlos, unfähig, mich zu erden, unfähig, dieses langsame nächtliche Kreisen zu stoppen."
Es steckt eine große Würde in Rachels verzweifelnden Versuchen, sich von ihrer Mutter abzunabeln, die eingespurten Familienmuster aus Schuld und Verantwortung zu verlassen und ein eigenes Leben zu beginnen. Es steckt eine enorme Schönheit in ihren Versuchen wie in ihrem Scheitern. Und letztlich in ihrem verdienten Erfolg.
Eine Sommerliebe zu dem früheren Schulfreund Nick, der zurück in der Kleinstadt ist, um seinen alternden Eltern zur Hand zu gehen, bietet Rachel das lang ersehnte Schlupfloch aus Manawaka. Nur durch ihr Vertrauen zu Nick und durch seine Bewunderung für sie wagt Rachel es, ihren tiefsten Gedanken Ausdruck zu verleihen: "Ich find's schrecklich, hier zu wohnen."
Wenn Nick die Kleinstadt verlässt und Rachel eine Zeit lang einsam und gebrochen scheint, erkennt sie, dass er einer der Abwesenden ist, die sie in Gedanken zu sich ziehen. "Hör zu, Nick . . . Ich rede mit ihm, wenn er nicht da ist, und erzähle ihm alles, was mir einfällt, alles, was jemals passiert ist und wie ich mich fühle."
Alle fünf großen Romane der Autorin spielen in der fiktiven Provinzstadt Manawaka, die sie so genau entwirft wie William Faulkner sein Yoknapatawpha. Laurence' Genauigkeit des Settings führt zu wunderschönen Beschreibungen, wie jene der einzigen Straße, auf der Rachel je gewohnt hat: "Japonica Street. Unser Haus steht immer noch inmitten von Fichten, so wie ich es schon ewig in Erinnerung habe. Keine anderen Bäume sind so schützend dunkel, halten neugierige Blicke oder die Sonne im Sommer fern, die Wipfel sind höher als Häuser, die niedrigen Äste hängen schwer auf den Boden wie die grobknochigen grünschwarz gefiederten Flügel ausgestorbener Vögel."
Ein Nebeneffekt von Laurence' hyperrealistischen Schilderung des Settings und seiner Eigenheiten ist, dass man Manawaka so gestochen scharf vor sich sieht, als wäre es der eigene Ort der Kindheit, den man nicht schnell genug verlassen kann, auch wenn es der schönste Ort des Lebens bleiben wird. Die Prosa von Laurence, tiefsinnig, bildreich, humorvoll, wird von Monika Baark, die schon "Der steinerne Engel" übertrug, in ein biegsam schönes Deutsch gebracht, das dem Original nicht nachsteht.
Will oder kann man aus der reichhaltigen und vielseitigen kanadischen Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts nur eine Autorin lesen, so muss es Margaret Laurence sein. Wer es nicht tut, verpasst die Essenz des Lebens. JAN WILM
Margaret Laurence: "Eine Laune Gottes". Roman.
Aus dem kanadischen Englisch von Monika Baark. Nachwort von Margaret Atwood. Edition Eisele, München 2022. 287 S., geb., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Jan Wilm entdeckt die kanadische Autorin Margaret Laurence und ihren Roman von 1966. Beschrieben wird das Leben und Sehnen einer jungen Frau und Lehrerin, die den Fängen der heimatlichen Kleinstadt nicht entkommen kann. Gekettet an ihre kranke Mutter und ihren Beruf, träumt sie gedankenreich von der Flucht. Diese Bewusstseinsströme erscheinen Wilm von Laurence stilistisch derartig wohl geformt zu sein, dass sie zu Sinnbildern werden. Die Beschreibung des Provinz-Settings findet Wilm gleichfalls betörend und so hyperrealistisch genau, dass der Leser es gut zu kennen meint, erklärt er.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Perfekter geht's eigentlich gar nicht, diese Mischung zwischen bösartig, komisch, lustig und Erkenntnis - ein ganz wunderbares Buch! Elke Heidenreich spiegel.de 20220515
Kanada in den 1960ern. Rachel Cameron ist Anfang 30, Lehrerin und lebt mit ihrer Mutter über dem Bestattungsinstitut, das ihrem Vater gehört hat, nach dessen Tod aber verkauft wurde. Rachel hat sich in ihrem Leben eingerichtet. Ihre Tage bestehen in erster Linie aus ihrer Arbeit und …
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Kanada in den 1960ern. Rachel Cameron ist Anfang 30, Lehrerin und lebt mit ihrer Mutter über dem Bestattungsinstitut, das ihrem Vater gehört hat, nach dessen Tod aber verkauft wurde. Rachel hat sich in ihrem Leben eingerichtet. Ihre Tage bestehen in erster Linie aus ihrer Arbeit und Fernsehabenden oder Kinobesuchen mit der Mutter, die sich Rachels Aufmerksamkeit durch emotionale Erpressung sichert. Bridg-Abende, an denen Rachel die Aufgabe zukommt, die Freundinnen ihrer Mutter zu bedienen, und gelegentliche Einladungen bei ihrem Chef oder einer Kollegin – viel mehr Abwechslung gibt es nicht und scheint Rachel auch nicht zu wollen. Das ändert sich, als sie zufällig ihrem alten Schulkameraden Nick begegnet, ein Treffen, das ihr Leben auf viele Weisen umkrempeln kann.
„Eine Laune Gottes“ ist der zweite von Margaret Laurences fünf Romanen, die in dem fiktiven Manawaka spielen, einer Kleinstadt, die von Laurences Heimatstadt Neepawa inspieriert wurde. Was mir als Erstes auffiel, war, wie erfrischend sie ihre Protagonistin gezeichnet hat. In letzter Zeit habe ich öfter Bücher über „alte Jungfern“ gelesen – ich denke da an Eleanor Oliphant aus „Eleanor Oliphant ist completely fine“ von Gail Honeyman oder Molly Gray aus „The Maid“ von Nita Prose – in denen die Heldinnen sehr liebenswert, aber auch immer etwas verschroben und extrem naiv waren. Rachel ist das nicht. Nach außen benimmt sie sich, wie es die Gesellschaft von ihr erwartet, höflich und wohlerzogen, aber sie beobachtet ihre Umwelt sehr genau und urteilt scharf bis zur Bösartigkeit. Sie hat Ecken und Kanten, ist vielschichtig und tiefgründig auf einer sehr bewussten Ebene. Und vor allem geraten ihre charakterlichen Stärken auch mal ins Wanken, zeigen deutlich die Spannung zwischen inneren Wünschen und äußeren Erwartungen, denen Frauen in den 1960ern noch um einiges mehr ausgesetzt waren, als heute.
Ein interessanter Kniff der Autorin ist, dass sie Rachels Wunschträume so in den Text einfließen lässt, dass man oft nicht sofort erkennen kann, ob das Geschilderte Realität oder eben reine Traumvorstellung ist. Sehr schön verdeutlicht fand ich auch den Kampf der Protagonistin zwischen ihren Hoffnungen und dem Wissen, dass diese keine reelle Existenzberechtigung haben.
Ich erwähne Übersetzer oder Übersetzerinnen viel zu selten, vor allem, weil ich meistens das Gefühl habe, dass ich nicht beurteilen kann, wie gelungen die Übertragung ist, wenn ich nicht das Original kenne. Aber dieses Mal möchte ich Monika Baark hervorheben, die „Eine Laune Gottes“ so frisch übersetzt hat, dass das Buch ungemein an Aktualität gewinnt und einen nicht in den Glauben verfallen lässt, als moderne Frau wäre man vor Geschichten wie der Rachels gefeit.
Alles in allem ein gelungenes Buch, dass ich nicht direkt verschlungen, aber sehr gerne gelesen habe und ebenso gerne weiterempfehle. Es wird bestimmt nicht meine letzte Lektüre von Margaret Laurence gewesen sein.
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Die 34-jährige Grundschullehrerin Rachel Cameron führt in der kanadischen Provinzstadt Manawaka ein ereignisloses Leben. Während sie zuhause ihre pflegebedürftige Mutter umsorgt und dafür die meiste Zeit aufbringt, findet sie auch im Berufsleben nicht wirklich Anschluss. Als …
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Die 34-jährige Grundschullehrerin Rachel Cameron führt in der kanadischen Provinzstadt Manawaka ein ereignisloses Leben. Während sie zuhause ihre pflegebedürftige Mutter umsorgt und dafür die meiste Zeit aufbringt, findet sie auch im Berufsleben nicht wirklich Anschluss. Als ihr ehemaliger Mitschüler Nick für den Sommer nach Hause kommt, scheinen sich die Dinge schlagartig zu ändern. Rachel beginnt mit dem ein Jahr älteren Mann eine Affäre, die für sie nicht folgenlos bleibt...
"Eine Laune Gottes" von Margaret Laurence ist im kanadischen Original bereits 1966 erschienen, und der Eisele Verlag bringt in der Übersetzung von Monika Baark und mit einem Nachwort von Margaret Atwood versehen nun erstmals eine deutsche Fassung auf den Markt. Es ist eine wunderbare Entscheidung, denn der Roman ist ein literarisches Juwel erster Güte.
Während Laurence (1926 - 1987) in Kanada neben Atwood und Alice Munro als eine der drei großen heimischen Schrifstellerinnen gilt, war sie in Deutschland bis vor Kurzem nahezu unbekannt. Mit der Neuübersetzung von "Der steinerne Engel" bemühte sich der Eisele Verlag schon vor zwei Jahren, daran etwas zu ändern. Mit "Eine Laune Gottes" legt der Verlag nun den zweiten der fünf "Manawaka"-Romane nach.
Ich-Erzählerin und Protagonistin Rachel ist eine hinreißende Figur, der ich von Beginn an sehr gern gefolgt bin. Ihre inneren Monologe strahlen eine große Intensität aus, zudem ist sie eine zutiefst verunsicherte Person voller Selbstzweifel und mit einem fast krankhaften Wunsch, nicht auffallen zu wollen. Sie ist eine Hauptfigur voller Fehler und Makel, die mich nie kalt ließ und trotz ihrer Ambivalenz bei mir auf großes Mitgefühl stieß. Denn Margaret Laurence gelingt es, Rachel psychologisch sehr feinfühlig und gleichzeitig ehrlich und mit einer gehörigen Prise Selbstironie darzustellen. Diese Ambivalenz überträgt sich fast nahtlos auf die ebenfalls sehr gelungenen Nebenfiguren wie Nick, Rachels Mutter oder die heimlich in sie verliebte Kollegin Calla.
Laurences Schreibstil ist schnörkellos und mag auf den ersten Blick etwas simpel scheinen, doch immer wieder finden sich zwischen den Zeilen bemerkenswert kluge Sätze. "Kinder haben einen eingebauten Verlogenheitsradar", heißt es beispielsweise an einer Stelle oder "Die Nacht fühlt sich an wie ein gigantisches Riesenrad, das in der Dunkelheit seine Runden dreht" über eine schlaflose Nacht voller Grübeleien. Immer wieder schiebt sie zudem kleinere Absätze ein, in denen es um Träume oder Phantastereien Rachels geht. Auch durch diese fast surreal wirkenden Absätze gelingt es der Autorin, die Spannung durchweg hochzuhalten.
Zu Höchstform läuft Laurence gar im letzten Drittel des Romans auf, das sicherlich als Höhepunkt des gesamten Romans gelesen werden kann. Die Autorin überrascht die Leser:innen ein ums andere Mal mit nicht vorhersehbaren Wendungen und bleibt dabei trotzdem glaubwürdig. Und obwohl das Finale eine große Hoffnung ausstrahlt, verkommt es nicht einmal ansatzweise zu einem kitschigen Happy-End.
So ist "Eine Laune Gottes" für mich insgesamt eine wunderbare Lektüre und zudem eine große Überraschung gewesen. Trotz seiner fast 60 Jahre wirkt der Roman angenehm zeitlos und alles andere als angestaubt. Durch die Kriegshandlungen in der Ukraine erhält er in einer Nebenhandlung sogar überraschende Aktualität. Zudem traut sich Laurence, gesellschaftliche und persönliche Themen wie weibliche Sexualität, Einwanderung, Glauben und Homosexualität anzusprechen, was vor allem im Nordamerika der 1960er-Jahre alles andere als selbstverständlich war. Aufgrund der Entwicklung Rachels wirkt "Eine Laune Gottes" auf mich außerdem fast wie ein Coming-of-Age-Roman mit einer Erwachsenen, was ich so bisher wohl auch noch nicht kennengelernt habe.
Laurence schafft es, mich mit dem Roman zum Lachen und - allerspätestens mit den herausragenden letzten drei Sätzen - zum Weinen zu bringen, mich mit und über Rachel zu ärgern und mich für sie zu freuen. Es ist der
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