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Obwohl wir ständig von Licht umgeben sind, hat die Wissenschaft lange Mühe gehabt, die rätselhafte Natur dieses Phänomens zu erfassen: seine aus Welle und Teilchen, den Photonen, gebildete Doppelnatur. Das Buch führt von den frühen Entdeckungen bis hin zu den modernsten Theorien über die Rolle des Lichts im Universum und zeigt auf, welche verheißungsvollen Anwendungsmöglichkeiten sich in Industrie und Wirtschaft eröffnen.

Produktbeschreibung
Obwohl wir ständig von Licht umgeben sind, hat die Wissenschaft lange Mühe gehabt, die rätselhafte Natur dieses Phänomens zu erfassen: seine aus Welle und Teilchen, den Photonen, gebildete Doppelnatur. Das Buch führt von den frühen Entdeckungen bis hin zu den modernsten Theorien über die Rolle des Lichts im Universum und zeigt auf, welche verheißungsvollen Anwendungsmöglichkeiten sich in Industrie und Wirtschaft eröffnen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.08.1998

Eine Frage der hellen Begeisterung
Daß die Natur des Lichts noch im Dunkeln liegt, gibt Sidney Perkowitz keine finsteren Gedanken ein

Alle Welt staunte. Man stelle sich vor: Tausende Glühlampen, die über dem Ausstellungsgelände der World Columbian Exposition 1893 in Chicago, wie ein Zeitzeuge zitiert wird, "den pechschwarzen Mantel der Nacht durchbohrten". Nur die Wissenschaft blieb cool - beruhigt, schreibt Sidney Perkowitz, "durch ihr Wissen um den elektromagnetischen Charakter des Lichts und seine Verbindung zur Elektrizität". Für sie war das Mysterium entzaubert. War es das? Und durch welche Art von Wissen?

Durch Formeln, in diesem Fall dreißig Jahre zuvor von James Clerk Maxwell aufgezeichnet: mathematische Beschreibungen des gemeinsamen Ursprungs von Magnetismus und Elektrizität. Das ist der Stoff, über den Physiker ins Schwärmen geraten: ein paar Zeichen auf dem Papier. Perkowitz nennt sie "Maxwells esoterische Zeichen", die ihn in ihrer höchst gedrängten und "bedeutungsschweren mathematischen Sprache" an "ägyptische Hieroglyphen oder die Zeichen auf den Umhängen der Alchimisten" erinnern. Die Fachwelt rühmt sie ihrer Eleganz wegen - vermutlich mit Recht. Denn alles, was nach Maxwell an Formeln auf Tafel, Papier und Monitor gebannt wurde, sieht ungleich komplizierter aus. Und ist doch immer nur Variation ein und desselben Themas, des Versuchs, die Welt in möglichst einfacher Weise zu beschreiben.

Perkowitz, Experimentalphysiker, zeigt uns, wie dieser Versuch stets irgendwie mit dem Licht zu tun hat, dem vielleicht wunderbarsten irdischen und kosmischen Phänomen, das wir kennen. Gott sei Dank fehlt ihm das Pathos eines Stephen Hawking. Anders als sein berühmter Kollege in Cambridge nimmt Perkowitz wohltuend Abstand davon, uns die Weltformel aufschwatzen zu wollen, die Theory Of Everything. Und ohne es auszusprechen, teilt er uns mit, wie weit entfernt davon die Wissenschaft noch ist.

Das hat seinen Grund auch in einem Rätsel, einer ungeklärten Frage, die die Physik seit Jahrhunderten des Nachdenkens über das Licht mit sich herumschleppt: Warum ist es sowohl Welle als auch Teilchen? Daß beides die Wirklichkeit von Licht beschreibt, liegt außer Zweifel. Beugungseffekte von Lichtwellen kannte man bereits im siebzehnten Jahrhundert. Und Newton zerlegte einen Sonnenstrahl, indem er ein Glasprisma hineinstellte. Nach langem Hin und Her beschied er, daß das Licht aus "Korpuskeln" bestehe.

Das war nicht das letzte Wort in dieser Angelegenheit. Noch heute springen Physiker je nach Bedarf zwischen beiden Modellen hin und her, schlicht, indem sie die eine oder die andere Seite der Doppelnatur vernachlässigen. Das ist natürlich unbefriedigend, aber alle Versuche, das Rätsel zu lösen, verstrickten sie nur tiefer in die Ambivalenz des Lichts. Die berühmteste und immer wieder variierte Versuchsanordnung ist das Doppelspaltexperiment: Vor einen Trennschirm mit zwei Spalten stellt man eine schwache Lichtquelle, die einzelne Photonen aussendet. Durch welchen der beiden Spalte wird ein Photon den Schirm passieren? Seltsamerweise durch beide: Auf photoempfindlichem Material, das hinter dem Schirm angebracht wird, zeigt sich ein Interferenzmuster - Beleg für den Wellencharakter. Wird jedoch statt des Films jeweils ein Detektor hinter jedem Spalt installiert, so zeigt sich das Photon in einem der Detektoren als Teilchen. In einer raffinierten Variante des Experiments hat die Physik herausgefunden, daß das Photon seine Dualität auch nach der Passage des Schirms behält - um sich wunderbarerweise dem anzupassen, was der Experimentator ihm zum Nachweis bietet.

"Das heißt", schreibt Perkowitz, "wenn wir den Teilchen-Detektortyp wählen, verhält sich das Photon, als wäre es vorher nur durch ein Loch gelangt." Wählt der Physiker den photoempfindlichen Film, dann verhält es sich so, als hätte es beide Löcher passiert: Es interferiert mit sich selbst. Warum es das tut, entzieht sich zum Verzweifeln hartnäckig einer Antwort, will heißen einer mathematischen Formulierung. Selbst die Krönung der physikalischen Theorien, die Quantenelektrodynamik, in Physikerkreisen kurz und liebevoll QED genannt, spiegelt nur die alten Schwierigkeiten wider. "Unter der Oberfläche unseres Lichtverständnisses lauert der Dualismus mit beunruhigenden Konsequenzen", schreibt Perkowitz.

Was ist daran beunruhigend? Daß Rationalität und Formeln allein die Wirklichkeit nicht zu erfassen vermögen? Das ist eine Binsenweisheit. Nur die Physik stellt uns gern die letzten Gewißheiten über das Universum in Aussicht. Vor allem wohl deshalb, weil sie ihre milliardenschweren Großprojekte begründen muß. Doch Perkowitz spürt inzwischen "bei vielen Physikern die Bereitschaft, sich mit der Vermutung auseinanderzusetzen, daß der Geist die physikalische Welt beeinflussen könnte". Wie anders ist das Spiel, daß das Photon mit seinem Beobachter treibt, zu interpretieren?

"Das Licht ist, was es ist", schreibt der Autor. "Die wissenschaftlichen Geschichten, die wir erfinden, um seine sinnverwirrenden Rätsel zu erklären, zeigen nur den gegenwärtigen Stand unserer Unwissenheit, während die Wirklichkeit unbeeindruckt ihren Geschäften nachgeht, unabhängig von den Geschichten, die wir erzählen." Das klingt resigniert, ist es aber vielleicht gar nicht. Es ist womöglich nur Zeichen aufkeimender Demut vor dem widerspenstigen Gegenstand. Das macht Perkowitz' Natur-, Kultur- und Technikgeschichte des Lichts sympathisch. Der Autor scheint zerrissen vom Doppelcharakter des Lichts als "Mysterium" und als Gegenstand seiner rationalen Betrachtung. Soll er staunen? Soll er erklären und somit entzaubern?

Er tut beides. Er betrachtet die roten Dächer auf van Goghs "Brücke von Langlois in Arles" und sinniert darüber, auf welche Weise sie kürzere Wellenlängen absorbieren und längere reflektieren. Wir leben, schreibt Perkowitz am Ende, in einer Welt, "die wir zwar nicht ganz verstehen, die aber definiert, was wir sind und was wir wissen". Wir begreifen, daß das Wissen um die Natur auch andere Strukturen als Formeln tragen kann. Und alles behält seinen Zauber. REGINE HALENTZ

Sidney Perkowitz: "Eine kurze Geschichte des Lichts". Die Erforschung eines Mysteriums. Aus dem Amerikanischen von Hainer Kober. Deutscher Taschenbuchverlag, München 1998. 289 S., br., 29,90 DM.

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