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Was macht uns zu denen, die wir sind? Warum leben wir gerade dieses Leben und kein anderes?
Asle, alternder Maler und Witwer, wohnt allein an der Südwestküste Norwegens. In der nächsten Kleinstadt liegt ein anderer Asle, ebenfalls Maler, im Krankenhaus, zerfressen vom Alkoholismus. Asle und Asle sind Doppelgänger, zwei Versionen desselben Lebens, zwei Versionen derselben Person, die beide mit existenziellen Fragen zu kämpfen haben.
In diesem letzten Teil von Jon Fosses Heptalogie verfolgen wir in Rückblenden das Leben der beiden Asles als junge Erwachsene: Der Erzähler lernt seine große
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Produktbeschreibung
Was macht uns zu denen, die wir sind? Warum leben wir gerade dieses Leben und kein anderes?

Asle, alternder Maler und Witwer, wohnt allein an der Südwestküste Norwegens. In der nächsten Kleinstadt liegt ein anderer Asle, ebenfalls Maler, im Krankenhaus, zerfressen vom Alkoholismus. Asle und Asle sind Doppelgänger, zwei Versionen desselben Lebens, zwei Versionen derselben Person, die beide mit existenziellen Fragen zu kämpfen haben.

In diesem letzten Teil von Jon Fosses Heptalogie verfolgen wir in Rückblenden das Leben der beiden Asles als junge Erwachsene: Der Erzähler lernt seine große Liebe Ales kennen, tritt in die katholische Kirche ein und verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Versuch, alle Bilder, die in seinem Kopf bereits existieren, auch zu malen.

«Die Lektüre der Heptalogie über die Abrechnung eines alternden Mannes mit den verflochtenen Realitäten von Gott, Kunst, Identität, Familie und dem Leben an sich erfüllt mit großer Ehrfurcht für die immense metaphysische Kraft dieses Texts.» The New York Times

«Eine tief bewegende Erfahrung.» The New York Review of Books
Autorenporträt
Jon Fosse, 1959 in der norwegischen Küstenstadt Haugesund geboren und am Hardangerfjord aufgewachsen, gilt als einer der bedeutendsten europäischen Schriftsteller unserer Zeit. 2023 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.  Internationale Bekanntheit erlangte Fosse zunächst als Dramatiker. Seine mehr als dreißig Theaterstücke werden weltweit aufgeführt und brachten ihm zahlreiche Preise ein. In deutscher Übersetzung erschienen zunächst die Romane "Melancholie", "Morgen und Abend" und "Das ist Alise". Für sein Prosawerk "Trilogie" bekam er 2015 den Literaturpreis des Nordischen Rates verliehen, den renommiertesten Literaturpreis Skandinaviens. Mit "Der andere Name", dem ersten Band seines Romanprojekts "Heptalogie", war er 2020 für den  International Booker Prize nominiert, mit dem letzten Band "Ein neuer Name" stand er 2022 auf der Shortlist und wurde mit den wichtigsten norwegischen Literaturpreisen Brageprisen und Kritikerprisen ausgezeichnet. Seit 2011 genießt er lebenslanges Wohnrecht in der "Grotte", einer Ehrenwohnung des norwegischen Königs am Osloer Schlosspark, und lebt mitunter auch in Hainburg an der Donau/Österreich oder in Frekhaug/Norwegen. Seit 2022 ist er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Hinrich Schmidt-Henkel, geboren 1959, lebt in Berlin. Er übersetzt u.a. auch Jean Echenoz, Édouard Louis, Jon Fosse, Tomas Espedal und Tarjei Vesaas. Ausgezeichnet wurde er z. B. mit dem Jane Scatcherd-Preis, dem Paul-Celan-Preis des Deutschen Literaturfonds und dem Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW (zusammen mit Frank Heibert).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Dem "Numinosen" weiß der Literaturnobelpreisträger Jon Fosse eine "literarische Stimme" zu geben, schwärmt Rezensent Aldo Keel. In ein ganz eigenes Universum taucht der Rezensent hier  mittels Fosses "klangvoller" und "hochartifizieller" Prosa ein: Wir begegnen dem sterbenden Maler Asles, der in Rückschauen als Ich-Erzähler sein Leben schildert. Die verschiedenen Zeitebenen gehen kaum merklich ineinander über, so der Rezensent, Fosses spezieller Art der Interpunktion unterstützt dieses "sanfte Rollen": erst fehlen die Punkte, später auch die Kommas, was den Text passagenweise als eine Art Bewusstseinsstrom dahinfließen lässt. In der Begegnung des gläubigen, geordnet lebenden Arles mit seinem alkoholkranken, erfolglosen Namensvetter glaubt der Rezensent den Wandel zu erkennen, den der Autor vor zehn Jahren selbst durchgemacht hat.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.12.2023

Das große Nichts
Näher an dem, was das Leben ausmacht, scheint man nie gewesen zu sein:
Die Übersetzung von Jon Fosses „Heptalogie“ ist vollendet.
VON THOMAS STEINFELD
Es dauert ein paar Seiten, bis sich der Leser in die jüngsten Romane Jon Fosses hineinfindet: Der Text läuft ohne Punkte oder Absätze dahin, als wäre er eine Niederschrift der losen Gedankengänge, Assoziationen und Bilderfolgen, die dem Erzähler (ob es immer derselbe ist, weiß man auch nicht) durch den Kopf gehen. Es gibt kein Innehalten, nicht immer sind die Sätze grammatisch gefügt, und manchmal wechseln sie mit dem Verb die Richtung.
Ein weicher Zwang liegt in diesem Fortgehen: Wer versucht, den Dingen in ihrem Lauf eine Struktur zu geben, dem zerfallen sie in lauter Einzelheiten. Man muss sich dem Fließen der Sprache überlassen, dann nimmt sie den Leser mit. Dann entsteht ein Strom, dem man sich anvertrauen kann, wie es der Erzähler mit dem Rosenkranz tut, den er immer wieder hervorholt, wenn ihm die Welt im Kopf kreuz und quer davonzulaufen scheint. In dieser Art, gleichsam im Rezitativ, schreibt Jon Fosse seit Mitte der Neunziger, seit „Melancholie“, seinem vierten Roman.
Wer die ersten fünf „Bücher“ dieser Heptalogie kennt – „Der andere Name“ (Buch I und II) erschien 2019, „Ich bin ein anderer“ (Buch III bis V) wurde im vergangenen Jahr veröffentlicht –, findet sich in „Ein neuer Name“ sofort zurecht. Alle anderen lernen schnell, dass der Erzähler keine Geheimnisse hat: Asle, der Künstler, steht in einem alten Haus an einem norwegischen Fjord nicht weit von Bergen (die Stadt heißt im Buch Bjørgvin) und betrachtet sein jüngstes Gemälde: Es besteht aus zwei jeweils diagonal verlaufenden Strichen, der eine Strich braun, der andere Strich lila, die sich in der Mitte treffen, wie bei einem Andreaskreuz. Es ist das vorletzte Werk, das er malen wird.
„Alle in meiner Erinnerung angehäuften Bilder, die mich so plagen, sollen weg sein“, spricht er zu sich selbst, „und ich will leer sein, einfach leer, ich will zu einem stillen Nichts werden, zu einem stillen Dunkel und vielleicht denke ich dabei ja an Gottes Frieden, oder vielleicht ist es das nicht?“ Bald sitzt er wieder in seinem Sessel am runden Tisch, in seinem alten schwarzen Mantel unter einer Decke, denn auch zum Heizen hat Asle keine Kraft mehr, und schaut hinaus auf die Wellen – auf seinen „Peilpunkt“ auf dem offenen Meer, der letzte Orientierung und absolutes Nichts zugleich ist.
Zusammen betrachtet, ergeben die sieben Bücher einen Künstler- und vielleicht sogar einen Bildungsroman, die Geschichte Asles, der, getrieben von einer namenlosen Energie, ohne Anleitung und Vorbilder, als Knabe in einem kleinen Dorf zu malen beginnt, wie er entdeckt und zu einem erfolgreichen Künstler wird, wie er dem Alkohol verfällt und eine Frau kennenlernt, die ihn vor dem Suff rettet, ihn katholisch werden lässt, und wie er am Ende dasitzt und allmählich in sich zusammenfällt. Manchmal wirft sich die Geschichte auf und spielt mit den Erwartungen an einen dynamischen „plot“, in der Szene zum Beispiel, in der eine aufdringliche Zimmerwirtin ihren Untermieter Asle bedrängt, woraufhin er ihr Porträt malt, halb liegend, im roten Kleid und mit tiefem Ausschnitt, und dann sucht er das Weite.
Es geschehen keine aufregenden Dinge in diesen Büchern, und es treten keine außerordentlichen Charaktere auf – im Gegenteil, bei den Figuren ist oft nicht sicher, wer sie überhaupt sind. Die Spannung entsteht in einer Art Rausch: Näher an einer Antwort auf die Frage, was ein Leben eigentlich ausmacht, glaubt man noch nicht gewesen zu sein. Was auch daran liegt, dass Jon Fosse keine poetischen Prätentionen erhebt. Es kann durchaus sein, dass weiter nichts ist als das, was ist. Und dann?
Asle gibt es in doppelter Besetzung, wie schon in den Büchern zuvor. Beide sind Maler. Sie sind gleich alt und sehen gleich aus, bis hin zum dünnen grauen Zopf. Der eine Asle sitzt im Sessel, schaut auf das Meer und scheint sich als Maler wie als Mensch erschöpft zu haben. Der andere liegt im Krankenhaus, hat sich zu Tode getrunken und seinem Alter Ego einen Hund überlassen, der in diesem Roman das lebendigste Wesen ist. Der eine Asle ist erfolgreich, der andere hatte Mühe durchzukommen. Der eine hatte eine Frau, die er liebte, die aber starb, der andere führte mehrere Ehen und bekam Kinder.
Im Übrigen treten auch die Frauen im Doppel auf, auch sie in ihren Eigenschaften leicht versetzt. Wenig ist das Individuum, der Einzelne, in dem die Welt zu sich selbst kommt, manchmal so und manchmal so. Doch gibt es nichts als dieses Individuum. Und um es herum? Leere, meistens, und dann rührt sich doch wieder etwas Lebendiges, und Åsleik, der Nachbar, kommt mit seinem Traktor vorbei. An diesen Verschiebungen, daran, wie sich die Figuren in diesem Roman einander in Bild und Rede fallen, merkt man, dass Jon Fosse über viele Jahre, von Mitte der Neunziger bis etwa 2010 (und jetzt wieder), vor allem ein Theaterautor war.
So wie sich die Gebete wiederholen, so kreisen auch die Gedanken. Es geht um die Kunst, den Glaube und die Toten, in einer wilden Reihe geht es vorwärts und rückwärts in der Zeit. Das Bindewort heißt „und“. Es soll zusammenhalten, was nicht zusammenzuhalten ist. Und immer wieder geht es um den Alkohol: „Irgendwie war ich das nicht selbst, der getrunken hat, zum Schluss hat der Schnaps getrunken und nicht ich“, spricht Asle in der Erinnerung an ein früheres Ich. Einen Halt hatte der Trinkende im Schnaps gesucht, irgendetwas, das ihm Gewissheit verschaffen und seinem Leben eine Richtung geben konnte, während er zugleich wusste, dass die rettende Wirkung nicht eintreten konnte.
Und so war die Sucht gleichsam immer schon über sich selbst hinaus, und deswegen konnte die eine Sucht durch eine andere Sucht ersetzt werden, und deshalb kam am Ende ein katholischer Glaube dabei heraus – der, wie könnte es anders sein, genauso vom Zweifel durchsetzt ist, wie es das Verlangen nach Schnaps war. Kein Wunder, dass Asles größte Autorität in religiösen Fragen Meister Eckart ist – kein Theologe ging so mit den Mitteln der Vernunft gegen den Glauben vor wie dieser mittelalterliche Mystiker, in der Hoffnung, am Ende aller Zweifel lasse sich etwas Unauflösbares finden, an das man glauben könne.
Die letzten beiden Bücher der Heptalogie spielen kurz vor Weihnachten. Asle räumt auf und bringt die Bilder, die er noch hat, in die Stadt zum Galeristen. Åsleik, der Nachbar, kommt vorbei, und Asle kocht ihm das übliche Adventsessen: gewässerten Trockenfisch („lutefisk“) mit gebratenem Speck und Salzkartoffeln. Am Heiligen Abend schließlich fahren die beiden mit der auslaufenden Flut in den Fjord hinaus, um bei Åsleiks Schwester Weihnachten zu feiern.
Asle bringt ein Bild mit, das er, ohne Begeisterung, als sein letztes Werk malte. Die Männer betreten das Haus, und es zeigt sich, das es von oben bis unten mit Asles Gemälden behängt ist. Er betritt ein Museum, das ihm gewidmet ist, und die Gestalten verrutschen und mischen sich, und dann wird der Rosenkranz gebetet, wie am Ende aller Bücher dieser Reihe.
Es kann durchaus sein,
dass weiter nichts ist
als das, was ist. Und dann?
Um den Einzelnen herum herrscht in seinen Büchern meistens Leere: Jon Fosse in Norwegen.
Foto: Helge Skodvin
Jon Fosse: Ein neuer Name. Heptalogie VI – VII.
Roman. Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel. Rowohlt Verlag, Hamburg 2023. 304 Seiten, 30 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Jon Fosses Bücher begeistern sogar den Papst. In «Ein neuer Name» vereint er Lebensbeichte, Künstlerroman und Gottsuche. Aldo Keel Neue Zürcher Zeitung 20240227