Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 14,00 €
  • Gebundenes Buch

1 Kundenbewertung

"Ludwig II. – kein Wahnsinnskönig" Martina Lenzen-Schulte, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Dieses aufsehenerregende Buch des Psychiaters Heinz Häfner zeichnet ein neues Bild von Ludwig II. Er litt nicht unter unheilbarer Geistesschwäche und einer Paranoia, sondern unter Bausucht und einer Sozialphobie. Seine Gegner ließen ihn für verrückt erklären, um ihn zu stürzen. Am 13. Juni 1886 ertrank der bayerische König Ludwig II. zusammen mit dem Psychiater Bernhard von Gudden im Starnberger See. Der Münchner Professor hatte dem König wenige Tage zuvor "unheilbare Geistesschwäche und Paranoia"…mehr

Produktbeschreibung
"Ludwig II. – kein Wahnsinnskönig"
Martina Lenzen-Schulte, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Dieses aufsehenerregende Buch des Psychiaters Heinz Häfner zeichnet ein neues Bild von Ludwig II. Er litt nicht unter unheilbarer Geistesschwäche und einer Paranoia, sondern unter Bausucht und einer Sozialphobie. Seine Gegner ließen ihn für verrückt erklären, um ihn zu stürzen.
Am 13. Juni 1886 ertrank der bayerische König Ludwig II. zusammen mit dem Psychiater Bernhard von Gudden im Starnberger See. Der Münchner Professor hatte dem König wenige Tage zuvor "unheilbare Geistesschwäche und Paranoia" attestiert, woraufhin dieser entmündigt, überwältigt und in Schloß Berg unter psychiatrische Aufsicht gestellt worden war. Gut 120 Jahre später kann der renommierte Psychiater Heinz Häfner nach Sichtung bislang unbekannter Quellen zeigen: Auch nach den damals geltenden Kriterien war der König keineswegs geisteskrank; das psychiatrische Gutachten war lediglich Mittel zum Zweck, Ludwig die Regierungsgewalt zu entziehen. Die ihm vorgeworfene Verschwendungssucht hätte dazu nicht ausgereicht, und eine freiwillige Abdankung schien aussichtslos. So griffen die Gegner des Königs zu dem Ausweg, ihn für verrückt zu erklären. Weder das Verhalten noch die Äußerungen Ludwigs II. und schon gar nicht der Hirnbefund nach seinem Tod lassen indessen das Urteil zu, er sei psychotisch gewesen. Vielmehr litt er unter zwei auch heute noch weithin anzutreffenden Störungen: einem ausgeprägten Suchtverhalten und einer sozialen Phobie, die durch seine Homosexualität noch gesteigert wurde.
Autorenporträt
Prof. Heinz Häfner studierte Medizin, Philosophie und Psychologie. Nach Weiterbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Habilitation und Berufung auf den Lehrstuhl für Psychiatrie. Planung, Gründung und Leitung des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit, eines außeruniversitären nationalen Forschungsinstituts, das als Stiftung des öffentlichen Rechts mit der Universität Heidelberg eng verbunden ist. 25 Jahre Sfb-Forschung, Mitglied des Advisory Committee for Biomedical Research der WHO, des Wissenschaftsrats und vieler nationaler und internationaler Forschungsgremien, Beratung mehrerer Staaten und Städte in Aufbau und Organisation von Diensten für die seelische Gesundheit. Forschungsleistungen auf dem Gebiet der psychiatrischen Epidemiologie, besonders bei affektiven, schizophrenen und Alterserkrankungen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.11.2008

Der Kini war kein Irrer
Der Psychiater Heinz Häfner rollt den Fall Ludwig II. neu auf und kommt zu überraschenden Ergebnissen
Von Hans Kratzer
München – Noch heute gilt er vielen als Märchenkönig, aber bis auf seine Flucht in eine operettenhafte Phantasiewelt und den Bau einiger Prachtschlösser hat Ludwig II. in seinem Leben wenig Märchenhaftes erlebt. Zweifellos verkörpert Bayerns populärster Monarch eine zutiefst unglückliche Existenz, deren anhaltende Verehrung wiederum zu den größten Merkwürdigkeiten der bayerischen Geschichte gehört. Der Grad von Ludwigs Ansehen im Volk steht im krassen Gegensatz zu seiner vermurksten Regentschaft (1864-1886), die nach damaligem Urteil von einer Geisteskrankheit überschattet war und schließlich in einem gewaltsamen Tod im Starnberger See endete. Diese Diskrepanz mündet in die ewige Frage, wie es nur zusammenpasst, dass selbst die konservativsten Kreise und die bravsten Patrioten mit Inbrunst einen Mann verehren, der sich alles andere als volkstümlich gab und der wohl nicht davor zurückscheute, untergebene Reitersoldaten sexuell zu missbrauchen.
Solche Fragen haben den Heidelberger Psychiatrieprofessor Heinz Häfner veranlasst, sich viele Jahre lang mit dem Phänomen Ludwig II. zu befassen. Nun hat er in einem mehr als 500 Seiten starken Buch das Ergebnis seiner Untersuchungen vorgelegt und dabei räumt er mit manch überkommener Vorstellung gründlich auf. Die homoerotische Neigung des Königs, die von Gutachtern, Regierung und Königshaus mit Geheimhaltung gedeckt worden ist, spielt in Häfners Argumentation eine gewichtige Rolle. In der ausufernden Literatur über Ludwig wurde sie dagegen meistens nur angedeutet. Wie Häfner jetzt überzeugend darlegt, ist sie dennoch ein Kernthema für das Verständnis der Tragik um Ludwig. Gerade seine homosexuellen Neigungen brachten das Machtentzugsverfahren gegen den König ins Rollen.
Darüber hinaus belegt Häfner mit umfassender Beweisführung, dass der König weder nach den damals geltenden Kriterien noch nach einer modernen psychiatrischen Analyse an einer Geisteskrankheit gelitten hat. Ludwig II. war nach Häfners Urteil weder wahnsinnig noch geistesschwach. Der Autor führt umgekehrt viele Beispiele auf, die seiner Meinung nach das Gegenteil beweisen. Die Analyse von Briefen, Akten und Tagebucheintragungen ergibt laut Häfner, dass Ludwig bis in die letzten Tage seines Lebens über außergewöhnliche geistige Fähigkeiten verfügte und seine administrativen Aufgaben korrekt erfüllte. Vernachlässigt hat er demnach nur die von der Verfassung nicht ausdrücklich geforderten repräsentativen Pflichten seines Amtes, die überwiegend sein Onkel, Prinz Luitpold, übernahm und sich damit als möglicher Herrscher qualifizierte.
Luitpold, dessen Verhältnis zu Ludwig angespannt war, spielte bei der Absetzung des Königs eine Schlüsselrolle. Der Prinz hatte die zunächst widerwillige bayerische Regierung zu dem Entmündigungs- und Absetzungsverfahren gegen Ludwig II. angestachelt. Er sowie sein Sohn Ludwig, der spätere König Ludwig III., hatten gute Gründe, die Absetzung Ludwigs II. zu forcieren. Nicht nur, dass sie von Ludwig mehrmals schwer gekränkt und erniedrigt worden waren. Häfner verweist auf ihr eigenes Machtstreben. Die exorbitante Schuldenmacherei Ludwigs bot ein ideales öffentlich vertretbares Motiv für dessen Entmündigung. Das passende Expertenurteil lieferte der Psychiater Bernhard von Gudden: Er diagnostizierte unheilbare Paranoia, Geistesschwäche und dauernde Regierungsunfähigkeit. Prinz Luitpold ermächtigte den Psychiater, den König festzunehmen und auf Schloss Berg zu internieren. Zwei Tage später, am 13. Juni 1886, ertrank Ludwig II. zusammen mit von Gudden im Starnberger See.
Häfner beurteilt das Vorgehen der damaligen Gutachter als unprofessionell. Guddens Urteil sei vorgefasst gewesen, er sei nur nach Indizien gegen den König vorgegangen und habe ihn nicht in Augenschein genommen. Häfner, der unter anderem Dokumente aus dem Geheimen Hausarchiv einsah, fand in den Schriften Ludwigs nirgendwo ein Anzeichen von Wahn und Psychose. Die Krankheit Ludwigs bestand nach seinem Urteil einmal aus einer im Kindesalter durchgemachten Hirnhautentzündung. Außerdem behinderte ihn ein subtotaler Zahnverlust. Eine zentrale Rolle spielt zudem die Bausucht, die sich nach 1870 immer stärker bemerkbar machte. Für Häfner zeigt Ludwigs ausufernde Bautätigkeit Merkmale einer „nicht substanzgebundenen Sucht”, wie sie auch Glücksspielern zu eigen sei. Neben der Sucht und der homoerotischen Disposition erkennt Häfner bei Ludwig ein übersteigertes Selbstbewusstsein sowie eine schwere soziale Phobie (Angstkrankheit), die durch den Zahnverlust und durch die Peinlichkeit des Missbrauchs von abgeordneten Reitersoldaten verstärkt wurde. Der Missbrauch von Untergebenen war zwar auch an anderen Höfen an der Tagesordnung. Ludwig aber litt als Katholik schwer an dieser Sünde. In seinem Tagebuch sind viele Selbstvorwürfe zu lesen.
Strafrechtlich war Ludwig für seine Taten freilich nicht verantwortlich, da er als Herrscher über dem Gesetz stand.
Heinz Häfner, Ein König wird beseitigt, Ludwig II. von Bayern, C.H.Beck, 2008, 544 Seiten, 38 Euro, ISBN 978-3-406-56888-6
Bayern-Buch
Neues vom Büchermarkt
Mit dem Schauspieler Josef Kainz (sitzend) pflegte Ludwig II. eine Affäre. Das Foto entstand während der Schweizer Reise anno 1881. Foto: SZ-Photo/Scherl
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr