Kleinkrieg im Sommer der Liebe
Ein bekannter Song des kanadischen Rocksängers Brian Adams trägt den Titel “Summer of ‘69”. Es geht darin um den Sommer des Jahres1969. Besser bekannt auch als Sommer der Liebe. Die Hochzeit der Hippie- und Flower-Power Kultur also. Freie Liebe, LSD Trips, bunte
Kleider, lange Haare, die Musik und die Freiheit. Ein Satz aus dem Lied lautet “those where the best…mehrKleinkrieg im Sommer der Liebe
Ein bekannter Song des kanadischen Rocksängers Brian Adams trägt den Titel “Summer of ‘69”. Es geht darin um den Sommer des Jahres1969. Besser bekannt auch als Sommer der Liebe. Die Hochzeit der Hippie- und Flower-Power Kultur also. Freie Liebe, LSD Trips, bunte Kleider, lange Haare, die Musik und die Freiheit. Ein Satz aus dem Lied lautet “those where the best days of my life”. Diesen Satz würden die Protagonisten von Alison Luries Roman “Ein ganz privater kleiner Krieg” wohl nicht unterschreiben. Die Geschichte spielt genau in diesem Jahr. Erschienen ist sie im Jahr 1974. Ein zeitgeschichtliches Dokument also, dass eine andere Seite der amerikanischen Flower-Power Kultur zeigt.
Erica und Brian Tate sind seit etwa 20 Jahren verheiratet, haben zwei halbwüchsige Kinder und leben in der Universitätsstadt Corinth. Brian ist Professor für Politikwissenschaft und Erica kümmert sich um Haus sowie Sohn und Tochter. Die perfekte Idylle. Und doch bricht Erica eines morgens am Frühstückstisch aus lauter Verzweiflung in Tränen aus und Brian lässt sich auf eine Affäre mit der Studentin Wendy ein. Erica erfährt durch Zufall von der Beziehung ihres Mannes und setzt eine Kette von Ereignissen in Gang, die zu einem privaten Kleinkrieg der besonderen Art führen.
Erica und Brian haben sich in ihren Rollen festgefahren. Erica als aufopferungsvolle Mutter und Hausfrau und Brian als erfolgreicher Professor und Politikbeobachter. So perfekt das Bild nach außen scheint, so brüchig ist es von innen. Die große Kunst Alison Luries ist es, dieses Innenleben nach außen zu bringen. Große Teile des Buches spielen sich nur im Kopf von Erica und Brian ab. Der Leser kann den Gedankengängen folgen und somit die Handlungsweisen und Reaktionen der beiden verstehen. Das Ehepaar Tate kann die Gedanken des jeweils anderen noch nicht einmal ahnen und das führt zu höchst amüsanten aber auch folgenschweren Ereignissen.
Das besondere des Buches liegt in der Authentizität die es heute, fast vierzig Jahre nach dem ersten Erscheinen, so wertvoll macht. Hier schreibt niemand über, sondern direkt aus dieser Zeit. Feminismus, Vietnamkrieg, Krishna Buchläden, LSD Trips, Pille, Abtreibung und antiautoritäre Erziehung sind wichtige Bestandteile der Geschichte. Bedeutsamer aber ist der persönliche Bezug der Figuren zu diesen Themen. Und wie sehr sie sich von den Gegebenheiten in der Gesellschaft beeinflussen lassen. Dabei sind vor allem die präzisen Charakteranalysen lesenswert. Wenn man beispielsweise Brian in seinen Gedanken die den Seitensprung rechtfertigen folgt. Oder Erikas Überlegungen begleitet, wenn sie sich nach längerer Zeit wieder einmal im Spiegel betrachtet und über ihr eigenes Selbst erschrickt.
Diese Momente sind es, die dieses Werk von Alison Lurie auszeichnen. Sie hat für ihre Bücher viele renommierte Auszeichnungen erhalten, darunter 1985 den Pulitzerpreis. Zurecht wie ich nach der Lektüre dieses Buches finde.