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  • Buch

Produktdetails
  • Verlag: TASCHEN
  • ISBN-13: 9783822855485
  • ISBN-10: 3822855480
  • Artikelnr.: 09711146
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.08.1999

Die sanften Rundungen einer Aubergine im Auge des Fotografen

Der Versuch, die Geschichte der Fotografie anhand einer Reihe von Monographien zu schreiben, wurde schon häufig unternommen. Mal waren die Bücher quadratisch und weiß, mal schwarz im handlichen Hochformat, mal gebunden, mal broschiert, einmal wirkten sie wie bessere Magazine - nie aber waren es ansehnliche Bildbände. Allzu großer Erfolg war denn auch kaum einer dieser Serien beschieden, zumal sie außerdem vor dem immer gleichen Dilemma standen: War ein Fotograf berühmt, konkurrierte der Titel mit einer ganzen Phalanx von Büchern; war er unbekannt, mangelte es an Interesse bei den Käufern. Umso überraschender ist es, dass der Taschen Verlag aus Köln, der nun mit drei voluminösen und wahrlich beeindruckenden Bänden die jüngste dieser Reihen begonnen hat, eine Lücke entdecken konnte: Den beiden zur Genüge publizierten deutschen Fotografen der Neuen Sachlichkeit Karl Blossfeldt und August Sander stellt er in seiner ersten Lieferung den amerikanischen Lichtbildner Edward Weston (1886 bis 1958) zur Seite, einen Wegbereiter der modernen Fotografie, zu dessen Arbeit in solch unterschiedlichen Genres wie Porträt und Akt, Landschaft und Stillleben unverständlicherweise bisher kein nennenswertes Buch auf deutsch vorgelegen hatte.

Mit mehr als hundertsechzig hervorragend reproduzierten Abbildungen folgt der Band den Etappen in Westons Werk vom Piktoralismus, einer durch Motive und edle Druckverfahren an der Malerei orientierten Richtung, über Experimente mit den Bildelementen des Konstruktivismus zur "Straight Photography", der reinen Fotografie, die präzis, sachlich und scharf abbilden möchte, ganz im Vertrauen auf die Schönheit der Gegenstände. Weston sprach von der "absolut ästhetischen Reaktion auf die Form" und lehnte jegliche Interpretation seiner Arbeiten ab. Ein kühler Katalog der Dingwelt jedoch ist sein OEuvre mitnichten - und sein künstlerischer Anspruch wird schon darin deutlich, dass er jeweils Stunden damit zubrachte, Obst, Gemüse oder Muscheln vor seiner Kamera zu arrangieren.

Weston balanciert auf dem schmalen Grat zwischen Abstraktion und Realismus - lyrischem Realismus, möchte man fast sagen, angesichts der meist verführerisch runden Konturen. Nicht erst die Gegenüberstellung bizarr verdrehter Paprikaschoten oder erodierter Felsen mit seinen Aktstudien in der Wüste Kaliforniens wecken erotische Assoziationen. Geradezu überall, ob Pilz, ob Wolke oder der Kamm einer Düne, entdeckte er feminine Formen - als sei dies die Grundform und die Quintessenz allen Lebens zugleich.

Dass Weston sich auch mit der düsteren Seite der Welt beschäftigt hat, in den weniger glücklichen Phasen seines Lebens, ist dem Buch weder im Text noch in den Bildern zu entnehmen. Seine verwirrende Aufnahme einer Leiche etwa fehlt. Allenfalls die Fotos eines Lagerplatzes mit chaotisch aufgeschichteten Filmkulissen lassen etwas von seinem aufgewühlten Seelenleben ahnen. - Unsere Abbildung zeigt das Foto "Aubergine" aus dem Jahr 1929. ("Edward Weston", herausgegeben von Manfred Heiting, mit einem Text von Terence Pitts. Taschen Verlag, Köln 1999. 252 S., Abb., geb., 49,95 DM.)

F.L.

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