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Chava Rosenfarbs Werk befasst sich auf beeindruckend allumfassende Weise mit den Lebensrealitäten der Jüdinnen und Juden durch das gesamte 20. Jahrhundert hindurch. Ihr Roman Bociany spielt in einem ostjüdisch-polnischen Shtetl, sie selbst ist im polnischen Lódz geboren und aufgewachsen. Die Roman-Trilogie Der Baum des Lebens beschreibt u.a. ausführlich das Ghetto-Leben unter der Nazi-Herrschaft, sie selbst lebte mehrere Jahre im Lódzer Ghetto. Ihre Gedichte zeugen von den unsagbaren Schrecken der Shoah, die sie überlebte. Das beklemmend-poetische Tagebuch aus Bergen-Belsen beschreibt die Zeit…mehr

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Produktbeschreibung
Chava Rosenfarbs Werk befasst sich auf beeindruckend allumfassende Weise mit den Lebensrealitäten der Jüdinnen und Juden durch das gesamte 20. Jahrhundert hindurch. Ihr Roman Bociany spielt in einem ostjüdisch-polnischen Shtetl, sie selbst ist im polnischen Lódz geboren und aufgewachsen. Die Roman-Trilogie Der Baum des Lebens beschreibt u.a. ausführlich das Ghetto-Leben unter der Nazi-Herrschaft, sie selbst lebte mehrere Jahre im Lódzer Ghetto. Ihre Gedichte zeugen von den unsagbaren Schrecken der Shoah, die sie überlebte. Das beklemmend-poetische Tagebuch aus Bergen-Belsen beschreibt die Zeit der Befreiung der Konzentrationslager, die Autorin erlebte diese Zeit schwer an Typhus erkrankt. Und in vielen Essays und Erzählungen behandelt sie das Danach. Das Überleben der Shoah, das Trauma, das Leben nach dem Krieg - weit weg von Europa. Sie selbst wanderte 1950 nach Kanada aus.Dieser Band vereint zwölf dieser Werke vollständig oder in Auszügen und zeigt somit die volle Bandbreite dieser maßgeblichen Autorin der jiddischsprachigen Literatur. Chava Rosenfarbs Werk ist ein beeindruckendes Zeugnis jüdischer Kultur und mit diesem Band zum Großteil erstmals auf Deutsch erhältlich.
Autorenporträt
CHAVA ROSENFARB, geboren 1923 in Lódz, Polen, war eine vielfach ausgezeichnete jiddisch- und vereinzelt englischsprachige Autorin von Romanen, Erzählungen, Essays, Theaterstücken und Gedichten. Sie überlebte das Lódzer Ghetto sowie die Konzentrationslager Auschwitz und Bergen-Belsen. Nach der Shoah wanderte sie 1950 mit ihrem Ehemann nach Montreal, Kanada, aus und begann dort ihre Karriere als Schriftstellerin. Sie schrieb den Großteil ihrer Werke weiterhin in ihrer Muttersprache Jiddisch. Als ihr Hauptwerk gilt der 1972 veröffentlichte dreibändige Roman Der boim fun lebn (Der Baum des Lebens), mit dem sie der jüdischen Gemeinschaft der Stadt Lódz ein Denkmal setzte. Ihr Hauptthema blieb zeitlebens die Shoah. Sie starb 2011 in Lethbrige, Kanada.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Marta Kijowska freut sich über das Lesebuch, der einen ersten Einblick in deutscher Sprache in das auf Jiddisch verfasste Werk der Shoah-Überlebenden Chava Rosenfarb ermöglicht. Die Rezensentin skizziert die Lebensgeschichte der Schriftstellerin, die im Lodzer Ghetto während der Nazizeit die Literatur für sich entdeckte und später von den Briten aus Bergen-Belsen befreit wurde. Jüdisches Leben im Lodzer Ghetto der Jahre 1939 bis 1944 ist das Thema ihres bekanntesten Romans "Der Baum des Lebens", erfahren wir, ein weiterer Roman ist historisch früher und in einer fiktiven Kleinstadt angesiedelt, in der Juden und Christen nebeneinander wohnen. Schade, so Kijowska, dass ein weiterer Roman, der sich direkt mit den Erfahrungen in den Vernichtungslagern beschäftigt, nur wenig in dem Lesebuch zitiert wird. Insgesamt jedoch ermöglicht es die Veröffentlichung laut Rezensentin, die Bandbreite des oft stimmungsvollen und vielseitigen, um eine Beschreibung jüdischer Erfahrung in all ihren Facetten bemühten literarischen Werks Rosenfarbs kennen zu lernen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.10.2023

Psalmen und Klagelieder auf dem Marktplatz
Sie überlebte Auschwitz und Bergen-Belsen: Das Lesebuch "Durch innere Kontinente" gibt Einblicke in das reiche Werk der jiddischsprachigen Autorin Chava Rosenfarb

Wie kommt es, dass eine kanadische Schriftstellerin, die etliche Romane, Erzählungen, Essays, Theaterstücke und Gedichtbände publizierte und für ihr Werk mehrmals ausgezeichnet wurde, in Deutschland völlig unbekannt ist?

Es dürfte daran liegen, dass Chava Rosenfarb fast ausschließlich in Jiddisch schrieb, einer Sprache, die nur noch wenige beherrschen, und dass ihre wichtigsten Bücher zudem sehr opulent sind. So behauptet sie zwar in ihrem autobiographischen Essay "Mein Leben als jiddische Schriftstellerin", dass ihre literarische Karriere "an demselben Tag begann", an dem sie "zum ersten Mal einen Stift in der Hand halten konnte", die Wirklichkeit sah jedoch anders aus.

Obwohl ihre Werke im Laufe der Jahre ins Englische übersetzt wurden, war sie bisher hauptsächlich den Kennern der jiddischen Literatur ein Begriff. Erst in diesem Jahr versucht man da und dort, ihren hundertsten Geburtstag zum Anlass zu nehmen, sie bekannter zu machen. Auch in Deutschland, wo seit Kurzem im Homunculus Verlag ein kleines Chava-Rosenfarb-Lesebuch vorliegt.

Wer war sie also? Woher kam sie? Was waren ihre Schlüsselerlebnisse? Ihre Lebensgeschichte ist auch insofern wichtig, als das meiste, was sie schrieb, einen stark autobiographischen Hintergrund hat. Sie wurde am 9. Februar 1923 in Lodz geboren, wo sie auch, in sehr bescheidenen Verhältnissen, ihre Kindheit verbrachte. Ihre jüdischen Eltern waren kurz vor ihrer Geburt aus einem Shtetl namens Koinsk in die Stadt gezogen - auf der Suche nach einem besseren Leben, aber auch um dem streng religiösen Milieu, aus dem sie stammten, zu entkommen. Sie selbst bezeichneten sich als säkular und gehörten dem sozialistischen Bund an, waren aber traditionsbewusst genug, um ihre beiden Töchter in eine Schule zu schicken, in der die Unterrichtssprache Jiddisch war. Die Mutter der Mädchen, die in einer der vielen Textilfabriken von Lodz arbeitete, dürfte nicht viel Zeit für ihre Erziehung gehabt haben, dafür trug ihr Vater ein wenig zu Chavas Entwicklung bei: Er war Kellner in einem jüdischen Restaurant, das von einigen Schriftstellern frequentiert wurde, und als er diesen die frühen Gedichte seiner Tochter zeigte, war ihre Reaktion sehr positiv.

Sie selbst begann sich nach eigenen Worten erst während des Krieges als Schriftstellerin zu empfinden. Genauer: in den langen viereinhalb Jahren, in denen sie im Ghetto eingesperrt war, das dort Erlebte in weiteren Gedichten festhielt und von dem Dichter Simcha-Bunim Shayevitch, in dem sie bald einen Mentor fand, in einen Literatenkreis eingeführt wurde. Obwohl noch sehr jung, wurde sie dort schnell akzeptiert, was ihr wohl half, auch unter diesen schrecklichen Bedingungen einen halbwegs erträglichen Alltag zu leben: Sie machte ihr Abitur, arbeitete als Lehrerin und in der Bibliothek des Bundes, übersetzte die Psalmen ins Jiddische. Doch im August 1944, als die Liquidierung des Ghettos begann, nahm selbst das ein abruptes Ende. Ein Versteck, in dem sie zusammen mit ihrer Familie und einigen weiteren Personen der Deportation zu entgehen versuchte, wurde schnell von den Deutschen entdeckt, und sie alle kamen nach Auschwitz. Dort sah Chava zum letzten Mal ihren Vater und den Dichter Shayevitch, die nach Dachau weitertransportiert wurden.

Dort wurde ihr bei der Selektion auch ein Rucksack entrissen, in dem sie ihre Gedichte aus dem Ghetto mitgebracht hatte. Danach wurden sie, ihre Mutter und ihre Schwester nach Sasel, einem Außenlager des KZ Neuengamme, deportiert und später, nach der Bombardierung des Lagers, nach Bergen-Belsen verlegt, wo sie, halb verhungert und an Typhus erkrankt, 1945 von der britischen Armee befreit wurde. Nach ihrer Genesung und einer vergeblichen Suche nach ihrem Vater (er starb im letzten Transport aus Dachau) lebte sie in Brüssel. Dort heiratete sie den Arzt Henryk Morgentaler, den sie aus Lodz kannte und mit dem sie fünf Jahr später nach Kanada auswanderte. Das Paar ließ sich in Montreal nieder, wo es bald eine Tochter, die spätere Literaturprofessorin Goldie Morgentaler, bekam; ein Jahr später kam der Sohn Abraham zur Welt. Ende der Siebzigerjahre zerbrach die Ehe, und Chavas Partner wurde Simkha-Bin Wiener, Miteigentümer einer Reiseagentur aus Melbourne, den sie ebenfalls seit ihrer Kindheit kannte. So lebte sie jahrelang teils in Kanada, teils in Australien, bis sie sich endgültig in Toronto niederließ. Die letzten Jahre verbrachte sie in Lethbridge, wo sie 2011 starb.

Erst in Kanada begann ihre literarische Karriere dann tatsächlich. Sie hatte zwar schon in Europa zwei Gedichtbände publiziert, doch hier erschienen ihre wichtigsten Texte: ein Tagebuch, das nach ihrer Befreiung aus Bergen-Belsen in einem DP-Lager entstanden war, Erzählungen und Essays und vor allem ihre vier Romane. Den Anfang machte eine Trilogie, die 1972 erschien und heute als ihr Hauptwerk gilt: "Der Baum des Lebens", in dem sie das Leben der Lodzer Juden in den Jahren 1939 bis 1944 schildert. Die Handlung, die um zehn Protagonisten aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten und mit unterschiedlichen Schicksalen, Träumen, Plänen und politischen Ansichten aufgebaut ist, beginnt am Vortag des Krieges und endet mit der Liquidierung des Ghettos. Die einzige identifizierbare Person ist hier Mordechai Chaim Rumkowski, der umstrittene Vorsitzende des Judenrates, ansonsten sind es fiktive Figuren, denen aber authentische Menschen Pate standen, Chava selbst eingeschlossen.

Nachdem die Trilogie viel Anerkennung gefunden hatte, entschloss sie sich, die Vorgeschichte zweier ihrer Protagonisten zu erzählen: eines Paars, das ihren Eltern nachempfunden war. So spielt "Botshani", wie der Titel dieses zweiten Romans lautet, zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einem gleichnamigen und fiktiven, doch Koinsk ähnlichen Städtchen und schildert das Zusammenleben seiner christlichen und jüdischen Bewohner. "In der Kirche brannten hunderte Kerzen", heißt es in dem übersetzten Auszug, "und durch die offene Tür war der Gesang der Betenden zu hören. Irgendwo in der Mitte des Marktplatzes begegnete er der Melodie der Psalmgesänge und Klagelieder, die aus der Synagoge getragen wurde." Es gibt viele derart stimmungsvolle Bilder in diesem Roman, der aber gleichzeitig ein Versuch ist, alle Facetten des damaligen Lebens in einem Shtetl wie Botshani (der Name bedeutet "Störche") einzufangen. Reichtum und Armut, chassidische Mystik und zionistische Ideen, Konflikte und Freundschafsbeweise, Leben im Einklang mit der Natur und Begeisterung für Fortschritt und Industrialisierung - all das beschreibt Rosenfarb vor dem Hintergrund der damaligen politischen Umwälzungen. Später schuf sie auch noch ein literarisches Bindeglied zwischen dem Leben der Eltern und ihrem eigenen, indem sie im Roman "Von Lodz und Liebe" die beiden Hauptprotagonisten von "Botshani" in das Vorkriegs-Lodz ziehen und zu Anhängern des Bundes werden ließ.

Obwohl sie sich selbst oft als Holocaust-Schriftstellerin bezeichnete, weigerte sie sich meist, so ihre Tochter, die den Großteil ihrer Werke ins Englische übersetze, die Realität der Vernichtungslager direkt zu beschreiben. Die einzige Ausnahme machte sie im Roman "Briefe an Abrasha", dessen Protagonistin in der Post, die sie nach dem Krieg einem in Deutschland lebenden Freund schickt, ihre Erlebnisse in Auschwitz, Sasel und Bergen-Belsen erzählt. Insofern ist es schade, dass in dem Auswahlband ausgerechnet aus diesem Buch nicht zitiert wird. Allerdings enthält er genug Texte, die sowohl die Höhepunkte von Chava Rosenfarbs Biographie als auch die Bandbreite ihres stilistischen Könnens belegen.

Es ist unwahrscheinlich, dass in naher Zukunft alle ihre Romane auf Deutsch vorliegen werden. Es wäre allerdings sehr interessant, wenigstens den "Baum des Lebens" in voller Länge zu kennen und somit die beiden großen Romane über das Ghetto von Lodz, Steve Sem-Sandbergs "Die Elenden von Lodz" und Andrzej Barts "Die Fliegenfängerfabrik", mit dem einer Insassin vergleichen zu können. MARTA KIJOWSKA

Chava Rosenfarb: "Durch innere Kontinente". Ein Lesebuch.

Aus dem Jiddischen und Englischen von Sandra Israel-Niang. Homunculus Verlag, Erlangen 2023. 192 S., br., 25,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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