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Michael Lesy ist ein seltener Glücksfall unter den Autoren von Photobildbänden. Mehrere Talente fügen sich in ihm zusammen: Er ist Schriftsteller, Photohistoriker, promovierter Spezialist für amerikanische Geschichte und vor allem auch ein feinsinniger Bildermensch. Zwölf Jahre lang wählte Lesy aus einem ganz besonderen Verlagsarchiv die 190 Photographien für dieses Buch aus. Es sind Bilder aus Amerika, aufgenommen zwischen 1900 und 1910 von den besten Photographen des Landes, die mit der Dramaturgie von Licht und Komposition, sicher umzugehen wußten. Sie arbeiteten für die -Detroit Publishing…mehr

Produktbeschreibung
Michael Lesy ist ein seltener Glücksfall unter den Autoren von Photobildbänden. Mehrere Talente fügen sich in ihm zusammen: Er ist Schriftsteller, Photohistoriker, promovierter Spezialist für amerikanische Geschichte und vor allem auch ein feinsinniger Bildermensch. Zwölf Jahre lang wählte Lesy aus einem ganz besonderen Verlagsarchiv die 190 Photographien für dieses Buch aus. Es sind Bilder aus Amerika, aufgenommen zwischen 1900 und 1910 von den besten Photographen des Landes, die mit der Dramaturgie von Licht und Komposition, sicher umzugehen wußten. Sie arbeiteten für die -Detroit Publishing Company-, einen Postkartenverlag, der ihre Bilder von Amerika millionenfach verbreitete, und sie wurden ausgesucht von einem der berühmtesten Landschaftsphotographen dieser Zeit, William Henry Jackson, der Miteigentümer des Verlags war. Sie lieferten Bilder aus Amerika als einem Land der Träume, Hoffnungen und Lebensfreude, vibrierend vor Aufbruchsdrang und Pionierbewußtsein.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.08.2002

Vorwärts! Avanti! Uns nach!
Ein Sonderband von "Text + Kritik" über Avantgarden

"Öffentliches Ärgernis zu erregen", so Walter Benjamin, sei das vorrangige Ziel futuristischer Kunst. Das "Manifest der futuristischen Maler" von 1910 erklärt denn auch "allen Künstlern und allen Institutionen den Krieg", die "an der Tradition, dem Akademismus und vor allem an einer widerwärtigen geistigen Trägheit festkleben". Auch andere Stoßtrupps der europäischen Avantgarde knüpfen zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts an die ursprüngliche militärische Wortbedeutung an und setzen sich als "Vorhut" an die Spitze von Kunstbewegungen. Ihre geistige Kriegsführung wird von aggressiver Propaganda und karnevalesken Aktionen flankiert. Gekämpft wird mit allen verfügbaren Waffen der Ästhetik - mit Schreibstift und Pinsel ebenso wie mit der Filmkamera, dem sprechenden Körper oder der reproduzierbaren Stimme.

Avantgarden verweigern sich prinzipiell der Beschränkung und Festlegung. Hans Ludwig Arnolds vorliegende Auswahl macht aus dieser Not eine Tugend. Natürlich steht die Literatur im Zentrum, also die Poetik der Infragestellung und des assoziativen, unabgeschlossenen, experimentellen und materialen Umgangs mit Sprache. Doch die dafür verantwortlichen Programme erschließen sich am ehesten aus den sozialen und politischen Aufbruchs- und Protestbewegungen der Zeit. Denn die Avantgarde verfügt neben der militärischen über eine frühsozialistische Wortgeschichte, die der Übertragung auf die Kunst durch die Saint-Simonisten vorangeht. An politische Losungen wie "Vorwärts! Avanti! Uns nach!" knüpfen die Kunstinstitutionen an: Die Berliner "Sturm-Bühne" oder die Hamburger "Kampf-Bühne", Zeitschriften wie "Die Rote Erde", "Die Revolution" oder "Die Aktion", Schriftenreihen wie "Der jüngste Tag" oder "Die Silbergäule". Damit befassen sich einzelne Beiträge, die dem Theater, den Journalen oder Verlagen der Avantgarde gewidmet sind. Literarische Texte lassen sich aber auch auf Jugendbewegungen der Zeit zurückführen oder als Sturmlauf gegen Rechtsbestimmungen lesen, die etwa vor Gotteslästerung, Verunglimpfung oder Verbreitung unzüchtiger Darstellungen schützen sollen.

Diesen historischen Erkundungen von Literatur-, Medien- und Buchwissenschaftlern folgen im zweiten Teil des Bandes "Lektüren". Vielleicht verdanken wir es dem antiakademischen Gestus aller Avantgarden, daß hier erfreulicherweise Interpreten aus Kunst und Öffentlichkeit zu Wort kommen. Norbert Blüm stellt etwa Gottfried Benns "Morgue" als "Requiem auf das bürgerliche Gesellschaftsvertrauen" vor. Und Autoren wie Helmut Heißenbüttel, Thomas Kling oder Barbara Köhler lesen Texte von Friedrich Glauser, Carl Einstein, Hugo Ball oder Kurt Schwitters. Insgesamt bietet der Band ein vielseitiges Panorama konkurrierender avantgardistischer Strömungen. Kurzlebig und zum Scheitern verurteilt waren sie allesamt, doch als provokative Stimulationen von unschätzbarer Wirkung auf die Kunst und Literatur der Moderne.

ALEXANDER KOSENINA.

"Aufbruch ins 20. Jahrhundert". Über Avantgarden. Text + Kritik. Sonderband IX. Edition Text + Kritik, München 2001. 312 S., br., 24,50 [Euro].

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