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Die demilitarisierte Zone (DMZ) Koreas, teilt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs Korea und ist heute eine der am stärksten militarisierten Grenzen der Welt. Zerrissen zwischen Orten und Sprachen, zwischen Erinnerungen und Vergangenheiten entwickelt die in Südkorea geborene Lyrikerin und Übersetzerin Don Mee Choi eine Form des Schreibens, die Erinnerungen an die eigene Kindheit und Familie, die politische Geschichte Südkoreas und Migrationserfahrungen in einen Zusammenhang bringt. Dabei bedient sie sich verschiedenster Genres und Formen: Memoir, Liste, Tagebuch, visuellePoesie, Essay,…mehr

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Produktbeschreibung
Die demilitarisierte Zone (DMZ) Koreas, teilt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs Korea und ist heute eine der am stärksten militarisierten Grenzen der Welt. Zerrissen zwischen Orten und Sprachen, zwischen Erinnerungen und Vergangenheiten entwickelt die in Südkorea geborene Lyrikerin und Übersetzerin Don Mee Choi eine Form des Schreibens, die Erinnerungen an die eigene Kindheit und Familie, die politische Geschichte Südkoreas und Migrationserfahrungen in einen Zusammenhang bringt. Dabei bedient sie sich verschiedenster Genres und Formen: Memoir, Liste, Tagebuch, visuellePoesie, Essay, außerdem bezieht sie Fotos ihres Vaters, eines Kriegsfotografen, und andere visuelle und archivarische Materialien ein, um die sich überschneidenden Geschichten Koreas und der USA zu erforschen. Bewusst arbeitet Don Mee Choi in DMZ KOLONIE mit dem Weißraum der Buchseite und gruppiert Texte und Bilder zu ebenso spannungsreichen wie offenen Konstellationen.Die Lyrikerin und Übersetzerin Don Mee Choi wuchs in Südkorea und Hongkong auf, emigrierte mit ihren Eltern für eine kurze Zeit nach Deutschland, dann in die USA. Von ihr erschien The Morning News Is Exciting (Action Books, 2010), Hardly War (Wave Books, 2016) und DMZ Colony (Wave Books, 2020).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

"Ein Buch, auf das man sich einlassen muss", liest Rezensentin Insa Wilke: Die Künstlerin Don Mee Choi bringt ihr Geschehnisse näher, an die man sich im Westen kaum erinnert. Der Krieg in ihrem Heimatland Korea und der Übergang in eine militarisierte Diktatur, gestützt von den USA, ist im historischen Gedächtnis kaum mehr präsent. Die USA, in die sie emigriert ist, wirken dabei als Kolonialmacht in der titelgebenden "demilitarisierten Zone" zwischen Nord- und Südkorea, mithin wird die englische Sprache Wilke von Choi auch als Sprache der Kolonialisierung und des Exils zugleich nähergebracht. Das Motiv der umherziehenden Schneegänse taucht dabei immer wieder auf und verwebt sich mit autobiografischen Elementen, Fotos und Gedichten zu einem anspruchsvollen Assoziationsnetz, das der Kritikerin einiges abverlangt, ihr aber auch die Kunst zeigt, sich der Sprache als Aggressor zu verweigern. Ob man dadurch Phänomene des K-Pop besser versteht, weiß Wilke nicht, aber ihr hat das Buch eine neue Form von bruchstellenreicher Sprach- und Kulturübersetzung gezeigt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.07.2023

Das Dorf in der Zone

Fotos, Verse, Gänse: Don Mee Chois südkoreanische Spurensuche "DMZ Kolonie".

Das ist ein seltsames Buch. Schon der Titel hat etwas Widerborstiges an sich: "DMZ Kolonie". Das Akronym erklärt sich schnell, es steht für demilitarisierte Zone, jenen vier Kilometer breiten Grenzstreifen entlang des 38. Breitengrades, der Nord- und Südkorea trennt. Aber warum "Kolonie"? "Ich bleibe eine Tochter der Neokolonie", heißt es irgendwann in diesem auch formal schwer zu fassenden, gestalterisch herausragenden Band: Ist das Lyrik oder Prosa, historischer Bericht, fotografische Spurensuche, typographische Spielerei? Von allem etwas, sicherlich, aber "Neokolonie"?

Vor sechs Jahren erschien der Roman "Die große Heimkehr" der in Wien lebenden Autorin Anna Kim, die den deutschen Lesern erstmals die komplexe und tragische Geschichte Südkoreas nach dem Koreakrieg literarisch nahegebracht und von den faschistischen Diktatoren des Landes und ihren Gräueltaten erzählt hat. Auch Don Mee Choi, die Autorin von "DMZ Kolonie", nähert sich Südkorea aus der Ferne. Als Teenagerin emigrierte sie 1980 in die Vereinigten Staaten, wurde Übersetzerin und beschäftigte sich schon in ihrem letzten Gedichtband, "Hardly War", mit den politischen Verwerfungen in ihrer Herkunftsregion zu Zeiten des Kalten Kriegs.

In "DMZ Kolonie" berichtet sie nun gleich zu Anfang, wie die Schneegänse am Himmel über St. Louis, Missouri, ihr ein ". . . zurück . . . zurück . . . zurück" zuriefen, ein "See you at DMZ", eine Aufforderung, die zu einer graphischen Verwandlung der Gänse in die Buchstaben D, M und Z führt. So fliegen also Schwärme von Konsonanten über die Seiten, während Don Mee Choi nach Seoul fliegt, von wo aus sie weiterreist in ein traditionelles Dorf, eines von zwei Dörfern innerhalb der Demilitarisierten Zone, das wegen seiner besonderen Lage einer Art Freilichtgefängnis ähnelt. Dort interviewt die Autorin einen alten Mann, der über viele Jahre in finsteren Verliesen gefoltert wurde, aber seinem Glauben an den Kommunismus nicht abgeschworen hat - ein beeindruckendes Dokument, dessen Wirkung durch die immer stärker fragmentierte Erzählweise, die allmähliche Auflösung der Sätze und Wörter und enigmatische Bleistiftzeichnungen verstärkt wird.

Auch der Bericht eines Massakers an Dorfbewohnern im Jahr 1951, der sich an den Bericht des alten Mannes anschließt, arbeitet mit grafischen Elementen, mit koreanischen Schriftzeichen auf linierten, wie aus einem Schulheft herausgerissenen Blättern. Überhaupt spielt die Metapher des "Einschreibens" eine große Rolle in "DMZ Kolonie": Der klassische Text zum Thema, Franz Kafkas "In der Strafkolonie", wird ausführlich zitiert.

Im dritten und letzten großen Abschnitt des Buches tritt die Schrift als Informationsträger schließlich fast ganz in den Hintergrund. Immer stärker setzt Don Mee Choi auf Bilder, und das heißt vor allem auf Fotografien ihres Vaters, der als Pressefotograf gearbeitet und mehrere für die Geschichte Südkoreas entscheidende Momente fotografiert hat, darunter den Putsch von General Park Chung-hee, der mithilfe der USA eines der brutalsten Regime Südostasiens errichtet hat.

Doch je mehr Bilder gezeigt werden, desto mehr blinde Flecken tun sich auf: So groß das Wort "Kolonie" auch auf dem Cover prangt, so wenig wird die neokoloniale Rolle der USA in Südkorea poetisch analysiert. Fast meint man, Don Chee Moi sähe diese Rolle zwar sehr kritisch, wolle aber gleichzeitig der neuen Heimat nicht auf die Füße treten.

Ein anderer blinder Fleck betrifft die Rolle ihres Vaters. Immer wieder kommt die Autorin auf seine Arbeit als Pressefotograf zu sprechen, viele seiner Fotos sind Grundlage ihres Buches (wie sie auch schon in ihrem letzten Gedichtband präsent waren). Man spürt das von Liebe und Respekt geprägte Verhältnis und stolpert gerade deswegen über einen irritierenden Satz: "Für die Entlassung meines verwundeten Bruders aus dem Militär und die Erlaubnis, aus Südkorea auszureisen, überließ er der südkoreanischen Regierung Aufnahmen, die er von einem Studentenprotest in Downtown Seoul gefilmt hatte." Man stutzt, weil im Verlauf des Buches nichts weiter dazu gesagt wird - als wäre es normal und gar nicht fragwürdig, wenn jemand ein repressives Regime mit Bildern versorgt, anhand derer Menschen identifiziert und inhaftiert werden können.

Was Haft in Südkorea in vordemokratischen Zeiten bedeutete, hat die Autorin ja sehr deutlich gemacht. War Verrat eben der Preis der Freiheit? Man wünscht sich, Don Mee Choi hätte nicht nur die Massaker und Folterorgien, sondern auch die eigene Familiengeschichte stärker in den Blick genommen. Vielleicht wäre dann ein intimeres Bild entstanden. Nicht, um alle Fragen zu beantworten und alle Leerstellen zu füllen, aber um diesen an den Rändern entlang stärker Kontur zu verleihen. TOBIAS LEHMKUHL

Don Mee Choi: "DMZ Kolonie".

Aus dem amerikanischen Englisch von Uljana Wolf. Spector Books, Leipzig 2023. 144 S., Abb., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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