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6 Kundenbewertungen

Die dreißigjährige, übergewichtige Anne Strelau hat einen Entschluss gefasst: Sie wird nicht länger von Peter Hemstedt träumen, in den sie seit zwölf Jahren unglücklich verliebt ist, sondern alles auf eine Karte setzen und ihre unerwiderte Jugendliebe ein letztes Mal treffen. Vielleicht kann sie dann endlich aufhören zu glauben, dass sie eine Andere werden muss ...

Produktbeschreibung
Die dreißigjährige, übergewichtige Anne Strelau hat einen Entschluss gefasst: Sie wird nicht länger von Peter Hemstedt träumen, in den sie seit zwölf Jahren unglücklich verliebt ist, sondern alles auf eine Karte setzen und ihre unerwiderte Jugendliebe ein letztes Mal treffen. Vielleicht kann sie dann endlich aufhören zu glauben, dass sie eine Andere werden muss ...

Autorenporträt
Karen Duve, 1961 in Hamburg geboren, lebt in der Märkischen Schweiz. Bereits ihr Debüt "Regenroman"er Erfolg. Auch ihre folgenden Romane "Dies ist kein Liebeslied"nzessin"stseller und sind in 14 Sprachen übersetzt. Zudem veröffentlichte sie zwei erfolgreiche Sachbücher zu aktuellen Themen. Für ihre Arbeit ist Karen Duve bereits mehrfach ausgezeichnet worden, die Presse feiert sie als "Ausnahmetalent unter den Autoren ihrer Generation").
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.10.2002

Da! Das ist Diedrich Diederichsen
Barock und ätzend: Karen Duve hat mit „Dies ist kein Liebeslied” den ersten Postpoproman geschrieben
An Karen Duves Roman „Dies ist kein Liebeslied” gibt es so viel zu rühmen, dass man am besten mit seiner Genauigkeit beginnt. Als die Geschichte der Heldin, der ewig liebesunglücklichen Anne Strelau, auf ihrer langen Zeitreise von den sechziger Jahren in die neunziger – spätes Novecento! – den Winter nach dem Fall der Mauer erreicht, beobachtet die Ich-Erzählerin, wie ein bettelndes Kind in einer Einkaufspassage Musik auf einem billigen Synthesizer macht. „Die Armseligkeit des Kindes war überhaupt nicht malerisch. Es sah verwurmt aus und so, als hätte es einen Dachschaden. Das Wurmkind spielte auf seinem Klapp-Synthesizer eine eigenwillige Version von Lambada. Es war die traurigste Lambada, die sich denken ließ. Wie der Klagegesang eines räudigen Vogels.”
Diese Lambada hat es gegeben, und man muss befürchten, dass sich noch jede Menge Menschen an den grauenhaften Ohrwurm erinnert – er dudelte damals nicht nur unentwegt in westdeutschen Einkaufspassagen, sondern auch auf den tristen Plätzen der untergehenden DDR, wo fliegende Märkte ihre Billigware anboten und Politiker Wahlkampf machten, die oft schon am nächsten Tag als Stasi-Zuträger enttarnt wurden. Selten dürfte ein historischer Epochenumbruch eine so peinliche und elende Begleitmelodie gehabt haben. Bei Karen Duve ist es umgekehrt: Bei ihr ist die Geschichte, die Handlung des Romans, peinigend elend, die Melodie aber, der Stil, die Komposition sind von verschwenderischem Geistreichtum.
Fressanfälle
Die Geschichte zeigt eine Tragödie aus der Welt der Teenie- Zeitschriften: Das Mädchen Anne schafft es nicht, schlank zu bleiben, und begibt sich auf den Leidensweg von Diäten und Fressanfällen, von verzweifelter Selbstdisziplin und ebenso verzweifelter Selbstaufgabe. Das ist das Äußere. Das Innere ist, dass es Anne nicht gelingt, aus ihrer hemmungslosen Liebebedürftigkeit eine nach außen gewendete Liebesfähigkeit zu machen, also all jene Spiele, Rituale und Codes zu erlernen, mit denen man Partner an sich zieht und bindet. Anne ist von Kind an ständig verliebt, aber immer unglücklich. Der äußere Makel – die schwabbelige unfeste Figur in ihrem Oszillieren zwischen Fettleibigkeit und vorübergehender Dürre – und das seelische Unvermögen bedingen und verstärken einander. Duves Roman ist eine Studie über Selbstbewusstsein und seine leiblichen Äquivalente, entwickelt an einem Fall grausam fehlenden Selbstwertgefühls.
Selbstverständlich sagt der Roman das so nicht. Überhaupt vermeidet er für die sehr klare Leidens-Symptomatik der Heldin alle medizinischen oder psychotherapeutischen Begriffe, die ja in Fülle bereitliegen. Anne Strelaus Leiden behält etwas urtümlich Quellendes und suggestiv Wortloses, es ist, um einen begrifflichen Ohrwurm der achtziger Jahre aufzugreifen, nicht „diskursiviert”. Karen Duves Klugheit beweist sich nun darin, dass sie diese Leidensgeschichte trotzdem nicht zu einem Exempel weiblicher Tiefe hochpoetisiert, sondern in der Sphäre grausamer Mittelmäßigkeit belässt. Die Handlung des Romans spielt ästhetisch die Rolle einer erschwerenden Bedingung, welche die Kunst der Autorin umso vielfarbiger erstrahlen lässt.
„Mit sieben Jahren schwor ich, niemals zu lieben. Mit achtzehn tat ich es trotzdem. Es war genauso schlimm, wie ich befürchtet hatte. Es war demütigend, schmerzhaft und völlig außerhalb meiner Kontrolle.” Das ist der Ausgangspunkt, und was auf ihn folgt, ist ein riesiger Klagestrom des Liebeskummers, der ein erschreckend monotones Leiden umspült. Auf dieser trüben Gefühlsbrühe aber schwimmt Zeitgeschichte – die in Gegenständen, Kleidern, Modeartikeln, Popmusik, politischen Reminiszenzen bewahrte Chronik der westdeutschen Gesellschaft zwischen 1965 und 1995.
Duves Roman enthält alle Themen der Popliteratur, sie teilt deren archivalischen Zug, ohne sich ihrer wohlstandsflauschigen Sentimentalität anzubequemen. Alle unsere Verirrungen, die Schlaghosen, die Digitaluhren, die Provinzdiskotheken, sind im Bernstein der Klage konserviert, und wenn sie schön werden, dann nur wie in einem Marthaler-Bühnenbild, das aus Sperrmüll Paläste erstehen lässt und aus Altkleidern Prunkgarderoben macht. Duve erweckt die Vergangenheit wieder zum Leben, und siehe, sie bleibt hässlich. Schönheit verbirgt sich abstrakt in der Gleichnisfunktion dieser konservierten Hässlichkeit, im Hinweis auf unsere Hinfälligkeit.
Klassisch ist der Zeitaufbau des Romans: Die auf 117 Kilo angewachsene Heldin fliegt nach London, um einen letzten aussichtslosen Versuch bei dem jahrelang vergeblich angebeten Mann zu unternehmen. Während dieser Reise geht sie das Unglück ihres dreißigjährigen Lebens durch und mit ihm die Geschichte unserer Zeit. Das Buch eilt von Niederlage zu Niederlage im Leben der Heldin und erzählt von wachsendem Wohlstand und gesellschaftlichem Erfolg in ihrer Umgebung. Das Mädchen wird immer fetter, während seine Altersgenossen immer erfolgreicher und eleganter werden.
Dieser Widerspruch entbindet eine geradezu barocke Rhetorik, einen zuweilen auf hohen Kothurnen einherschreitenden Minnesang, der den Rückgriff auf die Register der Literaturgeschichte nicht scheut: „Ich war ein Schiffbrüchiger, der im tosenden Meer des Schmerzes herumgewirbelt wurde, während die Wellen der Scham unaufhörlich über ihn hinwegjagten, der Orkan der hilflosen Wut in seinen Ohren pfiff und die Wolken der absoluten Verlassenheit den Himmel verdunkelten.” Das Gegenstück zu solcher absichtsvoll outrierten Concetto-Dichtung sind teils ätzende, teils feine Epigramme einer überlegenen Ironie. In einer Therapiegruppe: „Ein seltsamer Ehrgeiz – die größte Meise zu haben.” Über einen Mann: „Er war auf eine etwas staubige Weise hübsch.” Etwas später über denselben Mann: „Denn genaugenommen teilte ich die schlechte Meinung, die David von sich selber hatte.”
Wie ein weiblicher Houellebecq schreibt Duve immer wieder über guten und schlechten Sex, vor allem über schlechten. Anders als bei dem Franzosen ist es bei ihr aber nicht der Mechanismus der Gesellschaft schlechthin, welcher der unhübschen, normwidrig dicken und empfindsamen Heldin das Glück verwehrt. Sie ist, unter anderem, zu dumm für das Angesagte. Sie hört die falsche Musik, trägt die falschen Klamotten und weiß nicht einmal, wer David Bowie ist. Wie ein furchterregender Vogel stakst der Sachwalter solchen Wissens durch den Roman: „,Da! Das ist Diedrich Diederichsen‘, raunte er mir einmal vor dem Broadway-Kino zu. Ich drehte mich um. Ein junger Mann in einem Kohlenklau-Mantel, etwas kleiner als ich, ging in schlechter Haltung zur Kasse und verbreitete Glanz.”
Die richtigen Bücher
Am Ende schläft der schöne, wunderbar durchtrainierte Angebetete mit dem unglücklichen dicken Mädchen, und nun stellt sich heraus, dass es gar nicht bloß die Unfitness war, die Anne Strelau das Liebesglück verwehrte. „Du hast immer so harte Sprüche gerissen”, erklärt ihr der Schöne, „das war ziemlich einschüchternd.” Annes schwabbelige seelische Weichheit war nach außen gekommen nicht als einladende Coolness, sondern als stacheliger Panzer. Es zeigt sich, dass sie zwar immer die falschen Platten hörte, aber gelernt hat, die richtigen Bücher zu lesen. Der Schöne aber verfügt nur über eine klägliche Bibliothek: „Nebel von Avalon” neben „Hesse – Lektüre für Minuten”. Anne Strelau reißt die Bände aus dem Regal und erklärt: „Das ist genauso, als würde die Pop-Explosions-LP von K-Tel in deiner Plattensammlung stehen.” „Da kannst du dir doch gleich eine Enya-CD kaufen.”
Was als Bulimie-Geschichte begann, endet als hochdramatischer Agon der Künste: Literatur gegen Musik, Pathos gegen Pop. Dieses hochkomische, hochleidenschaftliche und überaus unterhaltende Buch verglüht in einer leidenschaftlichen Anklage: Was unsere Kultur den Heranwachsenden als Musik und Sprache der Liebe anbietet, reicht nicht hin. Karen Duve hat den ersten Postpoproman geschrieben.
GUSTAV SEIBT
KAREN DUVE: Dies ist kein Liebeslied. Roman. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2002. 281 Seiten, 19,90 Euro.
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"Ein absonderlich schönes und unbeschreiblich lustiges Buch."
Brigitte

"Wie ein weiblicher Houellebecq schreibt Karen Duve immer wieder über guten und schlechten Sex, vor allem über schlechten Sex."
Süddeutsche Zeitung

"'Dies ist kein Liebeslied' von Karen Duve ist unglaublich sarkastisch, traurig und witzig. Einfach zum Verschlingen gut."
Freundin