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Binswanger geht in dieser groß angelegten Monographie der Frage nach, wie wirtschaftliches Wachstum als dauerhafter Prozess überhaupt möglich ist und mit welchen Chancen und Gefahren stetes Wachstum in einer endlichen Welt verbunden ist.

Produktbeschreibung
Binswanger geht in dieser groß angelegten Monographie der Frage nach, wie wirtschaftliches Wachstum als dauerhafter Prozess überhaupt möglich ist und mit welchen Chancen und Gefahren stetes Wachstum in einer endlichen Welt verbunden ist.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.02.2009

Ackermanns Einsichten zur Geldschöpfung
In seiner Dissertation hat der heutige Chef der Deutschen Bank ein Modell der arbeitsteiligen Geldwirtschaft entwickelt

Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise hat viele Ursachen - und viele Verantwortliche. Dazu zählt, dass es die Zentralbanken den Geschäftsbanken in den vergangenen Jahren ermöglicht haben, zu viele Kredite zu vergeben und zu viel Giralgeld zu schaffen. Das hat zunächst eine Inflation der Vermögenspreise ausgelöst, der nach dem Platzen der Spekulationsblasen nun eine Deflation der Vermögenspreise folgt - mit verheerenden Folgen für die Banken und die Wirtschaft insgesamt.

Die Krise legt offen, dass die Rolle des Geldes und der Geschäftsbanken in den volkswirtschaftlichen Theorien und insbesondere auch in den Geldtheorien unterbelichtet ist. Einiges Licht in dieses Dunkel hat - schon im Jahre 1977 - Josef Ackermann gebracht, der heutige Chef der Deutschen Bank: In seiner Dissertation "Der Einfluss des Geldes auf das reale Wirtschaftsgeschehen - eine theoretische Analyse" zeigt er scharfsichtig die Mängel der überkommenen geldtheoretischen Ansätze auf, von der frühen Quantitätstheorie über die Neoklassik bis zum Keynesianismus und Monetarismus. Aus dieser Kritik entwickelt er, zusammen mit seinem Doktorvater, dem Schweizer Ökonomen Hans Christoph Binswanger, einen eigenen Ansatz, der die Zeitdimension des Zahlungsprozesses explizit einbezieht. Daraus ergibt sich eine Erkenntnis, die Ackermann selbst als "von größter Tragweite für die ökonomischeTheorie" einschätzt: Dass nämlich die volkswirtschaftlichen Ersparnisse einer Periode nie ausreichen, um die für ein gleichgewichtiges Wachstum notwendigen Investitionen zu finanzieren. Und dass deshalb die Geschäftsbanken die benötigte Finanzierung durch Kreditvergabe und Giralgeldschöpfung bereitstellen müssen. Ackermann ergänzt damit die postkeynesianische Wachstumstheorie zum "Wachstum auf des Messers Schneide" um den dort ausgeblendeten monetären Aspekt. "Aus diesen Überlegungen ergibt sich zwingend", schreibt Ackermann, "dass die Geldschöpfung des Banksystems eine notwendige Bedingung für den Investitions- und Wachstumsprozess in der arbeitsteiligen Geldwirtschaft darstellt." Ackermanns akademischer Lehrer Binswanger, der viele Jahre an der Universität Sankt Gallen lehrte, hat diese Einsicht in seinem 2006 erschienen Werk "Die Wachstumsspirale" wesentlich vertieft und erweitert. Sehr kurz dargestellt, zeigt er auf, dass sich aus den Institutionen einer arbeitsteiligen Marktwirtschaft, dem Vorhandensein von Unternehmen, ein Zwang zum Wirtschaftswachstum ergibt. Denn anders als natürliche Personen müssen Unternehmen das eingesetzte Kapital bei Strafe des Untergangs vermehren, um das Kapital der Eigen- und Fremdkapitalgeber zu verzinsen. Dieses zusätzlich zu erwirtschaftende Geld kann aber in jeder Periode nur dadurch entstehen, dass die Unternehmen zusätzlich investieren - und dass die Geschäftsbanken, wie schon von Ackermann aufgezeigt, die dazu benötigten Kredite gewähren und Giralgeld schaffen. Da auch diese Kredite verzinst werden müssen, sind weitere Investitionen unumgänglich - es kommt zu einer "Wachstumsspirale".

Ackermann und Binswanger zeigen, dass sich das Wirtschaftswachstum in einer Marktwirtschaft nicht durch exogene Faktoren wie "technischen Fortschritt" oder Ähnliches ergibt, sondern aus dem institutionellen Aufbau und den Zahlungsprozessen selbst - und dass damit zwingend permanente Geldschöpfung durch das Bankensystem einhergehen muss. "Entsprechend müssen auch die Institutionen, welche die Geldmenge zu beeinflussen imstande sind, stärker als bisher in den geldtheoretischen Modellen berücksichtigt werden", resümiert Ackermann.

Aufgrund einiger vereinfachender Annahmen zur Geldpolitik verstellt sich Ackermann freilich den genaueren Blick auf das Zusammenspiel von Geschäftsbanken und Zentralbank - das letztlich in die akute Krise geführt hat. Doch bietet seine Analyse Bausteine, um auf diesem Weg weiterzukommen. Ackermann ist schon jetzt in London und Frankfurt Honorarprofessor. Wenn er, wie angekündigt, im nächsten Jahr bei der Deutschen Bank aufhört, könnte er an eine Universität zurückzukehren. Ob er dann den theoretischen Faden, bereichert mit viel praktischer Erfahrung, weiterspinnt?

BENEDIKT FEHR

Josef Ackermann: Der Einfluss des Geldes auf das reale Wirtschaftsgeschehen - eine theoretische Analyse. Bern 1977.

Hans Christoph Binswanger: Die Wachstumsspirale. Marburg 2006.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Überzeugend findet Rezensent Helmut Woll dieses Spätwerk des St. Galler Ökonomen Hans Christoph Binswanger, das sich mit den Ursachen wirtschaftlicher Entwicklung befasst. Im Zentrum der Untersuchung sieht er die Frage nach dem tieferen Grund des Wachstums moderner Volkswirtschaften sowie nach seinen Risiken und Chancen. Dabei würdigt Woll insbesondere die kritische Auseinandersetzung mit der aktuellen Neuen Wachstumstheorie, der Binswanger vorhalte, die Natur als Produktionsfaktor zu vernachlässigen. Demgegenüber erscheint ihm Binswangers Ansatz wesentlich reicher, umfassender und differenzierter. Außerdem hält Woll dem Autor zu Gute, dem Leser zugleich ökonomisches Denken als auch die Einwände gegen diese Denkweise zu vermitteln.

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