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Ein weltberühmter Pianist, am Ende seiner Karriere stehend, berich tet von einem in vielerlei Hinsicht sonderbaren Erlebnis, das ihm vor Jahrzehnten in Paris widerfuhr: Ein Russe habe ihm ein Autograph Frederic Chopins angeboten, ein unbekanntes Finale der berühmten "Vierten Ballade". Mit diesem Finale hinterließ Chopin eine Art Testament: Das Autograph zeigt die Handschrift einer Leidenschaft - und es ist ganz sicherlich nicht die zu Madame la Baronne C. de Rothschild, der Chopins "Vierte Ballade" gewidmet ist. Es ist die Leidenschaft zu Solange, der Tochter von George Sand. Auch der Erzähler…mehr

Produktbeschreibung
Ein weltberühmter Pianist, am Ende seiner Karriere stehend, berich tet von einem in vielerlei Hinsicht sonderbaren Erlebnis, das ihm vor Jahrzehnten in Paris widerfuhr: Ein Russe habe ihm ein Autograph Frederic Chopins angeboten, ein unbekanntes Finale der berühmten "Vierten Ballade". Mit diesem Finale hinterließ Chopin eine Art Testament: Das Autograph zeigt die Handschrift einer Leidenschaft - und es ist ganz sicherlich nicht die zu Madame la Baronne C. de Rothschild, der Chopins "Vierte Ballade" gewidmet ist. Es ist die Leidenschaft zu Solange, der Tochter von George Sand. Auch der Erzähler begegnet seiner Solange. Auch er ist an jenem qualvollen Scheitelpunkt angelangt, wo Leidenschaft beginnt unausdrückbar zu werden.
Autorenporträt
Roberto Cotroneo wurde 1961 in der norditalienischen Stadt Alessandria geboren. Er studierte Philosophie und einige Jahre Klavier. Seit 1983 war er u.a. für L'Europeo, L'Espresso, der renommierten Wochenzeitschrift, und Sole 24 Ore als Literaturkritiker tätig. Seit 1994 zeichnet er für den Kulturteil von L'Espresso verantwortlich. Er gilt als der angesehenste und zugleich gefürchtetste Kritiker Italiens.

Sein erstes Buch, Wenn ein Kind an einem Sommermorgen. Briefe an meinen Sohn über die Liebe zu Büchern, erschien 1996 in deutscher Übersetzung im Marion von Schroeder Verlag in Düsseldorf und 2002 im Insel Verlag Frankfurt. Diese unterschwellige Autobiographie und Autopoetik ist eine suggestive Einführung in die Kunst des kritischen Lesens. Umberto Eco, in dessen Nachfolge Cotroneo erzählerisch ganz offensichtlich steht, urteilte über dieses Buch: "Roberto Cotroneo zeigt, daß er wirklich weiß, wie Bücher gelesen werden sollten."
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.02.1998

Der alte Mann und die Mazurka
Roberto Cotroneo schreibt einen Schlüsselroman in f-Moll

Dieser Roman hat erkennbare Vorbilder: zum einen die historischen Suchspiele von Umberto Eco, zum anderen Thomas Bernhards Pianistenroman vom "Untergeher". Hier wie dort sind die Figuren nach dem wirklichen Leben gezeichnet.

Roberto Cotroneo, Kulturchef der Zeitschrift "L'Espresso", hat die Aufzeichnungen eines alten, hochberühmten italienischen Pianisten geschrieben. Diesem Mann stoßen zwei Geschichten zu, eine kleine und eine große. Die kleine ist ein erotisches Abenteuer: kurz, kühl, reizvoll. Dann, weit aufregender: Ein Mann, der stundenlang vor der Pariser Wohnung des Meisters steht, um dessen Spiel zu lauschen, entpuppt sich als exilierter Russe, der dem Pianisten ein Chopin-Autograph verschaffen will. Er bietet eine Coda der vierten Ballade (in f-Moll, op. 52) an. Chopin, so geht die Erfindung, soll diese neue, wilde Passage für Solange Dudevant, George Sands Tochter, geschrieben haben.

Natürlich ist dieses Autograph auf verschlungenen Wegen gewandert, von Paris nach Berlin, dann 1945 von Berlin nach Moskau und schließlich wieder, über den Exil-Russen, nach Paris zurück. Natürlich stehen am Rande dieses Wegs allerhand historische Figuren, nicht nur George Sand und ihre Tochter Solange, sondern auch Delacroix Fontana, der Freund, und Clésinger, Solanges Mann, der Chopin die Totenmaske abnahm. Am Ende bekommt der Pianist das Autograph. Und natürlich geht das Spiel mit der Kolportage am Ende so weit, daß man auch den Pianisten zu erkennen glaubt: Der fiktive Autor, der mit und über Arrau, Horowitz, Rubinstein, Gould und Toscanini wie zu Pairs und über Pairs redet, dieser Mann kann nur Arturo Benedetti Michelangeli sein. Erinnert der Erzähler nicht selbst an eine Einspielung, die jeden Klavierfreund erschauern läßt, an die zehn Mazurken, darunter die allerletzte, auch sie in f-Moll (op. 68, Nummer 4)?

Dieser Roman hat viele Vorzüge: Er ist kultiviert, ohne akademisch zu sein, aber auch spannend, kriminalistisch geradezu, obwohl ein Verbrechen gar nicht vorliegt; er ist bewegend, und der Humor fehlt auch nicht. Schließlich lernt man sogar aus ihm. Doch über eine Unklarheit kommt der Leser nicht hinweg: Warum läßt Cotroneo den, der hier schreibt, überhaupt schreiben? Warum und zu welchem Ende teilt dieser alte, müde Pianist sich so intensiv mit? Und wem? Eine Antwort auf diese Fragen fehlt um so mehr, als es Cotroneo in der Montage seiner raffinierten Fiktion mit der Realität an allen anderen Stellen mühelos gelingt, Plausibilität zu erreichen. So leuchtet alles ein. Nur dieses eine nicht: Warum schreibt gerade dieser Mann?

An manchen Stellen wird der Roman etwas seicht und klischeehaft, zum Beispiel wenn Franz Werth, der Nazi-Pianist, der sich in SS-Uniform für kleine Zirkel ans Klavier setzt, am Ende nach Chile flieht und dort verkommt. Aber etwas Kühnes und Modernes wollte Cotroneo gewiß nicht schreiben, bloß ein flottes, postmodernes Buch, das drei Welten eindrucksvoll zusammenbringt: die des Klaviers, jenes ungeheuer kompletten Instruments, das ganz und gar fertig, abrufbar, abtastbar vor uns steht, dann die Welt des alten, müden, skrupulösen Pianisten, der alles kann und obsessiv doch wieder und wieder verzagt, und schließlich die Welt Chopins, des Romantikers mit den "tragischen Progressionen aus artistischer Überzeugung", wie Gottfried Benn sie hörte.

Zwei Einwände noch gegen den deutschen Titel. Erstens hätte man den schönen, ebenso offenen wie genauen italienischen Titel "Presto con fuoco" ruhig stehenlassen können. Zweitens und wichtiger: Es geht in diesem Buch nicht um eine "Partitur". Partituren gibt es bei Opern und Symphonien, nicht aber bei einer Klavierkomposition. HANS-MARTIN GAUGER

Roberto Cotroneo: "Die verlorene Partitur". Roman. Aus dem Italienischen übersetzt von Burkhart Kroeber. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1997. 280 S., geb., 39,80 DM.

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