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Eduardo Mendoza erzählt von der abenteuerlichen Karriere des Onofre Bouvila, seinem Aufstieg vom Jungen aus der Provinz zum mächtigsten Mann einer europäischen Metropole, und schildert damit zugleich die spannenden Geschichte Barcelonas, einer der schönsten Städte der Welt: "Die Stadt der Wunder".

Produktbeschreibung
Eduardo Mendoza erzählt von der abenteuerlichen Karriere des Onofre Bouvila, seinem Aufstieg vom Jungen aus der Provinz zum mächtigsten Mann einer europäischen Metropole, und schildert damit zugleich die spannenden Geschichte Barcelonas, einer der schönsten Städte der Welt: "Die Stadt der Wunder".
Autorenporträt
Eduardo Mendoza wurde am 11. Januar 1943 in Barcelona geboren. 1965 schloß er sein Jurastudium ab und arbeitete für kurze Zeit als Rechtsanwalt. Hierbei lernte er die juristisch-administrative Sprache kennen, die er später in einigen seiner Romane parodierte. Von 1973 bis 1982 war er in New York als Dolmetscher im Auftrag der Vereinten Nationen tätig. Im Jahr 2015 erhielt er den Franz-Kafka-Literaturpreis.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.02.2008

Der Ufo-Unfall war gestellt

Licht und Schatten eines Alleskönners: Der 1943 in Barcelona geborene Autor Eduardo Mendoza hat mit "Die Stadt der Wunder" einen Klassiker geschrieben. Sein neues Buch dagegen enttäuscht.

Von Jochen Schimmang

Eduardo Mendoza gehört zu den Schriftstellern, die eigentlich alles können. In "Das Geheimnis der falschen Krypta" hat er die köstliche und urkomische Geschichte eines jugendlichen Gangsters erzählt und in "Das Jahr der Sintflut" die sehr anrührende und gar nicht komische einer Nonne, die sich verliebt, beides gleichermaßen brillant und virtuos. Virtuosität gerät leicht in den Verdacht, nicht ernsthaft zu sein. Nun ist Mendoza zwar ein Autor mit einer großen Begabung fürs Grelle. Das aber ist nur der kräftige Farbauftrag, der die grundsätzliche tragische Auffassung des Lebens übertüncht. Darin gleicht er seinem Landsmann Pedro Almodóvar.

Nirgends wird das deutlicher als in seinem opus magnum, "Die Stadt der Wunder", das Suhrkamp dankenswerterweise gerade in einer Neuausgabe herausgebracht hat. Denn "Die Stadt der Wunder" ist auch ein Buch der Wunder. Es ist eine Geschichte Barcelonas, eine Geschichte der Moderne von 1888 bis 1929, eine spanische und europäische Geschichte des gleichen Zeitraums, eine Geschichte des Kapitalismus, eine Parabel über das Verhältnis von Stadt und Land und der Roman vom Aufstieg und Fall (oder eher vom Verschwinden) des armen Jungen vom Land, der schließlich der reichste Mann Spaniens wird: ein Al Capone von europäischem Zuschnitt und deshalb auch mit entsprechender mythologischer Tiefe. Es versteht sich, dass Mendozas Buch dies alles zugleich ist: und noch viel mehr, denn schließlich handelt es auch vom Verrat und von der Liebe, von der Melancholie der Macht und des Erfolgs, vom Lebensüberdruss und der Vergeblichkeit.

Onofre Bouvila heißt der Junge aus der Provinz, der 1887 als Dreizehnjähriger nach Barcelona kommt, dort zuerst für Geld auf dem Gelände der kommenden Weltausstellung anarchistische Pamphlete verteilt und dann, schon als Kleinkapitalist, ein Haarwuchsmittel verkauft. Damit beginnt sein unaufhaltsamer Aufstieg zum Geschäftsmann, der eines Tages Politiker finanzieren wird. Mit der Weltausstellung 1888 beginnt der Roman, mit derjenigen von 1929, ebenfalls in Barcelona, endet er: vom Aufbruch in die Moderne (die Elektrizität, das frühe Kino, die ersten Automobile und Flugmaschinen sind durchaus Protagonisten) bis zum Vorabend der Weltwirtschaftskrise führt er.

Als der Schwarze Freitag in New York kommt, ist aber Onofre Bouvila schon zusammen mit seiner Geliebten in einem neuartigen Flugobjekt, gewissermaßen einem Ufo, ins Meer gestürzt. Da man aber nirgends Spuren findet, entsteht auch das Gerücht, "dass nämlich Onofre Bouvila in Wirklichkeit gar nicht gestorben und der Unfall nur simuliert worden sei und dass er jetzt komfortabel eingerichtet an irgendeinem abgelegenen Ort in Gesellschaft María Belltalls lebe, an deren Seite er endlich die wahre Liebe gefunden habe und mit deren Verehrung er sämtliche Tages- und Nachtstunden verbringe". Es bleibt natürlich dem Leser überlassen, sich dieser Version anzuschließen, nach welcher der Held durch die Liebe von seiner Schuld und von seiner Melancholie erlöst wäre. Lesen aber muss man diesen Roman, der unbedingt zum Kanon gehört und der bei all seinen Einfällen und seinem Variantenreichtum nie "aus der Form" gerät.

Der Zahnarzt springt im Dreieck.

Da zahlt es sich eben aus, dass Eduardo Mendoza alles kann. Allerdings kann er auch richtig langweilig schreiben, als sei er von allen guten Geistern verlassen. Das hätte man ihm bisher nicht zugetraut. Mit seinem Roman "Mauricios Wahl" hat er aber den Beweis dafür angetreten. Ein junger Zahnarzt in Barcelona lässt sich in den achtziger Jahren als Kandidat vor den Karren der Sozialisten spannen und hat gleichzeitig eine Beziehung zu zwei Frauen: zu einer jungen Rechtsanwältin und zu einer ehemals Drogenabhängigen, die er auf einer Wahlkampfveranstaltung kennenlernt und die am Ende des Romans an Aids sterben wird. Es geht außerdem um Barcelonas Bewerbung um die Olympischen Spiele 1992, um die Putschversuche und den langen Schatten der Franco-Diktatur, um die jungen Aufsteiger und das neue Establishment, um das Verhältnis der Geschlechter und überhaupt um vieles mehr.

Während in "Die Stadt der Wunder" das Disparate auf eine sehr souveräne Art miteinander verschlungen war, erzählt Mendoza in "Mauricios Wahl" wahllos alles, was ihm zu den achtziger Jahren in Barcelona und in Spanien einfällt. Die Personen des Romans sind nicht uninteressant; es sind Aufund Absteiger in der Zeit der ersten Ernüchterung nach dem Tod Francos, soziale Charaktere, ohne zu Klischees zu gerinnen. Es gelingt Mendoza sogar, einen Zahnarzt als Romanhelden interessant und sympathisch zu machen. Aber die Erzählung selbst bleibt merkwürdig lustlos. Sie verläuft streng linear, und wenn es schließlich an einer Stelle heißt: "Das war eines der schlechtesten Jahre seines Lebens", dann fragt man sich verzweifelt, welches Jahr denn nun gemeint ist, weil der träge Erzählfluss schon längst alles Gefühl für das Maß der erzählten Zeit unterspült hat.

Von dieser Lustlosigkeit lässt sich sogar der gute Übersetzer Peter Schwaar hier und da anstecken. Es bleibt zu bezweifeln, ob man sich mit jemandem "in Kontakt setzen" kann. "Obwohl seit der Zeit ihrer Schulkameradschaft viel Zeit vergangen war . . ." ist keine sehr elegante Formulierung. Wenn einer Person etwas geschieht, was sie nicht erwartet hat, dann geschieht das nicht "entgegen jeder Vorhersage", sondern "entgegen jeder Erwartung". Einen "Toast auf die Frischvermählten" kann man nicht "ausgeben" (man kann ihnen wohl einen ausgeben), sondern nur aussprechen.

Es gibt natürlich auch in diesem Roman hübsch erzählte Details, die Mendozas Sinn für das Komische ebenso wie für das Tragische zeigen. Nur sind sie selten und in einer zu großen Textmasse versteckt, die sich als Roman ausgibt. Um sie aufzuspüren, sollte niemand gezwungen werden, das ganze Buch zu lesen. Wer deshalb das Geld für zwei Bücher von Mendoza hat, der sollte zweimal "Die Stadt der Wunder" kaufen: einmal für sich und das andere Mal, um es zu verschenken.

- Eduardo Mendoza: "Die Stadt der Wunder". Roman. Aus dem Spanischen übersetzt von Peter Schwaar. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 503 S., geb., 9,90 [Euro].

- Eduardo Mendoza: "Mauricios Wahl". Roman. Aus dem Spanischen übersetzt von Peter Schwaar. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 383 S., geb., 19,80 [Euro].

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