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»Wollt ihr den totalen Krieg?« Zum 80. Jahrestag von Goebbels' Sportpalast-Rede 1943
Sie gilt als perfides Musterbeispiel der Nazi-Propaganda: Mit seiner Sportpalast-Rede inszenierte sich Joseph Goebbels im Februar 1943 als Aufpeitscher einer kriegsbegeisterten deutschen »Volksgemeinschaft«. Für den Propagandaminister aber ging es um mehr - eine Machtprobe mit dem »Führer«. Peter Longerich zeichnet in seinem Buch die Vorgeschichte, die Bedeutung und die Nachwirkung der berüchtigten Rede nach - und zeigt, wie systematisch Goebbels den Weg in seinen »totalen Krieg« plante.

Produktbeschreibung
»Wollt ihr den totalen Krieg?« Zum 80. Jahrestag von Goebbels' Sportpalast-Rede 1943

Sie gilt als perfides Musterbeispiel der Nazi-Propaganda: Mit seiner Sportpalast-Rede inszenierte sich Joseph Goebbels im Februar 1943 als Aufpeitscher einer kriegsbegeisterten deutschen »Volksgemeinschaft«. Für den Propagandaminister aber ging es um mehr - eine Machtprobe mit dem »Führer«. Peter Longerich zeichnet in seinem Buch die Vorgeschichte, die Bedeutung und die Nachwirkung der berüchtigten Rede nach - und zeigt, wie systematisch Goebbels den Weg in seinen »totalen Krieg« plante.
Autorenporträt
Peter Longerich, geboren 1955, lehrte als Professor für moderne Geschichte am Royal Holloway College der Universität London und war Gründer des dortigen Holocaust Research Centre. Von 2013 bis 2018 war er an der Universität der Bundeswehr in München tätig. Er war einer der beiden Sprecher des ersten unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus des Deutschen Bundestags und Mitautor der Konzeption des Münchner NS-Dokumentationszentrums. Seine Bücher über die »Politik der Vernichtung« (1998) und ihre Resonanz in der deutschen Bevölkerung, »Davon haben wir nichts gewusst!« (2006), sind Standardwerke. Seine Biographien über »Heinrich Himmler« (2008), »Joseph Goebbels« (2010) und »Hitler« (2015) fanden weltweit Beachtung. Zuletzt erschienen »Wannseekonferenz« (2016) sowie »Antisemitismus. Eine deutsche Geschichte« (2021).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent René Schlott spürt die heiße Nadel beim Lesen von Peter Longerichs Kommentierung der Sportpalast-Rede. Dass die vollständige Rede selbst den Hauptteil des Buches darstellt und die Kommentierung nicht eben ausführlich und tief daherkommt, lastet Schlott dem Termindruck angesichts des Jahrestags der Rede an. Longerichs Expertise und sprachliche Finesse ist laut Rezensent allerdings groß genug, um den Leser mitzunehmen und "manche Oberflächlichkeit" vergessen zu lassen. Ein leserfreundlicheres Layout hätte die Plausibilität des Ganzen noch erhöht, meint Schlott.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.02.2023

Goebbels
„totaler Krieg“
Peter Longerich analysiert
die Sportpalast-Rede
vom 18. Februar 1943
Die Welt sei in großer Gefahr, sagte der Redner. Ein Volk von 200 Millionen sei zu einem „Angriffskrieg gegen Europa“ vorbereitet worden. Und: „Der Ansturm der Steppe gegen unseren ehrwürdigen Kontinent ist in diesem Winter mit einer Wucht losgebrochen, die alle menschlichen und geschichtlichen Vorstellungen in den Schatten stellt.“ Auch die wahren Absichten des Aggressors seien bekannt, so der Redner weiter. „Uns kann der Kreml nichts vormachen.“
Propaganda hat wieder Konjunktur dieser Tage. Vor 80 Jahren, am 18. Februar 1943, lieferte Joseph Goebbels im Berliner Sportpalast eine Art Meisterstück ab. In völliger Verdrehung der Tatsachen, wer wen angegriffen hatte, malte er das Bild der anstürmenden kommunistischen Horden an die Wand. Und die Zuhörer folgten begeistert seiner zweistündigen Ansprache, die in der berühmt-berüchtigten Frage „Wollt ihr den totalen Krieg“ mündete.
In kaum einer Dokumentation über den Zweiten Weltkrieg fehlt dieser Ausschnitt aus der Wochenschau, in der der Reichspropagandaminister seine suggestiv-rhetorischen Fragen ins Publikum schleudert. Doch was wollte Goebbels mit der Parole vom „totalen Krieg“ eigentlich erreichen?
Der Historiker Peter Longerich, bekannt geworden mit Biografien über Goebbels, Adolf Hitler und Heinrich Himmler, hat vor wenigen Jahren schon einmal ein Schlüsselereignis der NS-Zeit seziert und analysiert. Wie bei der „Wannseekonferenz“ (2016, Pantheon) nimmt Longerich die Sportpalastrede zum Anlass, den historischen Kontext zu liefern, die Motive der Beteiligten offenzulegen und die Wirkung zu betrachten. Wie auch bei der Wannseekonferenz interpretiert er Goebbels Rede als internen Kampf in den NS-Führungszirkeln um Macht und Einfluss.
Ohne Zweifel befand sich das Regime im Winter 1942/43 in seiner bisher größten Krise, die Niederlage der Wehrmacht in Stalingrad und schwere Rückschläge in Afrika waren vor der Bevölkerung nicht mehr zu verheimlichen. Und Adolf Hitler hatte die Lust verloren, zu seiner „Volksgemeinschaft“ zu sprechen. In diese Lücke wollte nun Goebbels springen.
„Er versprach sich von einer Umstellung des öffentlichen Lebens auf harte Kriegsbedingungen eine gewisse psychologische Entlastung, Ablenkung von der Krise und eine Art Beschäftigungstherapie. Gleichzeitig wollte er die Handlungsspielräume des Regimes erweitern. Die Mobilisierung für einen ‚totalen Krieg‘ sollte die Autorität von Partei und Staat stärken und ihre Kontrolle über die Bevölkerung erhöhen“, so Longerich. Seine Idee: den Führerstaat auch ohne sichtbaren Führer aufrechtzuerhalten.
Goebbels bereitete die Kursänderung akribisch vor, sein Plan, „nicht mehr in so bürgerlich sanfter Weise mit dem Volke“ umzugehen, traf aber auf deutlichen Widerstand etwa beim Leiter der Reichskanzlei, Hans Heinrich Lammers, oder dem Leiter der Parteikanzlei, Martin Bormann. Doch Goebbels wollte nun erst recht seine „Kampagne zur heroischen Mobilisierung der letzten Reserven“ ins Werk setzen, ins Tagebuch schrieb er: „Man kann jetzt gar nicht stark genug auf die Tube drücken.“
Wie Goebbels dann am 18. Februar auf die Tube drückte, vor allem gegen die „jüdische Weltverschwörung“, kann man in der vollständig dokumentierten (inklusive Reaktion des Publikums) und kommentierten Rede nachlesen. Longerich erklärt Aufbau und Absicht der Rede eindrücklich, zeigt auf, wie Goebbels als Gauleiter von Berlin quasi nebenbei die Deportation der verbliebenen Juden aus der Reichshauptstadt ankündigte und wie er mit relativ schonungsloser Offenheit über die Kriegslage den Zwang zum „totalen Krieg“ herleitete.
Das handverlesene NS-Publikum, keineswegs das Volk, stimmte allem zu: Stilllegung nicht kriegswichtiger Betriebe, Schließung von Vergnügungsstätten, Fronteinsatz aller tauglichen Männer, Arbeitseinsatz aller Frauen, die dazu in der Lage waren. Dass dann am Ende nicht alles so kam, weil Behörden und Partei Goebbels Elan an vielen Stellen ausbremsten, zeigt Longerich ebenso auf wie die sehr verhaltene Reaktion der Presse auf die Rede im Ausland.
Im Zeitalter von Fake-News und Verschwörungserzählungen ist die (erneute) Entmythologisierung der Sportpalast-Rede ein lehrreiches Gegengift.
ROBERT PROBST
Peter Longerich:
Die Sportpalast-Rede 1943. Goebbels und der
„totale Krieg“.
Siedler Verlag,
München 2023.
208 Seiten, 24 Euro.
E-Book: 19,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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»Ein beeindruckendes Buch. [...] Meisterhaft klärt Longerich über Hintergründe und Folgen einer Rede auf, die einen noch heute erschüttern muss.« Frankfurter Rundschau

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.06.2023

Propagandistische Großaktion vor alten Parteigenossen
Einschwörung auf den totalen Krieg: Peter Longerich über Goebbels' Rede im Berliner Sportpalast im Februar 1943

Am 13. Februar 1943 berichtete Joseph Goebbels in seinem Tagebuch vom Inhalt eines abendlichen Treffens mit den NS-Funktionären Albert Speer und Robert Ley: "Wir besprechen fast ausschließlich das Thema des totalen Krieges. [...] Im übrigen sind uns dreien die Totalisierungsmaßnahmen in keiner Weise ausreichend. Es muß deshalb weiter gehetzt und angetrieben werden. Zu diesem Behuf berufe ich für nächsten Freitag eine neue Massenkundgebung im Sportpalast ein, die ich wieder mit richtigen alten Parteigenossen bestücken lassen will." Goebbels begann sofort mit der Arbeit an seiner Rede für diese nach seinen eigenen Worten "propagandistische Großaktion erster Klasse", deren erste Fassung er schon zwei Tage später zufrieden fertigstellte: "Ich glaube, daß sie sehr gut gelungen ist."

Die Ansprache, die Goebbels schließlich am 18. Februar 1943 im Berliner Sportpalast hielt, ist berühmt und berüchtigt für die vom Propagandaminister der versammelten Menge gestellte Suggestivfrage: "Wollt ihr den totalen Krieg?" und der begeisterten Zustimmung im Saal, die er als Antwort erhielt. Der Historiker Peter Longerich hat der "Sportpalast-Rede" nun ein ganzes Buch gewidmet, das in drei Teilen ausführlich die Vor- und Nachgeschichte der Propagandaveranstaltung behandelt und die vollständige Rede mit einem Kommentar versehen wiedergibt.

Gut zwei Wochen vor seiner bis heute wohl bekanntesten Ansprache musste Goebbels in seiner Funktion als Propagandaminister die Kapitulation der 6. Armee der Wehrmacht in Stalingrad der deutschen Öffentlichkeit bekannt geben. Die Antwort auf diese Niederlage sollte nun aus seiner Sicht die Ausrufung eines totalen Krieges sein. Das Konzept einer auf allen Ebenen auf den Sieg ausgerichteten deutschen Gesellschaft schwebte Goebbels schon länger vor, er hatte Hitler jedoch mit seinen daraus resultierenden Vorschlägen einer Arbeitspflicht für alle deutschen Frauen, einem reichsweiten Betriebsverbot für Bars und Nachtclubs sowie einer Schließung mittelständischer Wirtschaftsunternehmen zugunsten einer Ressourcenkonzentration auf die Rüstungsindustrie nicht überzeugen können.

Am 18. Februar 1943 nun setzte der Propagandaminister auf seine bewährte Mischung aus Antisemitismus, Rassismus und Antibolschewismus zusammen mit Alarmismus ("dass Gefahr unmittelbar im Verzuge ist") und einer kruden Kriegslogik ("totaler Krieg = kürzester Krieg"), um die deutsche Öffentlichkeit zur Zustimmung zu bewegen. Die Veranstaltung war auch vor den Augen der Weltöffentlichkeit als öffentliches Plebiszit des deutschen Volkes zugunsten seiner Führung gedacht, stieß aber ausweislich der von Longerich zitierten zeitgenössischen Stimmungs- und Zeitungsberichte sowohl im In- wie im Ausland auf Skepsis. Denn die 15.000 Zuhörer im Sportpalast stellten keinesfalls einen repräsentativen Querschnitt der deutschen Bevölkerung dar. Goebbels saß seiner eigenen Inszenierung auf, als er drei Tage später in seinem Tagebuch selbstzufrieden feststellte: Die Rede "beherrscht immer noch die Schlagzeilen der großen Blätter in allen Ländern der Erde. [...] Die Wirkung im Inland ist enorm."

Longerich ist ein produktiver und anerkannter Sachbuchautor, der seine Gegenstände mit Sinn für Sprache und Stil zu präsentieren weiß. 2010 legte er eine viel beachtete Goebbels-Biographie vor, die den Aufstieg des arbeitslosen promovierten Germanisten aus dem niederrheinischen Rheydt zum Chefpropagandisten des "Dritten Reiches" nachzeichnet. Erst im November letzten Jahres erschien "Außer Kontrolle", sein Buch zu 1923, das unter der Vielzahl der Jahrestagsbücher zum deutschen Krisenjahr mit der These von der "Stabilitätsillusion" herausragt (F.A.Z. vom 29. November 2022).

Das neue Buch scheint aber etwas mit der heißen Nadel gestrickt. Aus verlagspolitisch nachvollziehbaren Gründen sollte es wohl unbedingt zum Jahrestag der Sportpalastrede vorliegen, was knapp gelang. Allerdings um den Preis mancher Oberflächlichkeit. So hätte man sich die Kommentierung der Rede, deren wortgetreue und vollständige Wiedergabe auf gut achtzig Seiten den Hauptteil des Buches darstellt, an manchen Stellen ausführlicher und tiefgründiger gewünscht.

Warum etwa erwähnt Goebbels noch sehr am Anfang seiner zweistündigen Ausführungen, in der er sonst wenige konkrete Personen nennt, ausgerechnet den "englischen Lord Beaverbrook" und den "amerikanisch-jüdischen Journalisten Brown"? Es fehlen weiter gehende biographische Angaben zu beiden. Beaverbrook etwa, bürgerlich Max Aitken (1879-1964), war im Ersten Weltkrieg britischer Minister für Information und damit zuständig für die Propaganda gegen das Deutsche Reich, was im Zusammenhang mit der Goebbels-Rede nicht ganz unwichtig erscheint. Ebenso interessant wäre gewesen, mehr über die Umstände und das Ergebnis der Unterhaus-Nachwahl in einem englischen Wahlkreis zu erfahren, die Goebbels als Beleg dafür nimmt, dass es den Kommunisten (dem "Ansturm der Steppe gegen unseren ehrwürdigen Kontinent") gelungen sei, nun selbst im konservativen Großbritannien Fuß zu fassen. Beim recht unübersichtlichen, von zahlreichen Umbrüchen gestörten Nebeneinander von Goebbels' Redetext und Longerichs Kommentierung wäre verlagsseitig auch etwas mehr typographische Finesse und Kreativität im Layout zugunsten der Lesefreundlichkeit gefragt gewesen.

Aber das sind Beckmessereien angesichts einer gut geschriebenen Darstellung, welche die Rede in Geschichte und Verlauf des Zweiten Weltkrieges einbettet und sie auf plausible Weise als Vehikel zur politischen und persönlichen Profilierung von Goebbels im immerwährenden Ringen um die Gunst des Diktators im polykratischen NS-Machtapparat deutet. RENÉ SCHLOTT

Peter Longerich: "Die Sportpalast-Rede 1943". Goebbels und der 'totale Krieg'.

Siedler Verlag, München 2023. 208 S., geb., 24,- Euro.

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