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Lieve Joris ist eine der herausragenden Reiseschriftstellerinnen Europas. Mit ihren vielfach preisgekrönten Berichten gelingt es ihr immer wieder, Fenster in andere Welten zu öffnen, Verständnis zu wecken für Lebensformen und Kulturen, die man vor der Lektüre gar nicht kannte. Sie zeigt Innenansichten von magischen Orten wie Sansibar und sieht Kairo mit den Augen des Autors Nagib Mahfus.

Produktbeschreibung
Lieve Joris ist eine der herausragenden Reiseschriftstellerinnen Europas. Mit ihren vielfach preisgekrönten Berichten gelingt es ihr immer wieder, Fenster in andere Welten zu öffnen, Verständnis zu wecken für Lebensformen und Kulturen, die man vor der Lektüre gar nicht kannte. Sie zeigt Innenansichten von magischen Orten wie Sansibar und sieht Kairo mit den Augen des Autors Nagib Mahfus.
Autorenporträt
Lieve Joris, gebürtige Belgierin, ist eine der herausragenden europäischen Reiseerzählerinnen. Zu den Themen ihrer vielfach preisgekrönten Bücher gehören Ungarn, Syrien und immer wieder Schwarzafrika; seit ihrer ersten Reise in diesen Teil der Erde ist die Faszination dafür stetig gewachsen. Die Autorin lebt heute in Amsterdam.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.07.2000

Literatur
Neben Naipaul
Reiseberichte von Lieve Joris
Geduld ist ihr Kennzeichen, eine hellwache Geduld – das Gespür für den rechten Augenblick. Mit „Die Tore von Damaskus” (1993, deutsch 1998), einer Art biografischen Roman über eine syrische Soziologin, und „Mali Blues” (1996, deutsch 1998), vier afrikanische Erzählungen, hat die belgische Autorin Lieve Joris das populär gewordene Genre der Reisereportagen individuell bereichert.
Das Gespür für den Kairós, für den rechten Augenblick hängt bei ihr womöglich mit dem Satz zusammen, den sie einmal in „Mali-Blues” zitiert, er stammt von einem Autor, der mit der mündlichen Tradition seines Landes aufgewachsen war: „Wenn ein alter Afrikaner stirbt, geht eine ganze Bibliothek in Flammen auf. ” In diesem Sinne sind die Reisen der Lieve Joris Lesereisen eigener Art, sie retten – durch geduldiges Zuhören – Bibliotheken, mal beflügelt, mal beruhigt von der bibliophilen Erfahrung, dass auch Bücher ihre Zeit haben, die Zeit, da sie sich verweigern, die Zeit, da sie sich schwerelos erschließen, die Zeit, da sie ihren Leser zu lesen beginnen.
Der neue Band versammelt kleinere Prosastücke von Lieve Joris aus den Jahren 1988 bis 1991, Skizzen und Porträts, die in der Zwischenzeit ihre eigene Aktualität transzendiert haben: Gelegenheitsarbeiten, die zu autonomer Literatur geworden sind – auch und gerade die Porträts von V. S. Naipaul oder Nagib Machfus, die Titelgeschichte über eine untröstlich vereinsamte Sängerin auf Sansibar und „Josephs Geschichte”, die den Band abschließt und einem entwurzelten Journalisten zur Zeit des Golfkrieges gilt. Es sind verschiedene Arbeiten, die immer auch altruistische Selbstporträts sind, beseelt von einer Bereitschaft zur Anverwandlung, in der alles Politische existentiell, alles Individuelle durchsichtig wird für Geschichte und Landschaft und Herkunft.
Lieve Joris fährt nicht (nur) zu den Menschen hin, sondern sie unternimmt ihre Reisen zusammen mit denen, zu denen sie unterwegs sind. Oft sind ihre Begegnungen Wiederbegegnungen, ein Reisen mithin, das den hermeneutischen Zirkel aus Ankunft und Abschied verkörpert, so wie das erste Kapitel eines Buches sichtbar wird erst im Licht des letzten. Und noch etwas macht diese Texte zu einer autonomen Literatur: der Verzicht auf Rhetorik (der Autoren wie Bruce Chatwin oder Cees Nooteboom nicht immer ganz leicht fällt). Lieve Joris „übt” diese Askese, weil ihre Neugier eine Form des Eingeweihtseins ist und weil dies sie scheu macht – sie vermag zu „bleiben” . . .
Regenzauber
In „Ah, c’est l’Afrique” erzählt Lieve Joris von einem senegalesischen Dorf, das mit der rituellen Schlachtung von Ochsen den lang erhofften Regen herbeizaubern will. Im Mittelpunkt steht der fortschrittsgläubige Lehrer Felicien, der nicht zurück will zu solcher Magie, der aber dann – als die Schleusen des Himmels sich öffnen – wie ein Berserker arbeitet, um zu verhindern, dass der Regen das Ochsenblut zur Wirkungslosigkeit verdünnt. Aber ein Riss, wie er durch Felicien geht, war längst sichtbar geworden, durch einen Seitenblick, den Lieve Joris zu Beginn ihrer Geschichte auf den Marktplatz geworfen hatte (und der es ihr später erspart, Feliciens Wankelmütigkeit raunend zu verallgemeinern): „Die alten Männer sitzen noch da, als ich gegen Abend vorbeikomme. Sie wärmen sich am Licht der Straßenbeleuchtung und schauen den Autos nach, die auf der Asphaltstraße wie durch einen beleuchteten Tunnel zum atlantischen Ozean fahren. Im Restaurant du Sud, einem kahlen Raum mit Holztischen und einem Coca-Cola-Kalender an der Wand, serviert ein schweigsamer Junge Reis mit Fisch. ”
Eine andere Geschichte, „Mit V. S. Naipaul auf Trinidad”, ist ein Kaleidoskop aus Naipaul-Belesenheit, Trinidad-Historie und Familienfest – federleichte short cuts. Auf dem Rückweg von der Hochzeit der Nichte, zu der er gefahren war, nur um seiner „Schmetterlingssammlung” Material hinzuzufügen, wendet sich V. S. Naipaul seiner belgischen Mitfahrerin zu: Bei jedem Menschen gebe es etwas in der Vergangenheit, wofür er sich schäme, aber „wenn du deine Geheimnisse und Ängste zu Papier bringst, spürst du, wie das Gewicht, die Spannung von dir abfällt. ” Indem Lieve Joris das nicht in indirekter Rede referiert, aber auch keine Anführungszeichen setzt, autorisiert sie damit ihr eigenes Schreiben. Wie genau sie Naipaul verstanden hat (und eben nicht auf Geständnis, sondern auf Gestalt setzt), zeigt der Schlusssatz ihrer Geschichte: „Ich beuge mich auf dem Rücksitz weiter nach vorne und warte, was Naipaul noch alles sagen wird. Doch er schweigt, und es würde mir nicht einfallen, die Stille zwischen uns, die den ersten Schritt zum Abschied markiert, zu brechen. ”
Von ähnlicher Feinfühligkeit (und mit einem Ohr für das Unerhörbare, einem Auge für das Unsichtbare) ist auch das Porträt des ägyptischen Nobelpreisträgers bestimmt. Lieve Joris zeichnet den Prozess nach, in dem Machfus eins zu werden scheint mit einer seiner Figuren, sie an einen Mann erinnert, „der sich hinter die Mauern seiner Festung zurückzog, wo er sich allmählich in seinen eigenen Schatten verwandelte. ” Vielleicht ist das eine Metamorphose, die auch Lieve Joris vorschwebt.
HERMANN WALLMANN
LIEVE JORIS: Die Sängerin von Sansibar. Reiseberichte aus einer magischen Welt. Aus dem Niederländischen von Maurus Pacher. Malik Verlag, München 2000. 217 Seiten, 36 Mark.
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"Mindestens so gut wie Bruce Chatwin." (Facts)