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In diesem Werk wird die gesamte Geschichte der politischen Philosophie des Gesellschaftsvertrags von Hobbes bis zu den zeitgenössischen Neokontraktualisten behandelt. In einer Einleitung wird der philosophiegeschichtliche Kontext der Vertragstheorie geschildert. Es folgt dann die Geschichte der politischen Philosophie des Gesellschaftsvertrags, die neben umfangreichen Kapiteln über Hobbes, Spinoza, Locke, Rousseau, Kant u.a., auch eine umfassende Schilderung und Diskussion des deutschen Kontraktualismus enthält. Das abschließende Kapitel beschäftigt sich mit der Zukunft des Vertragsdenkens.

Produktbeschreibung
In diesem Werk wird die gesamte Geschichte der politischen Philosophie des Gesellschaftsvertrags von Hobbes bis zu den zeitgenössischen Neokontraktualisten behandelt. In einer Einleitung wird der philosophiegeschichtliche Kontext der Vertragstheorie geschildert. Es folgt dann die Geschichte der politischen Philosophie des Gesellschaftsvertrags, die neben umfangreichen Kapiteln über Hobbes, Spinoza, Locke, Rousseau, Kant u.a., auch eine umfassende Schilderung und Diskussion des deutschen Kontraktualismus enthält. Das abschließende Kapitel beschäftigt sich mit der Zukunft des Vertragsdenkens.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.02.1995

Der erfundene Staat
Wolfgang Kersting über die Philosophien des Gesellschaftsvertrags

Hegels Bild von der Eule der Minerva war auf die Philosophie selbst gemünzt. Daß der Flug erst mit der einbrechenden Dämmerung beginnt, paßt aber auch auf jene Sphäre, in die sich die deutschsprachige Philosophie oft zurückzieht, auf die Geschichte der Philosophie. Zutreffend ist es zum Beispiel für ein Legitimationsmuster von Recht und Staat, die Theorie des Gesellschaftsvertrages. Nach den großen Entwürfen von Hobbes über Locke bis zu Rousseau und der Umgestaltung durch Kant war es um die Vertragstheorie lange Zeit still geworden. Die Kritik, die schon mit Hobbes' Zeitgenossen Sir Robert Filmer beginnt, die ihren Höhepunkt bei Hume, Burke und Hegel erreicht und in Deutschland selbst, von Schlegel aufgenommen, auch von Adam Müller, Rehberg und Gentz vertreten wird, schien diese Theorie schon im Ansatz erledigt zu haben. Oder hatte man eigentlich nur das Thema verdrängt, eine Philosophie von Recht und Staat, die sich ebenso auf deren Legitimation wie ihre Normierung einläßt? Denn alternative Theorieansätze kennt die politische Philosophie kaum.

Das Schweigen brach als erster ein bedeutender Jurist, Otto von Gierke, zunächst mit seiner Monographie über "Johannes Althusius und die Entwicklung der naturrechtlichen Staatstheorien" (1880), später noch mit dem vierten Band des "Deutschen Genossenschaftsrechts" (1913). Zwei Generationen später ließ J. W. Gough - "The Social Contract" (1936) - zwei Jahrtausende der Vertragstheorie Revue passieren, um schließlich zu konstatieren, daß keine der Theorien ihr Ziel, die Rechtfertigung der Staatsgewalt, erreiche. Nach diesem neuerlichen Verdikt galt die Theorie als endgültig gestorben. Es blieb einem politischen Ökonomen, James Buchanan, vorbehalten, sich über Goughs Verdikt hinwegzusetzen und in drei systematischen Studien die Vertragstheorie zu neuen Ehren zu bringen: "The Calculus of Consent" (1962, zusammen mit G. Tullock), "The Limits of Liberty" 1975, deutsch 1984) und "Freedom in Constitutional Contract" (1977).

Die dann folgende Theoriegeschichte ist weithin bekannt. Was Buchanan, dem späteren Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, noch nicht gelingt, bringt John Rawls mit seiner großen "Theory of Justice" (1972, deutsch 1975) zustande: eine Wiederbelebung der normativen Rechts- und Staatstheorie auch in der Philosophie, vorgenommen allerdings zunächst in der eingeschränkten Perspektive einer Gerechtigkeitstheorie. Von den vier großen Klassikern der Vertragstheorie läßt sich Buchanan vor allem von Hobbes, Rawls dagegen von Rousseau und noch mehr von Kant inspirieren. Die "Marktlücke", die bleibt, den Bezug auf Locke, nutzt Rawls' Kollege Robert Nozick aus. Seine Monographie "Anarchy, State and Utopia" (1974) erscheint schon im Jahr darauf auf deutsch, mit einer Einführung eines weiteren Nobelpreisträgers für Wirtschaftswissenschaften, Friedrich August von Hayek. Aber auch derjenige, der aus politischen Gründen Nozicks altliberale Staatstheorie der "sozialdemokratischen" von Rawls vorzieht, wird kaum bestreiten, daß sich Nozicks Argumentation zwar durch Scharfsinn auszeichnet, daß sie aber den philosophischen Rang der "Theorie der Gerechtigkeit" nicht annähernd erreicht.

Eine ausführliche Darstellung der drei neueren Vertragstheorien - Buchanan, Rawls, Nozick - erschien 1987 aus der Feder des Grazer Rechtsphilosophen Peter Koller: "Neue Theorien des Sozialkontrakts". Für das Lexikon "Geschichtliche Grundbegriffe" übernahm den entsprechenden Artikel "Vertrag - Gesellschaftsvertrag - Herrschaftsvertrag" der inzwischen in Kiel lehrende Wolfgang Kersting. Seine hier anzuzeigende "Politische Philosophie des Gesellschaftsvertrags" ist aus diesem Artikel hervorgegangen. Dank seiner profunden Kenntnis kann Kersting zunächst die vier Großen, Hobbes, Locke, Rousseau und Kant, vorstellen. Nach einem Blick auf das deutsche Naturrecht mit seiner Lehre vom Doppelvertrag (Gierke, Althusius, Pufendorf und anderen) folgt ein leider sehr kurzer Exkurs zu den Kritikern der Vertragstheorie (Hume, Hegel und Burkeaner). Eine ausführlichere Kritik hätte es erlaubt, die zeitgenössische Rehabilitierung der Vertragstheorie daran zu messen, also ihr Problembewußtsein zu überprüfen; und ein Schlußkapitel hätte einen Ansatz skizzieren können, der beiden Seiten, der Vertragstheorie und ihrer berechtigten Kritik, gerecht würde. Eigenartigerweise nicht in ihrer historischen Reihenfolge stellt Kersting danach die Theorien von Rawls, Nozick und Buchanan dar.

Wer sich die Anlage des Buches überlegt, wird ein wenig bedauern, daß Kersting kaum auf die Geschichte vor Hobbes eingeht, ferner, daß er uns für Gauthiers "Moral by Agreement" (1986) auf eine spätere Veröffentlichung vertröstet, und schließlich, daß er die zeitgenössische politische Philosophie der Nichtamerikaner allenfalls als Philosophiegeschichte anerkennt. Sieht man vom Blick aufs deutsche Naturrecht ab, so wird die Geschichte der Vertragstheorie so geschrieben, wie "man" sie heute vielerorts liest; nach seiner Anlage ist das Buch ein wenig konventionell. Es vermittelt aber einen Reichtum an Information, der uns Kerstings Gelehrsamkeit in bezug auf die politische Philosophie der Neuzeit einmal mehr schätzen lehrt. Und die nächste Veröffentlichung wird vielleicht Hegels Eule der Minerva Lügen strafen und Mut zu einem eigenen systematischen Entwurf zeigen. OTFRIED HÖFFE

Wolfgang Kersting: "Die politische Philosophie des Gesellschaftsvertrags". Von Hobbes bis zur Gegenwart. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1994. 369 S., kt., 58,- DM.

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