Marktplatzangebote
4 Angebote ab € 6,50 €
  • Buch

Produktdetails
  • Verlag: Olzog
  • ISBN-13: 9783789283147
  • Artikelnr.: 26203787
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.08.2009

Anmaßung von Wissen
Ein kapitalistisches Manifest aus österreichischer Perspektive

Das vorliegende Buch ist gleichzeitig ein Überblick über das ordnungspolitische Denken der Neoliberalen, der Ordoliberalen und der "Österreicher" und ein Manifest, ein Aufruf zur Umkehr auf dem Weg in die Staatswirtschaft, den der Österreicher Friedrich von Hayek ja als Weg zur Knechtschaft identifiziert hat. Im ersten Kapitel geht es um Verhaltenssteuerung durch Preise und Anreize in einer spontanen Ordnung oder Marktwirtschaft als Alternative zur Befehls- oder Planwirtschaft. In der Marktwirtschaft ist der Wettbewerb gleichzeitig Koordinations- und Entdeckungsverfahren. Unter Berufung auf die Unfreiheit in Staatswirtschaften, auf Ludwig von Mises' These der Unmöglichkeit sozialistischer Wirtschaftsrechnung und auf Hayeks These zur Unmöglichkeit der Wissensnutzung in der Planwirtschaft wird die Staatswirtschaft als untauglich zurückgewiesen.

Im zweiten Kapitel wird die soziale Marktwirtschaft als staatlich geordnete Marktwirtschaft begriffen. Dort werden die neoliberalen und ordoliberalen Denker vorgestellt und ihre Ideen diskutiert. Auf die Problematik "marktkonformer" Interventionen wird ebenso verwiesen wie auf das "soziale" Einfallstor für den Etatismus und die Durchsetzung von Sonderinteressen. Mit den Österreichern Mises und Hayek betont Prollius, dass Freiheit vor allem Freiheit vom Staat ist.

Im dritten Kapitel wird die deutsche Wirtschaftsgeschichte nach Ludwig Erhard als "Geschichte der Fehlentscheidungen" abgehandelt. Keynesianische Globalsteuerung, der Ausbau des Wohlfahrtsstaates und Reformstau werden kritisiert. Für Prollius unterscheiden sich Sozialstaat und Marktwirtschaft nicht im Spielraum für Egoismus, sondern im Ausmaß der geforderten Selbstverantwortung.

Im vierten Kapitel wird die gegenwärtige Finanzmarktkrise als Staatsversagen erklärt. Hauptursache der Krise ist für Prollius die aufgeblähte Geldmenge und die Niedrigzinspolitik der amerikanischen Zentralbank zusammen mit der politisch gewollten Förderung des Eigenheimerwerbs für kaum zahlungsfähige Käufer. Aus der Perspektive der "österreichischen" Geld- und Konjunkturtheorie hat die Kreditschwemme nach Prollius Über- und Fehlinvestitionen verursacht, die nur durch eine Krise korrigiert werden können. Weder der Geldpolitik noch der Nachfragepolitik traut Prollius Gutes zu. Einen unter Ökonomen mehrheitsfähigen Standpunkt vertritt er vor allem mit seiner Forderung nach mehr Eigenkapital der Finanzinstitute. Als langfristige Alternativen zum staatlichen Monopol an ungedecktem Papiergeld empfiehlt Prollius entweder mit Mises die Golddeckung oder mit Hayek konkurrierende Währungen.

Was soll man von dem Buch halten? Wegen seiner klaren Diagnose kann man ihm eine möglichst weite Verbreitung wünschen. Andererseits gibt es viele Stellen, wo Prollius seiner Sache allzu sicher ist. Dafür wenige Beispiele: Marktversagen ist ihm nur eine abfällige Bemerkung wert. Obwohl oft Marktversagen behauptet wird, wo Staatsversagen die Misere verursacht hat, geht das zu weit.

Prollius' kurze Kritik an John Maynard Keynes trifft weder dessen Grundgedanken noch die zentrale Schwäche keynesianischer Politik, die Schwierigkeit, nach der Krise wieder zu soliden Staatshaushalten zurückzukehren. Bei aller Sympathie für Prollius und die Österreicher: Unser Wissen ist unsicher und vorläufig - sogar das über die Grenzen unseres Wissens. Gewissheit über den Besitz der Wahrheit wäre für Hayek wohl eine Anmaßung von Wissen. Sogar die von Prollius skeptisch betrachtete Ökonometrie könnte davor schützen!

ERICH WEEDE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr