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Schon immer war es Walters sehnlichster Wunsch, Balletttänzer zu werden. Aber er schafft es nur bis zu einer Provinzbühne und wird Englischlehrer in einem kleinen Ort in Wisconsin. Dort erzählt er seiner Schwester Lucy, wie das mit ihrem Bruder Daniel war. Er stellt sich seiner Vergangenheit und seinen verlorenen Träumen. Ein ergreifender Roman von der Autorin des Bestsellers Das Gewicht des Lebens .

Produktbeschreibung
Schon immer war es Walters sehnlichster Wunsch, Balletttänzer zu werden. Aber er schafft es nur bis zu einer Provinzbühne und wird Englischlehrer in einem kleinen Ort in Wisconsin. Dort erzählt er seiner Schwester Lucy, wie das mit ihrem Bruder Daniel war. Er stellt sich seiner Vergangenheit und seinen verlorenen Träumen. Ein ergreifender Roman von der Autorin des Bestsellers Das Gewicht des Lebens.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.10.1999

Das Knacken des Hundefutters
Jane Hamilton bleibt dem amerikanischen Familienleben treu

Aus der Traum. Dass er höchstens ein mittelmäßiger Tänzer ist, erkennt der Jugendliche Walter, als seine Freunde erste Gastauftritte in großen Ensembles bekommen, er hingegen nur in einer schlechten Provinzinszenierung die Rolle des "Nussknacker"-Prinzen tanzen darf. Es bleibt sein einziger öffentlicher Auftritt. Noch lange wird Walter sich an die Demütigung erinnern und daran, dass er täglich Hanteltraining machen musste, um die schwere Partnerin bei den Hebefiguren überhaupt in die Luft stemmen zu können. Bald darauf hört er zu tanzen auf. Nach dieser ersten, recht stereotyp abgelaufenen Desillusionierung folgen laufend weitere.

Wenn Jane Hamiltons neuer Roman eine These illustrieren würde, so wäre es diese: dass Unglück neues Unglück nach sich zieht und frühes Leid nur der Anfang des elenden Lebens im amerikanischen Mittelstand ist. Die vielen Schicksalsschläge, die sich die Autorin für die Hauptfigur ausgedacht hat, sind es auch, die "Die kurze Geschichte eines Prinzen" zum recht umfangreichen Buch machen. Nicht nur, dass Walter die ohnehin harte Aufgabe aller Fünfzehnjährigen meistern muss, einerseits nach Sex, andererseits nach Seelenfrieden zu suchen. Er leidet darüber hinaus unter seiner geheim gehaltenen Liebe zum gleichen Geschlecht. Währenddessen siecht sein jüngerer Bruder Daniel an Krebs dahin. Schuld an Daniels Tod ist dann letztlich die Pfuscherei von Ärzten.

Wie schon in ihrem zuletzt ins Deutsche übersetzten Familienroman "Das Gewicht des Lebens" über eine des Kindesmissbrauchs angeklagte Mutter schien sich die Autorin von Schlagzeilen aus dem "Vermischten" inspirieren zu lassen. Das muss kein Schaden sein, wie die Bücher von Jane Hamiltons Kolleginnen Rosellen Brown oder Sue Miller zeigen. Während jene jedoch bemüht sind, bei der Darstellung familiärer Schicksalsschläge auch die Ärgernisse und Abgründe der Verwandtschaftsbeziehungen auszuloten, wird bei Jane Hamilton die Beschwörung der unzerstörbaren Blutsbande zum billigen Fluchtraum im Kampf gegen die feindliche Außenwelt. Nirgends sonst sind die Sprachbilder so abgegriffen, klingen die Metaphern so merkwürdig, wie wenn sich die Autorin über Walters Glücksgefühl "im Schoß der Familie" auslässt, die sich immer zu Thanksgiving im Haus am Lake Margaret trifft. Die jährlichen Zusammenkünfte liebt auch noch der erwachsene Walter. Ihn lernt der Leser im zweiten Erzählstrang kennen, der sich kapitelweise mit dem ersten abwechselt. Walter ist Englischlehrer geworden und zieht für seine erste Anstellung in den kleinen Ort Otten in Wisconsin. Hier missioniert er nun in Klassenräumen für die Kunst und organisiert mit aus Frustration gespeister Energie Theaterabende mit ebenso unbegabten Kindern, wie er selbst einmal eines war. Walters Leben wirkt auch mehr als zwanzig Jahre nach seiner unglücklichen Jugend noch trist.

Gegen Ende des Buches legt die Autorin zunehmend Optimismus zu und stimmt das Lob der kleinen Lebensziele an. Das hat so absurde Konsequenzen wie Walters Wunsch, sich künftig als Pädagoge auf "die kommende Schwulengeneration von Otten" konzentrieren zu wollen und für diese vor Ort für Toleranz zu sorgen. Ebenso weiß er jetzt Kleinigkeiten des Lebens zu schätzen. Verblüfft liest man, wie er sich sogar am "Knacken des Hundefutters" erfreut, wenn sein Haustier frisst. Walter tut uns vielleicht an dieser Stelle am meisten Leid. Kaum ein Prinz hat je so wenig verzaubert.

SILKE SCHEUERMANN

Jane Hamilton: "Die kurze Geschichte eines Prinzen". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Marion Sattler Charnitzky. Rowohlt Verlag, Reinbek 1999. 480 S., geb., 45,- DM.

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