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In David Albaharis neuen Geschichten leuchtet die literarische Essenz eines ganzen Werkes auf. Eine Geschichte auf kürzeste Weise erzählen, mit so wenig Worten wie möglich, nicht als Tribut an das Schweigen, sondern als Beispiel für die Kraft der Sprache: das ist die Absicht hinter diesen Texten, die David Albaharis ganze Bandbreite und sprachliche Eleganz zeigen. Ob sie geprägt sind von Absurdität oder bitterer Komik, Melancholie oder Schalk - immer ist ihnen eine atemberaubende Prägnanz zu eigen. Reduziert auf ein oder zwei zentrale Bilder, entfalten sich die Geschichten in der Phantasie des…mehr

Produktbeschreibung
In David Albaharis neuen Geschichten leuchtet die literarische Essenz eines ganzen Werkes auf. Eine Geschichte auf kürzeste Weise erzählen, mit so wenig Worten wie möglich, nicht als Tribut an das Schweigen, sondern als Beispiel für die Kraft der Sprache: das ist die Absicht hinter diesen Texten, die David Albaharis ganze Bandbreite und sprachliche Eleganz zeigen. Ob sie geprägt sind von Absurdität oder bitterer Komik, Melancholie oder Schalk - immer ist ihnen eine atemberaubende Prägnanz zu eigen. Reduziert auf ein oder zwei zentrale Bilder, entfalten sich die Geschichten in der Phantasie des Lesers zu voll ausgearbeiteten Panoramen seiner Wahl: rätselhaft und taghell zugleich. Geschrieben in der Tradition eines Franz Kafka, Thomas Bernhard oder Daniil Charms, können diese Geschichten in Minuten gelesen werden und bleiben doch lange im Gedächtnis.
Autorenporträt
David Albahari, geboren am 15 März 1948 in Pec´, Jugoslawien, studierte englische Literatur und Sprache an der Universität von Belgrad. Er lebt seit 1994 in Calgary, Kanada und arbeitet als Schriftsteller und Übersetzter von bekannten amerikanischen, britischen und australischen Autoren, wie zum Beispiel Nabokov: Pale Fire, V.S. Naipaul: In a Free State, John Updike: Too Far To Go, Sam Shepard: Fool For Love und Saul Bellow: Him With His Foot In His Mouth. Weltweit wurden Albaharis Werke in viele verschieden Sprachen übersetzt, unter anderem ins Französische, Griechische, Polnische, Ungarische, Russische und Italienische. Die Romane, die im Eichborn Verlag erschienen sind, standen alle auf der SWR-Bestenliste. 2006 bekamen er und seine Übersetzer für ihr Werk den Preis Brücke Berlin verliehen. Im Eichborn Verlag erschienen: Die Ohrfeige (2007), Fünf Wörter (Erzählungen, 2005), Götz und Meyer (2003) und Mutterland (2001).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.03.2011

Das Gespenst unterm Bett
David Albahari verzaubert in seinen Prosaminiaturen die
Dinge des Alltags: „Die Kuh ist ein einsames Tier“
Der 1948 geborene David Albahari ist im deutschen Sprachraum mit umfangreichen, streng komponierten Romanen wie „Mutterland“ und „Die Ohrfeige“ bekannt geworden, die die historischen Verwerfungen Serbiens und die persönlichen Niederlagen seiner Bewohner in einer unerbittlich genauen, schmerzwachen Prosa erkunden. Seit 1978 hat der Autor auf Serbisch jedoch auch sieben Sammlungen von kurzen wie kurzweiligen Erzählungen veröffentlicht.
Eine Auswahl dieser und bisher noch unveröffentlichter Miniaturen ist jetzt auf Deutsch erschienen. Merkwürdig ist schon, dass sie über einen Zeitraum von dreißig Jahre entstanden sind, aber wie aus einem Guss wirken. Was immer ihm und seinem Land seither widerfahren ist – 1978 war Albahari noch eine Art Popstar der serbischen Literatur, später aus Pflichtgefühl Vorsteher der jüdischen Gemeinde von Belgrad, seit 1994 lebt er in Kanada –, seinen „kurzen Geschichten und dauerhaften Wahrheiten über Liebe, Traurigkeit und den ganzen Rest“ merkt man die politischen und biographischen Brüche nicht an.
Der Ton, den der einer schweren Erkrankung trotzende Autor heute anschlägt, ist derselbe wie in den Geschichten, die er schrieb, als er jung, populär und gesund und Jugoslawien noch nicht in einem blutigen Krieg zerfallen war. So bilden diese bezaubernden und verstörenden Miniaturen, die die kleinen Dingen des Tages und der Nacht bannen, den Schrecken und die Wonnen des Gewöhnlichen, fast etwas wie die Einheit im wandlungsreichen Werk, das Konstante im unruhigen Leben dieses bedeutenden europäischen Erzählers.
120 Geschichten sind es insgesamt, die längsten davon nehmen nicht viel mehr als eine Seite ein, die kürzesten bestehen aus wenigen Zeilen, etwa jene, die mit „Die Müdigkeit“ überschrieben ist: „Manchmal bin ich so müde, dass ich im Stehen, mit offenen Augen, einschlafe. Sobald ich sie schließe, werde ich wach.“ Die meisten Geschichten nehmen ein alltägliches Vorkommnis, ein wiederkehrendes Gefühl, eine wenig aufregende Beobachtung zum erzählerischen Anlass; und fast alle kippen von einem Satz zum anderen, mitunter von einem Wort zum nächsten, so dass das Alltägliche als etwas Besonderes erscheint, das Wiederkehrende einzigartig anmutet und das Unaufgeregte dramatische Formen annimmt.
„Die Stimme“, eine der Variationen, die sich auch in den „Zürauer Aphorismen“ Franz Kafkas finden könnten, mit dem Albahari neben anderem die Faszination durch Tiere teilt, geht so: „Am Abend, während die Schatten wachsen, wächst auch die Angst des Jungen, und sie wird immer stärker trotz der Stimme, die unter seinem Bett ständig wiederholt: Keine Angst, Junge, du bist nicht allein, du bist überhaupt nicht allein.“ Die paradoxe Situation, dass der begütigende Zuspruch von dort kommt, wo das Unheil droht, könnte knapper nicht dargelegt werden. Jeder Versuch, die Geschichte des Kindes, dem gerade das Gespenst unterm Bett die Angst nehmen soll, zu erklären, ja, sie auch nur sinnvoll zusammenzufassen, benötigt mehr Platz als die Geschichte selbst, die alles Überflüssige ausspart und gerade dadurch doppelbödig, schauerlich, aber auch witzig ist.
Worum geht es in den 120 Geschichten? Um die Dinge des Alltags, denen die achtsame Zuneigung des Autors gilt; um den Glanz, der mit einem Mal auf unscheinbaren Gegenständen liegt; um die Sprache und das Schreiben, das Verstummen und das Erzählen. Und darum, dass alles, was beschrieben wird, seinen Charakter verändern kann, so dass das Unscheinbare bedeutsam, das Sichere unheimlich, das Fremde vertraut wird – und das Gewöhnliche ungewöhnlich.
Den ersten Band seiner Miniaturen hat Albahari 1978 „Gewöhnliche Geschichten“ genannt, den vierten 1999 „Ungewöhnliche Geschichten“, was aber nicht den geringsten Unterschied macht, eben weil dieser Autor das Gewöhnliche als befremdlich deutet und das Ungewöhnliche für selbstverständlich hält. Keinen Unterschied akzentuiert er auch zwischen psychologischen, ästhetischen, philosophischen Erfahrungen und Einsichten: in seinen kleinen Prosastücken nimmt er vielmehr die ganze Welt als zerfallene Einheit wahr, in Form von Scherben, von denen eine jede das Ganze enthält. Man kann diese wunderlichen, wunderbaren Miniaturen, die Albaharis vielfach bewährte Übersetzer Mirjana und Klaus Wittmann in ein glasklares Deutsch gefasst haben, immer wieder lesen und sich daran erfreuen, dass man lesend wieder das Staunen erlernt.
KARL-MARKUS GAUß
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.05.2011

Kühe in Halbtrauer

Der Schriftsteller beginnt zu schreiben, wenn ihm ein kleines Licht aufgeht, und hört auf, wenn es erlischt. "Manchmal jedoch entfacht sich anstelle des kleinen Lichts ein riesiges Feuer, und der Schriftsteller weiß nicht, was er zuerst tun soll: weiterschreiben oder retten, was er bis dahin niedergeschrieben hat." Der in Kanada lebende serbische Autor David Albahari hat in "Die Kuh ist ein einsames Tier" 120 Prosaminiaturen aus dreißig Jahren und sieben Erzählbänden gerettet. Kaum eine umfasst mehr als eine Seite, manche nur einen Satz: "Manchmal, beim Gehen, begleiten einen vielen Tiere." Hunde, Kühe und andere Tiere spielen in diesen "kurzen Geschichten und dauerhaften Wahrheiten über Liebe, Traurigkeit und den ganzen Rest" eine wichtige Rolle. Das Erbarmen mit der Kreatur korrespondiert mit der Liebe für die kleinen Dinge des Lebens: verborgene Familientragödien, Stillleben, mysteriöse Kinderspiele, Momente selbstgenügsamer Einsamkeit und Müdigkeit, nächtliche Anrufungen und Lichtstreifen unter einer geschlossenen Tür, Schwierigkeiten beim Schreiben. Die Vorbilder - Kafka, Brechts Keuner-Geschichten, Daniil Charms' absurde Grotesken, aber auch Robert Walser und Handke, Haiku-Lyrik und zenbuddhistische Koans - sind unverkennbar, aber Albahari findet einen ganz eigenen Ton: Traumverloren und lakonisch verrätselt, kippen sie vom Gewöhnlichen unversehens ins Bedrohliche und Verstörende. Richtige Erzählungen, heißt es einmal, erzählen sich selbst; jedes Wort löscht sie aus: "Eine echte Erzählung ist die Abwesenheit der Erzählung. Nur das." Das ist manchmal zu wenig. (David Albahari: "Die Kuh ist ein einsames Tier. Kurze Geschichten und dauerhafte Wahrheiten über Liebe, Traurigkeit und den ganzen Rest." Aus dem Serbischen von Mirjana und Klaus Wittmann. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main. 144 S., geb., 16,95 [Euro].) hal

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Karl-Markus Gauß staunt, dass die aus dreißigjähriger Schaffenszeit stammenden Prosaminiaturen von David Albahari, die nun in einer Auswahl nebst bislang noch unveröffentlichten Texten auf Deutsch erscheinen, so homogen wirken. Dass man seinen Geschichten die biografischen und historischen Verwerfungen so gar nicht anmerkt - der 1948 in Belgrad geborene Autor war so etwas wie der "Popstar" der serbischen Literaturszene, ging aber 1994 nach Kanada, um der politischen Vereinnahmung zu entfliehen, lässt der Rezensent wissen - erstaunt Gauß zutiefst. Er zeigt sich ganz hingerissen von den kurzen Texten, deren Witz, verstörende Kraft und Doppelbödigkeit ihn begeistern. Und er beschreibt sie beeindruckt als derart konzentriert, dass jeder Versuch einer Zusammenfassung oder Erklärung ausufern würde, wie er feststellen muss.

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